Ein Schneiderlehrling trifft in Varuna und Umgebung ein

[Alena Zandorim]

„Wieso könnt ihr das nicht verstehen?“
Alena war den Tränen nahe. Die Diskussion ging nun schon einige Tage.
Hatte sie doch nun 22 Sommer wohl behütet verbracht. Für sie wurde es Zeit, auf eigenen Füßen stehen zu kommen, so sagte es ihr Bauchgefühl.

Seit fast 12 Sommern arbeitete sie und half sie in dem kleinen Lädchen, welches die Eltern mit viel Liebe und Mühe aufgezogen hatten, doch Alena gab nicht viel um das Wissen der Kräuter und Pflanzen, die ihre Mutter zu irgendwelchen Tränken verarbeitete.
Doch, wie es sich eben für eine liebevolle Tochter gehört, hatte sie sich nie beschwert. Doch am frühen Abend, wenn die Eltern die Tränke und Salben im Dorf verteilten, eilte Alena zur Nachbarin.
Einer recht gut proportionierten älteren Dame. Sie nähte Alena neue Schürzen und hübsche Hemdchen. Alena sah schon früh als Kind begeistert zu, wie aus einfachen Stoffen wundervolle Kleidung entstand. Mit etwa 14 wollte sie selber dieses Handwerk erlernen.
Aleida, wie Alena die ältere Dame anredete, brachte ihr alles Grundlegende der Schneiderkunst bei und freute sich über den Eifer und die Sorgfalt, mit der Alena ihre Schürzchen später selber fertigte.
„Es scheint dir in die Wiege gelegt worden zu sein, Alena!“
sagte sie des öfteren und lächelte ihr bestärkend zu.
Alena erfüllte dies jedes mal mit Stolz und beschloss, dieses Handwerk als Beruf zu wählen.

„Deine Aufgabe sollte es sein, unser kleines Lädchen zu übernehmen, wenn wir einmal nicht mehr können. Das war bislang unser Wunsch und du hast nie etwas anderes gesagt, so dass wir immer davon ausgingen, das es dir recht sei!“ Sprach die Mutter mit Bedacht.
„Mama, ich werde ja auch nicht fortgehen. Ich werde mir in den Umliegenden Dörfern oder in der Stadt Varuna etwas suchen. Ich werde euch natürlich auch immer etwas schicken, sowie ich meine Fähigkeiten verbessert habe und man meine Kleidung auch kauft. Aber ich muss es versuchen, das ist es, was mir Freude bereitet.“ Sie lächelte ihrer Mutter liebevoll entgegen und auch ihr Vater, der sich bislang ruhig verhalten hatte nickte und seufzte resignierend. „Wir können dich wohl nicht aufhalten, Kind. So es dein Wunsch ist, werden wir dich ziehen lassen. Doch sag uns immer, in welchem Dorf du dich befindest, damit wir dich erreichen können, falls etwas sein sollt.“

Er umarmte seine Tochter voller Herzenswärme und gab ihr einen kleinen Beutel mit Goldtalern.
„Das soll dir für den Anfang über die Runden helfen. Pass auf dich auf!“
Die Mutter, die nun auch Alena in die Arme schloss, begann zu schluchzen.
„Ich werde auf mich achten und euch einmal die Woche schreiben.“ Versprach Alena.

Gleich am nächsten Morgen packte sie alles was sie besaß in einen Rucksack und verabschiedete sich ebenfalls von Aleida und bestiegt die nächste Kutsche.

Ihr erster Weg führte sie nach Varuna. So groß hatte Alena sich die Stadt allerdings nicht vorgestellt. Ein paar mal verlief sie sich sogar und bat einen patrouillierenden Soldaten um Hilfe. Dieser Führte sie auch gleich zum hiesigen Schneider.

Sie öffnete vorsichtig die Tür und trat ein.
"Guten Tag. Mein Name ist Alena Zandorim. Ich.. suche eine kleine Anstellung. Hättet ihr vielleicht eine Aushilfsarbeit für mich?“
Die Frau, die scheinbar einen Moment brauchte um zu begreifen, was die Junge Frau von ihr wollte, lächelte aber sogleich und hielt ihr die Hand entgegen.
„Zum Grüße mein Kind. Ich heiße Frena! Komm rein. Ich hätte tatsächlich Hilfe nötig. Welche Erfahrungen konntest du bislang sammeln?“
Alena nahm ihre Hand und schüttelte sie kurz und erzählte ihr von ihren bisherigen Arbeiten.
Frena nickte zu frieden.
„Schau dort! Es gilt einige Mäntel zu schneidern, bevor der Winter über uns hereinbricht.“

Alena lächelte freudig, bedankte sich und ließ den Rucksack in einer Ecke des Ladens fallen und fing, ohne Umschweife an zu arbeiten.
Sie würde sich schon beweisen können.. Irgendwann!