Kribbeln im Bauch...

[Moyra MacDunlaith]

Moyra MacDunlaiths helle, für Anguren untypische bernsteinfarbigen Augen funkeln wütend, als sie wieder einmal auf dem elterlichen Hof versucht den harten Boden des riesigen Feldes mit ihren Gerätschaften zu bearbeiten. Sie hasste diesen verlassenen Ort in den Highlands mittlerweile. Der Boden hier war viel zu hart durch den ewigen Schnee und Frost und es ließ sich kaum etwas anbauen, geschweige denn dass es wuchs wenn man es denn geschafft hatte zu säen. Erschöpft steht sie nun mitten auf dem Feld und lehnt sich auf ihr Ackergerät. Wehmütig lässt sie ihre Blicke in die Ferne schweifen… Wie gerne würde sie diesen Hof verlassen… Ihre Eltern konnten ihr ohnehin nicht viel bieten was Ackerbau belangte, auch wenn sie nicht für den harten Boden konnten… Sie waren die typischen grummeligen und stolzen Hochländer, die ihre Tochter jeden Tag allein die harte Arbeit verrichten ließen.. Nun, sie mochte die Arbeit sehr gern, auch lernte sie rasch und viel, aber auch würde sie gerne sehen, wie vielleicht mal etwas wuchs… Nur ein kleines grünes Blättchen, oder mal ein Apfel den sie direkt vom Baum essen konnte… auch Kräuter für ihre Trankgemische waren hier viel zu selten. Ab und zu bekam sie welche aus dem entfernten Nachbardorf, aber das auch nur alle zwei drei Jahre und auch immer nur sehr wenig…



Sie wusste, dass ihre Leidenschaft dem Ackerbau und der Viehzucht galt, aber wie gut war man oder konnte man werden wenn man keinen Erfolg sah? Es gab ihr keinerlei Ansporn Tag für Tag und Jahr für Jahr zu versuchen den Boden fruchtbar zu machen… Sie wusste, dass hier in der Kälte nie etwas gedeihen würde. Dann sah sie zu dem elterlichen Hof und seufzte… Innerlich wusste sie schon lange was zu tun war. Seit ein paar Fremde aus dem Tal zu besuch waren um zu handeln wusste sie, dass auch ihr Weg sie einmal dort hinunter führen würde… Was die Fremden alles zu verkaufen hatten! Und wie sie sagten alles aus eigenem Anbau… Und sie erzählten Geschichten von kleinen Menschen, die nicht grösser als ein Zedernfass seien. Ungläubig starrte sie Moyra dann an, denn für sie waren ihre 1,89 stets normal und manchmal fühlte sie sich sogar noch zu klein geraten, wenn sie so an die anderen Frauen aus dem Nachbardorf dachte, die fast noch einen Kopf grösser waren als sie… und da soll es nun Menschen geben, die ihr nicht weitergehen als bis an die Hüfte? Unglaublich…



Neidisch sah sie ihnen nach als sie am Tag ihrer Abreise wieder hinunter ins Tal stiegen. Zur Insel der Ahnen wie sie sagten. Nur wie sollte sie ihnen folgen? Wohin sollte sie gehen? Sie war noch nie dort unten, aber Angst verspürte sich auch nicht… Irgendetwas würde sie schon finden…



Nur sollte sie ihren Eltern davon erzählen? Oder sollte sie einfach gehen? Eine schwere Entscheidung, denn einerseits wollte sie ihre Familie, die ihr mehr wert war als ihr eigenes Leben nicht vor den Kopf stossen aber andererseits wusste sie, dass sie sie nie gehen lassen würden… sie fühlte sich innerlich zerrissen… Diese beiden Menschen hatte stets für sie gesorgt und ihr beigebracht was Ehre, Stolz und Verantwortung bedeuten… So wie ihr Vater es auch stets seinem Clan MacDunlaith beigebracht hatte. Er war stets ein stolzer Anführer gewesen, nun aber alt und schwach, so führte nun Moyras Bruder den Clan. Moyra trug ihren Namen durchaus mit Stolz. Und deshalb konnte sie auch nicht anders als es ihren Eltern zu sagen. Das gebot die Erziehung ihres Vaters.



Sie würde vor allem ihm gegenüber schlau argumentieren müssen. So sagte sie denn zu ihnen, dass es keinen Sinn hat diesen Hof weiter zu bewirtschaften. Es trägt einfach keine Früchte und die Lebensgrundlage wird ihnen somit entzogen. Sie diskutierten die halbe Nacht darüber, und sie versuchte lange ihre Eltern davon zu überzeugen, dass es besser sei, wenn sie sich auf in die Täler macht und dort Arbeit auf einem Hof sucht. Sie einigten sich schließlich darauf, dass sie in Richtung der Insel der Ahnen gehen soll, nur dann würden sie sie fort lassen. Ihre Eltern wussten schon, warum sie das taten, aber das sollte Moyra erst viel später erfahren…



Ihre Mutter hatte Tränen in den Augen als sie sich schließlich verabschiedeten und ihr Vater wiederholte wieder und wieder wie stolz er auf sie ist und dass sie immer gut auf sich acht geben soll.



Im Morgengrauen machte sie sich schliesslich auf… Sie nahm sich ein Pferd aus dem Stall, einen wunderbaren großen schwarzen Hengst, den sie vor drei Jahren aus dem Bauch ihrer Lieblingsstute zog, die nach der Geburt aber starb und machte sich auf die lange und beschwerliche Reise hinab ins Tal… Ihr Herz pochte wie wild als sie noch einmal zurück sah, und der elterliche Hof am Horizont verschwand… Ihr Blick war nun nach vorn gerichtet… Sie zog das Bärenfell eng um sich und ein Lächeln eroberte ihre schmalen Lippen und die Vorfreude auf ein neues Leben schlich sich in ihren Bauch…