So war das nicht geplant...

[Alicia Schlehwein]

Es war alles vorbereitet. Schon vor Wochen hatte sie ihr hübsches Haus in Berchgard aufgegeben und sich von Wertsachen getrennt, vor ein paar Tagen in einem langen Gespräch dem Kommendanten der Klosterwache erklärt, wieso sie nach Hause wollte und sich auf Gerimor nicht oder nicht mehr heimisch fühlte.

Auch von ihrer großen Liebe hatte sie sich schon vor einer Weile verabschiedet, eher kurz und knapp gehalten, um kein unnötig ausgiebiges Drama zu veranstalten.

An zwei wichtige Personen in ihrem Leben, die neue Ritterin von Stahl und die Vogtin von Berchgard, Gwenna Nordlicht sowie Rhena Barasthan, ergingen noch private Nachrichten des Abschieds und eine Entschuldigung dafür, dass sie wegen der Neigung zum Drama auf ein Adieu am Hafen verzichten wollte.

Nun hatte sie die Überfahrt zum Festland angetreten, heim nach Schwarzwasser.

Dass in einem Sommersturm das Schiff untergehen würde und niemand diesen Untergang überleben würde, war nicht eingeplant.

Die ausbleibende Ankunft des Schiffes auf dem Festland und gefundene Trümmer und Leichen sorgten immerhin dafür, dass auf Gerimor die Nachricht eintraf, dass diese Überfahrt ihr Ziel nicht erreicht hat. Den Pasagierlisten am Hafen von Adoran konnte man immerhin die Namen der Toten entnehmen.

Einer davon war: Alicia Schlehwein.

Sie wollte nach Hause - irgendwie war sie das nun, bei Temora...

[Beak von Sankurio]

... "Was ein Glück, Farold, dass Du rechtzeitig die Ablöse erhältst. So wie die Sonne heute steht, wird Castors Quark wieder für meinen Kopf herhalten müssen!" - Sprach ein Klosterwächter zum anderen. Farold hingegen grinste nur, sattelte am Glaubenshaus auf und steuerte den Weg zum Kloster der Lichteinigkeit nach Schwingenstein an.

Deutlich war das Hufgetrappel des ruhigen Ganges des Pferdes in den gepflasterten Gassen Adorans zu vernehmen. Das strahlende Blau im Sonnenschein weckte einmal mehr die Interessen, diesmal jedoch von einem ansässigen Hafenmeister.

Ein schroffes "Hey - Klosterwache! Halt ma' an!" folgte lauthals, ehe man sich entsprechend austauschen wollte. Recht schnell verschwand nicht nur die gute Laune des Klosterwächters, nein auch selbst jener vollzog den schnellen Galopp, nachdem er den westlichen Torbogen von Adoran passiert hatte. Rasch würde man der Kommandantur der Klosterwache schreckliches berichten wollen ...

[Beak von Sankurio]

... nachdem die schockierende Nachricht zur Kommandantur nach Schwingenstein getragen wurde, vergewisserte man sich im Hafenviertel von Alumenaspracht erneut.
Gleich darauf wurden folgende Aushänge veröffentlicht, welche im Herzogtum Lichtenthal wiederzufinden seien ...


... da steht geschrieben ...

Wache des Klosters der Lichteinigkeit
- Kundgebung -

Mit Bedauern wurde uns am 10. Cirmiasum im Jahre 266 zugetragen,
dass die Klosterwaechterin

Alicia Schlehwein

auf hoher See Schiffbruch erleidet hat und toedlich verunglueckte.

"Dein Leben war sehr kurz, aber Du wirst immer in unseren
Gedanken bleiben und nie weggehen.
Diese Reise fuehrte Dich nun in die Hallen der Herrin Lichtbringerin,
sie bietet Dir einen Platz im ewigen, erfuellendem Licht.“

Lebe Wohl, wir werden nicht vergessen.

Des Adlers wachsamer Blick stetig folgend.

... Das bläuliche Siegel prangt mittig am unteren Ende des Aushangs.
Schwungvoll wurde es niedergezeichnet von Sir Beak von Sankurio ...

[Florence Lascari]

*Ein paar Tage später mag man im Schatten des Abendrotes eine Gestalt an dem Pier beim Hafenviertel gesehen haben, in einer für viele Leut unauffälligen Geste: Sie hob feierlich eine Flasche an zum Meer gewandt, verharrte eine ganze Weile in unausgesprochenen Worten, nur Lippen bewegten sich stumm dazu. Die Flasche wurde danach in einem langen Zug ohne abzusetzen geleert, dann mit Wucht weit hinaus in die rauschende Gischt geworfen. Ein stilles Lebwohl und eine gute letzte Fahrt mochte es an manchem Hafen bedeuten.

Dann wand sich die Gestalt in die Dämmerung um und schlenderte wieder von dannen.*