Jeder Schritt führt auf den vorherbestimmten Weg - Raia

[Raia Lathaia]

Seit dem neunten Goldblatt schwieg sie zu Ehren Brynns. Das wenige und sparsame Essen ging ihr leichter von der Hand, daher hatte sie eine Weile überlegt, welches Opfer ihr am schwersten fallen würde. Das Reden war jedenfalls eine größere Herausforderung als der Verzicht auf gutes Essen oder Wein.

Ihre Füße trugen sie durch die Straßen Adorans und das rege Treiben zauberte immer wieder ein Lächeln auf ihre Lippen. Sie hatte eine kleine Tafel beschrieben, die es den Leuten ermöglichte zu erfahren, dass sie zu Ehren Brynns zurzeit schwieg. Aber meistens konnte sie sich auch so ganz gut verständigen. Viele Tage hatte sie im Wald verbracht und Kräuter gesucht, die es bald im Herbst nicht mehr geben würde. Und immer, wenn sie wieder kam, hatte sie die Hälfte aller gesammelten Pflanzen an denjenigen übergeben, der ihr als erstes hinter dem Stadttor Adorans begegnet war.

Zwischendurch glitten ihre Gedanken zu dem Gespräch mit Hochwürden Antorius zurück und sie überlegte, was er wohl von ihrer Geschichte, ihrem Leben dachte. Bald würde sie auch mit Hochwürden Hohenhain sprechen und da sie jene noch nicht kennengelernt hatte, freute sie sich sehr auf diese erste Begegnung. Dennoch war ihr bewusst, dass diese ersten Gespräch auch der Schlüssel zum Kloster waren – oder eben nicht und die Pforten würden sich verschließen.

Des Weiteren hoffte sie darauf, dass sie Bruder Aureal im Glaubenshaus zu Adoran helfen durfte, obwohl sie noch nicht in das Kloster aufgenommen war. Diese Aufgabe gefiel ihr, dennoch würde sie auch jede ihr gestellte Aufgabe annehmen, wenn es gewünscht war.

Als Raia auf die Pilze sah, knurrte ihr Magen doch ein wenig und sie lächelte zu sich selbst. Scheinbar hatten Seele und Körper miteinander gesprochen und waren froh, dass die Zeit des Fastens heute enden würde.

Nach einem langen Bad und in frischen Kleidern machte sie sich auf zum Kloster, um mit allen gemeinsam das Fasten zu brechen. Ihr Magen schnürte sich ein wenig zusammen, nicht nur ob des Hungers sondern auch ob einer kleinen latenten Aufregung und so atmete sie einige Male durch und sprach ein stilles Gebet , ehe sie die letzten Schritte ging.