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Innenleben einer Scheune und... ein Apfel...
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Aviel Amairwen





 Beitrag Verfasst am: 08 Feb 2005 20:57    Titel: Innenleben einer Scheune und... ein Apfel...
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„Haltet euch am Tage versteckt und die Nacht mit ihren Schatten gehört euch!“
Diese eindringlich gesprochenen Worte hatten sich mir eingeprägt, sowie dem Rest der kleinen Gruppe,
mit der ich in einer verlassenen Scheune einen Platz gefunden hatte, wo niemand uns aufgreifen würde.
Die Scheune befand sich in der Nähe der Stadt Varuna, aber dennoch weit genug davon entfernt.
Wer sie zufällig erblicken würde, dessen Interesse würde schnell schwinden bei ihrem Anblick.
Wenn jemals ein Haupthaus zu ihr gehört haben sollte, so würde sich uns das Geheimnis um dessen Verbleib wohl nicht erschließen,
denn weit und breit gab es nichts zu sehen, was auch nur annähernd darauf hinweisen würde, ein Überbleibsel eines Hauses zu sein.
Das Dach der Scheune war zu einem Dreiviertel abgetragen und es war wohl nur eine Frage der Zeit, wann das letzte Viertel einem Sturme weichen mußte. Auch fehlten einige Bretter in den Wänden, so daß heimelige Wärme nicht den Funken einer Chance hatte, auf zu kommen, außer in den Sommermonaten, oder dicht gedrängt an einem kleinen Feuer.

Ich könnte nicht einmal sagen, wie lange ich bereits in der Scheune lebte, wie ich dorthin gelangte, oder gar warum.
Diesbezüglich erlaubte sich mein Gedächtnis, sich zurück zu ziehen und zu schweigen.
Soweit ich mich zurück erinnern konnte, war ich eben da.
Außer mir noch vier andere Mädchen, alle offensichtlich jünger als ich und... Nieve.
Unser Oberhaupt! Sie war das Maß aller Dinge. Sie war die, zu der ich aufsah. So wie sie wollte ich auch sein und so eiferte ich ihr nach.
Nieve war schlank, um nicht zu sagen dünn und drahtig gebaut. Die verfilzten Haare trug sie lang, manchmal zu einem Zopf gebunden. Ich war von ähnlicher Statur und trug meine Haare natürlich immer ebenso wie sie. Während ihre unter dem Schmutz blond schienen, waren meine jedoch von einem dunklen Braunton.

Sie war flink wie ein Wiesel und hatte das Mundwerk eines Bauernlümmels.
Auch hierin stand ich ihr zuweilen in nichts nach und ein ums andere Mal wetzten wir die verbalen Klingen, zu unserem Vergnügen.
Sie hatte ein großes Herz und es ist fraglich, was ohne sie aus uns geworden wäre.
Sie war es, die dafür sorgte, daß wir etwas in unsere stets hungrigen Bäuche bekamen.. mal mehr, mal weniger.
War es weniger, verzichtete sie auf ihren Anteil und ich wollte es ihr gleich tun. Lediglich ihre Androhung, mich in die Stadt zu bringen und mich den Soldaten aus zu liefern, ließen mich dann doch lieber meinen kargen Anteil hinunter schlingen.. natürlich unter Protest.
Niemand von uns wußte genau, was die Soldaten mit uns tun würden, aber allein, wie sie es sagte, reichte aus, um zu tun, was sie wollte.
Ebenso wenig wußten wir, wie sie die Mahlzeiten heran schaffte. Nie nahm sie jemanden von uns mit. Aber auch wir hatten unsere Aufgaben. Meine war es, mich um die Jüngeren zu kümmern, wenn Nieve nicht da war. Auch hatte ich dafür Sorge zu tragen, daß das Stroh auf dem wir schliefen, gewendet war.

Einmal brachte sie mir ein Messer mit. Es war mittelgroß und die Klinge recht scharf. Dazu warf sie mir ein Stück Holz hin und meinte, es seie gut, wenn man noch etwas anderes könne, als Stroh wenden. So verbrachte ich oftmals viele Stunden damit, an einem Stück Holz, oder auch einer Wurzel herum zu schaben. Offenbar hatte ich ein wenig Talent in die Wiege gelegt bekommen, so daß ich tatsächlich mehr das Holz traf, als meine Finger.
Neben meinen „intarsierten“ Schnitzarbeiten mußte ich beim Zubereiten und Aufteilen der meist dürftigen Mahlzeiten helfen.
Nieve hatte ein gutes Auge für eine gerechte Aufteilung und ich... ich lernte schnell.
Nur zu oft blieben unsere Mägen jedoch leer und wir schaukelten die weinenden Kleinen, jeweils zwei in unseren Armen, in den Schlaf. In trockenen Nächten schliefen wir auf der unbedeckten Scheunenseite, sahen in die Sterne und erzählten uns flüsternd unsere Träume.
Manchmal erzählte Nieve mir auch Geschichten von Göttern.
Da war die spannende, wie schreckliche Geschichte um Eluive und ihre Kinder. Die Gänsehaut erzeugende Geschichte von Alatar.
Der finstere Mord an Getares. Von der Hoffnung bringenden Lichtgöttin Temora.
Nicht zu vergessen, die Söhne von Horteras: Cirmias und Phanodain.
Ich war nicht sicher, ob sie sich die Geschichten ausdachte, aber es war schön ihr zu zuhören.
Am liebsten hörte ich die Geschichte von Eluive und stellte mir vor, wie sie die Welt zusammenhielt.
Allerdings hatte ich Schwierigkeiten mir vor zu stellen, wie das Meer aussieht. Oftmals wartete ich darauf, daß Nieve die Geschichte zu einem guten Ende bringen würde, etwa, indem es Temora gelang, ihre Mutter zu retten. Aber dies tat Nieve nie.


Ich muß nun wohl etwa an die 17 Sommer zählen und der Frühling hat nun seinen Einzug gehalten. Die Jüngeren schlafen noch, während ich verschlafen zu Nieve blinzel, die sich neben meine Schlafstelle hockt und mir mit einem Augenzwinkern zuflüstert:
„Paß gut auf Aviel, ich bin sicher bald zurück und heute werde ich uns etwas besonderes mitbringen...“ An dieser Stelle macht sie eine kunstvolle Pause, ehe sie mit einem Lächeln anfügt: „...ein oder zwei Äpfel.“ Ich erwidere ihr Lächeln, wobei meine Augen ihr deutlich mitteilen, wie gern ich sie begleiten würde, zumal die Kleinen nicht mehr so klein sind, daß sie nicht auch allein bleiben könnten. Ein kurzes Kopfschütteln Nieves und dann erhebt sie sich, um flink die Scheune zu verlassen, nicht ohne mir noch einmal kurz zu winken.
Dies soll das Letzte gewesen sein, was ich von ihr sehe... sie kommt nicht zurück.

Nach drei Tagen des Wartens und Ausschau halten, ist mir bewußt, daß es nun an mir ist, mich um die Jüngeren zu kümmern, wie sie es die ganzen Jahre für uns tat.
Schweren Herzens, aber auch mit der Hoffnung, sie doch noch zu finden, mache ich mich auf den Weg nach Varuna.
Ich halte mich dicht an den Häuserwänden und bin schier erschlagen von den Eindrücken.
Ich sehe Stände, mit einem Überfluß an Waren. Ich höre die Marktschreier, die sie feil bieten und sich dabei versuchen gegenseitig zu übertrumpfen. Ich sehe bunt Gewandete und vermute allerfeinste Stoffe, wie ich sie nie sehen, oder fühlen durfte.
Mutig schiebe ich mich zwischen die Massen, vergessen der Satz: „Haltet euch am Tage versteckt...“, von Einigen mit erst erstauntem und dann wütendem Blick beäugt, aber schnell genug vorwärts kommend, ehe sie nach mir greifen können.
Nach diesem Rausch der Tapferkeit, husche ich hinter einen Stand, mich erinnernd, warum ich hier bin. Nieve zu finden und etwas um die Mägen zu füllen.
Von einem Stand zum Nächsten, nun eher schleichend, lasse ich meinen Blick schweifen, in der Hoffnung sie irgendwo zu erblicken. Die Sonne hat ihren Höchststand längst überschritten, als ich mir darüber im Klaren bin, daß meine Hoffnung nicht von Erfolg gekrönt ist.
Mein Blick schweift nunmehr über die Ware des Standes, an dem ich stehe.
Es ist ein Obststand!
Als mein Blick auf das Körbchen mit Äpfeln fällt, weiß ich, was ich zu tun habe.
Ich habe nichts, was ich zum Tausch anbieten kann, solch Klingendes wie so manche der Käuferinnen und Käufer schon gar nicht. Langsam schiebe ich mich an der Seite des Standes entlang, den Blick auf den obersten Apfel gerichtet, der in der Frühlingssonne wie poliert glänzt und mir geradezu zuzuflüstern scheint: „Nimm mich, ich bin nur für euch.“
Ehe ich mir Gedanken darüber machen kann, ob ein Apfel nun tatsächlich sprechen kann oder nicht, strecke ich meine Hand blitzschnell aus, greife den Apfel, drehe mich um und entferne mich schnell.

Nicht schnell genug, muß ich feststellen, als mich eine Hand im Nacken packt und ich nur wenige Schritt weit gekommen bin.
Reflexartig, mit einem Aufkeuchen, versuche ich mich zu befreien, indem ich mit meinem Arm nach hinten schlage.
In Erwartung dessen, daß ich so etwas versuchen würde, findet sich sogleich mein Handgelenk gepackt, während sich die Hand aus meinem Nacken entfernt und ich gleichsam herum gedreht werde.
Zu einem Tritt ausholend, den Apfel noch fest in meiner Hand, halte ich inne, als sich das Gesicht einer Frau in mein Blickfeld schiebt, deren sanfter Blick so gänzlich im Gegensatz zu dem festen Griff steht. So reiße ich lediglich Mund und Augen auf, teils vergehend vor Angst, teils überrascht.
Dem aufgeregten Standbesitzer drückt sie nun mit ihrer freien Hand etwas in die Hand, um mich dann mit sich zu ziehen, fort von den inzwischen neugierig gewordenen Umstehenden.
Mehr stolpernd als gehend und mit nunmehr zitternden Knien folge ich ihr gezwungener Maßen.

Eine Weile später finde ich mich, zu meinem eigenen Erstaunen, außerhalb der Stadt mit ihr auf zwei Findlingen sitzend wider, während ich dabei bin, ihr von meinem Leben zu erzählen. Der Umstand, daß ich ihr, die sich als Alyssa Arnis vorstellt, entgegen Nieves Rat, niemandem etwas zu erzählen, doch berichte, läßt sich auf mehrere Dinge zurück führen:
Die sanfte Stimme, die sich zu dem Blick gesellt und die Worte, die wie die Strahlen der Sonne auf den Samen fallen, den Nieve gepflanzt hat. Eine der alten Geschichten, wie sie Nieve erzählte und offenbar nicht ihrer Phantasie entsprungen waren, woher auch immer sie diese gehört hatte. Die Geschichte Temoras.
So hängt mein Blick an ihren Lippen und in meinen Händen dreht sich der Apfel.
Als die Sonne uns durch ihren Stand darauf aufmerksam macht, wieviel Zeit vergangen ist, fordert mich die Erztemplerin auf, sie zur Scheune zu führen. Ich komme der Forderung nach, in einem kleinen Winkel meines Herzens noch immer fürchtend, was nun auf uns zu kommen mag.


Einige Tage später weiß ich die vier Mädchen untergebracht in einer bisher kinderlosen Familie.. sie werden es gut haben.
Ich selbst hingegen befinde mich auf einer Reise.
Meiner Reise in die Zukunft, unter dem sanft beobachtenden Blick der Erztemplerin, zum Ordenskloster der Templer Temoras.
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