FAQ Login
Suchen Profil
Mitgliederliste Benutzergruppen
Einloggen, um private Nachrichten zu lesen
        Login
Darna - Eine handvoll Stunden
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Darna - Eine handvoll Stunden
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 26 Dez 2005 22:42    Titel: Darna - Eine handvoll Stunden
Antworten mit Zitat

Folter in Versform

Mit schmerzverzerrtem Gesicht wurde er hinter seinem Peiniger hergeschleift, erbarmungslos in dessen Griff haengend. Der Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch tapfer biss er die Zaehne zusammen und schrie nicht. Es gab kein Entrinnen, und bis zu einem gewissen Masse hatte Darna Mitleid mit ihm. Wie gerne waere sie selber diesem Ort entkommen, haette selber ihr Heil in der Flucht gesucht, doch es gab keine sichere Zuflucht, keine Hoffnung auf glueckliche Rueckkehr, nichts wuerde vergeben oder vergessen werden.
Der schraubzwingenartige Griff von Roderich loeste sich, und der halbwuechsige Kamerad wurde vom Lehrmeister in die kleine Ansammlung der Knappen des graeflichen Hofes gestossen. Erbost hob der Alte seine Stimme: "Basil, die naechste Woche werden die Pferdestaelle ueber deine nahezu ungeteilte Aufmerksamkeit sicherlich hocherfreut sein. Und wenn dir der Sinn nochmal nach Versteckspielchen mit mir steht, dann sag gleich Bescheid, dass du den Knechten beim Schweine ausmisten zur Hand gehen moechtest, das erspart uns beiden diesen Firlefanz!"
Basil haette sich sicher gern sein ziemlich rotes Ohr gerieben, doch er wagte gerade keine Bewegung, die nicht ins Protokoll gehoerte und antwortete nur kleinlaut: "Ja, Meister Roderich." Der Knappe drehte auch nicht den Kopf, um Darna seinen giftigsten Blick zu schenken, zu dem er faehig war, doch er schwor sich insgeheim, dass sie den Verrat buessen wuerde. Und sie war die Einzige gewesen, an der er auf der Suche nach einem Versteck vorbeigekommen war und die nicht den Mumm hatte, Roderich anzuluegen. Sie musste ihn verpfiffen haben.

Darna indes stand derweil schon eigene Aengste aus. Sie hatte mitgekriegt, wie Gernot ueberzeugt bekundet hatte, dass er sich womoeglich mitten auf dem Platz vor Roderich uebergeben wuerde, wenn der Lehrmeister sie zum Uebungsobjekt der heutigen Lektion erklaeren wuerde: "Wenn ich den Kram auch noch vor Darna runterleiern muss, krieg ich augenblicklich das Kotzen, das schwoer ich!"
Es waere auch ihr selber ausserordentlich peinlich und unangenehm. Schon so war das Thema "Minnedienst" Gegenstand zahlreicher Spoetteleien, Peinlichkeiten und liess die Knappen sich eher gebaerden wie erfolglose Hofnarren denn irgendwas anderes.
Roderich hatte sich beruhigt und erhob seine Stimme:
"Ich hoffe, ihr habt euch meine Belehrungen letzte Woche wohlueberlegt zu Herzen genommen. Zeit genug hattet ihr."
Worte... ja, du liebe Guete... Romantik, Galanterie, lyrische Kunst, zarte Gefuehle... haette es Alternativen gegeben, haette Darna lieber in der Kueche das Fische ausnehmen uebernommen, statt heute hier im Kaminsaal an der Unterweisung teilnehmen zu muessen. Aber sie hatte wahrlich versucht, Roderichs Lehren zu verinnerlichen:
"Minnedienst ist eine Kunst, und ein Ritter zeichnet sich nicht alleine dadurch aus, dass er moeglichst gekonnt eine gegnerische Ruestung verbeulen kann, sondern dass ebenso seine Worte, weich wie Samt, das Herz einer Dame zu ruehren vermoegen. Oder denkt hier irgend jemand, der Ruf, ein ungehobelter Klotz zu sein, ohne jedes Feingefuehl, stuende einem Ritter wohl an? Die edelste Form der Galanterie ist der Minnedienst. Doch auch, solltet Ihr eurer Zukuenftigen den Hof machen wollen, werden euch schoene Worte gut zupass kommen. Es muss nicht immer ein Gedicht sein, doch in Verse geschmiedet kommt vielen Dingen eine tiefere Bedeutung zu, und ein holdes Ohr hoert solche Klaenge gern. Gesang? Noch besser, aber seid ihr kein Barde, lasst es lieber sein. Minnedienst bedeutet nicht, sich zum Hanswurst zu machen, also gebt acht auf das, was ihr tut.
Es gibt verschiedene Arten, den Worten eine persoenliche Note zu geben. Komplimente sind immer gut, setzt Wesensarten und Eigenheiten, die ihr an ihr seht und erlebt, mit Dingen gleich, die fuer euch selber grosse Bedeutung haben, die schoen sind, dann seid ihr gut beraten. Beschreibt in blumigen und detailreichen Worten, wie sie aussieht und nehmt es dabei mit der Wahrheit nicht allzu genau.
In der Minne geht es zudem oft darum, die Unerreichbarkeit der Dame zu betonen, sie zu erhoehen, zu verherrlichen, euch zu 'erniedrigen'. Malt euch aus, was ihr fuer sie alles tun wuerdet, was euch sonst nie in den Sinn kaeme, was unmoeglich ist oder was euch sonst ein Greul waere. Die Herzensdame will davon ueberzeugt werden, dass sie das Wichtigste fuer euch ist."

Darna hatte seinem langen Vortrag zugehoert und sich redlich bemueht, alles Wichtige zu behalten, besonders, was man also eben so sagen konnte.

Roderich musterte die kleine Ansammlung und fuhr fort:
"Fuer heute hat sich in ihrer Guete die holde Dame Elianore bereiterklaert, sich eure Vortraege zu Gemuete zu fuehren. Ihr wird schlussendlich auch die Beurteilung obliegen, was an euren Bemuehungen noch verbesserungswuerdig waere." Zum ersten Mal heute zeigte sich der alte Roderich etwas umgaenglicher und laechelte: "Und keine Sorge - es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen."
Die Dame Elianore... an sich eine gute Wahl, denn sie war eine ansehnliche Kammerfrau der Burgherrin, aber alt genug, dass niemand auf den Gedanken gekommen waere, dass irgendwas an diesen "Uebungen" ernst sein koennte. Zudem war sie vermaehlt. Trotzdem, den Knappen war nachvollziehbarerweise jede weitere Person unbehaglich, die dieses womoegliche Fiasko miterleben koennte. Zu allem Ueberfluss trat aus dem Nebenzimmer mit ihr auch noch ihr Gatte ein und nahm nach einer kurzen Begruessung ebenso im Kaminzimmer Platz.

"Basil, du darfst als Erster der Dame deine Referrenz erweisen."
Hatte er es nicht geahnt?
Die Dame bemuehte sich redlich, ihre schon jetzt vorhandene Erheiterung zu verbergen, als der fuenfzehnjaehrige Knappe etwas wackelig wirkende Schritte in ihre Richtung vollfuehrte und im Strammstehen den Mund aufmachte - da fuhr schon Roderich dazwischen: "Ach, eine Begruessung hat sie nicht verdient? Wo sind deine Manieren, Basil?"
Der Knappe wurde schlagartig ziemlich bleich. Auweh, das ganze Programm... er fing sich rasch und brachte wenigstens die in Fleisch und Blut uebergegangene Verneigung sauber zuwege. Nun laechelte Elianore auch deutlich charmanter, als Basil dabei seine Stimme wiederfand: "Erlaubt Eurem untertaenigsten Diener, Euch seine Aufwartung zu machen, werte Dame Elianore."
Er ergriff sacht die ihm dargebotene Hand und imitierte recht gekonnt einen Handkuss, ehe er sich wieder gaenzlich gerade aufrichtete und ein scheues, noch sichtlich verunsichertes Laecheln zustande brachte, als Elianore ihm entgegensaeuselte:
"Die Erlaubnis sei nur zu gerne gewaehrt, junger Herr. Viel zu lange musste ich Eure schoene Stimme und Eure umschmeichelnde Hoeflichkeit missen." Erwartungsvoll sah sie ihn an und Basil schwieg ein paar Momente so verzweifelt wie ein Fisch an Land, ehe aus seinem Mund einige Verse hervorstolperten, die er Elianore entgegenschmiss:
Du meine Seele, du mein Herz,
du meine Wonne, du... mein..", er stockte, suchte nach dem richtigen Wort, "Scherz,
du meine... Welt, in der ich strebe,
mein Himmel du, da rein schweb... aeh, da rein ich schwebe,
o du mein Grab, in das hinab
ich ewig meinen Hummer gab!
..."
Mit etwas unglaeubig geweitetem Blick hoerte Elianore ihm zu, ihr Gatte presste bei den letzten Worten die Hand vor den Mund und Roderich polterte los: "Basil! Wenn du schon meinst, Buecher zurate ziehen zu muessen, dann lern wenigstens vorher richtig lesen, goetterverdammt!
Es heisst 'Kummer', nicht 'Hummer'!"
Alle bis auf Basil, Darna und Roderich lachten los, der Meister war aber noch nicht fertig und liess nur wenige Momente Zeit dazu.
"Desweiteren", fuhr er streng fort, "erinner ich mich deutlich, dass ich sagte, man solle am besten davon absehen, Liebesgedichte anderer Menschen derartig zu gebrauchen, es sei denn, man kann ueberzeugend bekunden, dass nichts anderes besser die eigenen Gefuehle wiedergeben koenne. Eine bodenlose Schande, gaebe man sie auch noch als eigene Werke aus!"
Roderich verneigte sich Richtung Elianore: "Verzeiht diese Toelpelei, werte Dame." Sie nickte guetig, noch immer sichtlich amuesiert. Roderich ueberlegte. Wie brachte er jetzt rasch wieder Disziplin in diesen Haufen? Die Knappen Gernot und Sigiswart grinsten noch immer breit, waehrend Basil sich in die Reihe zurueck trollte und leise murrte: "Das sah aber wirklich wie ein 'H' aus."
Darna. Darna konnte jede noch so alberne Stimmung ersticken.

Tief durchatmend wandte er sich an Elianores Gatten: "Werter Herr von Dreybuch?"
Der Mann nickte bereits, seine Gemahlin stand auf und schmunzelnd tauschten sie die Plaetze. Danach bemuehte der Herr sich um eine gelassene Miene, und Roderich drehte sich wieder zu den Knappen: "Zu einer Farce wollen wir das Ganze hier nicht verkommen lassen. Darna, wirst du Herrn Ansgar von Dreybuch also deine Aufwartung machen?"
Die Knappin nickte ernst. Ein guter Teil ihrer Aufregung und Sorge hatte sich mit Basils Patzer gelegt, denn sie war sich sicher, dass sie es besser machen wuerde. Sie hatte sich etwas Eigenes ueberlegt und sich bemueht, sehr genau den Ratschlaegen des Lehrmeisters nachzukommen. So schritt sie mit einem "Sehr wohl, Meister Roderich" forsch voran und verneigte sich hoeflich vor Ansgar.
"Werter Herr Ansgar... zuviel der Ehre ist es fuer meine Person, Euch hier auch nur gegenueberstehen zu duerfen. Ein unvergesslicher Moment jeder Lidschlag lang, den ich vor Euch verweilen darf."
Roderich schoepfte Hoffnung, im selben Moment, wo Frau Elianore ueberrascht die Lippen schuerzte und Ansgar ein Laecheln zeigte, das damals gut gewesen sein mochte, um das Herz seiner Zukuenftigen selbst zu brechen. Die Worte waren gut gewaehlt. Vielleicht wuerde sie ihre Haltung noch etwas lockern, die mal wieder eher an den Exerzierplatz denn an ein vertrauliches Gespraech gemahnte, die Haende in distanzierter Geste auf dem Ruecken verschraenkt. Vielleicht wuerde sie auch noch einen besseren Tonfall finden, nicht diese Redeart, die man sonst nur hoerte, wenn ein General seinem Feldherrn Bericht ueber die neusten Truppenbewegungen des Feindes erstattete...
Ansgars Stimme mochte vielleicht hilfreich sein, die ihre etwas eingestaubte Galanterie und Sanftheit rasch wiedererlernte:
"So wird Euer Gedaechtnis hervorragend sein muessen, liebe Dame, denn nur zu gerne sehe ich Euch in meiner Naehe weilen und lausche Euren verlockenden Worten."
Gernot verkniff sich bei 'liebe Dame' einen bissigen Kommentar - es achtete gerade auch niemand auf ihn.
"Als ich den Sonnenaufgang erwartete, mein morgendliches Gebet an die Herrin Temora zu richten, da dachte ich stattdessen an den Moment, in dem ich vor Euch stehen wuerde. Keinen Schlaf fand ich mehr und Worte auch nicht, etwas zu beschreiben, von dem ich keine Vorstellung hegte. Nun erblicke ich Euch und wieder drohe ich, um jedes Wort verlegen zu sein, denn nichts will mir auf Anhieb einfallen, das im Vergleich Eurer Gestalt gerecht werden koennte."
Sie hatte sich die Worte muehsam zurechtgelegt, um eigentlich nur Zeit zu gewinnen. Wie haette sie sich Beschreibungen fuer jemanden ausdenken sollen, von dem sie nicht einmal gewusst haette, wer es sein wuerde? Luegen kam einfach nicht in Frage.

Doch es schien gut zu klappen, jedenfalls wirkte Herr von Dreybuch recht beeindruckt. Zur Minne schien es also auch zu gehoeren, viele Worte um nichts machen zu koennen. Gernot hatte oft genug bekundet, dass sie das ausgezeichnet beherrschte. Sorgsam studierte sie sein Gesicht, seine Haltung, Haare, Augen, um zum beschreibenden Teil uebergehen zu koennen:
"Doch nun sitzt Ihr leibhaftig vor mir, in der Haltung so edel und geschmeidig, stolz und gelassen zugleich, wie der Kuechenkater Maunzer, wenn er vom Fisch etwas erhalten durfte und sattgefressen ist."
Er sass tatsaechlich so, auch wenn Darna sich gleich darauf innerlich fragte, ob es nett war, ihr Gegenueber mit dem altbekannten Kuechenschmarotzer der Burg zu vergleichen. Aber wenn das Tier zufrieden war, sass er wirklich in sehr majestaetischer Pose, als seien die Raeumlichkeiten allein sein Reich. Sie versuchte, die Mimik des Herrn Ansgar zu deuten, doch das fiel gerade schwer. Sie entschloss sich, einen hoffentlich vertuschenden Schwenk zu etwas Edlerem zu machen, man sollte ja an Dingen vergleichen, die man selber auch schoen und wertvoll fand:
"Eure Haare sind so edel braun wie die vom Streitross seiner graeflichen Hoheit, die ergrauten Ecken so weiss wie des Rosses Blesse und Eure Augen strahlen wie des Grafen bestens polierte Prunkruestung."
Angesichts der Reaktion wurde sie doch etwas unsicher. Was hatte die Roete in seinem Gesicht zu bedeuten und der Umstand, dass er die Luft anzuhalten schien? Es war vermutlich nicht das Erroeten wie bei einer Dame, wenn sie sich geschmeichelt fuehlte, oder? Ausserdem starrte er sie so seltsam an. Zorn? Hinter ihr hoerte sie unidentifizierbare gedaempfte Geraeusche, doch sie wandte nicht den Blick von ihrem Gegenueber, das waere unhoeflich gewesen.
Was wuerde sie denn fuer ihn tun? Dabei sollte man es mit der Wahrheit auch nicht allzu genau nehmen, es durften ruhig nahezu oder gar gaenzlich unmoegliche Dinge sein, die man nicht gerne tat oder dergleichen... Sie war allerdings ueber ihre eigene Stimme erschreckt, die irgendwie einen seltsam kraechzigen Klang gewonnen hatte, das Ganze wurde ihr immer peinlicher. Am Besten rasch beenden:
"Fuer Euch wuerde ich den ganzen Tag den Hof fegen oder sogar Sauerkraut und Stachelbeermarmelade essen. Ich wuerde fuer Euch glatt die Stiefel von Gernot putzen, wenn Ihr mir nur ein Laecheln schen..."
Ihr wehte schallendes Gelaechter entgegen.


Nie wieder. Nie, nie wieder. Wie konnte Minne nur eine ritterliche Kunst sein, wenn es das verlogene Gedresche hohler Phrasen war? Wenn selbst Meister Roderich sie dafuer auslachte, wo sie nur die Wahrheit sagte? Er wuerde spaeter noch mit ihr darueber reden, hatte er muehsam herausgebracht und sie rasch nach draussen geschickt. Sie hatte das Gelaechter noch drei Flure weiter gehoert. Gernot hatte wieder etwas, worueber er wochenlang herziehen konnte, sie hatte sich bis auf die Knochen blamiert.
Sie schloss die brennenden Augen. Nein, sollte es ihr in Zukunft lieber egal sein, wenn sie von eben dieser Kunst nichts verstand. Wenn andere darueber herumlogen, dass sie Sterne vom Himmel holen wuerden und dergleichen Schwachsinn mehr, dann war das in Ordnung, ja?
"Scheiss Minnedienst. Nie wieder", brach es aus ihr heraus und sie suchte hinter dem Heuschober eine Ecke, wo sie allein sein konnte, bis die Allgegenwaertigkeit des Hofes sie wieder daran erinnern wuerde, dass es fuer einen Knappen eine solche Flucht nicht gab, denn sie kaeme einem Aufgeben gleich. "Nicht fuer diesen Mist..." Sie wurde es aushalten, alles Gespoett legte sich nach einer Weile, wenn sie tat, als wuerde es sie nicht interessieren. Das immerhin wusste sie.

*******
(verschandelter Teil des Gedichtes: "Du meine Seele" von Friedrich Rueckert)
 Nach oben »
Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 25 März 2006 15:42    Titel:
Antworten mit Zitat

Die erste Heldentat?

Es sah schon komisch aus, wie Hinrich mit lauter dreckigen Putzlumpen behängt auf sie zuwankte und unter dem schwarzen Tuch über seinem Kopf kaum etwas sah - aber er hatte ja unbedingt einen Kopflosen darstellen wollen, keiner wusste so recht, warum. Er hielt die für besonders unheimlich, während Darna vor Lachen kaum ihr Holzschwert halten konnte, als er auch noch beinahe über einen der Lappen an seinem Fuß stolperte.
Doch dann reckte sie sich und streckte ihm die Waffe mutig entgegen, immerhin war sie ihr Großvater, der hatte in der Schlacht vor Fichtenhag schließlich auch nicht gelacht!
"Im Namen der lichten Herrin Temora, Tochter der höchsten Göttin, gebiete ich dir Einhalt, finstere Kreatur!"
Jawohl, das hatte gesessen! Aber Hinrich wankte weiter auf sie zu und versuchte, nach ihr zu hauen.
"Das ist gemein, du musst jetzt zu Staub zerfallen!", protestierte sie ärgerlich. Dieser Spielverderber!
"Muß ich gar nicht!", maulte Hinrich zurück. "Die sind da auch nicht alle zu Staub zerfallen, nur weil dein Großvater denen irgendwas gesagt hat!"

(später)
Ihr Knie tat weh, Hinrich hatte da ganz schön fiese gegengetreten. Mürrisch zog Darna einige Strohhalme aus ihrer Tunika. Hoffentlich würde ihm das trotzdem eine Lektion sein! Sie war mindestens genauso mutig wie ihr Großvater Leonbrand! Und das würde sie beweisen, jawohl! Von wegen sie traute sich nicht zur Kräuter-Tine...
Obwohl sie 'ne Hexe war, das wussten ja alle, Laienbruder Argerius schimpfte ganz oft über sie. Etwas zögernd hielt die sechsjährige Darna inne - nur kurz überlegen, was so alles war, dann würde sie schon weitergehen...
Letztens hatte die Frau vom Müller böses Leibgrimmen gehabt, da war sie zur Kräuter-Tine gegangen und hatte sich Heilkräutersud geben lassen, hatte auch geholfen, wie sie am Brunnen fleißig herumerzählt hatte. Aber der Wiesenteich-Bäuerin war jetzt schon das vierte Huhn in zwei Wochen gestorben, und Argerius hatte sicher recht, wenn er sagte, das könne nicht mit rechten Dingen zugehen.
Und dann ihr eigenes schlimmes Bauchweh, als sie die ganzen leckeren Bonbons genascht hatte - und ihre Mutter hatte erzählt, daß die von der Kräuter-Tine gewesen wären, hatte sie also deswegen Bauchweh bekommen. Grübelnd furchte das Kind die Stirn.

Sie musste aber trotzdem weitergehen, sonst hielt Hinrich sie noch wirklich für feige. Im kleinen Wäldchen bei der Kate der etwas abseits wohnenden Frau fand Darna sie, beobachtete sie ein paar Augenblicke still, wie sie irgendwelche Pflanzen schnitt und in eine umgehängte Stofftasche legte.
Die erwachsene Frau von vielleicht 30 Jahren sah schön aus, das sagte jeder - Argerius wetterte stets, daß sie den Männern nur den Kopf verdrehe und faulen Zauber mit ihnen triebe. Das pechschwarze Haar fiel in weichen Locken nach vorne, wenn sie sich bückte, leise summte sie dabei ein Lied, das viele Kräuter nannte.
Als Darna näherkam und auf einen Ast trat, erschrak die Kräuter-Tine fürchterlich, daß das Kind selber einen Schritt zurückwich und sie aus großen Augen ansah.
"Was machst du denn hier?", fuhr die Hexenfrau sie etwas unwirsch an, "Sollst du heimlich andere Leute begucken?"
"Ich hab gar nicht heimlich geguckt!", verteidigte Darna sich.
"Und was willst du dann?"
Tja, was wollte sie hier? Sie überlegte, sah Tine zweifelnd an. Die lächelte, doch dann zog sie so komisch argwöhnisch die Brauen zusammen. "Hat deine Mutter dich hergeschickt, will sie was von mir kaufen?"
"Nein", entgegnete das Mädchen verwundert. Dann musste sie an Lindas Erzählung denken, daß die Kräuter-Tine ihr eine Zaubertinktur verkauft habe...
"Bist du eine Hexe?", platzte es neugierig aus ihr heraus.
Die Frau zog noch weiter die Brauen zusammen und beugte sich mit einem bösen Grinsen vor, zischte:
"Ja, natürlich - und ich esse kleine Kinder zum Frühstück! Lauf schnell weg!"

Doch etwas verblüfft sah Elseratine, von allen nur "Kräuter-Tine" genannt dem Mädchen nach, wie es blitzgeschwind durch das Gestrüpp davonrannte und musste lachen. "Hilft das tatsächlich gegen neugierige Ritterskinder?", fragte sie sich amüsiert und erntete weiter Taubnessel.

(noch später)
"Nein, das ist völlig richtig von dir, daß du damit zu mir gekommen bist, junges Fräulein", meinte der Laienbruder und strich der kleinen Tochter des hiesigen Ritters in möglichst gütig wirkender Geste über die braunen Haare. "Und sie hat wirklich gesagt, daß sie kleine Kinder aufgegessen habe?", hakte er nochmal nach.
"Ja, Herr Argerius", meinte Darna ernst nickend. Sie war dem einzigen Vertreter der Kirche hier im Ort sehr dankbar, daß er sie so davor gewarnt hatte, nochmal zur Kräuter-Tine zu gehen. Sie hatte wohl seinen Worten nach sehr viel Glück gehabt, daß sie so schnell gelaufen war, sonst wäre sie vielleicht selber gegessen worden, und feige war das zum Glück auch nicht gewesen, das würde er Hinrich im Notfall sogar selber sagen, hatte er versprochen.
"Das hast du sehr gut gemacht", bekräftiget der Laienbruder und sie lächelte kurz zufrieden - wenn sie dem Herrn, der wohl bald richtiger Templer sein würde, helfen konnte, freute sie das immer.
"Nun aber geh - um den Rest kümmere ich mich." Damit schickte er sie fort, sah ihr abwesend nach... endlich hatte er alles, was er brauchte.
"Das war dein letztes Schandstück, mich zur Unzucht zu verführen, Hexenweib...", flüsterte er zufrieden.

Darna musste von den Worten Tines trotzdem noch zweimal erzählen, einmal war ihr Vater dabei, und beim zweiten Mal ein ihr unbekannter Mann, zu dem aber alle ganz höflich waren - der Landrichter des Grafen, wie ihr später erklärt wurde.

(und zuletzt)
Nachdenklich sah sie auf den brennenden Scheiterhaufen, sah, wie die Flammen den Büßerkittel erfassten. Eine sehr böse Hexe musste sie gewesen sein, daß man sie so strafte. Darna spürte die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter, der gar nicht so recht davon begeistert gewesen war, mit welcher Überzeugung Argerius darauf bestanden hatte, daß das Mädchen der Hinrichtung beiwohne.
"Ihr entscheidender Hinweis hat die Wahrheit ans Licht gebracht und geholfen, daß die gerechte Strafe ausgesprochen werden kann - sie soll die Früchte ihres Verdienstes ruhig sehen, Herr Ritter. Trotz ihrer jungen Jahre habt Ihr ein sehr vielversprechendes Kind hier in Eurem Hause! Eine wahre Heldentat!"
Darna spürte die Hand auf ihrer Schulter gar nicht so sehr. Sie hörte auch kaum den Lärm von der ganzen versammelten Dorfbevölkerung und den Zugereisten.
Viel mehr spürte sie den Blick der wilden, düster blickenden, doch schönen grünen Augen, die bis zuletzt nicht brachen, irgendwann nur einfach hinter den Flammen und dem Rauch verschwanden. Bis zuletzt hatte Elseratine nicht geschrien...
 Nach oben »
Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 27 März 2006 00:02    Titel:
Antworten mit Zitat

„Meine Tochter war schon immer sehr besonnen, auch als kleines Kind. Das Herumgealbere liegt ihr nun einmal nicht.“
„Ihr meint, sie hat auch schon als Kind nicht einmal gelacht, Herr?“
„Hm, doch. Da zählte sie… fünf Sommer, glaube ich.“
„Es gibt da ein Märchen von einer Maid, die…“
„Märchen sind Unfug, Gerdfried.“
„Ja, Herr. Natürlich.“


Darna von Elbenau. Sie mag meinen Körper getötet haben, doch nicht meinen Geist. Lange ist es her, daß sie damals als kleines Mädchen zu mir kam, aber was zählt schon Zeit? Ich erinnere mich gut an ihre kindliche Gestalt, die kleine Nase, schon damals stolz in der Höhe getragen. Mutig suchte sie mich auf, als ich gerade Taubnessel erntete. Mutig, denn die Kinder des Dorfes hatten ihr vorher weisgemacht, ich sei eine böse Hexe, die andere Leute in Frösche verwandeln könne.
Es war wohl Dummheit, heute gebe ich es zu. Man sollte einem kleinen Kind gegenüber nicht ironisch sein, doch es war meine Laune und es war mein Verhängnis. Nie hätte ich erwartet, daß sie meine Worte „Ja natürlich, lauf schnell weg! Ich esse kleine Kinder zum Frühstück!“ für bare Münze nimmt. Noch weniger, daß der nächste Templer-Laienbruder ihre Worte für bare Münze nimmt und es schafft, die Leute so gegen mich aufzubringen. Ich war eine Hexe, wenn man es so nennen will, ja. Doch ich hatte gedacht, daß ich in Elbenau gründlicher dafür gesorgt hatte, daß man um meinen guten Willen wusste. Es war nicht so. Und als die ersten Flammen mein Kleid erfassten, die Menge stumm zusah, und ich auch noch das Mädchen mit ebenso ernster Miene zwischen ihnen sah, da war allein sie in meinen Augen schuld.

Nie hätte ich es für möglich gehalten, daß ich auf die alten Lehren über die Macht eines Fluches zurückgreifen würde, doch es hat funktioniert.
„Ja, ernst so wie jetzt sollst du bleiben, Darna von Elbenau. Ernst und ohne ein Lachen seien dir die einfachen Freuden des Lebens genommen. Dies sei mein Fluch, mein Fluch im Augenblick meines Todes. Und nicht eher enden soll er, als daß du auch ohne Lachen begreifst, daß auch Humor eine Tugend ist – nicht nur Pflichterfüllung und Aufrichtigkeit…“
Ich beobachte sie nun schon manches Jahr, ein Teil meiner selbst ist an sie gebunden, kann nicht Frieden finden, so lange der Fluch währt, und allmählich frage ich mich, ob sie es je begreifen wird.
 Nach oben »
Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 07 Aug 2006 10:52    Titel:
Antworten mit Zitat

Stets das Ziel vor Augen

"Kopf... oben behalten! Nein!" Sir Hagen schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und drehte sich einmal um die eigene Achse. Er wusste nicht weiter, das war doch nicht zum Aushalten.
Seine Knappin wendete das Pferd, richtete die Holzlanze wieder auf und trabte ein paar Schritte auf ihn zu, brachte das Tier zögerlich zum Stehen und biß sich leicht auf die Unterlippe. Ebenso wie ihr Ritter wusste sie nicht weiter. Hagen schritt energisch auf sie zu, deutete auf das Tuch, das von einem Ast herab schräg vor dem Übungsziel für die Lanzengänge hing.
"Darna, du weißt schon, daß das nur Stoff ist und dir dieser Lumpen nichts tut, ja?", fragte er mittlerweile barsch.
"Ja, Sir", antwortete sie kleinlaut.
"Du bist da jetzt über zehn Mal ganz langsam durchgeritten, das Tuch hat dir nicht einmal ins Gesicht gebissen..."
"Nein, Sir."
Wieder einmal war Hagen von Weilenscheidt sich nicht sicher, ob sie den Sinn der Frage dabei wirklich verstanden hatte oder ob sie jetzt strikt nur auf die Tatsache antwortete, daß ein Stück Stoff nicht nach ihr schnappen konnte.
Prüfend sah er der jungen Frau ins Gesicht. Er wusste ja... warum...
Seine Stimme wurde sanfter: "Du musst davor keine Angst haben, Darna."
"Nein Sir, muß ich nicht...", antwortete sie leiser, schluckend. Sie senkte den Kopf. "Hab ich aber, Sir. Es tut mir leid." Nur noch Murmeln.
"Darf ich vorstellen: Darna von Elbenau, Knappin des bekannten Sir Hagen von Weilenscheidt, dem Schrecken der Tjosten, dreifacher Gewinner der goldenen Lanze von Welfingfurt - vor ihr braucht Ihr jedoch keine Sorge zu tragen, edler Herr, sie lässt fast jedesmal sogar ihr Pferd aus der Bahn ausbrechen, sobald die gegnerische Lanze sich auf weniger als drei Schritt nähert..."
Darna wurde immer kleiner im Sattel. Seufzend schüttelte Hagen den Kopf und wandte sich ab.

Er konnte ihr nicht mal böse sein. An Basil konnte man sich stundenlang auslassen, wenn er Mist gebaut hatte, bei dem hatte man oft genug - und meist nicht zu Unrecht - das Gefühl, daß er Schelte nur taub über sich ergehen ließ, bis er irgendwann später selber begriff, was er verkehrt machte. Manchmal war das irgendwie entspannend.
"Es tut mir leid, Sir." Da war es wieder. Manchmal fing er an, zu glauben, daß Darna zur Lüge gar nicht fähig war. Er brauchte sie nicht anzusehen, um zu wissen, daß es wahr war. Jede weitere Schelte war sinnlos und unangebracht, er hatte diesen Fehler einmal in seiner Wut gemacht, trotzdem weiterzuschimpfen - nie war er sich nach irgendwas hinterher so schäbig vorgekommen, denn auch die Tränen der Knappin waren von bedrückender Echtheit gewesen.
Doch was er sonst noch tun sollte, wusste er auch nicht mehr. Dieser Lagerplatz sah heute zwei Verlierer.
"Schon gut. Bind die Puppe vom Baum, leg das Tuch zusammen, sattel das Pferd ab und komm dann essen - es ist gut für heute."
"Jawohl, Sir."

Grübelnd starrte Hagen ins Feuer. Er stand vor seiner eigenen Grenze. Wie brachte man einen Menschen dazu, über seinen eigenen Schatten zu springen?
"Ich weiß es nicht. Dafür braucht es wohl Wunder."
 Nach oben »
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Darna - Eine handvoll Stunden
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.




phpBB theme/template by Tobias Braun
Copyright © Alathair



Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
Deutsche Übersetzung von phpBB.de