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Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 05 Jun 2017 09:13    Titel: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Der Anfang einer Reise...


      Immer wieder strichen ihre weichen Fingerspitzen über den den Rand der aus Metall geformten Wanne. In einer gewundenen Kurve wurde dieser gebogen, sodass ihre Hand darunter greifen musste, um sich des Endes der Schmiedearbeit für das verträumte Spiel bedienen zu können. Am'erie empfand einen freudvollen Frieden darin ihren Körper in heißes Wasser zu legen, es mit pflegender Stutenmlich oder Badeölen zu vermengen. Die Düfte liebkosten ihre Nase, die Substanzen streichelten ihre Haut wie kostbarer Samt. Manchmal gar war es wie ein süßliches Kitzeln, wenn sie ihre Zehen herausstreckte oder ihre Knie unter die Wasseroberfläche brachte. So oft, wie auch an diesem Tage, saß sie schlichtweg dort in diesem ansonsten fast leeren Raum und genoss die Stille, die wie eine zart gewobene Melodie an ihre spitzen Ohren drang. Ganz und gar verbunden mit sich und ihrer Umgebung war die Gelegenheit darin zu versinken ein kostbarer Schatz. Unter einem lieblichen Seufzen lehnte sie ihren Nacken zurück an den Wannenrand und spürte dabei, wie die unteren goldenen Härchen im Nacken feucht wurden. Ihre goldenen Locken hatte sie locker mit einer Stecknadel aus reich gemaserten Wurzelholz hochgesteckt. Der Blick aus ihren runden, azurblauen Augen hatte in diesen Stunden stets etwas, an dem er sich festhalten konnte und das ihr in all den Jahren noch niemals zu banal geworden war: Ein Buntglasfenster, eingelassen in eine Öffnung in der steinernen Mauer ihres Familienhauses. Zusammengesetzt aus vielen einzelnen, kleinen Glasscheiben ergab sich durch eingelassene Bleiruten ein fast schon grafisches Bild, eine eigene für sich stehende Form der schaffenden Kunst. Es war nicht groß, vielleicht nicht ganz einen Meter und lief nach oben spitz zusammen. Doch war es eines der wunderbarsten Kunstwerke, die sich in diesem Heim befanden. Zumindest für Am'erie. Jede einzelne eingeschlossene Luftblase im Glas, jeder Pinselstrich der dunkel aufgetragenen Konturlinien, jede Span der Bleiruten... sie konnte es bereits vor ihrem inneren Auge in jedem Detail rekonstruieren. Die Türme des Palastes. Die Dächer Ered Luins. Es war ein Bild geschaffen aus einer Mischung von Wahrhaftigkeit und Fantasie, von Erinnerungen und Dichtung. Realität und Traum. Das Bildnis offenbarte niemanden ein Geheimnis, vielmehr wollte es eines schaffen und festhalten. Eingelassen in einen metallenen Rahmen war es nur mit einem Haken zu verschließen oder auch in einer leicht geöffneten Position zu halten. Ein Schauder wäre es gewesen, hätte ein Luftstoß das Glas gegen eine Kante geschlagen. Und so war es der jungen Elfe möglich auch hinaus zu horchen, dem Zirpen der Vögel zu lauschen, die den baldigen Sonnenuntergang begrüßten. Ab und an setzte sich ein Vögelchen auf den Sims, trällerte sein Lied und entschwand flatternd hinaus in die klaren Lüfte.
      „Ich werde es vermissen... das Fenster...“, wisperte sie leise und spürte wie ihr Bruder ihr einen Kuss auf den Schopf setzte und ahnte, wie seine Lippen danach zu einem schwachen Lächeln aufgehen würden. Er war schon immer geschickt darin gewesen sich so lautlos zu bewegen, dass selbst Schnee unter seinen Sohlen nicht brach. Doch so tief verwurzelt war ihr Lied in geschwisterlicher Zuneigung und dem geteilten Blut, dass er ihr nichts mehr vormachen konnte. „Wir werden dich vermissen, Goldkehlchen. Du wirst deine Erinnerungen bald mit neuen Bildern füllen und dieses dort darin wiederfinden. Du wirst die Türme berühren können, im Lied der Ahnen tanzen.“ Da wurde die junge Elfe sich bewusst, dass ihre Finger noch immer mit der unteren Kante des Wannenrandes spielten und ließ es bleiben. Ihr Bruder wusste, wie gerne seine Schwester Dinge berührte, sie spüren und begreifen wollte, als würde ein auch nur kurzer Kontakt die Erinnerung in ihrer Seele festhalten, über alle Zeit hinaus. Manchen Dingen versprach dies Unsterblichkeit. Zart verengten sich ihre Augen, als sie nach dem bunten Licht im Glas suchte.
      „Ich habe es mir gewünscht, nicht wahr? Wenn meine nith vorüber ist nach Ered Luin zu reisen, meinem Seelentier zu folgen. Sie locken mich ganz fürchterlich, folgen mir in meine Träume. Und doch liebe ich es auch hier, bei euch zu sein.“
      „Ich streife immer wieder zurück zu dieser Höhle in der Ferne. Aber dich ruft der Wind, mein Goldkehlchen. Wie die Schwalben solltest du dich auf den tragenden Wind fallen lassen und die Flügel weit spreizen. Auch wenn du zu scheu bist dir das immer einzugestehen.“ Und unrecht hatte er nicht. Am'erie war zufrieden darin ein Nest zu haben und sich den schönen Dingen zu widmen. Eine Befriedigung fand sie darin in ihrer Jugend das Weben und Nähen zu lernen und sich auch jetzt noch darin mit Zuneigung zu üben. Ein Traum aus Stoffen, aus einzelnen Fäden. Etwas so Vergängliches wie eine pflanzliche Faser, ein Faden Seide, wurde zu etwas prachtvollen für Jahrzehnte. Geschenkte Zeit. Eingefangene Träume. Empfanges Glück. Eine schöne Kleidung war Wohltat für Körper und Seele, war ein Symbol, das nicht für einen Stand sprach, aber für den Sinn der Schönheit und des Selbstbildnisses. Deshalb pflegte Am'erie sich mit Bädern und Ölen, mit Salben und Parfümen. Sie kämmte ihre goldenen Locken und freute sich über die Handgriffe ihrer Mutter, wenn sie ihr langes Haar flocht und steckte. Die eigene Erscheinung zu pflegen empfand sie nicht als Eitelkeit, es erschien ihr als Widmung, als Dank an ihr Sein, die Schöpfung ihres hohen Volkes.
      „Als Kinder spielten wir im Nebelwald und jagten die Lichter, doch war es mehr als tanzten wir mit ihnen und lauschten den Gesang unserer Geschwister, der überall so gegenwärtig war.“ So entsann sie sich der alten Tage, ehe ihre Eltern eine Aufgabe in der Ferne fanden, in welcher sie der Gemeinschaft dienlich waren. Auch sie hatten vor alsbald Heim zu kehren, zurück zu ihrem Geburtsort. Doch ihre Tochter würde ihnen vorausgehen um zu lernen und ihrem Seelentier zu folgen. So war es vereinbart, als sie hundert Jahre alt wurde...

      Und so drückte sie sich mit ihren Händen am Wannenrand ab und ließ das lauwarm gewordene Wasser an ihrer golden schimmernden Haut herablaufen. Zunächst in kleinen Bächen, dann waren es nur noch kleine Rinnsale, die um ihre weichen doch wenig üppig ausgeprägten Kurven flossen und sich auf ihren schlanken, langen Gliedmaßen verloren. Noch während sie die Nadel aus ihrem Haar zog und die goldenen Kaskaden sich auf ihrem schmalen Rücken ausbreiteten stieg sie aus der Wanne und ging auf das Fenster zu. Nur um es dann behutsam zu öffnen und auf den Horizont hinaus zu blicken.
      „Ich will mich ein letztes Mal umsehen und Abschied nehmen.“ Und so stieg sie mit den Knien voran auf die steinerne Fensterbank. Zunächst noch streifte der Wind kühl ihre Haut, doch bald glitt er über ihr feines Federkleid hinweg.
      Auf ihrer Brust und Kehle waren die Federn aus Gold.
      Goldkehlchen.
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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 14 Jun 2017 23:15    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Von Winden und Wellen...


      Die ersten Tage der Strecke hatte sie sich begleiten lassen, hatte auf einem treuen Tier aus dem Gestüt der Heimstätt Platz gefunden und sich über die Wege wiegen lassen. Ihr Bruder, so wie ein paar der Geschwister aus der Wache hatten ihr noch einige Stunden der Versüßung gewidmet, bis der Punkt erreicht war, wo die Wege sich trennen sollten.
      Als der Morgen graute und sich rot über die Kämme der Berge und die Spitzen der Bäume erhob, wurden die sanften Küsse des Abschiedes verteilt und glitten aus in den lieblichen Gesang ihrer zweistimmigen Segenswünsche. Es würde nicht viel geben, was sie auf ihrer Reise brauchte. Ihre erste Reise, die sie allein begehen würde - wie sie zunächst glaubte. Ihr Lied ging auf und ihre Seele ergriff Gestalt und Wandlung, aus dem Tiefsten ihrer Selbst geschöpft. Am'erie warf sich in den Wind und stieß hinauf in die kühle Morgenluft, begleitet von ihren Flügelschlägen die alsbald für eine Weile nur noch dem Gleiten auf den Winden dienten.
      Hier und dort hatte sie Wegbegleiter gefunden, die sie auf ihrer Reise etappenweise begleiteten und gar lenkten und führten. Oftmals waren es kleine Scharen von Schwalben, doch auch andere Vögel schmeichelten ihrer Reise durch ihr klingendes Lied und ihre frohen Rufe und Gesänge. Aber auch Am'erie erschöpfte und musste sich in ihrer grazilen, elfischen Gestalt Pausen zur Nacht gönnen und sich erinnern, dass sie Finger und Füße besaß, Lippen statt eines Schnabels, Haut und Haar statt eines Federkleides. Dankbarkeit erfüllte sie im Grunde ihres Herzens, dass sie zu jeder Stunde einen Bewacher fand, gleichwohl er sich manchmal nicht offenbarte. Und alsbald fand sie an der Küste wieder Obhut in den Reihen ihrer Brüder und Schwestern, und ein Schiff, das sie unter den Segeln der Edhil nach Gerimor bringen würde. Schwalben gehörten nicht auf das Meer. An die Küste gewiss, aber auf dem Schiff selbst fühlte sie sich nicht sonderlich wohl und leicht befangen.
      Die Zeit war nicht greifbar gewesen und teils ohne Bedeutsamkeit, so hatte Am'erie die Tage nicht gezählt, die es brauchte um die lang ersehnten Wipfel des Nebelwaldes zu erblicken und endlich in den prachtvollen Hafen Ered Luins einzulaufen.


Zuletzt bearbeitet von Am´erie Lelodae am 14 Jun 2017 23:19, insgesamt einmal bearbeitet
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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 19 Jun 2017 14:48    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Die ersten Begegnungen...


      Eine leichte Brise griff ihr unter die hellgoldenen Locken und löste sie unter sanften Streicheln aus ihrem Nacken heraus, um sie schließlich in weichen Wogen ihre Schultern streicheln zu lassen. Warm brach das Licht der Sommersonne durch das melodisch raschelnde Geäst und Blattwerk und warf hell strahlende Bilder im steten Wandel auf ihre feingliedrige Gestalt. Hier und dort hatte die junge Edhel noch Wachen passiert, die sie unter sanften Grüßen, meist sogar ohne Laut und Wort vermittelt, in die grünen Flächen Ered Luins entließen und hinter ihnen von neuem empfingen. Genügsam und zufrieden lauschte Am'erie der Melodie des Ortes, seines Liedes und seiner Tiere und gedachte mit Wohlwollen, gar ein wenig Wirbel in der Brust, die Begegnungen der letzten Wochen. Sehr vielen ihrer Brüder und Schwestern war sie noch nicht begegnet, doch sah sie dem gespannt und erfreut entgegen. Während sie ihre nackten Füße durch das weiche, gar kühle Bett aus Gräsern, Moos und kleinen Blättlein wandern ließ, sah sie auf die erste Reise durch Teile der Stadt zurück, die sie mit Aerandir begangen hatte. Mit einem frohen Gemüt und offener Hand hatte er sie durch die Bibliothek geleitet und sie auf die roten Kristalle aufmerksam gemacht, die aus dem Boden sprossen und auf eine gar wunderliche Weise kommunizierten und sich dem Lied entzogen. Sie hatten Scheu und Interesse gleichermaßen bei Am'erie geweckt und wenn die Gemeinschaft sich dieser Kristalle wieder annahm, wollte sie den Geschwistern nach Möglichkeit Unterstützung leisten. Doch nun lauschte sie mehr auf die Warnungen in ihrem Hinterkopf und besah sich das schillernde Rubinrot nur aus der Ferne. Auch jetzt hatte sie einen Bogen um jene Flächen gemacht, wenn sie auch in ihren Gedanken bedacht wurden. Nicht nur Aerandir hatte ihr die Geheimnisse Ered Luins eröffnet, auch Lharan war mit einem entzückenden Schalk an sie herangetreten, gleichwohl sie nicht umhin kam seine Weisheit dahinter hervorschauen zu sehen. Es war ihr ein besonders lieber Spaziergang gewesen, war doch ein Teil seiner Leidenschaft einer der ihren, die sich so leicht hervorlocken ließen. Es waren die heißen Quellen und die Bäder des herangebauten Marmorhauses, die ihr einen zweiten Ort des längeren Weilens schenkten. Neben der Nähstube verbrachte sie nun auch täglich Zeit darin ins Wasser zu steigen und sich im Anschluss von der Sonne trocknen zu lassen. Celeg'glin'magol und Caraphinnor hatten ihr mit Zuspruch und Materialien ausgeholfen. Sie selbst hatte noch nicht viel zu geben und war dankbar ob der vielen filigranen Werkzeuge für die Übung in ihrem Handwerk, als auch das Wildleder, das sie bereits in vielen Stunden zu bearbeiten begonnen hatte. Als sie Ari'eildae nach deren Rückkehr in Ered Luin traf war beiden aufgefallen, dass es in der Gemeinschaftstruhe an Schuhwerk fehlte. Es war nur das mindeste, was Am'erie zu vollbringen vermochte hier und dort ein paar einfache Kleidungsstücke und Schuhe wieder der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Bis auf dies war sie schlichtweg beeindruckt, wie eifrig und selbstlos die Schneiderinnen die Kisten mit wunderschönen Stücken befüllt hatten. Auf diesem Weg wollte sie ihren Schwestern folgen.
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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 03 Jul 2017 10:51    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Nächtliche Ausflüge...


      Die Handelssprache. Sie klang monoton und grob in ihren Ohren, welche den melodischen Klang von zwei miteinander klingenden Stimmbändern gewöhnt waren. Liebliche Melodien waren es, die aus elfischen Mündern glitten, doch die Handelssprache hatte etwas sehr eigenes für sich. Sie war reduziert auf Bausteine, aneinander gereihte Klötze, die das Gerüst der Kommunikation aufbauten. Es war ein Teil dessen, was es benötigte, damit die Völker sich verständigen konnten. Um sich jedoch zu "verstehen" benötigte es vermutlich wesentlich mehr.
      Caraphinnor hatte ein der jungen Elfe in ein paar Sätzen davon berichtet, dass es unter den Menschenvölkern in diesem Lande Auseinandersetzungen gab. Das Volk der Elfen als solches hatte sich entschieden keiner der beiden Seiten offizielle Unterstützung zu leisten und es nicht zu ihrem Krieg zu machen. Sie hielt es für eine weise Entscheidung, auch wenn sie gleichzeitig bisher wenig von dergleichen verstand. Auch verstand sie das Volk der Menschen nicht und teilte dennoch die Unsicherheit ihres Bruders. Misstrauisch würden die Menschen die Edhil und Lindil betrachten, ihnen mit Argwohn begegnen. Doch waren sie tatsächlich so, dass man ihre Angst fürchten musste? Es war das erste Mal, dass Am'erie sich nach ihrer Ankunft in Ered Luin herauswagte, aber diesen Mut hätte sie niemals gefunden, wenn nicht als Schwalbe.
      Einen halben Abend lang beschäftigte sie sich damit Adorans Straßen rund um den Markt zu erkunden, sich auf Dächern und Balken nieder zu lassen und die vom Nachtwind gestreichelten Kronen diverser Bäume zu erforschen. Einzelne Menschen trieb es noch durch die Straßen, doch hatten die meisten sich in ihr Heim zurückgezogen. Der Schein von Feuer reflektierte in ihren Fensterscheiben. Friedlich war es.
      Zum späten Abend machte sie erstmalig eine Gruppe von Menschen aus, die in einem recht bunt und wild gestalteten Garten an einem Tisch saßen und offenkundig ein reiches Mahl hinter sich hatten. Von Baum zu Baum wagte sich die Schwalbe näher heran, wobei die Flügel ihr langsamer flatterten als das Herzchen in dieser nun so zart gestalteten Brust. Alsbald saß sie schon fast in ihrem Garten und war sehr stolz auf sich, die Scheu zu Teilen überwunden zu haben. Sie verstand nicht viel, von dem, was gesprochen wurde - konnte hier und dort den Zusammenhängen halbwegs folgen, aber vielmehr betrachtete sie ihr Gebahren, ließ sich beeinflussen von den Stimmlagen und Gesten. Je ruhiger es wurde, desto mehr aber drang auch die Bedeutung zu ihr. Die Menschen erfreuten sich einer gewissen Intimität, einer Freiheit ohne Konsequenz nach außen, ohne Folge ihrer Worte. Und da begann Am'erie sich leicht zu schämen diesen Wunsch ungebeten zu brechen. Unter aller Überwindung sprang sie auf dem Ast weiter nach vorne, ziepte ihnen einen nächtlichen Gruß zu und flatterte sichtbar wieder hinaus in die unbeleuchteten Wege des Adoraner Bauernviertels.
      In jenem Moment brachen auch schon die Wolken auf und ein kalter Regenguss strömte hernieder und trommelte wild gegen Dachziegel, Zäune und die Wipfel der Bäume. Am'erie schaffte es bis zu einer Birke nahe der Stadtmauer und drückte sich mich aufgeplusterten Gefieder zitternd und nass an eine Astmulde und wartete, bis es vorbei war. Die Sehnsucht nach dem Schutz und der Wärme Ered Luins würde wohl immer beständig bleiben.
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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 25 Jul 2017 23:22    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Tägliche Ausflüge...



      Am'erie hatte sich die Zeit genommen sich immer mehr in das Gefüge von Ered Luin einzufinden, wenn es auch nur mit kleinen Schritten passierte und sie nicht mit der vollen Wucht vereinnahmte. Sirdhemeth war an Caraphinnors Seite eines Tages an die kleine, beschauliche Webstube herangeteten und Am'erie in freudige Erwartung und Nervosität versetzt. Doch war es eine jener stillen, angenehmen Gefühlsregungen gewesen, wie sie mit lieblicher, neidloser Anerkennung einher ging. Man beschenkte sie mit Schnittmustern und willkommenden Worten, die ihr ein Bild einer wohlwollenden Zukunft zeichnete - mit einer Schwester, die um Hilfe und Rat nicht verlegen wäre. Die junge Elfe würde sich selbst als gesegnet bezeichnen, würden ihre Künste einst an die Sirdhemeths auch nur heranragen. Die Strukturen der Gemeinschaft wurden hier und dort mit Neugierde erfragt und nicht hinterfragt. Fehlte etwas, brauchte sie etwas, trug sie gar Fragen auf ihrer Zunge hatte sie in dem Schmied der Elfen einen weisen Ratgeber gefunden. Und so kam es, dass sie beobachten konnte, dass Lager sich neu füllten und auch ihre eigenen Hände mehr und mehr etwas beizutragen vermochten. So wie es unter ihrem Volk je her Sitte und Selbstverständlichkeit war wurde Am'erie beschenkt, sogleich sie etwas benötigte. Obgleich sie nicht die Scham kannte von anderen etwas anzunehmen, was sie freiwillig gaben, so wollte sie trotzdem ihren Beitrag geleistet wissen. Um ihre Waren zu fertigen brauchte sie wertvolles Material wie goldene Spulen und feinste, diamante Nadeln, sie brauchte Flachs und Seide. Einige Male war sie noch ausgeflogen um die Menschen bei ihrem Tauschhandel zu beobachten, ehe sie selbst jenen für sie mutigen Schritt wagte. Mit nur wenigen Stücken in einem Beutel machte sie sich auf den Weg hinaus. Zunächst nach Kronwalden zu einer Bäuerin, schließlich nach Berchgard in das Handelshaus und zuletzt in die Werkstatt eines Adoraner Schmiedes. Es waren die Knöchel ihrer filigranen, schlanken Finger, die an das geformte Holz der Türen schlugen und ihre Fingerspitzen, die am Bändchen der hell läutenden Glocken zogen. Eine merkwürdige Eigenart der Menschen war es die Durchgänge in ihre Häuser zu versperren und doch musste eine Elfe wie sie sich dem beugen und um Einlass bitten. Es hatte bei all jenen Besuchen keinen Moment gegeben, wo man ihr nicht mit einem Leuchten in Blick und einem hellen Lächeln auf den Lippen begegnete. Ihre Münder brachten Worte hervor, die ihrem Inhalt nicht würdig waren und nicht würdig werden könnten - ihre Stimme könnte dafür nicht ausreichen. Und dennoch verstand sie das Lob und die Zuneigung darin, die Hoffnung auf Freundschaft und geteilter Güte. Bewunderung traf ihre Werke und manche schwelgten in den Erinnerungen ihrer Kindheit, die sie mit Ered Luin verbanden. Ja, die Menschen waren fasziniert davon welch langes Leben einem Elfen beschert war und Am'erie betrachtete die Vergleiche ihrer Lebensspannen selbst mit Interesse. Thranced aus Berchgard war damals ein Kind, als Am'erie es auch war. Und doch hatte er sie nun in der Spanne seines Lebens überholt und die Spuren des Alters begannen den kantigen Mann zu zeichnen. Taliara in Kronwalden hingegen mochte im Volk der Menschen als ähnlich jung gelten wie die Elfe. Doch nur ein Wimpernschlag lang würde dieser Moment anhalten. Die Menschen waren als Individuum nur ein langer Sommer im Leben eines Elfen und nur ein Lidschlag für Ala'Thair. Momente galt es zu genießen, aber sie waren nicht der Garant der Zukunft - dieser lag in anhaltenden Beziehungen, Geschichten und im eigenen Volk.
      Am'eries Schnittmusterbuch füllte sich langsam, aber beharrlich, was sie nicht allein den ihr so freundlich zugewandten Menschen verdankte. Auch Eona, eine frohe Lindil, hatte ihr eine kleine Auswahl geschenkt und an diesem Tage sollte auch dort das erste Band geknüpft werden. Mochten noch viel mehr Elfen ihren Faden durch das Netz führen, hoffte Am'erie, aufdass das daraus gewebte Tuch das kostbarste Geschmeide ihrer gesamten Lebzeit würde.

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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 07 Aug 2017 15:22    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Symphonie...

      Wie ein samtenes Tuch zog sich der Himmel in Tönen von Blau und Schwarz über die Welt und ward bestickt mit unzähligen, kleinen Perlen. Und all jene leuchteten und schimmerten im gebrochenen Elfenbeinweiß des Mondes, dessen Antlitz sich über alles erhob. Der Mond war es stets, der untrennbar mit den Gezeiten und dem Meer verbunden war, weise und vertraut mit den Geheimnissen allen Lebens. Im See tanzte der Mond jedoch dieser Nacht mit der Sonne, dem unbedarften Frohlocken, das die Welt erkundschaftet und mit jedem Morgen neu entdeckt.
      Am'eries Seelenlied spielte eine frische Melodie, unbedarft und die Takte von Wandel erfüllt, bereit Einflüsse ihr Lied prägen zu lassen. Und doch fand sie in der Symphonie der Klänge ein Instrument, dass alle Tonfolgen in ihr Beben brachte, in der leidenschaftlichen Begierde das Musikstück zur Harmonie zusammenführen zu wollen.
      Sie vergrub die Spitze ihrer feinen Nase und die sanft geschwungenen Bögen ihrer Lippen in die Dunkelheit und roch das Meer, das nach der Wärme der Sonne sehnte.

      Als Am'erie auf ihrer Lagerstätt erwachte schlugen die Lider nur zäh auf, waren nicht bereit sich aus den Bildern und Gefühlen ihres Traums zu lösen. Mond und Sonne überreichten sich in einer Flut von rotem Schein die Obacht über alles Wesen und Getier und so kitzelten der jungen Elfe alsbald die Strahlen der Morgensonne in der Nase. Es hatte einige Wochen gebraucht, bis sie sich bereit fühlte in Ered Luin ein Haus für sich zu suchen. Doch nun hatte sie endlich weiße Marmorwände um sich, in denen sie einen Wohlklang fand. Das Haus schmiegte sich an die Felsen, hinter denen sich Strand und Meer erstreckten und die schreienden Möwen mit den Gesängen der Waldvögel konkurrierten. Gras würde sich unter ihre Füße schmiegen, wenn sie das Gebäude verließ und Bäume ihr nötigen Schatten spenden. Sie wusste, dass sie hier richtig war, als sie eines Morgens ein paar Schüsseln mit Speisen in ihrer Stube fand. Sie war dankbar, entzückt und voller Zuneigung für ihre Geschwister, die sie so liebevoll bedachten.

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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 11 Aug 2017 23:04    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Das menschliche Herz...

      Ihr Blick ruhte aufmerksam auf der Gestalt des bärtigen, vierschrotigen Mannes, als er im Halbdunkeln seiner Schmiede vor ihr stand und mit Wehmut und tiefem Griff in die Erinnerungen seines Lebens berichtete. Zart, wenn auch deutlich, hatten sich ihre Brauenbögen zur Mitte gesenkt und brachten die Aufmerksamkeit und Konzentration zum Ausdruck, die sie seinen Erzählungen widmete. Und wo doch manchmal ein süßes Lächeln Einkehr fand, so waren ihre Gedanken nun schwer zu lesen. Die Mimik der künstlerisch nach Vollkommenheit und Symmetrie suchenden Züge offebarten sich schwer durchdringlich und wie ein verschlossenes Buch. Das war er, der Ausdruck des ewig lebenden Volkes der Edhil.
      Die Stunden der Nacht hörte sie seine Geschichte ob der vergangenen Liebe, alter Bündnisse und Verbindungen und wie ein Herz sterben und neu erweckt werden konnte.
      Am'eries Eltern hatten ihr davon erzählt, wie ihre Seelen sich verbunden hatten und zu eins wurden, unzertrennlich bis zu ihrem gemeinsamen Tode. Die zarte Zuneigung, die sich zu einem immer festeren Band verdichtete, sodass die eine Existenz nicht ohne die andere bestehen konnte. Doch sie verstand nichts von der Liebe der Menschen zueinander, wenn sie nicht fähig waren ihr Lied für die Unendlichkeit zu verbinden. Oder in den Momenten der Leidenschaft einander im Lied zu spüren. War es allein die Vertrautheit, das gemeinsame Leben, das sich in der Spanne eines Menschenalters ausschöpfen wollte? Sie spürten ihre Herzen sterben und aufblühen. Sie konnten sich neu verbinden, einen neuen Partner für das Lied ihres Lebens finden.
      Etwas daran machte sie für kurze Zeit wehmütig. Doch war sie sich noch nicht sicher, welche Gedanken es waren, die sich für eine spätere Beantwortung zurückzogen. Morgen oder erst in einigen Jahrhunderten. Sie hatte Zeit.

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Am´erie Lelodae





 Beitrag Verfasst am: 04 März 2018 10:55    Titel: Re: Weißer Marmor und schillernde Blüten
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Die Dunkelheit...

      Lange schon war ihr Herz schwermütig gewesen aus Heimweh zu der Umarmung ihrer Eltern und ihres leiblichen Bruders, die da in der Ferne ausharrten und ihr die Freiheit gewährt hatten Ered Luin zu erleben.
      Sie hatte Ered Luin erlebt, die weißen Türme, von denen sie so viele Tage und nächte in vollzückung geträumt hatte. Sie hatte Gerimor erforscht, war zwischen den Menschen gewandelt und hat ihr Wesen studiert, in Büchern gelesen und selbst welche geschrieben, hat so viele Völker und Kulturen - im guten und schlechten - ihre Wege kreuzen lassen. Und sie hatte sich verliebt in einen Eledhrim, der zu viel in ihr auslöste, als dass sie dieses schicksalhafte hätte annehmen können. Und nun, wo sie soviel gelernt hatte, wollte sie nach Hause - nur für ein wenig - für eine Weile... um ihnen all ihr Handwerk und ihre Erzählungen zu offenbaren. Endlich wieder blühte die Sonne in ihrem Herzen, entzog sich der Kälte des Bildes von der Finsternis, die tief unten im Seelenmeer des Liedwirkers ruhte. Ein Bild, das er ihr mit der Hand an ihrem Hals in den Kopf gebrannt hatte. Und für sie Wahrheit wurde.

      Nach vier Tagen der Schiffsreise wurde das Meer des nachts von einem Sturm eingeholt und das leichte Schiff geriet ins Tanzen und Schaukeln auf den Wellen. Vielleicht wird niemand sagen können, wie es passierte, doch stürzte die goldene Elfe hinab in die schwarzen Fluten und wurde von der eisigen Dunkelheit umfangen. Noch nie hatte sie viel Kraft besessen und war stets so leicht und schwer zu fassen gewesen wie das Seelentier, die Schwalbe. Schwalben gehörten nicht auf das Meer, das hatte sie stets gesagt. Sie schwebten über die Küsten um den Seereisenden zu zeigen, dass sie bald wieder in der Heimat seien. Am'erie spürte die schmerzhafte, verschlingende Kälte nur kurz, ehe ihr strahlendes, junges Lied in die Melodie ihrer Ahnen aufgehen sollte.

      Vielleicht wird der eine oder andere Eledhrim, der ihr nah gewesen ist, ihr süßes, melodisches Seufzen hören.


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