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Die winterlichen Nebelfelder lichten sich...
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Die winterlichen Nebelfelder lichten sich...
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 28 Dez 2006 08:23    Titel: Die winterlichen Nebelfelder lichten sich...
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I. Die Reise

Die Reise durch das unwirkliche Land, welches vom Winter eingenommen ist, war beschwerlich gewesen.
Viele Verbindungen waren unter den Lasten des Schnees und den messerscharfen Eiskanten auf den Flüssen, zum Erliegen gekommen.
Der Weg durch den stillen Wald führte Rai'a durch kleine Dörfer und dunkle Forste, vorbei an knurrenden Bauern, die Angst um ihr Hab und Gut hatten, vorbei an knurrenden Wölfen, die Rai'a als ihr Hab und Gut betrachteten.
Nicht selten verbrachte sie eine ganze Nacht auf einem Baum, unter ihr ein hungriges Rudel Wölfe und nur selten traf ihre Bitte ob eines Platzes in einer Scheune eines Bauern, auf Bejahung.
Doch keine Klage fand den Weg aus ihrem Mund.
Dies war eben der Weg, den Eluive für sie erwählt hatte.
Es war nun mal so, dass man für seinen Lohn im Leben harte und steinige Wege zu bestreiten hatte, das war das Gleichgewicht der Welt.
Und die stille Hoffnung für diesen belohnt zu werden, irgendwann, ließ sie weitergehen... immer weiter..
Über Wiesen, deren graue Gräser mit glitzernden Raureif bedeckt waren, durch Dörfer, die sanft beleuchtet waren und im Dunkeln das eine oder andere Mal einen Blick in die warmen Stuben der speisenden Familien gewährte.
Doch im Winter eine Anstellung als Magd zu bekommen, das war Rai'a wohl bewusst, war aussichtslos..
So führten ihre Füße sie gen Varuna, die große Stadt...
Wenige Tage, bevor sie Varuna erreichte, traf sie auf zwei kleine Waisenkinder, die zitternd am Wegeskreuz aneinander gekauert dasaßen.
So gab sie ihnen ihren warmen, wenn auch rauen Wollmantel und den letzten Laib Brot und ein wenig Butter und bat sie, mit ihr nach Varuna zu ziehen, um dort eine Kirche um Obdach für diese kleinen Geschöpfe zu erbitten.
Die Kinder verlangsamten ihre Reise sehr und aus wenigen Tagen wurde gar über eine Woche.
Rai'a hatte sich eine Wurzel ausgegraben und kaute den Hunger so gut es eben ging fort.
Immer häufiger stolperte sie, fiel, spürte ob der Kälte die etlichen Abschürfungen nicht, die ihre Hände und Beine brennen ließen.
Die Kälte und Schwäche durchzog zusehends ihren Körper, als endlich die Lichter der riesigen Stadt vor ihr auftauchten...
Erleichterung, aber auch Angst machte sich in ihr breit...
Sie konnte sich erinnern, dass sie einst einmal in einer so großen Stadt gewesen, ja, gelebt haben musste... Aber das war viel zu lange her, denn sich erinnern zu können.
Ihre Großeltern, von denen sie nicht einmal wussten, ob sie es wirklich waren, zogen sie liebevoll groß.
Sie hatte es gut gehabt und viel durch ihren Großvater, den Pferdezüchter gelernt. Alles über ein großes Gehöft...
Aber über die Sitten und Bräuche in einer großen Stadt eines Königreiches?
Es verunsicherte sie, dass sie sich hier ungeschickt bewegen konnte.
Menschen waren ihr fremder denn Tiere und sie waren so schwer einzuschätzen.
Doch als erstes müssten die Kinder versorgt werden. Sogleich fand sie die Kirche der Temora, die sie an das Waisenhaus verwies und ihnen eine warme Milch und leckere Marmeladenbrote gab.
Rai'a war erleichtert, hatte sie nicht gewusst, ob sie den Weg zum Waisenhaus noch geschafft hätte.
Etwas gestärkt brachte sie die Kinder zum Waisenhaus, die sich unter Tränen von ihr verabschiedeten.
Aber Rai'a war doch selbst beinahe noch ein Kind, zumindest fühlte sie sich seit kurzem wieder so, seit sie in die riesige Stadt gekommen war, wo alles so groß zu sein schien.
So machte Rai'a sich auf, um die Stadt zu erkunden und sich eine trockene Bleibe zu suchen.
Auf dem Marktplatz sah sie einen Aufruf prangen, der besagte, dass das Schloss einen Stallburschen suche...
Eluive hatte sie nicht vergessen! Nach einem langen Gebet machte sie sich auf, eine Schreibstube zu suchen.
Mutig, vielleicht tollkühn, schrieb sie das Schloss mit der Bitte um eine Anstellung an...

Seitdem waren wenige Tage vergangen... und der Briefwechsel versprach Gutes..
Sie machte sich zurecht, säuberte ihre Kleidung, wusch sich im eiskalten Fluss und wollte sich soeben auf den Weg zurück in die Stadt machen, als ein Reiter sie beinahe umritt...
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 31 Dez 2006 23:05    Titel:
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II. Die Ankunft

Erschrocken sah sie auf, als der Mann in der edlen Rüstung sich bei ihr entschuldigte.
Dann fiel ihr Blick auf den imposanten Hengst. Lächelnd kamen die Erinnerungen an ihre Heimat wieder hoch, an die großen Weiden, auf denen die Pferde den Frühling genossen.
Rymis hieß der Hengst und der Mann, der sie beinahe übersah, stellte sich mit Rafael vor.
Er war überaus höflich und Rai’a war etwas verwundert, dass ein offensichtlich edler Herr ihr soviel Aufmerksamkeit schenkte.
So kamen sie immer mehr ins Gespräch, bis sie ihm erzählte, dass sie sich im Schloss um eine Anstellung beworben hatte.
Kurzerhand fragte er sie, ob sie Zeit hätte und sie bejahte. Natürlich hatte sie Zeit, aber das sagte sie ihm natürlich nicht so direkt.
Er führte sie durch die ganze Stadt hindurch, nickte vielen Wachen zu und Rai’a dachte schon, sie habe den Hauptmann der Wache kennen gelernt… Bis sie ins Schloss gingen.
Man öffnete dem Herrn Rafael, der sich ihr nicht mit seinem Familiennamen vorstellte, zügig und überaus höflich das Tor. Rai’a wurde immer unsicherer.
Erst, als sie schon in der großen Empfangshalle angekommen waren, verriet Rafael ihr, dass er Sir de Arganta sei, dass er ein guter Freund des Grafen sei und mich ihm nun vorstellen würde.
Rai’a wurde heiß und kalt gleichermaßen, sie merkte, wie ihre Schritte langsamer, zögerlicher wurden.
Dann öffnet er nach kurzem Anklopfen eine große schwere Tür und dahinter verbarg sich der Graf persönlich, samt seiner Frau und einer weiteren Frau, die sich als Liliana von Drachenfels vorstellen ließ.
Rai’a bekam kaum ein Wort heraus, benahm sich ganz anders, als sie es sonst tat. Aber was sollte man schon erwarten. Sie war eine einfache Tochter eines Bauern…
Nun stand sie hier im Schloss! Das war doch alles etwas viel für sie.
Aber nun musste sie wohl dadurch.
Und alles stellte sich als nur halb so schlimm heraus, wie sie sich das in ihren schlimmsten Alpträumen vorgestellt hatte. Eigentlich war es wie ein schöner Traum.
Eileen, die Gemahlin des Grafen wurde vom Grafen gebeten, sich Rai’a anzusehen und ob ihrer Tauglichkeit zu testen. Und der Test verlief scheinbar gut.
Eileen stellte sich als großzügige und volksnahe Dame dar, die ihr sogar anvertraute, dass Rai’a gerade im Begriff war ihren alten Platz einzunehmen. Rai’a war fassungslos, aber entzückt. Nicht nur von diesem Umstand, sondern von der Anstellung als Stallmagd und auch von den Menschen hier. Mehr hatte sie sich nicht erträumen können…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 01 Jan 2007 11:46    Titel:
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III. Das Leben im Schloss

Das Leben im Schloss stellte sich als Glück heraus. Rai’a war zwar noch immer nicht ganz mit der Situation vertraut, wie sie sich jedem Einzelnen dort gegenüber richtig verhalten sollte, aber sie lernte immer mehr das Geflecht des Schlosses kennen.
Alle hier waren sehr großzügig, wenn man sich an die Regeln und den Anstand hielt.
Besonders Rafael, Sire de Arganta, kannte in seiner Großzügigkeit keine Grenzen.
Sogar eine ganze Kiste voller warmer Kleidung hatte er ihr mitgebracht und sie zum Essen in die Taverne am Markt eingeladen.
Rai’a war unsicher, sobald sie aus dem vertrauten Stall heraus gerissen wurde.
Konnte sich ein Adliger mit einer Stallmagd einfach so in einer Taverne zeigen?
Rai’a atmete etwas auf, als Liliana von Drachenfels ihre Wege kreuzte und Rafael sie ebenso einlud.
In der Taverne wollte sie soeben auftauen, bekam ihr sonst recht offenes Mundwerk gerade wieder auseinander und begann sich sogar fast wohlzufühlen… als..
Als Baronin von Stolzenforst in die Taverne trat…
Bisher hatte sie die Adeligen, alle samt, als sehr volksnahe und menschliche Personen kennen lernen dürfen. Selbst ein „Duell“, welches auf so amüsierende Weise stattgefunden hatte, gab Rai’a für diesen Moment beinahe das Gefühl, dass es keinen Unterschied zwischen den Ständen gab. Nicht, dass sie den Respekt vergessen hätte, dennoch war es wundervoll zu sehen, dass diese Menschen, die soviel auf ihren Schultern trugen und sich so oft an die Etikette zu halten hatten, auch einmal alles von sich fallen lassen konnten.
Doch Baronin von Stolzenforst war wohl jene Adelige, wie Rai’a sich alle Adeligen einst vorgestellt hatte.
Eine kühle und erhabene Person, die, trotz, dass sie zu Fuß war, wirkte, als säße sie auf einem riesigen edlen Ross.
Kurz wunderte sich Rai’a, was solch eine Person in einer bürgerlichen Schenke suchte, bis sie begriff, welche Beziehungsgeflechte sich hier ereigneten.
Baronin von Stolzenforst war Rafaels Verlobte… Rai’a schüttelte sich innerlich.
Diese Person, dessen Kälte beinahe den Kamin zum erlöschen brachte, sollte Rafaels Herz erobert haben? Wie konnte das nur zusammen passen? Gegensätze ziehen sich bekanntlich an... aber so gegensätzlich…
Doch zu viel mehr Überlegungen kam sie gar nicht, denn die Augen der Dame musterten sie und mit einigen Worten war Rai’a wieder die kleine dreckige Stallmagd, die sie doch auch sein sollte. Sie war so verunsichert, dass sie kaum mehr reagieren konnte, wie ein Huhn, dem man soeben den Kopf abschlug, irrte sie in ihrem Gefühlschaos, in ihrer Scham umher, ehe sie überstürzt die Taverne verließ.
Die Hose war doch ein Geschenk Rafaels… wieso sollte sie unrechtmäßig sein?
Waren Hosen für Frauen etwa in ganz Varuna verboten? Hatte diese Dame denn nie einen Stall… nein, sie hatte wohl nie einen Stall ausgemistet und war dabei sämtliche Male über den Rock gestolpert.
Verwirrt irrte sie ins Schloss, zog die Hose reumütig aus, faltete sie ordentlich und zog sich den Rock über, der bei den Temperaturen den eisigen Wind nicht abzuhalten vermochte.
Von nun an würde Rai’a wieder nur eine Stallmagd sein und sich von den Adeligen etwas mehr fernhalten.
Es war nun nicht so, als wäre sie beleidigt, nein!
Vielmehr hatte sie Angst, die Menschen mit ihrer Etikettenlosigkeit zu beleidigen, die ihr soviel Gutes taten.
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 05 Jan 2007 21:01    Titel: IV. Jeder Morgen ein neuer Tag
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Stille überzog die Landschaft um Varuna. Von Zeit zu Zeit schwebten kleine weiße Flocken zu Boden, kein Wind, der sie aufhalten, sie aufwirbeln konnte.
Leise knirschte der Schnee unter Rai’as Stiefeln, dann und wann knackten Äste unter der Last des Schnees.
Immer weiter trugen ihre Füße sie von Varuna fort.
Rai’a suchte die Stille und Einsamkeit, nicht einmal Mansur, ihren Hengst, hatte sie heute mitgenommen.
Es war wieder einer dieser Tage, an dem ihr die große Stadt zu viel, zu laut vorkam.
Tief sog sie die frische kalte Winterluft des Waldes in sich ein.
Mitten im Wald hatte sie einen kleinen Hügel gefunden, auf dem einige Felsen wie Wächter ruhten.
Rai’a kletterte empor, schob vom höchsten Felsen den Schnee fort, wickelte sich enger in den warmen Umhang und ließ sich auf dem Stein nieder.
Die Sonne hatte sich soeben den Weg aus dem Meer gebahnt, sich mühevoll und langsam erhoben. Die schwachen Sonnenstrahlen vermochten nur wenig Wärme, auf die von der Kälte erröteten Wangen Rai’as zaubern.
Die Tage der letzten Wochen schwirrten ungeordnet in ihrem Geist herum und Rai’a fand, es sei an der Zeit, dieses Wirrwarr zu sortieren.
Lange saß sie still da, betrachtete den großen Feuerball, der sich dem Winter gebeugt hatte und die Tiere, die sich unter ihr bewegten, ohne sie zu bemerken.
Erst als die Kälte in jeden Winkel ihres zierlichen Leibes gekrochen war und Rai’as Knäuel aus Gedanken und Gefühlen geordnet schien, erhob sie sich.
Weit streckte sie die Arme aus, atmete tief ein, ein mächtiges Gefühl überkam sie, welches Wärme durch ihren Körper strömen ließ. Sie fühlte sich wieder leichter, freier und geordneter…als plötzlich ein schöner heller Laut den Himmel erfüllte.
Flügel, die gleichmäßig schlugen, umkreisten sie.
Rai’a legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in den Himmel hinauf.
Ein mächtiger Falke kreiste über ihrem Kopf.
Rai’a lächelte auf, griff in ihre Tasche und brach ein Stück Dörrfleisch ab, holte Schwung und warf es hoch in die Luft.
Mit geschmeidigen Bewegungen griff der Falke das fliegende Stück und stieß eine Ruf aus.
Rai’a lachte leise auf, nahm ein weiteres Stück Fleisch, beließ es jedoch in ihrer Hand, den Arm weit ausgestreckt.
Mit langen Flügelschlägen kam der Greifvogel auf sie zu, griff das Stückchen und kreiste weiter über ihrem Kopf.
Rai’a wiederholte jenes noch einige Male, wollte soeben das letzte Stück an ihn abgeben, da landete er auf ihrem Arm, sah sie mit seinen scharfen Augen eine Weile eindringlich musternd an, ehe er mit seinem Schnabel vorsichtig das letzte Stück aus ihrer behandschuhten Hand zupfte.
Rai’a hingegen, stand regungslos da.
Überwältigt von der Schönheit des Tieres.
Langsam winkelte sie den Arm etwas an, so dass sie das ungewohnte Gewicht besser halten konnte.
Ganz nah war er ihr nun, betrachtete sie einen langen Moment und suchte dann mit seinem Schnabel ihre Hand ab.
Rai’a wünschte sich, dieses majestätische Geschöpf zu berühren, unterließe es jedoch und nahm diese Begegnung als Geschenk Eluives an.
Der Falke hatte etwaige Krümmelreste in ihrer Hand ausfindig gemacht und verharrte einen Moment, sich in gänzlicher Gelassenheit umsehend.
Er breitete die Flügel aus und Rai’a streckte ihren Arm in die Höhe.
Mit filigranen Bewegungen erhob sich der Falke in die Lüfte, stieß über ihr kreisend noch einen langen Schrei aus, ehe er, über die Baumkronen, davon flog.
Rai’a sah ihm noch lange nach, das Lächeln auf ihren Zügen hielt noch an, als sie schon durch die Stadttore Varunas schritt.
Ein jeder morgen bringt einen neuen Trag, voller überraschender Momente, voller Leben…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 07 Jan 2007 18:17    Titel:
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V. Ein neuer Morgen?

Es schien ein Gewitter zu sein, inmitten des Winters. Wie ungewöhnlich.
Rai’a ließ die Augen zu und horchte dem Donnern…
Langsam wurde ihr gewahr, dass ihre Kehle brannte, der Kopf pochte.
Und dass das Gewitter auch gar keines war.
Gelmira kam schnurrend auf ihre Brust und betrachtete Rai’a, die das Gesicht immer mehr verzog.
Langsam und vorsichtig blinzelte sie und sah sich in dem Raum um, der nur seicht mit einer Kerze beleuchtet wurde.
Schwach und unkoordiniert befreite sie ihre Hand unter der Decke hervor und streichelte die Katze müßig.
Rai’as zerknirschter Blick fiel auf die dunkle Bluse, die gewiss nicht ihr weißes Nachthemd darstellte.
Gelmira streunte ihrer Wege, gewohnt, dass Rai’a baldigst aufstünde, um ihr frische Milch zu geben.
Nur vage erreichten Bilder des letzten Abends wieder ihren Geist.
Im Schloss lag noch die Stille der Nacht und Rai’a beschloss lieber noch kurz liegen zu bleiben.
Ihr Körper schmerzte ungewohnt, der Kopf pulsierte und ihr Mund fühlte sich taub an…
Bemüht, wieder klare Gedanken zu fassen sah sie an die Decke, atmete einige Male tief ein…
Zuerst erinnerte sie sich an das Bankhaus zu Varuna. Rai’a zog die Stirn kraus. Was hatte sie denn dort nur gemacht?
Dann beklomm ein unbehagliches Gefühl ihren Körper.
Dort stand sie, mit einem fremden Mann, der mit ihr sprach, ihr seinen Arm anbot. Ein Schauer fuhr ihr über den schmalen Leib.
„Genau Rai’a, wo bleibst Du?“
Die Stimme kam ihr bekannt vor, vertraut gar und das unbehagliche Gefühl, alleine mit einem fremden avancierenden Mann dort zu stehen, verflog und wich dem Gefühl von Sicherheit.
Rafael, Sir de Arganta, stand an einem Baum gelehnt und schien sie eine Weile schon zu beobachten…. Dann fehlten die Erinnerungen bis sie an das Kaminzimmer dachte…
Met… und…. Übelkeit überkam Rai’a plötzlich… Kaktusschnaps.
Sie legte sich die Hand auf den flachen Bauch, der zum Glück noch zu schlafen schien.
„Aber Sir… ich wollte Euch nur davon abhalten… Euren Kummer mit Met zu betäuben…“
Ein roter Umhang, in den sie fiel, als sie vor dem Sir floh, Thelor, der, bei dem Versuch, sie zu befreien, selbst hineingeriet.
Der Sir, der ihr sagte, dass sie nun selbiges Schicksal wie er erfahren würde.
Ja, sie erinnerte sich. Die hatte dem Sir, als er Lady von Drachenfels half, die sich den Fuß verstaucht hatte, Kaktusschnaps in sein Met gekippt. Es war ja gar nicht viel gewesen…aber sie fand es nicht seiner Würde entsprechend, dass er seinen Kummer betränke.
Nun gut, welch Recht hatte sie dazu? Keines, aber das war Rai’a gestern unwichtig erschienen.
Er war ja selbst ein wenig Schuld daran…
Er glaubte wohl, dass sie immer nur die brave und höfliche, dumm erscheinende Stallmagd, war… und schien sie fast zu belächeln, als sie davon sprach, dass in ihr noch mehr ruhte, dass sie aber weder ihm, noch sonst jemandem hier zeigen wolle.
Hier war ihre Arbeit und dazu noch eine sehr schöne. Warum sollte sie die gütigen Menschen hier mit ihrem Temperament erschrecken?
Nein, das hatte sie zu oft in Schwierigkeiten gebracht. Sie hatte es einst in sich gesogen und ein Schloss davor geschoben.
Ihre Gedanken an den vorigen Abend schweiften vorsichtig weiter, tasteten sich ihren Weg durch das Dunkle.
Es war nur gerecht, dass der Sir sie anwies ebenfalls Kaktusschnaps zu trinken. Nun, eigentlich war es die Idee seines Knappen, dem sie das natürlich nie mehr verzeihen würde..
So setzte sie an, schloss die Augen und zog den Schnaps in großen Zügen hinab. Er hatte wohl recht schnell alles betäubt, denn sie spürte gar nichts von dem, was der Sir ihr über dieses Gebräu schreckliches gesagt hatte.
Plötzlich riss ihr der Sir das Glas aus der Hand. „Nippen… nur nippen, sagte ich!“
Hätte er das nicht vorher sagen können?
Denn langsam stieg der brennende Schmerz ihren Bauch hinauf, durch ihre Kehle, füllte ihren Mund, Tränen rannen über die erhitzten Wangen hinab und sie rang nach Luft.
Nach einer Zeit, die ihr ewig erschien, kam Thelor mit dem, vom Sir befohlendem, Brot wieder, welches Rai’a schnell kaute.
Durstig trank sie auch die Milch, die Thelor mitgebracht hatte.
Rai’a verstand nun nur zu gut, warum der Sir keinen Kaktusschnaps mochte.
„Ich.. würde mich gerne… setzen.. Sir.. bitte…“
Hitzewallungen und Schwindel breiteten sich in ihr aus.
„Huch!“, keuchte sie auf, als sie der Sir kurzerhand ins Kaminzimmer trug und sie auf einen Stuhl setzte.
Rai’a merkte, wie die Stimmen der beiden Männer leiser wurden, sich weiter entfernten, obwohl sie spürte, dass der Sir noch immer hinter ihr stand und sie festhielt.
Die größte Müdigkeit überkam sie, ohne, dass sie sich dagegen wehren konnte…
Sie spürte noch, wie der Sir sie irgendwann wieder auf seine Arme hob, blinzelnd sah sie Thelor, der die Vorhänge zu ihrem Gemach öffnete.
Dann war alles dunkel…
Rai’as Gesicht wurde plötzlich bleich..
Schluckend hob sie ganz langsam und vorsichtig die Decke hoch…
Laut stieß sie die Luft zwischen den Lippen aus…
Alles war noch an ihr… bis.. bis auf ihre Stiefel…
Erst machte sich Erleichterung in ihr breit, dann Unbehagen.
Der Sir hatte ihre Stiefel womöglich ausgezogen… welch Schmach für ihn… ein edler Ritter zieht einer Magd die Stiefel aus…
Rai’a beruhigte sich schnell mit dem Gedanken, dass er sicher seinen Knappen dazu angewiesen hatte… Ob es die Sache besser machte, wusste sie auch noch nicht.
Wie dem auch sei.. sie musste nun langsam irgendwie aufstehen.
Das erste Mal Alkohol würde in jedem Fall auch das letzte Mal gewesen sein, das stand fest, wenn auch nichts anderes an diesem Morgen festzustehen schien.
Alles drehte sich, als sie sich langsam und bedächtig anzog.
Sie versorgte pflichtbewusst die Pferde, auch wenn diese unruhig wurden, weil sie heute so lange brauchte.
Aber die Pferde mussten versorgt werden, das war Rai’as Pflicht. Aber das hätte sie gar nicht sein müssen, denn es gab für sie dabei gar keinen Kompromiss.
Ein kaltes Bad… das wäre nun wohl das Richtige.
Nur wo… Rai’a erinnerte sich an einen kleinen See inmitten des Waldes.
Sie packte ein großes Handtuch ein und ritt mit Mansur, nur im Schritt, ob des starken Schaukelns, zum See.
Überwindend atmete Rai’a tief durch, sah sich kurz um, ob sie wirklich alleine war, aber sie hatte Stromer, ihren Hund dabei, der ihr sicher Bescheid geben würde…
Sie streifte zitternd aus den Kleidern, glitt in das eisig kalte Wasser, tauchte nur einen Zug lang, ehe sie hastig wieder aus dem Wasser schritt, sich noch hastiger abtrocknete und anzog.
Sie trocknete sich das lange rote Haar weitmöglich, band sich ein Tuch um den Kopf und ritt, sichtlich geordnet und wieder klaren Verstandes zurück.
Das kalte Wasser hatte seinen Dienst getan und ihren Geist von jeglichen, von den möglichen, Verwirrungen befreit…
Fröstelnd doch wieder des klaren Verstandes mächtig, schritt sie mit einem Korb voll Holzscheite zum Kaminzimmer, um dort das Holz nachzulegen.
Ein... bemerkenswerter neuer Morgen…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 09 Jan 2007 21:26    Titel:
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VI. Als der Morgen noch nicht graute…

…war sie schon in den Wald geritten, zum See. Mansur hatte sich etwas abseits auf eine schneefreie Wiese begeben und graste friedlich. Rai’a kniete am Ufer und starrte ihr Spiegelbild an.
Die roten, nie zu bändigen Strähnen vielen vor ihre tiefgrünen Augen…
Der Abend gestern war zuviel gewesen.
Es waren zu viele Gefühle hochgekommen, derer Rai’a nicht mehr Herr wurde.
Wer war sie?
Nicht, dass sie sich diese Frage das erste Mal stellte, wusste sie doch in Wahrheit nichts über ihre Herkunft…
Diese Unsicherheit jedoch kannte sie, seit sie denken konnte.
Doch wer oder was war sie jetzt?
Das Leben am Schloss war aufregend und die meiste Zeit genoss sie die vielen Menschen, sie ihr so ans Herz gewachsen waren, von den Pferden ganz zu schweigen.
Doch was tat sie da? Sie gehörte nicht zu den edlen Herrschaften, nicht mal zu den Knappen..
Sie fühlte sich erstaunlich wohl, immer mehr, doch war sie nicht zu fern ihrer eigenen Fußstapfen gegangen?
Sie saß mit ihnen im Kaminzimmer, beinahe, als wäre sie eine der ihren.
Es schien sich auch niemand daran zu stören.. im Gegenteil, sie würde meistens.. immer, eingeladen, sich dazuzusetzen.
Doch gestern Abend, war es anders.
Es war eine ausgelassene Stimmung, das Kaminzimmer war gefüllt, Sir Llastobhar, sein Knappe Herr Elias, Lady von Drachenfels, ja, sogar Lady von Elbenau war endlich zurückgekehrt… und Sir de Arganta, Thelor sein Knappe und sie… Rai’a, die Stallmagd.
Was bei Temora hatte sie dort verloren? Nicht mal ihre Dienste hatten sie erwünscht… Keiner bat sie, sein Pferd zu versorgen, oder etwas zu Trinken zu bringen.
Die Stimmung heiterte zusehends auf, als das Thema über den kommenden Frühlingsball aufkam.
Und da Rai’a zu dieser Zeit die einzige anwesende Frau war, wollten Sir de Arganta und Sir Llastobhar mit Rai’a als Tanzpartnerin, ihren Knappen, ihre Tanzkünste vorstellen.
Rai’a war froh, dass sie wenigstens Tanzen gelernt hatte und sich nun nicht gänzlich blamieren würde.
Sir de Arganta begann den Tanz mit ihr, der sich darauf verstand, sie zierliche Person, die sich nach kurzem Zögern, seiner Führung übergab, in filigraner Weise durch den Raum zu geleiten, so dass daraus ein ansehnlicher Tanz entstand.
Rai’a wurde an Sir Llastobhar gegeben, der seinerseits ebensolch begnadeter Tänzer war.
Gewiss, es wäre gelogen, wenn Rai’a die Tänze nicht genossen hätte, die jeden Gedanken, jeden Zweifel, für einen Moment zu überdecken schienen.
Doch, als Ruhe im Schloss eingekehrt war, machte sich der Zweifel gewaltiger denn zuvor in ihr breit. Sie hatte kaum schlafen können, hatte sich von der einen auf die andere Seite gedreht…
Warum taten sie das? War Rai’a nur leicht zu lenken? War die Befehlsgewalt über sie der Grund dafür, dass man sie auserkor?
Welch Stallmagd hätte sich schon zu träumen gewagt, einst mit Rittern zu tanzen?
Wenn es auch nur im Kaminzimmer, ohne Festlichkeiten stattfand…
Oder war es gar, dass diese edlen Herren, zumindest in den sicheren Mauern des Schlosses, Stände für Nichtig hielten?
Sie würden nie begreifen, wie sie Rai’a damit zerrissen…
Sie benahmen sich wie Freunde, doch würden sie diese niemals sein… können…wollen…dürfen…
Rai’a war umgeben von Menschen, und doch einsam.
Jedenfalls dann, wenn sei sich ihres eigentlichen Standes bewusst wurde.
Schatten… Schatten umgaben sie…
Zu tief war sie in ihre Gedanken versunken gewesen, um das Wolfsrudel, welches sie langsam umzingelte zu bemerken.
Sie sah zu Mansur, der aufgeregt wieherte… Er war zu weit weg, zwischen ihm und ihr waren die Wölfe, der See in ihrem Rücken.. kein Baum… nichts.
„Lauf Mansur! Lauf!“, schrie sie ihren Hengst an… Er wollte auf sie zu stürmen, doch sie riss die Arme in die Luft und rief warnend: „LAUF! Ich bitte Dich… Lauf!“
Knurrend kreiste sie das Rudel enger ein.. sie sahen hungrig aus, der Winter hatten an ihnen gezerrt.
Mit einem weiten Satz sprang sie in das eisige Wasser des Sees. Betäubende Kälte umgab sie, sog sich in ihre Kleider.
Mit langsamen Bewegungen, schwamm sie in das hohe Schilf, welches weit in den See ragte. Von dort sah sie, wie Mansur davon galoppierte.
Bald schon spürte sie den stechenden Schmerz der Kälte nicht mehr, nur noch Gebete gen Eluive fuhren durch ihren Kopf.
„Eluive, Schöpferin, ich weiß ja um den Kreislauf des Lebens, kenne die Gesetze der Natur, doch, bat ich Dich um Nichts, so bitte ich Dich jetzt… Schütze Mansur, schütze die Menschen, die mir soviel Güte schenkten.. Erbarme Dich jener, die ich bereit wäre zu lieben.“
Rai’a hatte jedes Zeitgefühl verloren, während das stetig knurrende Rudel wütend um den See schlich.
Nach einer gefühlten Unendlichkeit, sah sie eine Herde Rehe, die den Geruch der Wölfe zu spt wahrgenommen hatte, sah, wie die Wölfe ihre Jagd auf die Rehe vorbereitete… bis es ganz still um sie wurde… „Eluive, ich danke Dir.“
Rai’a kroch mit der letzten Kraft ans Ufer, wo sie regungslos liegen blieb, bis sie irgendwann den warmen Atem Mansurs in ihrem Nacken spürte, der sie auffordernd anstieß.
Noch einmal nahm Rai’a ihre kraft zusammen, griff in die Mähne des Pferdes, zog sich schlaff auf den wärmenden Rücken des Pferdes, die nassen Kleider hingen schwer an ihrem Leib.
Mansur kam nur langsam voran, da Rai’a nicht die Kraft hatte, sich auf ihm zu halten.
So schritt der Hengst, langsam aber zielstrebig, durch den Wald, Rai’a auf seinem Rücken tragend, gen Varuna.
Heute Morgen mochte keine warme Milch mit Honig vor den Gemächern stehen…
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Rafael de Arganta





 Beitrag Verfasst am: 10 Jan 2007 08:11    Titel:
Antworten mit Zitat

Es war spät geworden. Der Abend mit Cathal, Darna, den beiden Knappen und Rai'a einfach zu nett als das er sich auf den Weg gemacht hatte, und dann war es einfach zu spät und zu kalt, so das er entschlossen hatte die Nacht im Schloss zu verbringen.
Feli würde ihn eh nicht suchen, wie er ein wenig bitter für sich feststellte. Sie war zu sehr mit den Vorbereitungen für Flos Hochzeit beschäftigt, das er eh nie wusste wo sie gerade war und sie sich kaum noch sahen.
Es musste wohl mitten in der Nacht gewesen sein als ihn lautes Stimmengewirr weckte.
Sofort hatte er nach seinem Schwert gegriffen, sich das Hemd übergestreift und war in den Gang getreten noch ehe der Gardist der gerade zu ihm wollte ihn hatte erreichen können.
„Was ist hier los!“ fragte er scharf und der Mann salutierte sofort vor ihm.

„Diese Stallmagd, Sir... sie ist eben durchs Tor geritten... sie ist nicht bei sich, klatschnass und das Pferd scheint verletzt.
„Wo ist sie jetzt?“ fragte er sofort und machte sich schon auf den Weg hinaus zu den Ställen.
„Sollen wir den Grafen we...“ fragte der Gardist und erhielt ein „Unter keinen Umständen.“ von Rafael noch ehe der Mann hatte aussprechen können.
Adrian brauchte nun wirklich nicht deswegen geweckt werden. „Aber sucht die Heilerin Liliana von Drachenfels, und zwar sofort !!! Egal wo sie steckt... und weckt Selina! Sie soll heiße Bettpfannen bereit legen und Decken anwärmen.“
Schon hatte er die Stallungen erreicht, wo man gerade das Pferd Rai'as anband und die Stallmagd vom Pferd gezogen hatte.
Ihre Hand war blutig so fest hatte sie sich in die Mähne ihres Pferdes gekrallt.“Wölfe.“ murmelte sie nur. „Wölfe.“
Rafael gab sofort dem Gardisten den Befehl mit einer Truppe die Umgebung Varunas ab zu suchen.
Wenn sie einmal angriffen, waren sie eine Gefahr, und würden sich vielleicht weiter gen Varuna wagen und somit zu einer Gefahr der Bürger werden.
Er selber fackelte nicht lang hob Rai'a auf und trug sie ins Schloss hinein.
Besorgt sah er in ihr fahles Gesicht, fühlte die Kälte ihres Körpers und Nässe der Kleidung.
Himmel sie musste in einen See gefallen sein, und das bei der Kälte.
Sie brauchte trockene Sachen und das dringend.

Er trug sie zu ihrem Bett wo schon eine verschlafene Selina mit einer heißen Bettpfanne wartete und ihm mit großen Augen entgegen sah.
„Selina schnell!! Holt euch irgendeine Magd dazu aber sie muss aus den nassen Kleidern raus!
Und wärmt sie !!! Egal wie! Ich habe nach der Heilerin schicken lassen.“
Noch einmal sah er besorgt auf Rai'a nieder als Selina auch schon Zugriff, innehielt und ihn durchdringend ansah, so das er die Hände hob. Ich geh ja schon!“ murmelnd drehte er sich um und verließ das Zimmer um sich gänzlich an zu ziehen.
Die Rüstung anlegend und das Schwert umgürtend machte er sich selber mit, auf den Weg die Wölfe zu jagen.
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 12 Jan 2007 22:10    Titel:
Antworten mit Zitat

Loreena McKennit - The Visit

Im Sturm der Nacht

Große dunkle, bedrohliche Wolken, die über die zierliche Frau zogen und es scheinbar gar nicht für nötig hielten, weiter zuziehen.
Donnerhallen in Form einer eindringlichen Stimme, Blitze, die in ihren Leib schmetterten und die reine, kaum wehrhafte Seele Rai’as zerbarsten, als wäre sie aus feinem Glas.
Die Stille der Nacht hatte sich über das Schloss gelegt, doch noch immer donnerten die Worte in ihrem Kopf, noch immer lösten sie die Blitze aus, die Rai’as Körper vor Schmerz aufbäumen ließen…
Darnas Geruch lag noch im Raum, er würde bald verfliegen. Die Worte und ihre Wirkung jedoch, würden nie mehr verebben…
„Es mag schwierig für Euch sein, zwischen Höflichkeit und..“ Es folgte eine unendliche Wortgewalt, derer Rai’a kaum Herr wurde. „Etikette…ungeschriebene Gesetze…Bindungen, die bestanden…der Ruf eines Ritters…“
„Ihr solltet Euch dagegen erwehren, dass ob Eurer Anwesenheit, ganze Tumulte entstehen, Fräulein Rai’a. Das, wegen Euch, der Sorge um Euch, das ganze Schloss zusammengebrüllt wird… Ebenso erwehren, in unpassendem Rahmen, auf engem Raum, einen Tanz zu dulden, um den ihr gebeten wurdet…
Euch erwehren, dem gern versprühten Charme eines Ritters, zu empfangen… Euch erwehren, um des Rufes und des Ansehens dieses Ritters…“
Alleinig die Anwesenheit der Lady hatte Rai’a in große Unsicherheit gebracht, doch ihre Worte schienen wie ein Meeresstrudel, der ihr den Boden unter den Füßen entriss, mit nur einem Fingerdeut. Rai’a brauchte etliche Moment, in denen Lady von Elbenau weiterhin Erklärungen fand, die äußerlich wie schier nüchterne Erläuterungen klangen, um wieder auf ihre Füße zu gelangen.
Rai’a konnte keinen Maßstab für dieses Gespräch finden, nicht deutlich erkennen, ob es ein Gespräch unter Frauen war, oder das Gespräch einer edlen Ritterin und einer Stallmagd, die ihre Grenzen überschritten hatte…
Hatte sie ihre Grenzen überschritten?
Die Furcht vor der Ritterin und die Furcht vor etwaigen Fehlverhalten ihrerseits, wich zusehends der Verständnislosigkeit.
Weder hatte sie Annäherungen des Sir gesehen, noch sie nicht abzuwehren gewusst.
Rai’a empfand viel für Rafael, unendlich viel Dankbarkeit.
Mehr zu empfinden.. nein. Das sprach gegen ihre Tugenden, gegen so unendlich viele.
„Milady, es ist nicht in meinem Begehr mich zwischen den Sir und seine Verlobte zu stellen.. Noch minder sah ich je die Möglichkeit. Wäre da nicht die Verlobung, wäre es der Stand, die vielen Stände, die dazwischen liegen. Und würde dies alles nicht ausreichen, wäre es immer noch mein Sein. Denn ich werde nur einmal lieben, Milady, mich nur einem Mann hingeben, dessen wahrer Liebe ich mir gewiss bin. Ich lebe bis zu jenem Moment keusch.
Ihr sprachtet vom Ansehen und einem Schicksal, welches der Sir einst erleiden musste. Ich nehme an, Ihr meintet seinen Vater und Angelina…
Wie könnte ich wollen, dass der Sir durch mich Schaden nimmt?
Und doch, Milady…“ Rai’a zögerte, wissend, dass ihre folgenden Worte weit reichende Folgen haben könnten.
„Und doch, Milady, so sehr ich mich an jede erdenkliche Regel des Schlosses halten werde, so auch an Euren Befehl, Euren Wunsch, mich gegen jegliche Nähe des Sir zu erwehren, so darf ich mich nicht gänzlich verlassen…
Ich mag die Bedienstete des Schlosses sein und werde jeglichen Befehl gehorsam folgen. Doch so wie Ihr alles betrachtet, den Sir als Ritter und Grafen, den Ruf, das Ansehen.. und den Menschen…Milady, ist es mir nur möglich, den Menschen zu sehen.
Einen, mit Verlaub für diese Anmaßung, unglücklich wirkenden Menschen. So, wie ich Euren Rat annehme, um seinen Ruf und seiner Bindung zur Baronin nicht zu schaden, habe ich seine Aufmerksamkeit, die er mit bereit war zu geben, aber niemals eine Grenze der Unsittlichkeit überschritt, gerne angenommen, um ihm durch ein Lachen, ein Gespräch, gar einen Tanz, oder nur der selbstverständlichen Versorgung Rymis’, einen Hauch dessen wiederzugeben, von dem, was er mit zu geben bereit war.“
Rai’a zitterte am ganzen Leib. Gefühle und Gedanken schienen ihr die Luft zu nehmen. Der Schmerz des Verlustes, des Menschen, der ihr das erste Mal im Leben solch Maß an Geborgenheit schenkte. Und mit dem versprechen, Darnas Wunsch Folge zu leisten, mit dem Verlust dieses Menschen, der hinter dem Ritter zu finden war, verlor sie auch ihr neues zu Hause. Von jener Nacht an, würde sie die Bedienstete sein, die Stallmagd, die die Nähe und Freundschaft ablehnen musste.
Als der Schmerz gerade unerträglich zu werden schien, ergriff Darna das Wort. Ihre Stimme hatte sich verändert, sie war weicher geworden.
„Ihr werdet auf die Probe gestellt, Fräulein Rai’a, doch nach Euren Worten, bin ich zuversichtlich, dass Ihr jene bestehen werdet. Und Ihr, Eure Persönlichkeit, eine Bereicherung für die Menschen des Schlosses sein wird…
Willkommen im Schloss, Fräulein Rai’a.“ ,sprach sie, erhob sich und ging zum Vorhang.
„Danke.. Milady, für dieses Gespräch.“
„Nun schlaft und werdet gesund, Fräulein Rai’a“
Rai’a starrte noch lange auf den Vorhang.
An Schlaf war nicht mehr zu denken… unruhig wehre sie herum, als habe sie wieder Fieberträume…nur das Fieber war es nicht, welches in dieser Nacht ihre Seele quälte…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 16 Jan 2007 09:30    Titel: Das Schloss schlief nie…
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Das Schloss schlief nie…

Rai’a hockte auf ihrem Bett, die Knie zu sich gezogen, das Kinn darauf ruhen lassend.
Sorge… Sorge durchströmte ihren Leib, nicht erst seit heute, seit einigen Tagen schon.
Leise knisterte die Fackel, die warm und sanft das Zimmer erleuchtete.
Zunächst war es diese merkwürdige Geschichte zwischen Etikette und Freundschaft, zwischen wahren Gefühlen und falscher Abweisung.
Darauf folgte die Sorge, die schlimmer kaum sein konnte. Der Pfeil, noch immer schauderte Rai’a, wenn das Surren und der Aufprall jenes Pfeils in ihrem Kopf widerhallte.
Eileen… auch dort zerrissen Rai’a die Gefühle. Sie empfand so unendlich viel für die Gräfin, die sie warm und ehrlich bei sich aufgenommen hatte. Deren Worte messerscharfe Wahrheiten enthielten, deren Schmerz jedoch nie einen Angriff darstellen. Rai’a wusste, dass Eileen wahr sprach, weil sie Rai’a respektierte, nicht um sie zu verletzen. Und sie sah die Zerrissenheit, aber die Fähigkeit damit umzugehen, die Eileen ständig umgab. Sie war in Sicherheit und Rai’a wusste darum, da sie ihr jeden Morgen einen kleinen Korb brachte, der mit frischen Obst, frischer Milch, sogar Ziegenmilch hatte sie aufgetrieben, und selbstgebackenem Brot gefüllt war. Nicht, dass Eileen nicht um sich selbst sorgen konnte, nein, es war Rai’a einfach ein inneres Bedürfnis, auf der einen Seite die gewünschte Ruhe zu schenken, auf der anderen Seite jedoch, auch einen Grund zu haben, um nach ihr zu sehen und ihr kleine Köstlichkeiten zu bringen.
Sie sollte sich nur um sich kümmern. So etwas wie Nahrung, daran sollte sie nicht auch noch denken müssen.
Somit hatte Rai’a beinahe das Gefühl gehabt, dass sich die Wogen endlich wieder geglättet hätten, sich der Sturm endlich wieder gelegt hatte….
Doch.. es kam anders, als gedacht.
Vor wenigen Stunden hatte der Sir sie ins Kastell rufen lassen, weil dort Pferde frei herum liefen und kaum zu bändigen waren. Rai’a interessierte der Grund weniger, denn die Pferde.
Doch als sie ins Kastell kam, sah sie einen Tumult, wie sie ihn nie zuvor sah.
Die Gefangenen schienen ausgebrochen zu sein. Überall liefen und kämpfen die Gardisten der Garde mit den Gefangenen, bemüht sie wieder festzusetzen.
Rai’a stand inmitten des Hofes des Kastells und versuchte etwaigen Kämpfen aus dem Weg zu gehen.
Dann stand plötzlich der Sir vor ihr. „Kümmert Ihr Euch um die Pferde, bitte?“
Rai’a nickte zunächst, doch dann wurde sie aufmerksam. Die Stimme Rafaels klang verändert, seine Haltung war ihr fremd. Ihre grünen Augen fuhren Aufmerksam über ihn, ehe sie die blutende Seite bemerkte, die er sich hielt.
„Sir.. Ihr seid verletzt, kommt, ich bringe Euch rein. Das muss verbunden werden.“
Rai’a hatte nichts anderes erwartet, als die Reaktion, die nun folgte.
„Es .. geht schon. Es ist nicht schlimm. Sorgt lieber dafür, dass Ihr in Sicherheit kommt, bis alle Gefangenen wieder sicher verwahrt sind.“
Rai’a, die zunächst seinem Wunsch folgte, wie sie es immer tat, sah ihm nach, ehe sie sah, wie er wenige Schritte später in die Knie ging.
Befehle.. Wünsche.. wie belanglos. Sollte er sie dafür schelten…
Rai’a eilte zu ihm und half ihm, auch seiner Widerworte standhaft bleibend, aus dem Tumult, den donnernden Hufe der aufgeregten Pferde. Als sie sich daran machte, seine Wunde zu untersuchen, trat eine Frau zu ihnen, die vernehmlich eine Heilerin war.
Zum einen war Rai’a ja recht erleichtert. Sie hatte einiges gelernt, doch solch Stichwunden…
Unsicherheit überkam sie und Erleichterung schob diese beiseite, als die Heilerin sich um den Sir kümmerte.
Dennoch konnte Rai’a auf den ersten Blick nicht erkennen, dass sie Gardistin der Wache war und beäugte sie sichtlich misstrauisch. Wer sollte wissen, ob sie keine Gefangene war und ihn nun vergiften würde, da er dort verletzt und schutzlos saß.
Erst, als sie sich der Situation sicher war, schritt sie mit ruhigem Schritt auf die Pferde los.
Ruhig und sanftmütig sprach sie auf sie ein, immer und immer wieder wich sie gekonnt den zerschmetternden Hufen aus, ehe sie jedes Pferd beruhigt und angebunden hatte.
Das konnte sie wenigstens… mit Tieren umgehen. Warum wollte sie sich immer so bemühen, jede Etikette des Hofes auszuleben, wenn sie doch kein Teil dieser Etikette war?
Regeln, ja, die waren schon wichtig, daran wollte sie sich auch halten. Sich vor hohen Herrschaften verneigen, störte sie nicht. Nein, sie empfand die meisten unter ihnen ehrenvoll.
So verneigte sie sich gerne vor ihnen.
Aber Rai’a war, wer sie nun mal war. Und hier, inmitten der wilden Pferde, zwischen den tosenden Hufen, den steigenden und rasenden schönsten Geschöpfen der Welt, wurde sie endlich wieder sie selbst.
Bei Hofe mochte sie sich bewegen, wie ein hilfloses Fohlen, doch hier, im Element ihres Selbst, wurde sie sich endlich gewahr, wer sie war.
Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie alle Pferde beruhigt hatte, den salzigen Schweiß mit Stroh trocken gerieben und frisches Wasser bereitgestellt hatte.
Nun wurde sie zusehends nervös. Der Sir war ins Kastell hinein gegangen und kam nicht mehr heraus. Waren seine Verletzungen doch so schlimm, dass er dort daniederlag?
Nach einer schieren Unendlichkeit kamen Thelor und der Sir aus dem Kastell. Thelor erblickte Rai’a und sagte ihr, dass sie den Sir ins Schloss bringen solle und ihn holen, wenn etwas wäre.
Rai’a ging neben dem Sir aus dem Kastell, der ihr auf dem Weg zum Schloss beteuerte, dass es halb so schlimm sei und er sehr wohl alleine laufen könne.
Bis ins Schloss, mochte das auch stimmen. Aber als er sich an einen der ersten Bäume anlehnte, legte sie, wenn auch etwas zögerlich, ob der ganzen Etikette, den Arm um ihn.
„Legt Euren Arm um mich, Sir, bitte. Es ist nicht die Zeit für falsche Tugenden. Ich weiß doch, wie stark Ihr seid. Aber nun lasst Euch, bei Temora, bitte helfen.“
Rai’a mochte zierliche und gar mager sein, doch die Arbeit, mit der sie aufwuchs, hatte nichts mit Blümchen auf Stoff sticken zu tun. Sie trug schwerste Lasten, Tag für Tag. Was war da schon der Sir, noch selbstständig laufen konnte…
Im Schloss brachte sie ihn in das kleine Gästezimmer, unten.
„Eure Stiefel, Sir“, sagte sie, als sie mit beiden Händen den ersten um griff.
„Rai’a, lasst das doch bitte, das müsst Ihr nicht…“
„Sir. Wenn Ihr mir sterbt, weil Ihr zu stolz wart, Euch die Stiefel von mir ausziehen zu lassen, verzeihe ich Euch das nie.“
Er musste lachen, was Rai’a im ersten Moment freute, dann wieder bereute, als sie den Schmerz sah, den das auslöste.
Dann sah sie das blutdurchtränkte Hemd. Doch, als sie sich gewahr wurde, dass darunter nur nackte Haut steckte, sagte sie hastig. „Sir, Ihr zieht Euch das Hemd aus, ich hole ein frisches.“
Und schon war sie hinter dem Vorhang verschwunden.
Als sie wiederkam, streckte sie nur die Hand samt Hemd durch den Vorhang, als er sich aber abzukämpfen schien, faste sie sich ein Herz, trat ihre Tugenden mit Füßen und half ihm, ohne nur einen Blick über den Körper gleiten zu lassen.
Warum war hier niemand, wenn man ihn wirklich brauchte…
Sie schlug die schwere warme Decke zurück, und schüttelte die Kopfkissen aus.
Der Sir legte sich hin, während sie einen frischen Krug Wasser holte und ans Bett stellte.
Als sie wiederkam, war er bereits eingeschlafen. Sie deckte ihn vorsichtig zu.
Während sie im Kaminzimmer saß und frische Stoffbahnen für einen neuen Verband zurecht schnitt, kamen Sir Llastobhar, Elias, den sie kurz zuvor traf und ihn bat ein Kohlebecken zu besorgen, welches es sogar tat und Baron von Wolfenstein.
Sir Llastobhar ging ins Kastell, um dort nach dem Rechten zu sehen, Baron von Wolfenstein blieb und bereitet in der Küche einen Trank der Heilung und eine Paste, die Rai’a schlussendlich auf einen frischen Verband auftrug und den Sir, der zum Glück schlief, vorsichtig auflegte. Die Blutung war schon gestillt und Rai’a überkam ein Gefühl der Erleichterung.
Der Sir war versorgt und sie brachte den Baron zum Tor, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
Er schien einen Moment zu stocken, als sie ihm ihren Namen sagte.
Auf dem Weg hinaus, fragte sie ihn, ob sie sich getäuscht habe, oder ob er wahrlich gestutzt hatte.
„Es ist nur so, dass ich das erste Mal den Menschen hinter dem Namen Rai’a sehe.“, sprach er ruhig. Der Baron, den sie nie zuvor sah, hatte ihren Namen gehört?
Das konnte ja nichts Gutes bedeuten…
„Nur Gutes, Fräulein Rai’a“, er lächelte ihr aufmunternd zu und verabschiedete sich.
Rai’a versorgte nachdenklich die Pferde und ging zurück zum Schloss…
Im Kaminzimmer verbrachte sie wachend und sehr nachdenklich die Nacht.
Der Sir schien ruhig zu schlafen, doch ihre Gedanken hätten sie wohl eh nicht schlafen lassen…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 21 Jan 2007 10:23    Titel: Von Felsen und Sandkörnern…
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Von Felsen und Sandkörnern…

Dieser Abend hatte für wahr eine erstaunliche Wende genommen.
Den ganzen Tag hatte sie darüber nachgedacht, wie sie Rafael erklären sollte, dass Antares mit Rai’a vor dem Kamin genächtigt hatte.
Im Wechsel von Bauchschmerzen und Herzrasen, hatte sie sich dann schlussendlich entschieden, ihm einfach die Wahrheit zu sagen, wie sie es immer tat.
Doch er war nicht sauer, im Gegenteil, er schien erfreut zu sein, dass Antares jemanden im Schloss gefunden hatte, den er so nah an sich heran ließ.
Wie hatte Rai’a vergessen können, wie der Ritter wahrlich war?
Wie daran zweifeln, dass er etwas anderes empfinden könnte, als Freude…
Diese Welt im Schloss war zu kompliziert… Wann war der Mensch nur Mensch und wann war er Titelträger…
Nähe ja, Distanz ganz klar.
Rafael lag der Kummer dieser Zeit auf das Gesicht geschrieben und er sprach ihn sich von der Seele.
Rai’a war nicht sicher, ob er nur wollte, dass sie ihm zuhörte, oder ob er Ratschläge einer unerfahrenen einfachen Stallmagd wünschte.
Rafaels Fragen jedoch, nahmen ihr diese Entscheidung ab.
Und so begann sie zu erzählen, einfach nur ihre Sicht des Lebens darzulegen.
Er hörte ihr zu, auch, wenn es manchmal schien, als würden ihre Worte ihn verletzen, lauschte er ihren Worten und ihrer Geschichte von den Sandkörnern und den Felsen.
Rai’a musste beinahe selbst lachen, da sie nun auf der kleine Lichtung im Wald saß und sich an ihre Worte erinnerte.
„Warum, Sir, sollte ich ein Sandkorn ergreifen, wovon es sicherlich derlei unendlich Viele gibt, wenn jene Sandkörner bei dem nächsten Sturm mir den Atem nehmen?
Gewiss, einen richtigen Felsen zu finden, inmitten der unendlichen Weiten der Wüste, war schwieriger, manchmal vielleicht sogar eine ergebnislose Reise.
Doch der Felsen, den man so lange suchen musste, würde einen vor jedwedem Sturm beschützen. Es dauerte sicher länger, wenn zwei starke Felsen einander fanden und ihre Seele sich verschmelzen könnten. Doch warum sollte ich mich mit Sandkörnern zufrieden geben, warum meine geballte Liebe auf sie laden, die sie nicht ertrügen, wenn ich nur ein wenig weiter suchen muss, um den Felsen zu finden, der jedem Sturm erhaben ist?“
Der Sir sah sie auf merkwürdige Weise an…Bis er leise sagte:
„Was ist, wenn ein Fels bei jedem Sturm immer mehr zerfällt und sich nachher rausstellt, dass er nur ein großes Sandkorn war?“
Rai’a war in dieser Hinsicht sehr stur. „Dann habt Ihr ihn nicht lange genug angesehen, Sir.“
Rafael senkte den Kopf, doch Rai’a sah gar nicht ein, nun Milde walten zu lassen.
„Wisst Ihr, diese Schnelligkeit, mit der die Menschen suchen, nur um zu finden, um an sich zu reißen und nicht mehr loszulassen, aus Angst, man könnte etwas verpassen. Die Hastigkeit, mit der Menschen sich der Befriedigung körperlicher Sehnsüchte hingeben, ist mir zu wider.
Was hat man von kurzweiligen Stürmen, die womöglich leidenschaftlich sind, aber doch nie von langer Dauer. Und am wichtigsten wohl, dass sie Stürmen nicht standhalten werden, schlimmer noch, dass sie selbst jene Stürme werden, die einem Schaden zufügen werden.
So warte ich lieber auf meinen Felsen, damit die tausend Sandkörner mir nichts anhaben können.“ Rai’a blickte auf das verletzliche Gesicht Rafaels, welches im Feuerschein des Kamins flackerte. „Sir, auch Freunde können Felsen sein. Nicht jener eine Wahre, aber doch wichtige Felsen, gar ebenso wichtig.“
Rafael sah sie an und fragte: „Und meint Ihr, dass eine Stallmagd einen Ritter als Freund akzeptieren würde?“
Rai’a zögert einen Moment. Freundschaft war ein gewichtiges Wort, mit noch gewichtigerem Inhalt. Es war nicht, dass sie an Rafael als treuen Freund zweifelte, vielmehr daran, dass zwischen ihnen Welten lagen, die kaum zu überwinden waren. Er würde in der Öffentlichkeit nie eine Freundschaft zeigen dürfen, ebenso wenig, wie es ihr zugestand, jenes zu tun.
Aber sie akzeptierte Rafael mit allem was er war, weil auch er sie akzeptierte, mit allem, was sie war. „So der Ritter nicht die Stallmagd sieht und die Stallmagd nicht den Ritter, wäre ich mit solcher Freundschaft einverstanden, ja.“ Erklärte sie beinahe nüchtern, gar eines Vertrages, denn einer Freundschaft gleichkommend, aber es fühlte sich sehr gut an.
Rai’a erinnerte sich an ihre eigenen Worte… „Auch jene Felsen waren von größter Bedeutung.“
Gleichzeitig reichten Rafael und Rai’a sich die Hände und besiegelten somit ihre Freundschaft.
Seit jenem Abend, so fühlte Rai’a, wäre das Gefühl von ungleichen Kräften, vergangen.
Auch, wenn der Sir niemals aufhören würde, sie vor allem und jeden beschützen zu wollen, wie sie befürchtete, so hatte sie doch das Gefühl, dass er sie darum gebeten hatte, dies tun zu dürfen und sie hatte eingewilligt. So wie er ihre Worte angenommen hatte, ohne sie als die einer einfachen Stallmagd abzutun, sondern die eines Freundes aufgenommen zu haben schien.
Freundschaften gingen also doch über vielerlei Grenzen hinaus…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 22 Jan 2007 20:17    Titel: Prinzessin
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Prinzessin


Es war noch dunkel draußen, die Pferde waren versorgt und Rai’a genoss die Stille, die noch im Schloss lag.
Die Kälte des Morgens hatte sich durch den Umhang gestohlen und sie genoss das warme und stille Kaminzimmer.
Bis sich kleine Schritte näherten und Antares um die Ecke schaute.
Rai’a hatte den Jungen so sehr in ihr Herz geschlossen, dass es beinahe zersprang, als er dort, noch verschlafen schauend, vor ihr stand.
Rai’a bot ihm an, ihm ein Frühstück zu machen, doch Antares wollte ihr etwas zeigen, einen Ort, wo man noch viel besser frühstücken konnte, als im Schloss.
Rai’a zögerte. Sie wusste um die Entführung des jungen Grafen und noch immer hallten die eindringlichen Worte Rafaels in ihrem Kopf wieder.
Doch Antares wollte und musste auch mal aus dem Schloss heraus. Rai’a faltet ihren Umhang einmal um und legte ihn Antares um, die Kapuze über den Kopf streifend.
So würde er wohl nicht so schnell erkannt werden, zudem lag die Stadt noch im Schlaf.
Antares führte sie durch die Stadt, zum Südtor hinaus. Rai’a freute sich über das strahlende Gesicht des Kindes, doch spürte sie auch die Angespanntheit, als sie die sicheren Stadtmauern verließen.
„Rai’a?“, fragte er während sie durch den Schnee gingen. „Ja, Antares?“
„Du bist nun meine Prinzessin und ich nehme Dich mit in mein Schloss!“
Rai’a lachte sanft auf. Welch Energie und Lebensfreude doch in diesem Kind steckten.
Sie machte sich darauf gefasst im Wald ein „Schloss“ zu bauen, oder sich vorzustellen.
Aber hingegen ihrer Erwartung brachte Antares sie zu einem großen Haus, dass er aufschloss.
Rai’a zauderte. Wohin führte der Junge sie nur?
„Das ist mein Schloss! Und es gehört mir ganz alleine!“
Rai’a erkannte das Banner Rafaels an der Tür und ihr stockte der Atem. Das würde doch wieder nur Schwierigkeiten geben.
Doch das Haus sah so aus, als habe hier schon längere Zeit niemand mehr wahrlich gewohnt, auch, wenn es sehr gepflegt war.
Antares führte sie in das Haus, das Schloss, brachte sie in die schöne große Küche.
„Hier kannst Du bestimmt ganz ein tolles Frühstück zaubern, oder Rai’a?“
Rai’a lächelt sanft, sogleich sie sich etwas unbehaglich fühlte.
„Meine Mama hat immer gesagt, ich solle mich ganz wie zu Hause fühlen! Und Du sollst Dich ebenso ganz wie zu Hause fühlen!“
Rai’a hatte solch wohliges Gefühl im Bauch, dass sie es beinahe wahrlich getan hatte.
Das Haus war liebevoll eingerichtet und wirkte gemütlich und heimisch.
Rai’a suchte sich alles zusammen, was man zu einem schönen Frühstück brauchte und deckte den Tisch, wickelte das noch warme frisch duftende Brot aus und schnitt einige Scheiben ab.
„Erdbeer- oder Kirschmarmelade?“, fragte sie, nachdem sie frische Butter auf zwei Scheiben geschmiert hatte. „Erdbeer!“ Rai’a musste lächeln, da sie an seinen Vater dachte, der ebenfalls sogleich die Erdbeermarmelade vorgezogen hatte.
Rai’a machte Antares noch eine warme Milch mit Honig und sie saßen und redeten viel zusammen, bis…
„Hallo? Wer da?? Tari?“ Rafales Stimme erklang im Haus und Rai’a schauderte es.
Schnell erhob sie sich und sah zu Antares. „Willst Du Deinen Vater nicht begrüßen?“
Mit großen Worte sagte er nur: „Keine Sorge, Rai’a, ich werde Dich beschützen, ich habe es versprochen.“
Rai’a wollte sich gerade etwas entspannen, als Antares aufstand, aber sich hinter Rai’a verkroch. Sie seufzte grinsend. „Sir? Wir sind hier!“
Die Tür öffnete sich und Rafael trat in die Küche. Rai’a sah, dass er sich ein amüsiertes und doch weiches Lächeln kaum verkneifen konnte und sie atmete etwas aus.
So machte Rai’a auch Rafael das Frühstück, natürlich ebenfalls Brote mit Erdbeermarmelade und lauschte Vater und Sohn, die sich unterhielten.
Sie sprachen über die Hochzeit, für die Antares und Rai’a sich hatten etwas einfallen lassen, um die Abwesenheit Antares wieder gut zu machen, über Drachen und Freundschaften.
„Papa? Darf Rai’a meine Prinzessin sein?“
„Da musst du Rai’a fragen, ob sie das will.“
„Gut!“ Antares drehte sich zu Rai’a und fragte im feierlichen Ton: „Rai’a meine liebste, aller liebste Rai’a, so frage ich, Graf von Falkenburg, Dich, Rai’a, ob Du meine Prinzessin sein willst?“ Er besiegelte die Frage mit einem Handkuss, der noch einiger Übung bedurfte, doch aber inbrünstig erschien.
Rai’a war sichtlich hilflos und sah mit selbigen Blick zu Rafael der nur sagte: „Er ist der Graf, Rai’a.“
Ja ja, das schien ihm wieder zu gefallen. Sie half ihm wo sie nur konnte und er? Ließ sie wieder hängen. Rai’a sah dann zu Antares, der leise nuschelte: „Du musst nun Ja sagen.“
Rai’a sammelte sich und sagte feierlich. „Ja, ich will sehr gerne Deine Prinzessin sein, Antares.“
Antares strahlte und Rafael hatte ihren sichtlich hilflosen Blick nun doch erfasst und sagte freundlich. „Aber Rai’a kann nicht offiziell Deine Prinzessin sein, so leid es mir tut.“
„Ja ja ja ja, ich weiß, wenn ich groß bin erst. Aber dann… dann frage ich sie noch mal!“
Rai’a lächelte sanft. Wie viel Größe konnte ein so kleines Kind nur besitzen?
Es war ein schöner Morgen, bis Rafael aufbrach und auch Antares und Rai’a bald folgten, Felix, den Hund Antares, nahmen sie mit ins Schloss, damit Antares dort nicht so einsam war.
Nachdem Rai’a Antares auf sein Zimmer brachte, trugen sie ihre Füße aus dem Schloss in den Wald… es würde ein langer Spaziergang werden…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 26 Jan 2007 08:36    Titel: Wahre Liebe
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Wahre Liebe

Der Schnee und die Kälte peitschten gegen ihr Gesicht, als sie den Weg über die einsame und unendlich große Insel suchte.
Sie war sogleich nach dem Morgen aufgebrochen, nachdem sie Antares Verschwinden bemerkt hatte und Rafael herausgefunden hatte, wo er war.
Rai’a hatte sich durchgefragt, der Wind schnitt in ihr Gesicht, die eisige Kälte war längst durch die Stoffe ihrer Kleidung gedrungen, als sie endlich an jener beschriebenen Holzfestung ankam.
Rai’a wusste nichts über jenen Clan, nur, dass einer der ihren Antares Pate war und dass Antares hier in Sicherheit war.
Dennoch hatte sie es nicht ertragen im Schloss nichtstuend zu warten, abzuwarten, bis das Lächeln Taris wieder in der Tür erschien, sein Lachen die Hallen füllte und er auf seine Marmeladenbrote wartete, oder er in einer Nische steckte, um sie wieder zu erschrecken.
Der Kälte und Unsicherheit trotzend, trat sie vor das große Tor.
Dass dieses Volk als grummelig galt, wusste sie, aber dass sie beinahe nur grummelten, war ihr nicht bewusst gewesen. Städterin, hatten sie Rai’a genannt. Aber sie hatte es sich gespart, ihnen zu erklären, dass sie vom Land kam…
Was hatte sich Rai’a nur gedacht?
Dass man eine einfache Stallmagd einfach so einließ?
Wieder einmal musste sie schmerzlich erfahren, dass sie auf dieser Welt keine Rechte besaß.
Weder war Antares ihr Sohn, noch hätte sie etwaige andere Ansprüche erheben können.
Es war nur ihr Herz, welches das so empfand. Sie konnte es nicht ertragen, dass er fort war, dass er Kummer spürte und Leid ertragen musste. Mochte es ihm gut gehen bei diesem Clan, aber Rai’a ging es ganz und gar nicht gut. Aber das war nichtig. Wichtig war nur, dass es Antares gut ging. Ging es ihm gut? Würde er jemals glücklich sein?
Sie verweilte noch eine Weile in dem Wald, von dem aus sie die unüberwindbaren Palisaden der Holzfeste sehen konnte, ehe sie sich bekümmert auf den Heimweg machte.
„Ich denke ganz fest an Dich, mein kleiner Tari. Du bist niemals alleine.“
Rai’a ging langsam, sich nur schwerlich von ihm entfernen könnend.
Doch die Zeit fern ab seiner Pflichten, seines Status und der Baronin, konnte er vielleicht wieder zu sich finden. Rai’a hatte es nicht geschafft, ihn davor zu beschützen.
Im Schloss angekommen, versorgte sie nachdenklich die Pferde, ehe sie sich ins Bett legte und an die Decke starrte.
Rai’a verstand diese Welt nicht mehr. Und doch verstand sie die Beteiligten.
Antares, der seit frühster Kindheit zerrissen war, zerrissen zwischen Kind und Graf, zerrissen zwischen Menschen, die für ihn sorgten, doch aber seine Mutter nicht ersetzen konnten.
Rafael, der zerrissen war, zwischen neuer Liebe und Vaterglück. Sie würde ihn verachten, so er Antares für die Baronin zurückwies. Und sie war froh, dass sie dies wohl niemals tun musste.
Vielleicht verstand sie auch einen Moment die Baronin. Aber das Verständnis reichte nicht aus, um zu verstehen, warum sie, die reife und kontrollierte Frau, nicht über ihren Schatten springen konnte, und dieses wundervolle Kind bei sich aufzunehmen bereit war.
Wollte sie Rafael wirklich nur für sich alleine habe?
Rai’a dachte an das Gespräch zurück, welches die beiden Frauen führten.
Ein sehr unwirklicher Moment. Rafael hatte Angst vor jenem Augenblick gehabt, Angst, die Baronin könnte sie verletzen.
Doch Rai’a war in sich ruhig und sicher. Was sollte diese Frau ihr nehmen können?
Freiheit besaß sie nicht, Stellung und Rang konnte man ihr nicht nehmen, auch dies besaß sie nicht. Beleidigungen? Rai’a hatte wohl schon mehr gehört, als der edlen Dame je eingefallen wäre. Rai’a respektierte ihre Stellung, daran würde sich nichts ändern.
Aber die Verletzliche war doch sie, die Baronin.
Sie hatte Angst Rafael zu verlieren.
Rai’a war doch nur Symbol dafür, dass beide Seiten so unglücklich miteinander erschienen.
Eine Stallmagd sah sie als Gefahr. Wer also hatte mehr zu verlieren?
Rai’a konnte mit sich im Reinen sein, denn sie hatte nichts getan, außer einem Menschen, der ihr so unendlich viel gab, ein klein wenig zurück zu geben. Einem Menschen, nicht dem Mann Rafael.
So hatte Rai’a der Baronin ihren Stolz gelassen, ihre Stellung gewahrt, indem sie höflich blieb. Die Worte, die Rai’a innehatte, sollte die Baronin lieber nicht hören.
Und doch hatte Rai’a ihr zu verstehen gegeben, dass sie nicht der Grund für ihre Angst war, jedenfalls hoffte Rai’a, dass die Baronin dies verstanden hatte.
Und Rai’a hoffte, dass die Baronin nachdenken würde. Nachdenken über die Reinheit dieser Verbindung. Liebte sie Rafael wirklich?
Eifersucht war ein unreines Gut, wenn man liebte.
Und Rai’a hatte das Gefühl, dass die Baronin auf alles eifersüchtig war, was Rafael viel bedeutete. Seine Ehre als Ritter und Diener des Reiches, welches diesen Mann zu dem machte, was er war. Seinen Sohn… wieder erfüllte Rai’a unsäglicher Schmerz, als sie an Antares dachte, so sehr wünschte sie, auf seiner Bettkante zu sitzen und ihm Geschichten zu erzählen, bis er eingeschlafen war. Er schien so friedlich zu schlafen in der letzen Zeit.
Rai’a besann sich und ihre Gedanken schweiften zur Baronin.
Warum nur konnte sie ihm nicht ihre Hand reichen?
„Ich bin kein Unmensch, Rai’a, auch, wenn mir dieser Ruf vorauseilt.“
Das hatte sie gesagt. Nein, ein Unmensch war sie sicher nicht, dafür war sie hinter ihrer aufgesetzten Maske viel zu menschlich, aber auch zu schwach.
Wollte sie wirklich das Schicksal Rafaels und Antares auf ihre Schultern lasten?
Denn das tat sie. Antares hatte zuviel verloren. Und er durfte nun nicht noch Rafael verlieren.
Wie lange würde Rafael dieser Zerreißprobe noch Stand halten?
Wieso ließ die Baronin, die meinte, jenen Mann so sehr zu lieben, ihn derart leiden?
Sie bekam doch selbst ein Kind. Wieso konnte sie Rafaels Kind nicht annehmen?
Rai’a beschlich wieder diese ungewollte Wut.
Wie hatte Rafael sich in seiner Wahl nur so täuschen können?
„Ich hasse die Baronin und liebe den Menschen.“ Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider.
Wie oft war sie Mensch? Wie lange konnte man es ertragen, eine Person zu lieben, die zwei Seelen hatte. Wie eine Person lieben, die einem alles nahm, für das sein Herz schlug?
Wie viel Liebe konnte ein Mensch aufbringen?
„Rai’a, warum bist Du nicht vor einigen Monaten gekommen? Dann hättest Du Papa heiraten können und wir wären eine Familie!“ Hatte Antares weinend und verzweifelt geschluchzt.
Rai’a hatte ihm versucht zu erklären, dass es keine andere Wendung genommen hätte.
Aber mit der Baronin… das konnte kein gutes Ende nehmen.
Wie konnte sie nur so eigensinnig sein und den Blick nur auf sich richten…
Rai’a hatte sich zuvor nie ein Urteil über sie gebildet, weil sie sie nicht kannte. Aber die Baronin hatte sich ihr gezeigt. Warum nur?
Wegen des Rufes des Sir de Arganta? Rai’a konnte nur bitter lachen.
Welch Ruf hatte ein Ritter des Reiches, wenn er sich nicht um seinen Sohn kümmerte?
Welch Ruf, wenn er sich von einer Frau so sehr in die Schranken weisen ließ?
Merkte sie nicht, dass eine Stallmagd, die niemand, außer der Baronin, als Gefahr sah, den Ruf dieses Ritters nicht antasten konnte?
Selbst der Graf hatte Eileen geheiratet, er liebte sie noch immer inständig. Und Eileen war heute eine der schillernsten Persönlichkeiten im Reich.
Doch Rai’a wollte ja nicht mal an Rafaels Seite, um seine Frau zu sein.
Nein, die Gefahr war sie selbst. Die Baronin, die den Mann, den sie zu lieben sagte, alleine für sich haben wollte. Die keine andere Frau und so sei diese noch so ungefährlich, ein ungefährlicher Freund, noch seine Reichstreue, noch seinen Sohn… seinen wahren Sohn neben sich dulden konnte.
Vielleicht verstand Rai’a nichts von dieser Liebe, aber sie erschien ihr durchweg falsch.
Liebe, das wusste Rai’a, bedeutete, dass man seinen Liebenden glücklich sehen wollte, dass man alles tat, um ihm das Glück des Himmels auf die Erde zu holen.
Wie lange konnte Liebe so bestehen? Sollte sie so bestehen?
Rai’a wollte auf ihre einzige und wahre Liebe warten. Doch im Moment bröckelte Rai’as Sicht der Liebe… Hatte sie sich immer etwas vorgemacht?
Nein! Rai’a konnte und wollte dieses Gefühl nicht zulassen.
Es musste die wahre Liebe geben!
Und wenn es diesem Fall nicht die Wahre war, so musste es sie geben, wie bei dem Grafen und Eileen.
Das war wahre Liebe!
Und Rai’a, so bat sie Eluive diese Nacht, würde sie auch eines Tages erfahren.
Gleich wie stark der Schneesturm sein mochte, man sollte das Licht, welches das warme Feuer versprach, niemals aus den Augen verlieren.
Und im Moment galt ihre Liebe einzig und allein Antares, den sie sich wieder her wünschte.
Nie hätte sie gedacht, dass ein Kind in ihr derlei Gefühle auslösen konnte und Rai’a wurde schwer bewusst, dass sie nun in jenem Alter war, da Mutterglück und Beschützerinstinkte erwachten.
Es war ihr, als höre sie Antares Lachen, als sie schon in die Traumwelten sank…
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Rai´a Lalaith





 Beitrag Verfasst am: 27 Feb 2007 00:18    Titel: Wenn Felsen zu bröckeln beginnen…
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Wenn Felsen zu bröckeln beginnen…


Wild wehte der Wind um ihr blankes Gesicht, eisige Flocken prasselten in ihr rotes Haar, heulend, wimmernd, zog der Sturm durch das leere Geäst des Waldes.
Rai’a kniete auf der kleinen Lichtung, den Kopf gen Himmel erhoben, während die Kälte sie schon vor Stunden betäubt hatte.
„Eluive, Schöpferin, Mutter allen Seins, was geschieht mit mir? Ist dies Dein Wille, Deine Prüfung gar?“
Rai’a presste ihre blassen Hände vor ihren Leib, als wolle sie sich schützen, stützend haltend.
Waren es nicht der Prüfungen viele, die sie in kurzer Zeit bestritten hatte, waren es nicht der Schmerzen und des Leides genug?
Sie war doch keine Ritterin, keine Edle, warum nur wollte Eluive ihre Tugenden so sehr betrachten, noch mehr denn testen.
Eluive hatte sie auf die einsamste aller Reisen geschickt, sie ihrer Familie entrissen, um sie sich beweisen zu sehen.
Kurz bevor Hunger und Kälte den mageren Leib beinahe mit in die Unterwelt gerissen hätten, wurde Rai’a errettet, aufgenommen in Arme der Wärme und Geborgenheit.
Auch dafür hatte sie gearbeitet, nicht nur ihr Körper, sondern ihre Seele gar, hatte sich an die bestehenden Mauern geschmiegt, sich ihres eigenen Wesens beraubt, um das Geschenk Eluives mit allen Ehren zu empfangen.
Freundschaft… Welch merkwürdiger Begriff dies doch nur war.
Er wurde viel zu oft zu nichtig betrachtet, viel zu oft missbraucht.
Freundschaft.. War es nur ein Trugbild…
Krachend brach ein Ast unter der Schneelast zusammen und ließ Rai’a zusammen fahren.
Ihr ganzer zierlicher Leib zitterte wie Espenlaub, Tränen waren längst versiebt.
„Warum quälst Du mich nur so, Eluive? Warum nur schenktest Du mir das Gefühl von Freundschaft? Niemals zuvor war ich darauf angewiesen, habe sie empfangen, und sie deshalb nie missen müssen. Wieso nur schenktest Du mir den Hauch eines Momentes nur das Gefühl? Besser hätte ich je ohne sie leben wollen, als nun zu sehen, dass sie nicht wahr ist!
Freundschaft! Ich habe sie nicht verdient, nicht wahr? Das mag ich verstehen, doch warum nur, Eluive, hast Du sie mir gezeigt? Der Qualen wegen, die nun unerträglich erscheinen?
Oder habe ich gar falsch gesehen? Der Weg den ich ging, war der Falsche…
Ich habe meine Tugend der Demut verloren, Eluive, mich meines Standes nicht mehr erinnert, mich der Tugend der Enthaltsamkeit erwehrt, indem ich das Gefühl der Freundschaft genoss!
Vergib mir, teuerste Schöpferin.“
Rai’a senkte den Kopf, das sonst zusammengesteckte Haar fiel um ihren Leib, umschmeichelte sie, wild und ihr Gesicht beinahe gänzlich verbergend.
Es war an der Zeit, sich seines Seins zu erinnern, an der Zeit, wieder nur zu den eigenen Wurzeln zurück zu kehren.
Peitschend schnitt der Wind in ihr Gesicht, der Schnee bedeckte ihre Füße, bedeckte ihr rotes Haar mit weißen Sprenkeln, bedeckte ihren Schoss.
„Ich habe meine Tugenden gewahrt, jene, die mir noch geblieben sind, doch jene, die der Opferbereitschaft und Demut, habe ich … sie sind mir entglitten, bei dem Wunsch…“
Ihr stockte der Atem… wütende Kälte zerbarstet ihre Lippen, die langsam, von Wort zu Wort mehr aufsprangen…
„Ja, ich wollte jemand anders sein, oh meine liebste Mutter der Erde, vergib mir, Du hast mich geschaffen, diesen einen Weg für mich gewählt und ich… ich wollte .. eine Adelige sein, nein, der Titel war es nicht.. es war nur der Wunsch nach dem Recht jener Freundschaften, die keine sein durften. Denn ich bin ihrer nicht ebenbürtig! Es war nicht mein Wunsch, aus meinen Pfaden auszubrechen, weil ich dies Leben jener, die ich zu lieben begann, teilen wollte, nein, es war, weil ich ihre Liebe teilen wollte.“
Langsam hob sie den Blick an, sah in die schwarze Nacht, die durch eisige Schneeflocken durchflutet wurde.
Mit langsam, schweren Schritten machte sie sich auf den Weg, beschwerlich war der Weg heute Nacht, an Varuna vorbei, zum Kloster…
Lange sah sie auf die hohen Mauern, ging an ihnen entlang, strich mit der Hand sachte herüber.
Ein Gefühl der Wärme stieg in ihr empor, als sie sich an ihr nieder ließ.

Es gab keinen anderen Weg, sie würde die Buße im Kloster suchen, sich der Welt, die sie in ihren Bann ziehen wollte, entziehen.
Als der Morgen graute, lag ein etwas durchnässter Brief am Tor des Klosters:


„Eure Heiligkeit,

mein Name ist Rai’a Lalaith und ich erbitte um Obdach in dem Haus der edlen Temora.
Meine Seele ruft nach der Befreiung der Sünden und einem Ort, da jene Seele wieder gereinigt und gestärkt werden kann.
So Eure Heiligkeit mir, einer einfachen Magd, die unendliche Ehre zur Teil werden lasse, die heiligen Räume für einige Zeit aufzusuchen, wäre eine, nach Reinheit und Pflege, rufende Seele zum tiefsten Dank verpflichtet.
Für meinen Unterhalt würde ich gewiss selbst aufkommen und dem edlen Gemäuer der Temora alle mir bescheidenen Mittel zur Verfügung stellen.

In schier unendlicher Hoffnung


Rai’a Lalaith“
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