Klatsch und Tratsch

[Viv Savehr]

Neulich am Bajarder Marktstand von Kuhnigunde Jau, der Frau des Fischers Kabel Jau, an dem sich Ganstrud und Zickhild zu einem Plausch einfanden. Da standen sie, die drei wohl bekanntesten Klatschweiber Gerimors. Niemand weiß wie alt sie sind, sie sind einfach schon immer dagewesen. Aber jeder weiß, wer auch nur eine der drei Weiber auf einen Tee einlädt, kann sich der Gewissheit hingeben, den neusten Klatsch und Tratsch aus „erster“ Hand zu erfahren. Hinter vorgehaltener Hand werden sie von den Leuten auch gern Tratschhild, Klatschtrud und Mauschelgunde genannt. Den kleinen, sehr häufigen Teerunden tut dies aber keinen Abbruch. Im Gegenteil! Wie oft werden gar Bedienstete angehalten, zu einer Teerunde in die Gesindestuben zu laden, um sich im Nachhinein die allerneusten Neuigkeiten, beim abendlichen Kämmen der Haare berichten zu lassen, um mit jenen den Herrn Gemahl am nächsten Morgen beim Frühstück zu unterhalten?
Wie stets begann es mit den üblichen Floskeln „Wie läuft das Geschäft?“ Wie geht’s den Kindern?“ „Habt ihr die neue Salbe probiert,
die gegen das Gliederreißen helfen soll?“ und wie immer, spätestens nach der dritten Floskel ging es los mit:
„Habt ihr schon gehört?“
Zwei Münder: „Nein, was denn?“
Ganstrud: „Ich habe gehört, dass ein Weib gekommen ist, die zu fast jeder Lösung ein Problem findet.“
Herzliches Gelächter der anderen beiden. „Du meinst zu jedem Problem eine Lösung! Und was ist da das Besondere?“
Ganstrud mit einem Augenverdrehen: „So hört mir doch zu! Wenn ich es euch doch sage: Zu fast jeder Lösung ein Problem!“
Kuhnigunde, deren große, runde Augen stets ihre Naivität unterstreichen: Schaut mit eben diesen nur stumm.
Zickhild: „Solch ein Unsinn! Wer braucht ein Problem, wenn er schon eine Lösung hat?“
Ganstrud mit einem Schulterzucken: „Was weiß ich? Ich habe gehört, dass da schon welche hin sind.“
Synchrones Abwinken der anderen beiden. „Das müssen ja schön taube Nüsse sein! Und wo soll die eigentlich her sein und wo ist sie jetzt?“
Ganstrud: „Die Tochter meiner Base, deren Großmutter väterlicherseits, vom Bruder deren Enkelin, dessen Gelehrter eine Tochter hat, die den Sohn des Hafenmeisters kennt, hat gesagt, dass die Besagte erst kürzlich von Bord gegangen ist und die Tochter vom Stallmeister, die häufig bei den Zigeunern vor Bajard zu sehen ist, meint, man müsse der Zigeunerin Jenyka nur einen Zettel zustecken, dann würde sich drum gekümmert.“
Kuhnigunde: „Soll ich euch was einpacken? Mein Kabel hat heute Barsche, Forellen und Kabeljau gefangen.“
Zickhild: „Ich nehme drei Barsche.“ Ganstrud: „Ich nehme vier Forellen.“

Wie sich das Gespräch fortsetzte ist unbekannt. An selbem Tage jedoch, hätte man bei den Zigeunern beobachten können, wie zur Mittagszeit, am Nachmittag und zur Abendstunde je eine Person mit weiter Robe, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, eingewickelten Fisch als Spende abgab und dabei Jenyka verstohlen einen kleinen Zettel zusteckte.
Wie viele Teerunden seither stattgefunden haben... darüber wird nur gemunkelt.

[Viv Savehr]

„Hilbritt.“ … „Hilbritt!“ … „HILBRITT!“
„Ja, Milady!?“
„Hilbritt, mein Haar wartet darauf gekämmt zu werden.“
„Sogleich Milady, ich bin da Milady!“
„Sag... fand nicht gestern eine Teerunde statt?“
„Ja Milady es gab eine Teerunde.“
„Erzähl, was gibt es für Neuigkeiten?“
„Stellt Euch vor, Milady, die Base vom Bruder einer Bekannten hat einen Aushang gesehen, auf dem geschrieben war, dass die Freiherrin von Thronwall einen Mann zu ehelichen wünscht.“
„Das stand auf einem öffentlichen Aushang? Hilbritt, das ist dummes Geschwätz.“
„Jawohl Milady, da stand auch etwas von einer Schneiderin aus Berchgard, die wohl ebenfalls … äh, die also einen Gatten sucht. Dann wird ein Schneider für ein Kellertheater gesucht...“
„Ein neues Theater?“
„Ich glaube ja, Milady.“
„Au, pass doch auf, das ist kein künstliches Haarteil!“
„Verzeihung Milady.“
„War das alles, Hilbritt?“
„Ja Milady... wobei... es gab noch etwas zu der Frau, die ein Problem zu fast jeder Lösung hat... ihr Name soll Viv lauten und in einem der Wagen des fahrenden Volkes stünde eine große Truhe und in dieser eine kleine abgeschlossene Schatulle mit einem Schlitz oben und wenn man eine gute Wegbeschreibung beilegt, macht sie auch Hausbesuche. Sie soll sich zuweilen auch länger dort aufhalten, um den Liedern des fahrenden Volkes zu lauschen. Irgendetwas von Würfeln und Karten haben sie noch erzählt, aber da platzte gerade der Stallbursche Knutmut in die Küche und die dicke Bertraud musste ihn mit dem Brotschieber hinausprügeln, weil er gar zu neugierig war und so habe ich das nicht genau verstanden.“
„Hilbritt, ich wünsche, dass du morgen ganz in der Früh frisch gefangenen Fisch besorgst... in Bajard...“
„Sehr wohl Milady.“

Noch am gleichen Abend erhält Hilbritt ein Pergament, gefaltet und versiegelt, welches am nächsten Morgen in besagter Schatulle versenkt wird.






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