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Die Leiden einer Rekrutin
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Die Leiden einer Rekrutin
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Thalia Nesireh Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 18 Feb 2014 00:24    Titel: Freiheit
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Freiheit.
Was genau verstand man darunter? War es die Möglichkeit seinen Glauben selbst zu wählen? Die Wahrscheinlichkeit auf dem täglichen Marktbesuch einen ganz unbefangenen Plausch mit dem netten Bauern von nebenan halten zu können? Der morgendliche Anblick im Spiegel, wenn man sich aussuchen konnte welche Kleidung man trug? Das schiere Glück die Option zu haben am Abend mit sattem Bauch ins Bett zu fallen? Ein Stück von allem, befand der Lohschopf, möglicherweise auch ein Quäntchen mehr. Doch es war vor allem auch die Aussicht seine Zukunft selbst bestimmen zu können. Was man tat, wohin man ging ... aiwa, ganz besonders wohin man ging.

Ein schweres Seufzen verließ Thalias Lippen, als sie merkte wie sehr sie hinaus in die Dunkelheit der Nacht starrte. Sie hatte nicht ruhig schlafen können, ihre Augenlider waren einfach nicht schwer geworden, ganz gleich wie viel sie zuvor trainiert hatte. Nun stand sie seit einem guten Zeitmesser reglos am Fenster ihrer Kammer und starrte hinaus Richtung der Stadtmauer. In den letzten Wochen war sie ihrem Ziel immer näher gerückt. Tägliches Training, verbissene Disziplin, nur das Leben für den Dienst im Regiment, keine Untätigkeit mehr dulden und den Fokus ablenken lassen. Und doch tat sie genau dies, während der Olivblick die Dunkelheit absuchte. Sie ließ ihren Geist schweifen, stellte sich vor was sein würde. Selbst der Schleifer hatte zuletzt am Turnierplatz gemerkt, dass Thalia ihren inneren Schweinehund gefunden und besiegt hatte. Sie war ihrem Ziel so nah wie nie ... greifbar und doch ... war es begehrenswert? Welche Option würde sie haben? Es hatte sich zuletzt angekündigt, dass der Oberst ihre Prüfung vorantreiben wollte, als Tarya ihre Beförderung hinter sich gebracht hatte. War sie die nächste im Bunde?

Verdammt sollten sie sein, alle miteinander. Sie spürte den Drang wegzulaufen ... und doch, es hielt sie gefangen. Eine Freiheit, die sie mit den sanften Abendwinden spüren konnte, doch wollte sie jene noch? Sie musste es herausfinden, das Kitzeln in ihren Fingerspitzen wollte einfach nicht enden. Sie löste sich von ihrem selbstgewählten Falkenhorst am Fenster ihres Kämmerchens und rüstete sich für eine Jagd. Köcher und Bogen waren schneller gegriffen als ein Regimentler hätte "Jawohl!" brüllen können, dann stand sie auch schon vor Feos und Lenns Haus. Zunehmend in Eile verfallend sattelte sie Dhasir, dann ritt sie den Weg zum Nordosttor entlang. Als sie dort angelangte, zügelte sie ihr Tier und sprang auf den Boden. Die letzten Meter unter dem Torbogen entlang fühlten sich elektrisierend an. Sie musste tief durchatmen, um wieder zu sich zurück zu finden, dann sattelte sie auf. Ihr Pferd bekam die Sporen, dann verschwand sie in der Nacht, um ihre Schlaflosigkeit mit einer offiziell genehmigten Jagd bekämpfen zu können.

Freiheit? Es war die Möglichkeit sich bewegen zu können, wohin man wollte und doch wieder zu einer Heimat zurückzukehren. Das Regiment hatte ihr Fesseln angelegt, und doch fühlten sich diese nicht mehr länger als solche an. Es war eher das Gefühl für eine Sache einzustehen, die manche als Familie betrachteten und andere als Berufung bezeichneten. Was es für Thalia schlussendlich bedeuten würde, stand auf einem anderen Blatt. Klar zeichnete sich jedoch ab, dass die junge Frau mit den wilden lohfarbenen Haaren und den unbeugsamen Olivaugen dem Regiment langsam zu einer nicht mehr entbehrbaren Schützin heran gedieh.


Zuletzt bearbeitet von Thalia Nesireh Lekanth am 18 Feb 2014 00:25, insgesamt einmal bearbeitet
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Thalia Nesireh Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 03 März 2014 21:32    Titel: Eine wohl genutzte Auszeit
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Mit zittrigen Fingern entließ Thalia den auf der Sehne ihres Bogens liegenden Pfeil gen Zielscheibe. Es kostete sie ihre volle Aufmerksamkeit wieder tief durchzuatmen und sich von neuem auf den kleinen roten Punkt in dessen Mitte einzufühlen. Die langsam herannahende Abendruhe der Stadt wurde nur unterbrochen von den kurzatmigen Schnappgeräuschen aus dem Mund des gebändigten Wildfangs. „Psschht, nun reiß dich endlich zusammen …“, wisperte Thalia sich selber zu und richtete ihre Aufmerksamkeit von neuem auf ihr Ziel. Sie blendete die Schmerzen ihrer Verletzung aus und verfiel wieder in ihre fast meditationsartige Bogenübung. Es war das Einzige, was sie dank ihrer Verletzung üben konnte, da sie bei den Zielübungen nicht laufen musste.

Unlängst hatte sich Thalia der Prüfung zur Leibwächterin unterzogen und dabei einige Dinge ziemlich klar festgestellt. Zum einen war es die schlichte Tatsache, dass sie dringend einige Stunden in den wirren Lehren der Alchemie nehmen musste und sie wusste schon genau, wen sie dafür ehrbar in die Pflicht ziehen würde. Ein kurzes Grinsen auf ihren Lippen. Das würde wahrlich ein Albtraum werden für den todesmutigen Lehrmeister. Neben diesem Mangel an Wissen hatte sich aber auch noch klar gezeigt, dass ihre Entscheidung zu Pfeil und Bogen zu greifen goldrichtig gewesen war. Sie hatte im Nahkampf schlicht und ergreifend versagt, was ihr in gewisser Weise schon vor der dennoch erfolgreich bestandenen Prüfung klar gewesen war. Sie war keine Kriegerin, sie würde es nie sein. Und sie würde nach ihrer Genesung wieder weiter an ihren Fechtkünsten üben, denn hieran tat sie sich anders als beim Schwertkampf wesentlich leichter.

Ganz von ihrer Prüfung abgesehen, hatte sich die neu erwiesene Freiheit aufgrund der Sondergenehmigung des Oberst als erleichternd erwiesen. Es hatte Thalia gut getan endlich wieder die Wildnis der Wälder um sich zu haben, in Höhlen herumzukriechen und dabei einigen untoten Kreaturen den Gar auszumachen. In mancherlei Hinsicht hatte es ihr Herz sogar ein Stückchen heilen lassen, nun da sie die Enge der Kommandantur mit all seinen männlichen Wesen nicht mehr derart geballt aushalten musste. „Eines Tages wird es gut sein …“, wisperte Thalia ganz in ihren Gedanken gefangen und griff über ihre Schulter hinweg erneut in ihren Köcher. Doch ihre Fingerspitzen ertasteten dort keinen einzigen Pfeil mehr. Mit einem Seufzen wanderte sie darauf hin schwerfällig zur Zielscheibe und zog alle Pfeile heraus. Der Olivblick wanderte wenig später hinab zu ihren Füßen, als von der kurzen Wegstrecke ihr verletzter Fuß abermals aufbegehrte.

„Verdammte Scheiße!“, knurrte sie fluchend und atmete tief durch.Die eingesammelten Pfeile wurden in den Köcher zurück gesteckt, der Bogen geschultert und am Ende machte sich der Lohschopf mit hinkenden Bewegungen auf den Weg in die Kommandantur zurück. Begleitet wurde sie neben ihrem Dienstende von dem Gedanken, dass sie immerhin versuchte ihre Verletzung von der eisernen Schnappfalle nicht als Anlass zu nehmen untätig auf ihrem Hosenboden zu sitzen. Der Schleifer hatte Unrecht gehabt. Sie hatte ihren Schweinehund nicht nur überwunden, sie hatte ihn schlicht und ergreifend ziemlich ungnädig um die Ecke gebracht. So oder so ähnlich grübelnd kam Thalia dann endlich in der Rüstkammer an und beendete den Abend. Es war eine Auszeit, die es ihr nicht mehr erlaubte sich wie zuvor stundenlang die Lunge aus dem Leib zu rennen, doch sie nutzte sie so gut es eben ging mit den Schussübungen. Und sie konnte zweifelsohne erste Meilensteine legen, denn ihre Fähigkeiten wurden von Tag zu Tag präziser – und gleichsam tödlicher.
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Thalia Nesireh Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 23 März 2014 16:03    Titel: Ein weiterer vorsichtiger Schritt
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Ganz sacht setzte Thalia ihren Fuß am Boden auf und tastete mit ihren nackten Zehen nach den Holzdielen am Boden ihres Zimmers. Allmählich verlagerte sie das Gewicht ihres Körpers und wagte erste Schritte. Sie atmete erleichtert aus, da sie nicht wie in den vorangegangenen Wochen stechender Schmerz durchzog wie ein Blitz. Es tat gut den blanken Boden wieder unter ihren Füßen zu spüren. Lediglich eine makaber anmutende, halbrunde wie zackenförmige Narbe würde ihr bleibende Körperzierde an der Seite ihres linken Fußes bleiben. Eine von vielen Erinnerungen an ihre Leibwächterprüfung.Beschwingt von dem Gefühl endlich wieder richtig laufen zu können, kleidete sich die Schützin in ihre Kampfausrüstung und bereitete sich auf einen langen Tag voller Übungen und Leibesertüchtigungen vor.

Jener begann mit einem Fußmarsch nach Berchgard. Den letzten Rest des Weges verfiel sie dann in einen stetigen Rhythmus des Rennens und fand ihr Ziel alsbald in den Höhlen nahe dem Bergmannsdorf. Es war eigenartig. In den letzten Wochen hatte dieses verschlafene Örtchen sie auf die eine oder andere Weise angezogen. Und immer wieder waren ihr dabei Mitglieder des Regiments über den Weg gelaufen. Nicht zuletzt der elende Blondschopf eines Schleifers oder die Korporal, die dafür gesorgt hatte einen Funken von Familiengefühl in Thalias gebrochenes Herz zu pflanzen.

Die Schützin beendete den Abend mit einer guten Ausbeute, die sie alsbald in eine ordentliche Ausrüstung investieren würde. Gleichfalls war ihr Jagdausflug begleitet von einigen lehrsamen Erkenntnissen was den Umgang mit Pfeil und Bogen betraf. Die Übungen an der Zielscheibe rentierten sich schon jetzt und sie dachte nicht daran auf diesem Weg anzuhalten. Angetrieben von diesen Erfolgserlebnissen setzte sie am Abend ihren Weg wieder nach Adoran fort. Dort kam sie müde im Haus von Feo und Lenn an. Ein kurzes Innehalten und Suchen, dann ein Seufzen. Die beiden hatten in letzter Zeit offenbar fiel zu tun, denn sie traf das Paar nur noch selten an. Zu guter Letzt warf Thalia sich nach dem Auskleiden auf ihr Bett und besah sich nochmals ihre Narbe. Trotz dieser Verletzung hatte sie weiter geübt, wenngleich auf eine etwas andere Art und Weise. Diese Erkenntnis ließ den Lohschopf schließlich in einen engelsgleichen Schlaf verfallen.
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Thalia Nesireh Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 26 März 2014 10:22    Titel: Wie der Stachel eines Skorpions
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Der Schock saß markerschütternd tief. Wie tief er vorgedrungen war, konnte der Lohschopf nicht ergründen. Ebenso wenig konnte sie ausmachen, welcher von den Schockmomenten ihr den tödlichen Stich eines aufgewiegelten Skorpions versetzt hatte. Augen schließen. Durchatmen. Zielen. Und erst dann abfeuern, wenn du ganz sicher Herrin deiner eigenen Sinne bist. Thalia hatte sich nicht anders helfen können, als sich nach Dienstschluss in den Wald zu stürzen und bewaffnet mit einem Bogen auf die Jagd nach Fliegenpilzen zu gehen. Der eine giftiger als der andere. Scheinbar sollte sie eines Gifttodes sterben ... Fliegenpilze?! Und das ausgerechnet bei Nacht, damit ihr ohnehin schon kleines Zielobjekt noch undeutlicher zu sehen war.

Irgendwann mitten im Nirgendwo gelangte Thalia mit ihrer ausweglosen Jagd am See von Kronwalden an. Dort beendete sie ihr Herumwuseln dann, indem sie ihr Waffenzeug einfach von sich streifte und in letzter Not in das kühle Nass hineinsprang. Für eine Nacht mitten im Lenzing war das Wasser noch schweinekalt. Augenblicklich begann sie bei ihrer Abkühlungstour zu bibbern ... Das gewünschte Ergebnis setzte planmäßig ein, sehr gut! Nach ein paar kräftezehrenden Momenten watete sie aus dem See hinaus und ließ sich triefend nass wie gleichfalls schwer atmend rücklings auf den Waldboden fallen. Dann wanderte der Olivblick unwillkürlich zum Firmament hinauf und kam dort für den Augenblick zur Ruhe.

Es gab drei Dinge, derer sie sich absolut sicher war.
Erstens: Sie hatte ihre Fähigkeiten völlig unterschätzt. Auf ihrer morgendlichen Route hatte sie in einer alten Katakombe Bekanntschaft mit einem jungen Mann gemacht, dem sie sich zu einer gemeinsamen Jagdrunde angeschlossen hatte. Und dabei hatte sich für Thalia herausgestellt, dass ihre Fähigkeiten mit dem Bogen noch viel tödlicher geworden waren als eigentlich angenommen ... Dieser Umstand hatte sie völlig entsetzt, denn noch nie hatte sie so klar das Ergebnis ihrer harten Übungen vor Augen geführt bekommen.

Zweitens: Die Beschaffung von Eluives Tränen hatte unweigerlich dazu geführt, dass sie nach Menek'Ur hatte reisen müssen. Sie hatte mit dem ersten Windhauch der Wüste gefühlt wie sehr sie das alles vermisst hatte. Spätestens bei Eintreffen im Hause Yazir hatten sich die gesplitterten Teile ihres Herzens wieder zusammengefügt. Menek'Ur mit all seinen Einwohnern und dessen Herzlichkeit gehörten zu Thalia, untrennbar. Hatten sie wieder geerdet und für ihre Seelenheilung gesorgt. Doch es gab ein unerwünschtes Mitbringsel, das sich wie ein Skorpionstachel tief in ihr Herz gebohrt hatte. Nur wenige Worte, und doch brachten sie Thalia so sehr ins Wanken. Vor dem Blätterfall noch hätte sie das Angebot von Khalida angenommen ohne mit der Wimper zu zucken. Es wäre damals die richtige Entscheidung gewesen. Nun war es das nicht mehr. Was blieb war also der Gedanke, dass sie stets in ihre zweite Heimat reisen würde, sobald sie die nötige Zeit entbehren konnte. Doch der Ort, an dem die kleine und zähe Dattelpalme erste Früchte werfen würde, war nun zweifelsfrei das Herzogtum Lichtenthal. Verdammt sollten sie alle sein!

Drittens: Sie hatte nicht damit gerechnet. Ja noch nicht einmal mit dem Gedanken gespielt. Wie hatte sie diesen Moment überhaupt überstanden? Schocklähmung, ganz eindeutig, ein Heilbewanderter hätte sofort erste Hilfemaßnahmen eingeleitet weil jeden Moment die Atmung des Patienten aussetzen konnte. Aiwa ... er hatte ihr an den Kopf geworfen, dass er einst nicht damit gerechnet hatte. Zweifel an ihr ohne Frage. Sie hatte es schon immer gefühlt, war kurzzeitig der Versuchung erlegen ihm genau das zu beweisen. Und doch hatte sie standgehalten und hatte dem Oberst jene Worte entlockt, die ihr Genugtuung zollten. Es war also unvermeidlich, dass dieser Moment endlich kam. Konnte man einen Schock im Schockzustand bekommen? Spätestens dann wäre der Lohschopf wahrscheinlich einfach nach hinten weggekippt, während ihr Dienstabzeichen ausgetauscht und ihre Hand einmal kräftig geschüttelt wurde. Doch sie hatte standgehalten, einmal mehr. Selbst diesem Elend, dass ein Teil ihres Herzens hinfort gerissen hatte vor so endlos lang erscheinender Zeit. Das letzte bisschen Zerstreuung hatte Thalia dann durchlitten, als sie sich in Reihe und Glied auf dem Appellplatz falsch eingeordnet hatte vor lauter Gewohnheit. Sie war endlich den Kinderschuhen entwachsen. Bei Eluives Segen, sie war ab diesem Moment Gardistin.


Ein Frösteln rüttelte Thalia aus ihren Gedanken auf. Die nasse Kleidung fühlte sich bleiern um ihren Körper herum an. Träge richtete sie ihren Oberkörper auf und sah zum Spiegel des Sees herüber. Die Wasseroberfläche waberte still vor sich hin, während die Schützin versuchte ihre Zukunft zu ergründen. Es schien nichts mehr möglich, und doch war gleichfalls wieder alles offen.

Wer bist du, kleines Mädchen? Nimm dich vor den Skorpionen in Acht und eile schnell wieder in die Karawane zurück. Deine Eltern sind da vorne bei den anderen. Hudad, nun lauf. Sonst kannst du dir kein Pferd aussuchen, wenn wir nicht rechtzeitig zum Markt gelangen. Ah, der Name soll Dhasir werden? Ein guter Name, für ein gutes Pferd wird er das sein!


Die Erinnerung an die letzten Tage von Thalias Kindheit über den Nomadenstamm in Menek'Ur lastete schwer auf ihr. Schon damals wusste sie nie wohin ihr Weg sie führte. Sie konnte nur einen Schritt vor den anderen machen und sank dabei immer etwas im Sand ein.
Heute wie damals. Die Zukunft war ungewiss.


Zuletzt bearbeitet von Thalia Nesireh Lekanth am 26 März 2014 10:29, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thalia Nesireh Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 18 Apr 2014 12:09    Titel: Neue flatternde und hoppelnde Ziele
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In den letzten Wochen hatte sich die frischgebackene Gardistin versucht mit ihrer neuen Rolle zu identifizieren. Dies gelang ihr mal besser, mal schlecht. Bei den routinemäßigen Stadtrundgängen war es stets ruhig, wenn sie Wachdienst abhielt. Wie es sein würde, wenn es unvorhergesehene Vorkommnisse geben würde, konnte sich der Lohschopf nur schwer ausmalen. Bei den wöchentlichen Übungen stellte sie sich zuweilen im Kampf mit Schwert und Degen noch immer etwas unbeholfen an, doch sie erzielte langsam Fortschritte. Mittlerweile hatte sie sogar einigen der neuen Rekruten Hilfestellung bei den Übungskämpfen gegeben und dabei typische Anfängerfehler aufgedeckt und korrigiert. Es lief alles zu gut für Thalias Gefühl. Selbst die Einbürgerung hatte sie hinter sich gebracht, verbunden mit dem Versprechen die Gesetze noch genauer zu studieren. Und das Treffen mit Sir von Schwertfluren in Berchgard hatte sie unter Einhaltung aller erdenklichen Regelungen der Etikette mit Bravur gemeistert.

Der kleine, schnabelbissige Rupfvogel mauserte sich allmählich zu einem stolzen Wüstenfalken und lernte mit der neuen Freiheit der vollgefiederten Flügel die weite Welt kennen. Es gab so viele neue Ziele, die es dabei zu erkunden gab. Aber immer ein Hüpfer nach dem nächsten ... Der Lohschopf stürzte sich so seit ein paar Tagen auf bewegliche Ziele. Ziele, die es mit flinkem Bogen zu erlegen galt. Es waren nicht mehr die starren, festgewurzelten Fliegenpilze, die ein leichtes Ziel darstellten, sondern kleine gefiederte Wachteln oder hoppelnde Wildkaninchen. Die Übung bestand zweifelsfrei darin, ein noch besseres Gespür für den Umgang mit Pfeil und Bogen zu bekommen. Intuitiv Zielen und Schießen, ohne vorher lange Innehalten zu müssen. Auf diese Weise wurde sie auch schneller, erspähte ihre Umgebung und visierte potentielle Ziele an, schoss schärfer und ... wurde noch tödlicher.

Mit den Übungen stellte Thalia immer mehr fest, dass sie weiter gehen wollte als gewöhnliche Schützen es im Rahmen ihrer Regimentspflicht taten. Sie wollte ihre Begabung nutzen, dem Reich damit zu Diensten sein. Vielleicht würde sie eines Tages Lichtenthal als Scharfschützin gegen das Pack im Westen verteidigen. Bei Eluives Segen, sollte es je zu einer Schlacht ausarten - sie würde bereit sein. 'Ruhm und Ehre der Krone' war nicht mehr länger ein lieblos dahin geschwafelter Satz, es kam aus vollem Herzen. Aus dem Herzen einer Bürgerin, die sich nach so langem Gehader dazu entschieden hatte die Leben ihrer Mitbürger mit bewaffneten Zähnen zu verteidigen. In ihrem Fall war es die Spitze eines sausenden Pfeiles. Ha-Roo!
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 19 Mai 2014 20:33    Titel: Herbe Morgenröte
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Träge glitt der Olivblick über den Bergkamm von Berchgard hinweg. Es dauerte einen Augenblick, bis sich Thalia dazu durchringen konnte die herbe Morgenröte, die dahinter zum Vorschein kam, aus ihrem Geist zu vertreiben. Sie saß auf dem Rücken ihres Hengstes Dhasir und gab dem Tier dann endlich die Sporen, um nach Berchgard hinein zu reiten. Als sie ihren kurzen Weg hinein in den Bergkessel abgeritten hatte, sattelte sie langsam vom Pferd ab und sah mit prüfenden Augen auf ihr kleines Heim. Es war geschafft, sie stand auf eigenen Beinen, wenngleich das nicht bedeutete, dass Lenn und Feo für sie aus dem Sinn waren. Es galt viel zu erledigen für den Umzug und bis auf ein leeres Bett und einige Schränke war da noch nicht viel, was nach einem behaglichen Heim anmutete. Nun … zumindest teilweise. Es gab zahlreiche Bücher in den kalten Gemäuern dieses Bergdorfhäuschen. Wenn es nach Thalia ging, fehlte nur noch eine Zielscheibe und sie hätte sich wieder wegsperren können. Doch dies war etwas, was dem Lohschopf überhaupt nicht in den Geist kam. Das Ha-Roo war so stark in ihr verwurzelt, dass sie schon weiter über ihre Zukunft im Regiment Lichtenthals nachgedacht hatte.

Und so blickten die Olivaugen im Inneren des Hauses auf eine kleine Briefkiste, in der neben Federn und einem ordentlich verkorkten Tintenfass ein fertig geschriebener und eingerollter Brief lag, welcher durch das Siegel eines Halbmondes sicher vor fremden Augen verschlossen war. Einige Zeit des Haderns hatte dieses Schreiben dort geruht, doch nun war der Moment gekommen, an dem der Inhalt seinen Empfänger offenbart werden sollte. Eine Botschaft vom Jägerhain an den Eichengrund. Zögerlich schnappte sich Thalia das Schreiben und sah ein letztes Mal darauf. In geschwungener Schrift wurde dem Betrachter der Name „Ernst“ offenkundig. Es war Zeit das Richtige zu tun … ihr Herz schmerzte nicht mehr ob der Vergangenheit, es war frei und offen für das, was kommen mochte und sollte. So stapfte der Lohschopf zu dem Bergdorfhäuschen von Ernst hinüber und beförderte das Schreiben in seinen Briefkasten.

„Tu das Richtige, es liegt in deinen Fingern … du weisst es doch schon so lange, jetzt steh endlich für das ein, was du bist“, murmelte Thalia und verließ den Bergkessel dann Richtung Adoran, um ihren täglichen Dienst anzutreten.


Thalia Nesireh Lekanth hat Folgendes geschrieben:
„Eluives Segen mit dir Ernst,

ich wünschte ich wüsste einen Anfang, klar und unumwunden in Gedanke wie Wort. Doch etwas in mir kann es nicht zu Papier bringen. Was zu lange in mir ruhte, ist nun vergraben und wartet zu Tage gefördert zu werden. Nein, es wartet nicht … es ruht und will erwachen. Mit diesen Zeilen schreibe ich dir nicht als vorgesetzten Korporal, sondern als die unsichere junge Frau, die dir einst in Bajard über den Weg gelaufen ist.

Ich will mehr als nur eines von vielen Regimentsmitgliedern sein. Mein Weg in den rot-goldenen Reihen soll nicht mehr länger als einfache Kämpferin mit Pfeil und Bogen sein. Ich will mit dir das Gespräch führen, welches ich vor langem mit Fjalon führen wollte und ich hoffe du findest statt als Vorgesetzter nun Gehör als Freund für mich. Ich bin nun bereit für den nächsten Schritt.

Wenn es deine Verpflichtungen zulassen, so klopfe einfach an die Tür des Jägerhains, ich werde dort sein.
gez. Thalia Nesireh Lekânth
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 17 Jul 2014 20:01    Titel: Kriegerische Zeiten
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Ein Lichtschimmer drang durch die hohen Fenster der Klosterkathedrale und läutete damit den nächsten Morgen ein. Unendlich träge rollte sich Thalia von ihrem Feldbett und rappelte sich auf die Beine. Sie hatte in Kette geschlafen, nur für den Fall, dass das Pack aus dem Westen sich erdreistete mitten in der Nacht anzugreifen. Einige wenige Streckungen folgten, ehe Thalia hinauswanderte auf den Platz vor dem Kloster eine kurze Runde drehte. Es war noch ruhiger, das elendige Wuseln der letzten Tage würde sich erst in einem Stundenlauf erneut ausbreiten. Genug Zeit, um bis dahin den Gedanken etwas nachzuhängen. So lief der Lohschopf zur Palisade und hielt dort Ausschau, während die Gedanken sie ganz woanders hintrugen.

Gleiches Bild, andere Situation. Es war das Notlager gewesen, dass hinter Adoran Richtung Kronwalden aufgeschlagen worden war, nachdem die Hauptstadt der Zerstörung erlegen hatte durch die Käferplage. In all dem Durcheinander hatte Thalia noch nicht einmal mitbekommen, wo Lenn und Feo Unterschlupf gefunden hatten. Sie betete jeden Tag, dass es den beiden gut erging. Kein Lebenszeichen, einfach nur Stille. Sie vermisste beide, doch ihre Gedanken hatten nie lange genug Zeit sich dieses Gefühl einzugestehen. Seit der Käferplage war alles anderes. Auch sie war anders. Die Situation war eine andere. Ihre Position im Regiment hatte sich verschoben. Noch immer fiel es schwer zu glauben, dass der Oberst ihre Ausbildung empfohlen hatte. So stand sie nun Seite an Seite mit Talianna und erhielt Lektionen, die sie Tag für Tag ihrem Ziel näher brachten. Und dabei fühlte sich jeder Fetzen Wissen so leicht an wie Atmen. Es war ihre Natur, ihre völlige Berufung. Sie vertraute darauf, dass Eluive sie leiten würde. Wie bei allem in ihrem Leben würde diese glückliche Fügung des Schicksals eines Tages ihren Sinn ergeben.

Lautes Scheppern war von Norden her zu hören. Die ersten Regimentler traten ihren Tagdienst an und lösten die Nachtschicht ab. Derselbe Trott ging von vorne los, das Lagerleben holte auch Thalia wieder aus ihren Gedankengänge zurück. Zeit wieder auf den Klosterplatz zu treten und dort ihren Aufgaben nachzugehen. Irgendwann würde sie wieder an der Palisade stehen und ihre Wachschicht übernehmen, als Schützin hatte diese Aufgabe vorallem mit innerer Ruhe und viel Geduld zu tun. Definitiv zu viel Zeit für weitere Gedankengänge …
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 05 Okt 2014 08:55    Titel: Sonnenuntergang
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Die kriegerischen Zeiten waren vorüber. Doch waren sie das wirklich? Ein herber Verlust, doch nicht an der Front sondern im Stillen…

Es hatte schon zu viele Tote bei der Belagerung Schwingensteins gegeben. Als hätte die Verfolgung durch die Schattenhaften nach dieser Zeit nicht schon genügt… nun hatte es einen alten Recken aus ihren Reihen erwischt. Kein geringerer als Fjalon. Seine Sonne war untergegangen. Wann würde der nächste von ihnen in Temoras Reich einkehren? Diese und andere Gedanken machte sich Thalia, während sie an der Zielscheibe auf der Terrasse vor ihrem neuen Haus stand und Pfeile abfeuerte. Kein Wunder, dass sie die Mitte der Scheibe nicht traf und stattdessen nur einen malerischen Kreis um den schwarzen Punkt zog.

Schwer atmend ließ Thalia ihren Bogenarm sinken und sah sich das Massaker auf der Zielscheibe an. An die vier Dutzend Pfeile steckten in der Scheibe - definitiv zu viel um wirklich konzentriert zu schießen. Es war nur ein Abfeuern gewesen, das mechanisch von der Hand gegangen war. Kopfschüttelnd legte sie den Bogen auf das Holzgeländer der Terrasse, ehe sie zur Zielscheibe wanderte und sich an die Arbeit machte die Pfeile aus der Strohscheibe zu ziehen. Mit jedem herausgezogenen Pfeil wisperte sie ein stilles Gebet von den Lippen. Für jeden von ihnen, ob gefallen oder noch unter den Lebenden - ihre Kameraden waren mittlerweile das, wofür sie lebte. Es war eine Art von Liebe, die darin ein Echo fand, dass keiner von ihnen fiel, während sie zusammen mit Luninara in den hinteren Reihen Deckung gaben. Wenn sie im Namen des Königs und der Herrin töteten? Ein weiteres Gebet als sie ihre Pfeile wieder in den Köcher steckte - mochten ihr die lichten Götter dafür vergeben, wenn sie einst in ihr Reich einziehen würde.

Ein letzter Sonnenstrahl funkelte hinter dem Bergkamm von Berchgard hinweg und tauchte Thalias Gesicht in goldenes Licht. Sie atmete ein weiteres Mal tief durch, während sie auf der Terrasse stand. Die Sonne ging unter und tauchte das kleine Bergörtchen in ein dämmriges Licht… Suchte die Dämmerung nun auch sie anheim? Nach Fjalons Beerdigung war sie an einen der Orte gegangen, an dem es keine Hoffnungen mehr gab - wo der Feind an jeder Ecke lauerte. Sie wusste noch nicht einmal, was sie dort hin getrieben hatte… wohlmöglich war es tatsächlich die Aufsicht auf den guten Cabezarum, mit dem Luninara und sie eine Nacht durchgezecht hatten.
In einer tatsächlich weniger heruntergekommenen Kaschemme nahe dem Hafen war der Lohschopf dann eingekehrt. Der Besitzer der Taverne hatte nach eigenen Angaben geschlossen - und dennoch hatte er ihr geöffnet. Neben dem Rum flossen auch zahlreichen Fragen an den schwarzhaarigen Kerl. Sie wollte Feldforschung betreiben und tatsächlich waren die Antworten, die sie bekam, so ganz anders als erwartet. Was trieb diese Männer dazu gemeinsame Sache mit den Rahalern zu machen? War wirklich jede Hoffnung auf ein anständiges Leben aus ihrem Leben gefahren? Der Kerl hatte sogar ein Kind, was nach eigenen Aussagen nicht einmal von der Straße geraubt war, es fehlte lediglich an der Mutter.

Mit schwerem Kopf und torkelndem Gang war Thalia damals von La Cabeza wieder aufgebrochen. War sie um eine Erfahrung reicher oder um zahlreiche weitere Fragen schwerer? Das Leben eines Menschen reichte nicht aus, um über das Volk dieser herrenlosen Seeräuber ein gerechtes Urteil zu treffen. Sie wusste nur so viel, dass sie das was sie ausmachten um des Überlebens willen taten. War das so verwerflich? Es waren definitiv die falschen Mittel und die falschen Verbündeten. Es galt nur noch herauszufinden, ob man jene gottverdammten Seelen auf einen andere Pfad bringen konnte. Nichts, was sie an diesem Abend wirklich herausfinden konnte… und so wanderte Thalia in ihr Haus zurück und machte es sich in ihrem Arbeitszimmer über Unterrichtsunterlagen bequem. Sie feilte seit einiger Zeit an einem Kompendium für junge Schützen. Sie wusste nur noch nicht wie dieses Werk sich in ihre Zukunft fügen würde.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 06 Jan 2015 11:06    Titel:
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Noch immer lag eine schwere Last auf den Schultern des Lohschopfes. Die Zeit würde zeigen, ob diese sie eines Tages in die Knie zwingen würde.

Hastig stapfte Thalia in ihr Haus hinein und ließ die Türe in das Schloss zurückfallen. Eilige Schritte führten sie dann zum Kamin, neben welchen sie eine Armbeuge voll Holz aufstapelte. Es war bitterkalt draußen und trotzdem trieb sie sich in dieser unwirtlichen Kälte herum. Zum einen war das der Tatsache geschuldet, dass sie dringend Holz brauchte, zum anderen aber auch zu reinen Übungszwecken. Kälte war gut für das Überlebenstraining, das Luninara mit ihr bald veranstalten wollte. Nicht, das es Thalia etwas ausmachen würde, aber zu sehr merkte sie, dass sie die wärmere und bequemere Stube zuweilen vorzog. Mit einem leisen Lachen musste sie an ihre Vergangenheit denken. Sie war damals wochenlang durch die Wälder gekrochen und hatte sich darin beinahe verloren. Als sie nach Adoran zurückgekehrt war, hatte die Enge der Stadt sie fast erdrückt.

Nun stand sie hier in ihrem gutbürgerlichen Häuschen in Berchgard und widmete sich einer anderen Aufgabe. Noch immer schrieb sie an ihrem Kompendium für neue Schützen, es lag mit zahlreichen Pergamenten kreuz und quer in ihrem Wohnzimmer verstreut. Grinsend hockte sie Thalia auf den Boden, knüpfte ihren Umhang ab und legte jenen neben den Kamin. Dann glitt der Olivblick über den kleinen Tisch. Dort lag ihre letzte angefertigte Zeichnung für das Kompendium. Es war das detailgetreue Bild eines Doppelflügelbogens mit der Benennung der einzelnen Bauteile Sehnenkerben, oberer und unterer Wurfarm, Griffstück oder auch Mittelstück, Sehne, Pfeilauflage, Nockpunkt und Mittelwicklung.


Mit einem leichten Schmunzeln schob Thalia das Bild in eine große Mappe. Bald würden weitere Zeichnungen folgen, die das Kompendium komplettieren sollten. Doch zunächst … das Augenpaar der Schützin richtete sich auf die ebenfalls auf dem Tisch liegenden Bücher, welche ihr zweifelsfrei von Aurea am Tag der kleinen Geschenke zugekommen waren. Erfahrung, Schwarze Schwingen und Finsternis sehen. Wieso waren es gerade jene Geschichten gewesen? Sie konnte nur raten … doch diese drei Bücher erinnerten sie wieder daran, dass sie unbedingt mit Aurea sprechen musste. Die Last auf Thalias Schultern wurde zunehmend schwerer, mit jedem weiterem Ausbildungsabschnitt, den sie abschloss. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie eine Scharfschützin sein würde. Sie würde im Namen der Herrin und des Königs töten, doch das war etwas, das Thalia schwer zusetzte. Sie hatte Angst darum am Ende ihres Lebtages nicht in das Reich der Götter einziehen zu können, wo Vergebung auf sie wartete. Sie musste mit Aurea darüber sprechen, bevor dieser Keim eines dunklen Gedankens sich in ihr festsetzte und sie darin hinderte das zu tun, worin sie gut war - das ihr in die Wiege gelegte Talent für das Bogenschießen.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 27 Jan 2015 19:41    Titel: Rückblick aus einer anderen Perspektive
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Leere Straßen säumten Thalias Heimweg. Der Schnee war frisch gefallen und verriet ihre Fährte zu ihrem Unterschlupf. Sie war wieder in Berchgard angekommen, ein seliges und beruhigendes Gefühl übermannte sie. Ein letzter Blick hinauf zum morgendlichen Himmel, von dem dicke Flocken auf ihr Haupt herunter tanzten. Wie im zurückliegenden Jahr, dachte sie sich mit einem heimlichen Grinsen und kam endlich am Jägerhain an.

Die Woche im Wald hatte dem Lohschopf gut getan, sie hatte sich wieder an das Leben gewöhnt, welches bedeutete nur das nötigste bei sich zu haben und sich um das zu kümmern, was essentiell war - überleben. Alles in allem war sie nun wieder bereit für einen längeren Zeitraum in der Wildnis zu leben, die zurückliegende Auszeit im Wald war ein Beweis an sich selbst gewesen noch immer auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation verzichten zu können. Die kommende Zeit mit Luni würde für sie keine Hürde bedeuten auf dem langen Weg, den sie bereits hinter sich gebracht hatte. Ein Weg, der sich seit ihrem letzten Geburtstag derartig gefestigt hatte, dass nichts mehr Thalia von ihrem Ziel abhalten konnte. Am gestrigen Tag vor genau einem Jahr hatte sie erkannt, was aus ihr werden sollte. Ihr letztes Geburtstagsgeschenk von der Herrin war eine klare Erkenntnis über ihre Zukunft gewesen. Doch welches Geschenk war es gewesen, dass Thalia am zurückliegenden Abend erhalten hatte?

Nicht, das von jetzt auf gleich wie eine siedend heiße Erkenntnis den Weg zu ihr gefunden hatte. Es war ein langwierigerer Prozess gewesen, einer der bedeutet hatte zu vergessen. Die Dinge vielleicht auch aus einer anderen Perspektive zu sehen, da sie ihre Kraft auf andere Dinge hatte lenken können. Im vergangenen Jahr hatte es dann und wann kleine Stiche in ihrem Herzen gegeben, wenn sie an ihre Gefühlswelt gedacht hatte. An das, was es bedeutete, wenn einige wenige auf dem Regimentsplatz vor ihr auf- und abgelaufen waren. Ihr Herz war vollkommen geheilt, es gab keinen Gedanken an die Liebe mehr. Ein obskurer Gedanke, doch er half ihr dabei das zu tun, was sie von Luni hinsichtlich ihres Handwerkes lernte. Gleichsam teilten sich die beiden Frauen wohl ein ähnlich erfolgloses Schicksal was die Männerwelt anbelangte. Einerlei ... auf der anderen Seite konnten sie dafür Rahaler aufspießen, ohne dass sie sich danach an gelegentlich hübsche Gesichter zurückerinnern mussten. Reine Liebe für das Bogenschießen? Ein noch viel konfuserer Gedanke ... Höchste Zeit für ein verspätetes Geburtstagsritual!

Mit menekanischen Gewürzen angemachte Hühnerkeulen und dazu gegrillte Kartoffeln, als Nachspeise dann das heiß geliebte Dattelmus und schwerer Würzwein. So sah Essen für eine Frau aus, die als Kind in Menek'Ur herangewachsen war. Zugegeben, mit 5 Jahren hatte sie noch keinen Würzwein getrunken ... mit ihren 22 sah das schon anders aus. Sie musste grinsen als sie das Dattelmus gänzlich leer schleckte. Wenn sie weiter so mit Luni soff, wie sie es so manches Mal schon getan hatte, würde sie bald Trinken können wie ein Thyre. Kopfschüttelnd stellte sie die leere Schüssel am Esstisch ab und warf einen langen Blick auf ihr in Arbeit befindliches Kompendium. Bald würde sie es fertigstellen, ganz so wie ihre Lektionen sich dem Ende näherten. Zufrieden lehnte sich Thalia auf ihrem Sitzkissen zurück und ließ sich gegen die Wohnzimmerwand sinken. Ein letzter Blick aus Olivaugen zum Kompendium, dann seufzte sie zufrieden und dämmerte langsam in einen tiefen Schlaf weg. Ein neues Lebensjahr hatte gerade erst begonnen und die Aussichten darauf ließen sie zuversichtlich und zufrieden werden. Sie war wieder ein Stück weiter erblüht - so wie die goldene Blüte eines Wüstenlöwenzahns, die sich stetig einen Weg durch den sandigen Untergrund hin zur lebensspendenden Sonne kämpfte.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 24 Feb 2015 18:27    Titel: Eine neue Gefährtin
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Der kalte Wind des Winters peitschte dem Lohschopf wie eine ausholende Hand, die in fröhlicher Prügellaune war, unabdingbar auf die Wangen. Thalia ignorierte dieses brennende Gefühl und preschte weiter den Weg von Junkersteyn nach Adoran zurück. Sie betete auf dem Weg dorthin, dass sie mit ihrem Manöver niemanden den frühzeitigen Tod erleiden lassen würde.

Schwer atmend sattelte sie von ihrer neuen Gefährtin ab, als sie am Regiment angekommen war. Tätschelnd band sie die junge Stute an einen Anbindpfosten im Stall und beäugte sie alsdann. Offenbar war es keine Anstrengung für die hellbraune Stute gewesen den Ritt von Junkersteyn nach Adoran im halsbrecherischen Galopp zurückzulegen. Zufrieden musterte Thalia die junge Stute weiter und strich ihr dabei über die Flanke. Es prangte kein Brandzeichen darauf, das hätte der Lohschopf nicht übers Herz gebracht. So oder so würde die Zucht nicht das sein, was dem Tier bevorstand. Sie würde von Thalia ausgebildet werden, damit sie sich als Scharfschützenpferd bestens eignete. Dhasir war ein zu sturer Hengst, als das Thalia ihn auch nur in irgendeiner Form bändigen könnte. Ein Wildfang, der keine Kommandos auf Befehl ausführte – er war ebenso unbändig wie der Sand in der Durrah. Der Lohschopf grinste bei diesem Gedanken, dann strich sie der jungen Stute über Hals, Kopf und schließlich über die Nüstern.

„Du wirst es gut bei mir haben, ich habe es Fräulein Levar versprochen. Und vielleicht hast du bald einen weiteren Freund von ihrem Hof, wenn sie erfolgreich mit der Zucht ist.“ Zur Bestätigung wippte die junge Stute leicht mit dem Kopf und stupste Thalias Hand an. Die Schützin seufzte und kramte aus ihrer Tasche einen Apfel heraus, um ihn dem Tier zu verfüttern. „Braves Mädchen. Ich bin bald wieder zurück Shadhae, sei artig aiwa?“ Kurz nochmal wurde das Tier getätschelt, dann wanderte Thalia mit zuversichtlichem Grinsen zum Regimentsgebäude und stohl sich durch den Eingang über die Treppe in den Rüstkeller herunter. Ein geeignetes Pferd hatte sie nach langer Suche endlich gefunden, doch sie wollte noch ein zweites Tier ausbilden. Jenes musste nur noch gefunden werden. Nachdem sie sich im Rüstkeller in Schale geschmissen hatte, lief sie die Treppen wieder hinauf. „Es wird sich noch der richtige finden, ganz gewiss“, murmelte Thalia dabei und zurrte den Gurt an ihrem Köcher nochmal fester, dann trat sie ihren Dienst an.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 05 März 2015 12:56    Titel: Selige Erleichterung
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Ein tiefes Ein- und Ausatmen begleitete jede Handbewegung, die einen Kohlestift über ein einzelnes Pergament gleiten ließ. Mit jedem Atemzug wurden die Bilder genauer, zeigten mehr Details. Es war eine Aufgabe, die einer tiefen Meditation gleich kam. Eine Aufgabe, der sich Thalia mit vollem Herzblut verschrieben hatte. Das Kompendium für Schützen wuchs mit jedem Tag weiter.

Die letzten Tage waren für den Lohschopf eine reinste Tortur gewesen, das hatte sie zumindest am Anfang gedacht. Zwischenzeitlich hatte sich jedoch herausgestellt, dass genau jene Ereignisse Thalia eine selige Erleichterung gebracht hatten. Zum einen war das das Stellungtraining gewesen, welches Luninara für die Sethquen Geschwister und sie veranstaltet hatte. Dabei hatte sich deutlich abgezeichnet, dass Thalia mit ihrer Erfahrung den Unterricht maßgeblich begleitet hatte. Die theoretischen Fragen über Körperhaltung und -stellung beim Bogenschießen waren von ihr zu genüge ausgeführt worden. Ihre praktische Vorführung hatte schlussendlich gezeigt, dass sie bereit war, um zukünftig selbst Unterricht halten zu können. Es lag in ihrem Blut, in ihrem ganzen Wesen, in jeder Pore ihres Körpers. Es war einmal mehr so leicht wie Atmen gewesen.

Während Thalia die Zeichnung eines Nachtschattengewächses weiter ausarbeitete, dachte sie an das Gespräch mit Aurea zurück. Sie hatte der Priesterin erläutert, dass dieses Gespräch möglicherweise kriegsentscheidend war, einfach aus dem Grund heraus, dass eine Schützin mit Gewissensbissen im Ernstfall nicht einsatzfähig für den Kampf mit Rahal wäre. Zumal sich ihre Position im Regiment allmählich zu verschieben begann und sie sich auf direktem Weg zum Scharfschützen befand, zusammen mit einem lästigen Klotz am Bein namens Gewissen. Ein Zögern aufgrund Gedanken über die Auswirkungen eines direkt abgefeuerten Schusses, der den Gegner durchbohrte … dies war nichts, was in ihrer militärischen Laufbahn besonders guten Anklang finden würde. Dennoch war es am Ende die Angst um ihre Seele und ihr Gewissen, umso wichtiger war es diese Bedenken mit einer Geistlichen wie Aurea zu besprechen. Am Ende des Gespräches stand dann schließlich fest, dass Thalia unter Berücksichtigung der Tugenden, ihrer eigenen Werte und ihres militärischen Denkens ihre Entscheidungen abwiegen musste. Sollte eines Tages je der Moment kommen, in dem sie einen Befehl nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte, so war der logische Schritt mit ihren Vorgesetzten darüber zu sprechen, um die weiteren Möglichkeiten abzuwiegen. Wenngleich Thalia als Scharfschützin eine perfekte Waffe war, war am Ende das Entscheidende, wie sie ihr Talent einsetze … das sie es hatte, stand außer Frage. Das Werkzeug alleine machte noch keinen Toten.

Neben der seligen Erleichterung, die Thalia durch das Gespräch mit der Feldgeweihten erfahren hatte, gab es noch etwas, das sich durch den Abend im Kloster verdeutlichte. Die zukünftigen Generationen von Scharfschützen würden, so Thalia ihr Ziel als Ausbilderin erreichte, im Glaubensunterricht gezielt mit dem Thema konfrontiert werden und sich damit auseinandersetzen. Sie alle waren nur Menschen und an einem jedem Lebensende stand die Frage, ob man reinen Gewissens vor die Götter treten konnte, bevor man in ihr ewiges Reich einkehrte. Doch bis zu dieser Einkehr waren sie alle … eigenartige Querköpfe, jeder für sich auf eine ganz spezielle Art. Rahaler Ziegenböcke und Adoraner Flauschschafe .. für wahr, eine sehr amüsante Vorstellung. Noch immer schwirrte dem Lohschopf der Gedanke im Geist herum, was der Oberst wohl zu dieser neuen Betitelung sagen würde, doch im Geheimen konnte sich Thalia dies schon denken.

Ein Blick aus Olivaugen folgte, als Thalia über ihre Zeichnung blickte. Sie war fast fertig, neben dem Nachtschatten, dem Fliegenpilz, der Schlange und der Biene gab es eine fünfte Skizze, die sie in ihren Gedanken hängend begonnen hatte. Die beigen Sprenkler in den Iriden Thalias funkelten auf, während sie die Spitze des Kohlestiftes auf dem Pergament absetzte und sich das unfertige Tier genauer besah. Dabei glitten ihre Gedanken ab zum Giftkunde Unterricht des königlichen Lehrhospitals. Der Abend hatte sich einerseits als nützlich und sehr lehrreich erwiesen, andererseits hatte Thalia jedoch eine bitter schmeckende Ernüchterung mit sich genommen, als sie zum Dienstschluss angetreten war. Torjan hatte seine Sache wirklich gut gemacht, ohne Zweifel - die Themenauswahl hatte von dem Giftgesetz, der Giftlizenz, von Vergiftungsquellen, von Vergiftungsanzeichen und Entgiftungsmöglichkeiten, über Erste Hilfe Maßnahmen und einer Gifttestmöglichkeit sowie über das Erkennen von vergifteten Waffen gereicht.

Die Fragen, die Thalia mitgebracht hatten, waren gemäß ihrer Befürchtung beantwortet worden … wenn man im Feld war und von Gift verwundet wurde, konnte man dem Betroffenen nur versuchen das Gift auszusaugen, nachdem man ihn ruhiggestellt hatte. Zu erkennen, um welches Gift es sich handelte, wie stark dieses war und ob es tödlich sein würde … welche Gegenmaßnahmen man treffen musste … Es war schlicht unmöglich dies schnell festzustellen, dazu brauchte es unabdingbar einen erfahrenen Heiler im Lazarett. Bitter zog sich diese Erkenntnis wieder durch Thalias Gedanken wie ein dunkler Schatten. Damals hätte es keine Rettung für ihn gegeben, und auch heute sahen die Aussichten auf ein Überleben schlecht aus. Ob dieser bitteren Wahrheit rannen einige wenige Tränen Thalias Wangen hinab. Als sie dies bemerkte, drückte sie erschrocken ob dieser alten Gefühlsregung den Kohlstift auf das Pergament auf. Es knackte leise, dann war der Druck in ihren Händen abgebaut. Der Olivblick besah sich die unfertige Zeichnung des Skorpions. Tief durchatmend legte sie den abgebrochenen Kohlestift beiseite und erhob sich in einer fluchtartigen Bewegung von ihrem Sitzplatz am Tisch.


Die neue Seite für das Kompendium blieb unfertig liegen, während der Lohschopf sich in die Küche zurückzog. Dort fand eine erneute Prüfung ob ihres Glaubensgespräches mit Aurea statt, denn der elende Nebelrum aus Cabeza präsentierte sich Thalia verlockend auf der Küchentheke. Sie wiederstand dem Drang ihre Gedankenwelt in Alkohol zu ertränken und machte sich stattdessen einen nervenberuhigenden Tee aus verschiedenen Wildkräutern aus dem kronwaldener Umland. Wenig später dann setzte die Wirkung ein und die Schützin verfiel in einen unruhigen Schlaf. Sie träumte in dieser Nacht einen der seltenen Träume von Aranir. Das warme Lächeln, die liebenden aufgehaltenen Arme, der sanftmütige Olivblick. Sie war ihrem Vater so viel ähnlicher, als sie sich das je eingestehen würde. Und zweifelsfrei würde er stolz auf das sein, was seine Tochter gelernt hatte seitdem er ihren Lebensweg nicht mehr begleiten hatte können.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 21 Jun 2015 13:22    Titel: Vom Leben, Lernen und Lehren
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Dampfend wirbelte sich der wohltuende Geruch des Maulwurfswassers aus dem Teekessel am Tisch empor. Thalia blinzelte und sog den Geruch von Blüten und Kräutern des kronwaldender Umlandes mit leicht geöffnetem Mund ein. Dann blickte sie mit ruhigen Olivaugen auf eine nächste fertige Seite im Kompendium. Es würde nicht mehr lange dauern, ihr Meisterwerk war bald vollendet. Ebenso wie ihre Ausbildung.

In den letzten Wochen hatte Thalia viel Zeit damit verbracht verschiedenste Unterrichtsmaterialien zu sammeln und vorzubereiten. Sie hatte ihren ersten Unterricht abgehalten und dabei den halben Hinterhof des Regiments umpflügen lassen. Noch immer musste sie grinsen bei dem Gedanken. Glücklicherweise hatten die anwesenden Schüler, die Sethquen Geschwister und Hailey, ihre Aufgabe zur Anlage eines ordentlichen Feuerplatzes gut gemeistert. Man sah kaum noch etwas von den umgebuddelten Feuermulden. Zur Erinnerung an diesen Tag hatte Thalia eine Blüten- und Kräuterteemischung mit dem gewissen Schuss Rum erfunden... Maulwurfswasser! Denn schließlich wurde der Hinterhof des Regiments von potentiellen Feinden namens Maulwürfen befreit ... eine sehr wichtige Aufgabe, und der Oberst würde dieses Engagement sicher gut heißen. Nun ja, dies war die offizielle Erklärung für die Rum-Buddelarbeiten im Hinterhof ... die ganze Wahrheit blieb im verschworenen Kreis der angehenden Scharfschützen.

Wieder grinste Thalia bei dem Gedanken, die Truppe fügte sich langsam zu einem großen Ganzen. Vertrauen und Sicherheit musste in dieser kleinen Gruppe vorhanden sein, sonst war ihrer aller Arbeit gefährdet. Man musste sich aufeinander verlassen können, nur so wurden sie ihren Aufgaben gerecht. Thalia grübelte bereits über weitere Möglichkeiten nach, mit denen der kleine Trupp noch enger zusammenwuchs. Mhh ... Maden und Wurzeln aus dem Wald ausbuddeln und sich damit ein waldliches Festmahl bereiten ... oh ja, das schien ihr ein guter Plan. Grinsend erhob sie sich von ihrem Sitzplatz und ließ das geöffnete Kompendium auf dem Tisch zurück. Es würde später noch genug Zeit bleiben daran weiter zu schreiben. Nun galt es einen geeigneten Platz für den Gruppenausflug zu finden, und sie hatte bereits eine grobe Ahnung wo dieser Platz sein könnte. Bewaffnet mit Bogen, Köcher und ein paar kleineren Messern sowie Taschen machte sie sich auf den Weg Richtung Kronwalden. Der dahinterliegende Wald bot so allerhand Möglichkeiten. Im Kopf des Lohschopfes entwickelten sich bereits die ersten Ideen, kaum dass sie das kronwaldender Umland betreten hatte. Eines Tages würde sie sicherlich zu einer ausgezeichneten Lehrmeisterin werden, der Wirbelwind hatte bisher nur noch nicht erkannt wie greifbar nah diese Zeit bereits vor ihr lag.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 09 Jul 2015 14:21    Titel: Ein großes Ganzes
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Die Zeit war stets im Fluss, alles veränderte sich und war doch der Teil eines großen Ganzen. Der Lohschopf mit den menekanischen Wurzeln war ebenso ein Teil davon. Und die kleine Wüstenblume war erwachsen und hatte sich als eine wahre Lebenskünstlerin herausgestellt. Es schien als ob sie endlich ihren Platz gefunden hatte. Die Zeit war gekommen.

Einatmen. Ausatmen. Bogenposition einnehmen. Wieder Einatmen und Ausatmen. Bogenarm heben und den Bogen gleichmäßig aufspannen. Ankerplatz finden. Ein weiteres Mal Einatmen und Ausatmen. Ein kurzer Moment der vollkommenen Ruhe. Ein Ziel, ein einziger Schuss. Loslassen und Nachhalten. Ein Treffer ins Schwarze. Der Lohschopf war endlich angekommen. Es hatte so viel Mühe und Zeit gekostet, es waren so viele Anstrengungen nötig gewesen. Stets Übungen und Lehreinheiten. Es fühlte sich an als hätte sie eine Ewigkeit damit verbracht. Sollte sie nun wirklich an ihrem Ziel sein? Die Ausbildung hatte in ihren letzten Zügen rasant an Geschwindigkeit zugelegt - und sie war wie versessen darauf gewesen jedes Unterrichtsthema in sich einzusaugen wie ein tiefes schwarzes Loch.

Erst war es zum Unterricht über die Holzarten und deren Verwendung gekommen. Seit diesem Tag tat sich Thalia auch deutlich leichter damit die Schäfte zu schnitzen und die Beschaffenheit der verschiedenen Holzarten für sich zu nutzen. Einige Tage darauf war dann schließlich der letzte Unterricht erfolgt, den sie seitens Luninara erhielt. Orientierung … welch amüsante Gegebenheit, denn immerhin musste sich der Lohschopf nun selbst zurechtfinden. Es gab keine Unterweisungen mehr, sie hatte alles gelernt, was ihr ihre blonde Kameradin hatte beibringen können. Da war dann nur noch eine Sache gewesen, derer sie sich kurz darauf zugewandt hatte … im Königlichen Lehrhospital hatte sie noch einen Erste Hilfe Kurs absolviert und ihr erlerntes Wissen an einem Trunkenbold namens Aaraam gleich in der Praxis üben dürfen. Zuweilen war dies der Abschluss all ihrer Lehrstunden, die dazu führten, dass sie fortan das gesamte Wissen einer Scharfschützin in sich vereinte.

Bei all den Unterrichten hatte sie trotz allem ihr privates Leben nicht vernachlässigt und hatte auch hier dafür Sorge getragen, das alles in einem stetigen Fluss blieb. Es waren drei Dinge gewesen, die das Herz der Wüstentochter am Ende an den richtigen Fleck rückten. Zu dem Punkt, an dem sie nie wieder auch nur darüber nachdenken würde Lichtenthal zu verlassen, ihrem Zuhause.

Zum einen war da ihr neu erworbenes Haus in Schwingenstein. Der Ort, an dem damals alles so unscheinbar begonnen hatte. Der Jägerhain würde ihr zukünftig auf immer einen Ort bieten, an dem sie sich zurückziehen konnte. Ein heimeliger Platz an einem Kamin, bei gutem Rum und einem anständigen Buch. Ein weiches Bett, in dem sie in die tiefsten, seligsten Träume verfiel. Eine Küche, in der sie nach Herzenslust ihren heimlichen Kochkünsten nachgehen konnte. Eine überdachte Dachterrasse, auf der sie ihren Bogenübungen nachgehen wollte.

Die zweite Sache war das Finden ihres zweiten Schützenpferdes. Fräulein Levar hatte eine lange Zuchtreihe hinter sich gebracht, bis schließlich Sharomar das Licht der Welt erblickt hatte. Ein reinrassiger Bajarder Falbe, der erste seiner Art in Lichtenthal. Ein Tier, das derartig gehorsam und ausdauernd war, das es wie für die Ausbildung zum Scharfschützenpferd geboren schien. Der Hengst erhielt von Thalia den Namen Zhahir, die menekanische Bedeutung strahlend traf angesichts seines hellen Fells mehr als zu. Gemeinsam mit Shadhae würden die zwei sie ein Leben lang begleiten, so Eluive ihr diese Gnade zuteilwerden ließ.

Der dritte Punkt war schließlich die Anfertigung ihrer eigenen Kette gewesen. In der Vergangenheit hatte sie das goldene Herz der Nacht um ihren Hals getragen, eine Mondsichel mit menekanischen Schriftzeichen - das letzte Andenken an ihre Familie, denn die Kette hatte ihrer Mutter Tehya gehört. Das gute Stück hatte als Vorlage gedient für ein Meisterwerk, das aus Tareks Händen entsprungen war. Die goldene Seele der Nacht, ebenso eine Mondsichel mit menekanischen Schriftzeichen, doch ergänzt um ein winziges aber bedeutsames Detail. Die Mondsichel diente einem hinzugefügten Pfeil als Bogen und stand gleichsam für das, was Thalia in ihrem Herzen trug. Sie war durch und durch eine Tochter der Lekânths, Aranirs Erbin. Sie wusste, dass ihr Vater stolz auf sie wäre, wenn er noch unter den Lebenden weilen würde. In ihr floß dasselbe kämpferische Blut wie in ihm.

Mit sanftem Olivblick sah Thalia auf die Zielscheibe, in der noch immer der Pfeil steckte. Sie lächelte bei dem Anblick. Er stand für das Ende einer Zeit und gleichsam für den Beginn einer anderen. Es würde sich zeigen, was zukünftig Thalias Berufung werden würde. Mit einem kurzen Gedanken an ihr Kompendium verließ sie schließlich die Dachterrasse und ging in ihr Arbeitszimmer, um die letzten Notizen in dem endlich fertig werdendem Kompendium zu ergänzen.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 19 Jul 2015 11:13    Titel: Brennende Wölfe und verwirrte Jägerinnen
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Was bedeutete es, wenn man bei aller wohlgehüteten Ordnung plötzlich in ein verrücktes, verschlingendes Chaos fällt? Wenn man das Gefühl nicht mehr loswurde, dass man gerne fallen wollte? Brauchte es einen solchen Gegenpol bei all der Kontrolle, die der Lohschopf als Schützin mit ihrem ganzen Selbst verwoben hatte?

Schwer keuchend rannte Thalia durch den Wald von Tirell. Sie war den ganzen Weg von Schwingenstein in einem ungesunden und halsbrecherischen Tempo gerannt, das ihr die Luft geraubt hatte. Das Brennen in den Lungen zeigte ihr, dass sie in Flammen aufgegangen war. Hitze und Feuer waren ihr vertraute Weggesellen, wo sie doch in der Durrah von Menek’Ur geboren und aufgewachsen war. Doch niemals hatte sie selbst in Flammen gestanden. Oder ihre Beherrschung verloren.

„Denk nach, denk nach…“, murmelte sich Thalia erstickt zu, während sie den Weg nach Schwingenstein wieder begann zurück zu laufen. Sie kam nicht umhin über die rahalischen Taktiken nachzudenken, die sie erwähnt hatte… es brauchte nur geschickte Hände, um jene auszuführen. Sie war nicht gewillt dies herauszufinden im Moment. Es reichte, dass sie sich das wölfische Grinsen vorstellte, welches manchmal hinterlistig und charmant war. Der perfekte Wolf im Schafsfell. Sie musste leise prusten bei der Vorstellung. Und ob es so war … es war nie anders gewesen! Mit einem plötzlichen Anfall von unwillkommener Untätigkeit nahm sie wieder den hastigen Wettlauf nach Schwingenstein auf. Irgendwann stand sie vor dem Jägerhain und atmete flach, mit abgestützten Händen an den Knien vor der Tür stehend. Verglühst du nicht?

„Raus aus meinem Kopf, raus raus raus!“, knurrte sie sich bei diesem Gedanken selbst zu und rang nach Luft. Aiwa… sie glühte, sie wollte es nur noch nicht wahr haben. Es war wichtig gewesen, dass sie funkensprühend versucht hatte dieses Dilemma mit Schnaps zu löschen. Es hatte allerdings dazu geführt, dass die Flammen aufbegehrt waren. Am Ende hatte sie den großen Rauswurf gewagt, da sie es nicht mehr verkraftet hatte dermaßen um ihre Beherrschung ringen zu müssen. Um die kleine gut behütete Fassade, die ihr so geholfen hatte ihren eigenen Weg zu gehen. Nun stand sie vor ihrer Tür und öffnete jene mit deutlicher Mühe, ehe sie im Jägerhain verschwand. Sie glühten beide, am Ende würden sie brennen. Es galt nur herauszufinden, ob es ein warmes Kaminfeuer war oder ein loderndes Inferno, das jeden und alles verschlingen konnte und am Ende nichts als ein Häufchen Asche übrigließ.
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