Vertrauen

[Risina Vergol]

Sie stand am Fenster und ließ ihren Blick über die Zinnen der Mauer schweifen. Hinter ihr in dem Turmzimmern standen das Spinnrad und der Webstuhl geduldig wartend, dass ihre Hände weiterarbeiteten. Soviel war passiert in den letzten Tagen, seitdem sie hergebracht worden war. Gegen ihren Willen.... aber jetzt war sie freiwillig hier – oder?

Sie wusste es selber nicht so recht – was war eigentlich geschehen? Krank und verletzt war sie gewesen, außer Sinnen vor Angst. Halblügen hatte sie erzählt .. und trotzdem waren die Leute freundlich und hatten sie aufgenommen, ihr Schutz versprochen und Hilfe. Hatten sich ihretwegen in Gefahr begeben. Es waren gute Menschen, Leute wie sie hatte sie noch nie getroffen.

Leicht schüttelte sie den Kopf. Es war richtig gewesen sich dem Burgherrn anzuvertrauen, ihm alles zu erzählen. Der alte Mann, Gor hieß er, hatte sie dazu gebracht durch seine Offenheit. Und Darcey...

Ein sanftes Lächeln umspielten ihre Lippen, ihre Augen wurden weich, als sie an ihn dachte.
Schon als sie ihn zum ersten mal gesehen hatte flatterte ihr Herz so sonderbar. Seine Augen schauten sie an, als ob sie etwas Kostbares wäre, etwas ... Liebenswertes. Halt und Sicherheit versprachen sie. Sie wurde von ihnen angezogen wie die Motte vom Licht . Unfähig ihnen zu widerstehen. Vertrauen war in ihnen zu lesen,Vertrauen das man ihm geben konnte, das er nicht enttäuschen würde, aber auch vertrauen in ..sie. Sie die Lügnerin und Betrügerin, die immer das wiedergegeben hatte was sie bekommen hatte... und jetzt standen da auf einmal Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit im Raum, greifbar fast. Wie konnte sie da anders handeln als das Vertrauen das man ihr schenkte zurückzugeben. Und bisher war sie nicht enttäuscht worden.

Aber es war alles so fremd hier – Mauern überall um sie herum. Wie konnten die Leute hier auf Dauer atmen? Sie musst raus, egal ob die Bande gefasst wäre oder nicht. Die trieben sich doch in Rahal herum und nicht hier. Nur ein paar Stunden alleine sein, den Kopf wieder frei bekommen. Das Meer sehen und riechen. Darcey war fort geritten, ein wichtiger Auftrag hatte er gesagt. Er war Soldat und musste den Befehlen gehorchen. Wenn sie jetzt, wo alles ruhig war die Burg verließ... es konnte ja nichts geschehen.

Wahrscheinlich würde sie doch keiner vermissen und sie würde wieder kommen, heute noch. Sie würde ihr versprechen halten und Samira Lesen und Schreiben beibringen zusammen mit den andren Kindern die noch kommen würden. Leise lächelte sie bei dem Gedanken das einzige was ihr fast noch mehr Erfüllung und Ruhe gab als das Schneidern war, mit Kindern zuarbeiten, ihr Wissen an sie weiter zu vermitteln. Und Samira war ein Schatz den es zu hüten galt.

Schnell nahm sie Zettel und Stift und hinterließ eine kurze Nachricht, hoffend, dass sie gefunden würde unten auf dem großen Tisch. Nur kurz teilte sie mit, dass sie ein paar Dinge einkaufen müsse und bald wieder dasein würde. Und dass sie hoffe, auch dann wieder Einlass zubekommen.