FAQ Login
Suchen Profil
Mitgliederliste Benutzergruppen
Einloggen, um private Nachrichten zu lesen
        Login
Wille zum Leben
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Wille zum Leben
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Karn Blutfaust





 Beitrag Verfasst am: 22 Mai 2023 14:04    Titel: Wille zum Leben
Antworten mit Zitat

Wille zum Leben,
oder: Karns Geschichte



      “Großvater, Großvater! Erzähl uns von Karn dem Verstoßenen!“, rief eines der Kinder am sommerlichen Lagerfeuer zwischen Rankenpflanzen und Bambusbäumen, während die Sonne den Horizont küsste und den Himmel allmählich in ein dunkles Rot trübte.
      „Verstoßen? Woher nimmst du denn das, Toraz?“
      „Mein Onkel sagte das, Großvater.“
      „Meine Mutter auch! Und verflucht ist er auch!“, ergänzte ein Mädchen.
      „Ich fürchte, so einfach ist es nicht“, begann der alte Kowor mit einem tiefen Seufzen. „Ihr müsst wissen, die Geschichte Karns begann nicht dort, wo eure Eltern oder Familienangehörige vielleicht meinen, mit seiner Geburt. Die Wurzeln der Ereignisse reichen weiter, viel weiter. Wenn ich euch die Geschichte erzählen soll, wird das viel Zeit in Anspruch nehmen. Es könnte die ganze Nacht dauern, vielleicht mehr. Seid ihr sicher, dass ihr so lange zuhören wollt?
      „Jaaaa!“, schrien ein Dutzend Kinderkehlen im Chor.
      Kowor schmunzelte verhalten. Und so begann die Geschichte.


~~~


 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karn Blutfaust





 Beitrag Verfasst am: 22 Mai 2023 14:51    Titel:
Antworten mit Zitat

Akt I



~~~



Hromund


      Es war der 29. Wechselwind, im Jahre 181


      Hromunds Muskeln fühlten sich an, als würden sie gleich platzen.
      In beiden Händen hielt er eines der Seile, die das Segel stabilisierten. Ein Stück des Seils wurde vorher im tosenden Sturm gerissen und das Segel drohte, an Stabilität zu verlieren. Er hatte das Seilstück gerade noch packen können, bevor es davonflog, doch er konnte es nicht ewig so halten.
      Sein Blick zuckte herüber zu seiner Crew, als ein weiterer Blitz den dunkelgrauen Himmel mit Licht erfüllte. Das Drachenboot war bereits zur Hälfte mit Sturmwasser gefüllt, seine Gefährten waren dabei Halt zu finden, oder Wasser über Bord zu schütten. Die meisten Paddel waren im Sturm mitgerissen worden, ebenso viele der Schilde an der Reling. Der kleine Mast des Langboots knarrte und wiegte sich bedrohlich in Schräglage. Zorn brannte in ihm auf. Hromund der Glücklose, ertrunken auf der Suche nach neuen Landen. Das Gespött der Clans. Tygge, ein Kerl eines rivalisierenden Clans, würde diese Tatsache seinem Weib und seinen Eltern und Kindern ewig unter die Nase reiben. Hromund der Entdecker, der nie neues Land fand und auf See umkam. Wut verdrängte Verzweiflung.
      Ein reißendes, tosendes Knacken von Holz erfüllte das Schiff, als das Schiff den Gewalten nicht mehr standhielt und der Mast vollends durchbrach und in seinem Sturzflug ein Stück des Hecks abriss. So mancher hätte an diesem Punkt seinen Frieden damit gemacht, dass die Reise nun vorbei war. Durch Hromund jedoch ging eine plötzliche, wallende Woge vom Willen zu überleben, der sich in den Zorn mischte. Hatte er nicht vor dem Aufziehen des Sturms in der Ferne einen Flecken Grün gesehen? War sein Großvater nicht einst vom Fjord bis zur Insel Avendsvol geschwommen? War er nicht Hromund Heinarson, vom Clan der Urquard? Er machte keinen Frieden.
      „Gunnar, Svinned, Arjalf! Nehmt je einen kleinen Sack vom Proviant. So, dass ihr noch schwimmen könnt!“, brüllte er durch den tosenden Sturm. Offenbar fanden seine Worte Gehör, denn die Männer ließen Paddel und Eimer los und eilten zum Proviant.
      Für einen Augenblick überlegte er. Es war nicht sicher, dass das Land, das er sah, über Süßwasser verfügte. „Askjald, Runnar, Hovint, Bjark, nehmt je ein Fass Met! Eines der kleinen, so dass ihr noch schwimmen könnt! Bindet es euch um!
      Und jeder schnallt sich ein Schild an den Rücken! Das Holz wird uns helfen beim Schwimmen!“ Der letzte Satz war eine Lüge, die Schilde wären etwas hinderlich. Es war nicht unmöglich mit ihnen zu schwimmen, aber helfen würden sie nicht. Hromunds Gedanke war, dass sie jene, die die Strecke nicht schafften, womöglich an Land spülen konnten mit Hilfe der Zugkraft des Holzes zur Oberfläche.
      Die Männer sahen sich nur kurz verwirrt um, dann taten sie aber wie geheißen.
      „Wollt ihr ewig leben?!“, brüllte Hromund, als er mit seinem Schild am Rücken und einem kleinen Fass Eisschnaps um den Leib geschnallt mittels Hechtsprungs von Bord ging. Tief in seinem Inneren wusste er, trotz dem Chaos des Sturmes, die ungefähre Richtung. Es war kein berechneter Gedanke, aus der Vernunft geboren. Es war viel mehr wie ein Ruf, eine Gewissheit in seinem Herzen. Hinter sich hörte er das Plätschern seiner Gefährten, die ihm folgten.
      Der Sturm ließ nichts erkennen, was weiter als einen Steinwurf von ihnen entfernt war. So hielt Hromund die Richtung, ohne zu sehen, wohin er schwamm. Und sie schwammen, oh ja, sie schwammen wie von Teufeln beseelt, doch ihre Leiber hatten Grenzen, und mit jedem Blick, den Hromund nach hinten tat, waren weniger seiner Gefährten hinter ihm. Seine Arme, Schultern und Brust fühlten sich nicht nur wie mit Blei gefüllt an, sie waren größtenteils taub. Schwarze Flecken bildeten sich in seinem Sichtfeld. Seine Reise war nicht vorüber, sagte er sich in einer Art Trance, halb bei Bewusstsein, als sich die Flecken wie Schmetterlinge ausbreiteten und die Dunkelheit ihn schließlich komplett umfing.

_________________
“Once men turned their thinking over to machines in the hope that this would set them free. But that only permitted other men with machines to enslave them.” - Frank Herbert, Dune
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karn Blutfaust





 Beitrag Verfasst am: 23 Mai 2023 18:39    Titel:
Antworten mit Zitat

    Kulwar

      „Shahar, wir haben Treibgut an der Küste entdeckt“, sprach Arsid, einer der jüngeren Jäger, kaum dass er in Kulwars Hütte eintrat. Sie saßen gerade beim Frühstück und aßen getrocknete Jujin-Forelle vom Vortag, Hakai-Beeren und Vocda-Knolle; Kulwar, seine Frau Kuhuri sowie die Kinder.
      Es hätte ein Tag mit der Familie sein sollen, die durch seine Verpflichtungen für den Stamm in den letzten Monden zu kurz gekommen war. Kulwar erhob sich und nahm den Mann eingehend in Augenschein. Schließlich sagte er: „Ich folge dir.“

      Am Strand waren nicht nur Fässer und Kisten und Säcke verstreut, es lagen auch vereinzelt Männer auf dem Sand, offenbar bewusstlos oder tot. Ein Stammesangehöriger brachte einen weiteren aus dem Wasser heran, der ebenfalls bewusstlos war. Ein anderer war weiter weg im Wasser, man sah mehr vom Rundschild als von dem Mann, und auch zu jenem schwamm gerade ein Jäger des Stammes. Sie sahen merkwürdig aus. Er erkannte keine Stammesbemalung eines Erwachsenen auf ihnen, doch das war das am wenigsten merkwürdige. Ihre Haut sah aus wie die von Säuen, ein zartes Rosa statt einer üblichen Bräunung. Ihr Haar war nicht, wie es eben normal wäre, schwarz. Ihr Haar war bunt wie Stroh oder Blätter im Herbst und sie trugen Bärte. Ihre Gesichter waren außerdem unüblich spitz zulaufend statt symmetrisch und sie schienen marginal größer zu sein als Kulwar. Alles in allem waren sie unglaublich hässlich. Er sah in den Augen von Arsid Abscheu. Vielleicht Hass? Kulwar selbst empfand Interesse.
      „Wir sollten ihnen die Kehlen aufschneiden, bevor sie erwachen. Wer weiß, welche Krankheiten sie mitbringen“, hörte er Arsid sagen.
      „Würdest du gerne mit offener Kehle begrüßt werden, wenn du gerade einen Schiffbruch überlebt hast, Arsid?“, entgegnete Kulwar. Er wendete sich seinen Stammesleuten zu und rief über den Strand: „Seht, wer noch am Leben ist, und gebt ihnen Wasser und Stärkung!“
      „Jawohl, Shahar!“, riefen einige unter ihnen. Andere blickten sich zögernd um, ehe sie der Anweisung nachkamen.


      *

      „Shahar, einer ist erwacht!“
      Der Stammesführer trat in den Schatten des Akaiat-Baumes. Dort wo für gewöhnlich Zeremonien und Riten abgehalten wurden, wo er zur Welt kam wie auch seine Kinder, waren die Männer auf sein Geheiß vor einigen Stunden niedergelegt und bewacht worden. Kulwar ignorierte das Raunen im Stamm, als er diesen Ort erwählte. Er wusste, dass es für manche wie ein Frevel erscheinen mochte, Fremde unter dem heiligen Baum niederzulegen, doch unter dem Stammesgeist würden sie am ehesten überleben, dachte Kulwar.

      Als er an dichtem Gestrüpp und Schlingpflanzen vorbei zum Akaiat-Platz trat, fand er dort einen kleinen Aufruhr vor. Einer seiner Leute, Arsid vermutlich, ging auf einen der Fremden zu, welcher gerade im Begriff war aufzustehen, offenbar im Versuch ihn unten zu halten. Der Fremde schubste Arsid weg und knurrte etwas in einer fremden Sprache. Sie klang hart, abgehackt und guttural. Die Leute lachten und Arsid stürmte nun mit Kraft auf den Fremden zu. Mit einer schnellen Bewegung duckte sich der Schweinshäutige und warf Arsid über sich hinweg auf die Erde. Das Gelächter nahm zu. Als sich beide mit gehobenen Fäusten entgegenstanden, schritt Kulwar ein und trat zwischen die beiden. „Unter dem Akaiat-Baum werden keine Kämpfe geführt!“, mahnte der Stammesführer, zuerst zu Arsid gewandt, der Kulwar mit Zornesröte anstarrte, dann zu dem Fremden, der seine Fäuste senkte. Letzterer hatte Haar wie Stroh, in seinem hellen Bart waren Strähnen von Feuer zu sehen.
      „Det startede“, sprach er in einer fremden Zunge und nickte schniefend in Richtung Arsid, offenbar etwas verlegen.
      Ohne die Worte zu kennen, konnte sich Kulwar denken, was der Mann sagen wollte. Kulwar, selbst einer der größeren Männer eines Stammes, der für seine hochgewachsenen Krieger bekannt war, musste feststellen, dass der Fremde etwas größer als er selbst war. Es war eine ungewöhnliche Erfahrung, den Blick im Gespräch ein wenig anheben zu müssen, statt zu senken.
      Er begann langsam zu sprechen und deutet auf sich: „Ich bin Kulwar.“ Der Fremde blickte fragend, und Kulwar wiederholte. „Ich bin Kulwar.“ Seine Hand legte sich erneut auf seine Brust, als er nur noch sagte: „Kulwar“.
      Nun verstand der Fremde offenbar. Er nickte und dröhnte: „Du er Kulwar, jeg er Hromund“. Nun war es an Kulwar, zu zögern, und mit einem Grinsen legte der Mann eine Hand auf seine Brust und sagte: „Hromund“.
      Die Andeutung eines Lächelns legte sich auf Kulwars strenge Züge. Er streckte die Hand aus und Hromund ergriff sein Handgelenk, so wie es die Krieger seines Stammes taten. Für einen Moment blickte er verblüfft auf die beiden Hände herab, dann begann er zu lachen.
      „Unseren Handschlag kennen sie schon!“, rief er ringsum zu seinen Leuten, und viele stimmten in das Lachen mit ein. Hromund blickte sich um und begann dann nach einem prüfenden Blick zu Kulwar ebenfalls zu lachen.

_________________
“Once men turned their thinking over to machines in the hope that this would set them free. But that only permitted other men with machines to enslave them.” - Frank Herbert, Dune
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karn Blutfaust





 Beitrag Verfasst am: 29 Mai 2023 00:45    Titel:
Antworten mit Zitat

Hromund


      Es war nun etwa eine Woche her, seit seine Leute und er beim Clan der Tohowari untergekommen waren. Nicht alle seiner Männer hatten den Sturm überlebt, aber zumindest so viele, dass er bei dem Gedanken an das Geschehene eher von Dankbarkeit darüber erfüllt war, dass ein Großteil einen solchen Schiffbruch ohne Aussicht auf Land überlebte, als von Gram.
      Sich mit den Menschen hier zu verständigen war schwierig, aber irgendwie schafften sie es mit Händen und Füßen zu kommunizieren, und sie wurden zunehmend besser darin. Kulwar war hier so etwas wie der Jarl, und mit jenem konnte Hromund sich in den letzten Tagen ausgiebig austauschen. Der Mann wirkte respektvoll, doch umgab ihn auch eine Aura der Strenge. Hromund durfte aber feststellen, dass der Jarl – nein, Shahar, wie sie ihren Anführer hier nannten – nach ein paar Humpen des hiesigen Schnapses gesprächiger und offener wurde. Neben Kulwar hatte er nähere Bekanntschaft mit ein paar anderen gemacht, unter anderem einem Arsid. Ein junger Bursche, der viele Kontakte zu besitzen schien und stets mit seinen Leuten tuschelte und Schweigen andeutete, wenn Hromund oder einer seiner Leute hinzustießen. Hromund wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Kerl zumindest mit dafür verantwortlich war, dass ein Teil von Kulwars Clan ihnen mindestens skeptisch, wenn nicht gar teilweise offen feindselig entgegentraten. Aber nie so offen, dass Kulwar oder jemand anderes hätte einschreiten müssen. Hromund wäre das egal gewesen, wenn es nur ihn beträfe, aber wenn er mit ansah, wie seine Leute teilweise angestarrt oder angeblafft wurden, erfüllte ihn das mit Zorn. Als hätten sie es sich ausgesucht, hier ohne Mittel zu stranden!

      Stranden… ja. Er hatte also doch neues Land gefunden. Der Landstrich hier existierte auf keiner ihm bekannten Karte. Die Menschen dieses Landes nennen sich Tohowari. Ihr Stammesname. Ihre Haut ist gebräunt, ähnlich wie das von Menekanern, doch sie sind größer und ihre Gesichter sowie Nasen etwas breiter. Die meisten von ihnen tragen Körperbemalungen, die nicht auf der Haut aufgetragen, sondern tiefer mit Tinte eingebrannt wurden. Die meisten der Kinder und Männer liefen stets ohne Oberbekleidung herum, vermutlich wegen der Hitze und Luftfeuchtigkeit. Die Frauen trugen tagsüber dünne Ledertuniken oder lederne Brustwickel und an kühlen Abenden Fellüberwürfe. Die meisten Männer waren tagsüber außerhalb des Dorfes, beim Jagen oder Fischen und die Frauen kümmerten sich um die Kinder und die Zubereitung von Mahlzeiten und Schnäpsen sowie die Herstellung von Kleidungsstücken und anderen nötigen kleineren Dingen im Dorf. Alles in allem nicht sehr viel anders als es sein Clan von Tiefländern hier halten würde.

      Morgen feiern die Tohowari ein Fest, offenbar zur Austreibung bösartiger Geister. Die Tiefländer waren auf Geheiß von Kulwar eingeladen und Hromund nahm dankend und in gebrochenen Worten ihrer Sprache an. Er hatte sich vorgenommen, die Feierlichkeit zu genießen und seinen Leuten gesagt, sie sollen es sich gut gehen lassen und auf ihr Überleben und ihre Aufnahme hier mit anstoßen. Denn guten Schnaps hatten die Tohowari, wenn man sich erstmal an den würzig-süßlichen Nachgeschmack gewöhnt hatte, der nicht übel war. Außerdem hatte Hromund beschlossen, den Tohowari ihre Metfässer beim Fest zu überreichen. Bis auf eines natürlich. Und das Fass Eiswasser, das er retten konnte, würde er irgendwann mit Kulwar anzapfen. Ihr Proviant dagegen, oder besser sagt das was davon an Land gespült wurde, hielt leider nur wenige Tage, weswegen sie mittlerweile auf Essen der Einheimischen angewiesen waren. Hromund wollte zumindest beim Jagen und Fischen helfen. So weit das ginge, neben der Arbeit an einem neuen Drachenboot, das sie bald in Angriff nehmen wollten. Er würde dem Shahar beim Fest davon berichten.

      Auf seinem Weg zu der ihnen zur Verfügung gestellten Hütte wurde er aus seinen Gedanken geholt, als er sich umringt von ein paar älteren Frauen vorfand. Sie alle trugen feingliedrige Bemalungen im Gesicht und er wusste, dass sie so etwas wie die Schamaninnen des Clans waren. Eine von ihnen, die sich vor ihn stellte, zeigte mit dem Finger so dicht auf ihn, dass sie ihn beinahe berührte und sprach mit kalter Miene:
      „Du bist Fremder, koe ka, noho du Fremder bleiben. Kare he aha ko tehea paati ka powhirihia koe.“
      Er verstand nur einen Teil der Worte, doch ihren Sinn konnte er sich zusammenreimen. Er war nicht willkommen. Er glaubte zudem, diese Frau vor sich häufiger zusammen mit Arsid gesehen zu haben, vielleicht eine Familienangehörige. Hromund unterdrückte eine Erwiderung und nickte lediglich grimmig, ehe sie beiseitetrat und er seinen Weg fortsetzte. Ein paar weniger von dieser Sorte, und dieser Ort wäre ein schöner.

_________________
“Once men turned their thinking over to machines in the hope that this would set them free. But that only permitted other men with machines to enslave them.” - Frank Herbert, Dune
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karn Blutfaust





 Beitrag Verfasst am: 03 Jun 2023 11:13    Titel:
Antworten mit Zitat

    Kulwar

      Es herrschte reges Treiben auf dem großen Platz beim Akaiat-Baum. Die Kinder und Eltern trugen die bunte Tracht des Guyunbat, in allen Farben die das Land hergab. Kulwar beobachtete es mit innerem Wohlwollen, während seine Miene die übliche Maske der Strenge darstellte - wie immer, wenn seine Gesichtszüge ruhten. Er registrierte mit nicht geringerer Zufriedenheit, dass die für die Ordnung des Festes eingeteilten Krieger ihre Posten innehatten und den Stammesangehörigen dabei halfen, Platz zu finden bei den zahlreichen Tischen. Er wollte keine Störungen während des Fests und aufgrund des Verhaltens mancher im Stamm hatte er Grund zur Annahme, dass es Ärger geben würde. Jeder der Krieger war angehalten, Provokationen und Streits im Keim zu ersticken und jeden rauszuwerfen, der über die Strenge schlug. Er war es leid, dass diese Tiefländer, wie sie sich nannten, dafür angefeindet wurden, dass sie hier gestrandet sind. Sie waren nun hier und der Stamm würde sich um sie kümmern, bis sie bereit waren weiterzuziehen. Leider sah das nicht jeder so. Eine Gruppe um Muyurai, eine der älteren Seherinnen, hatte Leute um sich gesammelt, die der Meinung waren den Fremden nichts mehr von den Stammesgütern zur Verfügung zu stellen und sie umgehend in den Dschungel zu entlassen. Sie waren weit davon entfernt eine Mehrheit zu sein, doch sie waren in Diskussionen des Stammes laut und übertönten so manches Wort der Vernunft mit schrill gerufenen Anschuldigungen. Heute würde er nichts davon zulassen. Heute feierten sie Guyunbat.

      *


      Die Stimmung war heiter, es war mittlerweile Abend. Die Feierlichkeit verlief, wie es sich Kulwar nicht hätte besser wünschen können. Die Zeremonie war friedlich und ausgelassen gewesen. Es gab reichlich Essen und Getränke. Die Fässer von Met, wie die Tiefländer es nannten, kamen sehr gut an bei den Tohowari.
      Irgendwann im Laufe des Abends machte sich Kulwar auf, um sich neben Hromund zum Tisch der Tiefländer zu setzen. Er hatte damit gewartet, bis die Riten vorbei waren, um der Gruppe um Muyurai keine Angriffsfläche zu bieten.
      Hromund hob grinsend seinen Krug, als Kulwar Platz nahm. „Dette er et rigtig godt fald. Gute Schnaps!“
      „Der Lob gebührt unseren Weibern. Nur sie können das Ahbari so gut zubereiten. Euer Met ist aber auch sehr beliebt bei meinem Stamm.“
      „Mig og mine mænd talte bare om noget. Vi vil bygge en dragebåd“, platzte es aus Hromund raus. Nachdem die Worte so aus ihm herausgesprudelt waren, hielt er inne und sagte: „Wir überlegt. Bauen Schiff. Für Reise Heimat.“
      Kulwar nickte bedächtig und fuhr sich über seine ausgeprägte Kinnpartie. Das Ma’uuri des Mannes wurde von Tag zu Tag besser.
      „Das ist verständlich. Mein Stamm wird dir dabei zur Hand gehen, soweit ihr Hilfe benötigt. Holz bietet der Dschungel genug.“
      Hromund schien, wie immer, eine Weile zu brauchen, bis er die Worte verstand. Hier und da wiederholte Kulwar sich in einfacheren Worten.
      „Jeg er dig og din gæstfrihed taknemmelig. Men vi skal snart hjem.“ Wie so oft sprach Hromund zuerst in seiner Sprache und fügte dann in gebrochenem Ma’uuri hinzu: „Wir dir danken. Für Hilfe. Aber Zeit für Reise.“

      Bevor Kulwar etwas erwidern konnte, trat eine Gruppe von jungen Jägern des Stammes mit einem Tablett an den Tisch heran und grüßte Kulwar und Hromund. Unter ihnen Arsid. Sie wirkten friedlich.
      „Shahar, wir haben unseren Frieden damit gemacht, dass diese Fremden hier sind. Als Zeichen unseres guten Willens überreichen wir ihnen eine Karaffe von unserem edelsten Ahbari“, sprach Yawal, einer der Jäger der Gruppe.
      Kulwars harte Züge wurden kaum merklich weicher, als er nickte, dann sah er zu Hromund, um diesem noch einmal zu erklären, was gesagt wurde. Hromund erhob sich und sah den Jägern eine Weile in die Augen. Schließlich nickte er.
      „Godt. Lad os glemme gamle historier.”
      Einer der Jäger meinte an Kulwar gerichtet: „Wir lassen die Karaffe hier, falls sie es gleich trinken möchten. Es sieht so aus, als hätten sie nichts mehr zu trinken.“
      Der Stammesführer „übersetzte“ und Hromund nickte überschwänglich.
      Kaum waren die Krüge gefüllt, reichte Hromund einen gen Jäger und Kulwar. Die Jäger lehnten dankbar ab und kehrten zu ihren Tischen zurück. Auch Kulwar hob dankend, aber ablehnend die Hand und meinte: „Wenn ich noch mehr trinke, bringt mich Kuhuri um“.
      „Mere til os. Hah!“
      Offenbar war es bei den Tiefländern üblich, sich bei Feierlichkeiten ohne Maß zu betrinken, denn einige von ihnen konnten kaum noch sitzen. Als auch Hromund vom Stuhl rutschte, dachte sich Kulwar nicht viel dabei. Erst als keiner der Tiefländer mehr bei Bewusstsein war, trat er an die Karaffe heran und sah in einen der Krüge. Der Ahbari war milchig wie immer, aber eine Note dunkler als üblich. Er kniete neben Hromund und fühlte dessen Puls. Er bemerkte, wie um ihn herum Unruhe herrschte, es wurde gefragt was mit ihnen los ist, ob sie noch leben. Der Puls war kaum spürbar, aber da. Langsam, kraftlos und unstet. Das war kein Rausch. Sie wurden vergiftet.


      Er erhob sich und blickte umher, die meisten Stammesangehörigen standen nun. „Krieger! Packt die Jäger am Tisch von Yawal und Arsid und bringt sie zu mir!“
      Es dauerte nicht lange, da stand die kleine Gruppe von sechs Jägern vor ihm, umzingelt von Stammeskriegern. Sie wehrten sich nicht, wirkten sogar selbstzufrieden.
      Arsid erhob das Wort:
      „Wir haben getan, was getan werden musste, um unser Volk zu schützen. Wir haben uns dafür geopfert und akzeptieren jede Strafe, Shahar.“
      „Ihr sechs, Arsid, Yawal, Nahor, Hekan, Tonwar und Korin, habt jene vergiftet, die unter meinem Schutz standen. Jene, die unsere Hilfe benötigt haben. Das ist nicht der Weg der Tohowari! Wir vergiften keine Menschen!
      Ihr habt zudem versucht, euren Shahar zu vergiften oder dies zumindest sehenden Auges in Kauf genommen. Ihr habt unseren Stamm in unvergleichlicher Art entehrt und nicht wieder gut zu machende Schande auf euch und eure Familien geladen.
      Ich verbanne euch sechs aus dem Stamm.“


_________________
“Once men turned their thinking over to machines in the hope that this would set them free. But that only permitted other men with machines to enslave them.” - Frank Herbert, Dune
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Wille zum Leben
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.




phpBB theme/template by Tobias Braun
Copyright © Alathair



Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
Deutsche Übersetzung von phpBB.de