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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 19 Mai 2016 18:22 Titel: Dramalektüre, die Erste |
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Ich hatte mir neue, frisch gefertigte, sehr gute Pergamente besorgt. Ebenso einige ordentliche gegerbte und eingefärbte Lederlagen für die Bindung der Pergamente am Ende. Ich hatte mir vorgenommen wieder einige Schriften zu verfassen zu weiteren Krankheiten und den dazugehörigen Heilmethoden. Da ich es eine Weile lang habe schlunzen lassen, wurde es mal wieder an der Zeit neue Werke zu schaffen. Ich legte mir Garn, Nadel und Klebstoff, sowie einige andere Utensilien zurecht und fing dann an mir meine Bücher zu nähen, zu verleimen und zu binden. Das Ganze fiel schon unter eine gewisse Geduldsarbeit, aber für mich war es das, was für Robin wohl die Meditation darstellte. Friemeleien waren eben schon immer meins gewesen. Da war ich schon mal mehrere Stunden damit befasst, aus den Einzelteilen die Bücher zu fertigen.
Eines von den fertigen Exemplaren nahm ich mir dann direkt heran und beschloss es zu einem Tagebuch für mich umzufunktionieren. Ich hatte eine ganze Weile lang darauf verzichtet meine Gedanken niederzuschreiben und war an einem Punkt gekommen, an dem ich mich mal wieder sortieren sollte und musste. Dafür waren diese Kritzeleien an sich immer ganz gut gewesen, auch wenn ich rückblickend oftmals feststellte, dass ich mich meistens gehörig in diesen Dingern ausgelassen hatte. Zu dem neuen Buch kam also der Vorsatz dazu mindestens drei bis sechs positive Dinge zu allem Wüten und Gemäkel hinzuzufügen. Bestenfalls zu Anfang und zum Ende des Eintrags hin. Vielleicht konnte ich das am Ende meiner Tage sogar bis zu „nur Positives“ steigern. Wobei…
Nein. Wohin sollte ich dann mit meiner Bissigkeit, Direktheit und meinem Sarkasmus? Wäre ja langweilig.
Ich legte das frisch gebundene Buch also vor mich, strich einmal mit der Hand darüber und schlug es dann auf. Als nächstes nahm ich die Feder in die Hand und tauchte sie in das Tintenfässchen und strich die überflüssige Tinte ab, bevor ich anfing zu schreiben, noch immer mit einem Schmunzeln voller Selbstironie auf den Lippen.
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19. Eluviar 259, Schwingenstein – Wohnstube
Ich habe mir fest vorgenommen mit drei positiven Dingen anzufangen und weiteren
dreien zu enden bei meinem Tagebucheintrag. Ganz besonders will ich es bei meinem
allerersten Eintrag versuchen, immerhin ist dieses frisch und von mir selbst gebundene
Buch noch ganz jungfräulich und sauber und soll nicht gleich mit dem Übel meiner
Gedankenwelt beschmutzt werden. Davon wird es noch genug in sich zu tragen haben in
Zukunft.
Die erste positive Sache:
Seit dem Frühlingsfest wird der enervierende Rekrut nun ebenfalls
aufgezählt, wenn es um die Tauglichkeitsprüfung der Neulinge und Interessierten
geht. Damit haben sie mich wirklich überrascht und es hat mich innerlich lächeln
lassen.
Die zweite positive Sache:
Entschieden ist das eigentlich die Erste, auch wenn ich sogar kurz überlegte sie
ganz an den Schluss zu packen, weil es absolut klar auch die Beste ist: Majalin ist
schwanger. Ja, sie mag es nicht, wenn ich es erzähle, weil wir noch in der Pechzeit
sind, wie sie es nennt. Es kann noch so viel passieren, sie könnte es verlieren und
sie hat keine Lust auf die mitleidigen Blicke, sollte es schief gehen. Ich kann sie
ja verstehen, aber es ist trotzdem blöd darüber zu schweigen oder lügen zu müssen.
Selbst Jeremiah weiß es noch nicht, dass er ein Geschwisterchen bekommt.
Die dritte positive Sache:
Jetzt wird es etwas schwieriger, so ganz allmählich. Oh doch, ich habe sogar zwei in
einem im Grunde: Sir Friedolin und Endurael sind zurück. Das ist definitiv einer
Erwähnung im positivem Rahmen und Bereich wert, denn ich schätze sie beide. Ich
gestehe, sicherlich den einen mehr als den anderen, aber ich finde für die ehrbare
und ernst zu nehmende Ritterlichkeit im Reich ist das ein ganz enormer Zugewinn.
Das Negative:
Das anstehende dritte Gespräch zur Frage: Was will Lucien Mareaux im
Regiment, wo er doch sowieso keine Traditionen wie das altbekannte Ha-Roo-Rufen
mitmacht und sich einfach nicht verbiegen lassen will.
Und was will er dort, wo er den Dienst doch so ungemein lax angeht und das
alles scheinbar ja nicht ernst genug nimmt?
Ich habe den ganzen gestrigen Restabend tatsächlich darüber nachgedacht, wo hier
und dort vielleicht persönliche Probleme mit mir liegen. Ich komme inzwischen für
mich auch auf einen Schluss zum Ganzen. Der Fisch fängt für gewöhnlich ja am Kopf
an zu stinken und hört erst am Schwanz damit auf.
Bei aller Überlegung komm ich aber in einem Punkt auf keinen Nenner: Wieso diese
Frage unbedingt wieder gestellt werden muss. Ob ich nun mitbrülle oder nicht, ist
an und für sich völlig belanglos. Es tut weder weh, noch hindere ich andere daran fleißig
mitzuschreien. Ich verhöhne deshalb niemanden, rede das Geschrei öffentlich nicht
mal schlecht. Ich weiß, wann das Gerufe aufgekommen ist und seinen Anfang nahm und
habe damals schon geschwiegen.
Hat niemanden gekehrt oder gestört. Darf sich also ruhig weiter so halten, meiner
Meinung nach. Aber meine Meinung ist selten die meines Gesprächspartners. Wir
werden also sehen, was dabei dann letztlich rauskommt.
Ansonsten gibt es an sich kein Grund zur Klage. Ich habe mich tatsächlich seit der
letzten Auseinandersetzung innerhalb der Truppe mit einem davon bemüht und mich
ordentlich benommen. Wenn ich mir Fehltritte erlaubt habe, wurden die
Zurechtweisungen kommentarlos oder dankend hingenommen, wahlweise entschuldigend.
Andere wiederum konnten sich ihre Verfehlungen in Reihe leisten und wurden nicht mal
dafür angeguckt.
Nein, ich bin weder blind, noch taub, noch blöd. Aber das wird offenbar angenommen.
Von mir aus. Genauso wie sie ja glauben, ich sei zu dämlich zu begreifen, was für
Spiele andernorts neuerdings gespielt wurden. Das war nun doch zu deutlich geworden.
Und nun stecke ich in der Zwickmühle. Ich habe einem hohen Herrn damals einen
Eid geschworen. Dieser Herr war inzwischen dahingeschieden, in der Schlacht
gefallen, aber der Eid hat mich nicht losgelassen.
Ich habe den Ring hier liegen von ihm. Wertlos geworden im Grunde, wobei ich natürlich
auch sagen könnte, es ist nicht der Fall, denn der alte Herzog hat noch eine Schwester
im hohen Amt und auch noch anderweitig Familie. Mit ihm ist ja nicht sein Geschlecht
ausgestorben, und ebenso wenig verfällt die Königstreue der Familie.
Es bleibt die Frage, wie ich also mit dem, was sich da auftut, umgehe, ich denke aber
ich nehme mir noch etwas mehr Zeit darüber nachzudenken.
Manche würden ja sagen, wer ich denn sei, dass ich darüber zu entscheiden hätte. Ich
sage dazu: Ich? Ich bin ein Niemand, mehr möchte ich auch nicht sein. Aber ich habe
ein Gewissen und dem muss ich folgen, genauso wie den Eiden, die schwor. Es mag für
den Rekruten nicht bindend sein, was kürzlich erst geschworen wurde, für mein
Gewissen ist es das. Und ich habe gelernt, dass mein Bauchgefühl mich selten bis
fast nie getrogen hat. Und hierbei hatte ich ein verdammt mieses Bauchgefühl. Es liegt
keine Ehre in dem, was sich da anbahnt. Irgendwie will ich auch nicht glauben, dass es
dem Regenten gefallen wird, wenn er davon erfahren würde. Wenn…
Ich muss wirklich abwägen, gründlich, bevor ich irgendwas Unbedachtes tue.
Tja, über überflüssige dritte Gespräche zu ein und demselben Thema, hin zu den
Torheiten anderer, wie Fremdgänge und selbstgestapelten Problemen, dem nachfolgend
das große Jammertal, in dem es sich so vortrefflich ersaufen lässt. Kopf waschen hier,
Kopf waschen dort. Scheint übrigens gerade in Mode zu kommen seine Frau zu
hörnen mit anderen Flittchen, die sich im Reich so finden. Und ich muss sie wirklich
Flittchen schimpfen. Manche davon waren durchaus in Kenntnis von gewissen Umständen.
Da fühle ich mich als Ganove nicht mal annähernd so verkommen, wie die es sind.
Für mich ist so ein Verhalten sowohl von Kerl wie Weib völlig unverständlich. Das ist
wohl auch ehrlich gesagt das Einzige, wofür ich meiner Mutter jemals zu Dank
verpflichtet bin. Ihr Leben widerte mich so sehr an, dass ich ihr um und in nichts
in der Welt ähnlich sein wollte.
Nun ja, es blieb zu hoffen, dass sich dahingehend jedenfalls alles wieder beruhigte,
auch wenn sich auch da Geschehnisse abzeichneten, die mich schwer die Stirn krausen
ließen. Es gab Momente, da konnte ich auch arg und gerne über andere schimpfen,
da bezog ich klar Stellung zu diesem oder jenem, aber es gab auch Orte und Zeiten,
da empfahl es sich gar nicht selbiges zu tun.
Mochten die Götter geben, dass ich Weiteres mit meinen deutlichen Worten unter
vier Augen und Ohren erreicht hatte. Ebenso hoffte ich, dass meiner guten Freundin
selbiges anderweitig gelungen war, zu dem ich ja selbst noch etwas nachsetzte und
das Dilemma unterstrich mit einigen Worten.
Bei all den Querelen, die gerade durch einzelne Personen durchs Reich zogen, wollte
ich sicher nicht sehen, dass so kleingeistige Handlungen am Ende dafür sorgten, dass
sich das Reich im inneren Überwarf und das Desaster aus dem Westen wiederholte,
wenngleich auch auf seine eigene Art und Weise, sowie erstickend an den eigenen
Machtkämpfen unter den Nichtsen und Niemanden, sowie denen, die glaubten, sie
seien die Mächtigen von Temoras Gnaden.
Zu einem dieser Möchtegern-Mächtigen gehörten für mich ja auch jene, die meinten
, sie könnten sich ein Urteil darüber bilden, ob und dass die Menschen, als Übel von
allem, sich doch besser selbst auslöschten. Mochte er von mir aus an seinen eigenen
Worten ersticken, während er darauf herumkaute. Und sowas nannte sich ein
Vertreter der Schöpfermutter auf Erden. Ich fürchte, mein Grundverständnis von
ihrer Schöpfung und dem, was SIE uns hinterlassen und geschenkt hat, ist ein völlig
anderes, als von diesem verzogenen Bengel, der sich für Weise und Erfahren hält.
Himmel, Weise ist der, der weises tut, nicht der klugscheißt. Erfahren ist der, der ein
Alter erreicht hat, in dem er bereits einen Krückstock braucht und über Gicht klagt.
So, genug gestänkert für heute. Drei gute Sachen zum Abschluss:
Erste positive Sache:
Die Heilstube im Kloster wurde umgebaut. Man kann sich dort endlich bewegen! Gedankt
sei Johanna für die Unterstützung dahingehend.
Zweite positive Sache:
Kaum für die Tauglichkeitsprüfungen zugelassen, werde ich heute Abend bereits die
Zweite solche durchführen. Gut, ich verpasse dadurch den Unterricht über Etikette,
aber diesen hatte ich bereits und kann also sicher sein, doch nichts verpasst zu haben
im Grunde.
Dritte positive Sache:
Ich schaffe es heute endlich mal mit Hochwürden zu sprechen, also sofern sie da ist
heute Abend, aber davon gehe ich aus. Sie kündigte es immerhin an. Wirklich schwer
sie zu erwischen, was ich im Übrigen äußerst bedauerlich finde. Ich erinnere mich noch
gut an die Zeit, als sie hier in Schwingenstein ankam. Ich erinnere mich auch gerne daran,
habe sie immer als angenehme Gesprächspartnerin empfunden. Ich sollte ihr das heute
Abend mal sagen.
In diesem Sinne schließe ich an dieser Stelle,
der Klugscheißer in allen Lebenslagen, euer äußerst enervierender, besserwisserischer,
rufgeschädigter und unbeliebter Heiler, Rekrut, Schausteller, liebender Gatte und Vater,
für die Mehrheit loyaler Bekannter oder gar Freund,
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(OOC: auf Bitte hin einen Passus abgeändert.)
Zuletzt bearbeitet von Lucien de Mareaux am 20 Mai 2016 12:57, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 05 Jun 2016 13:55 Titel: |
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04. Schwalbenkunft 259 – Wohnstube im Morgengrauen
Es schläft derzeit noch alles. Sogar Jeremiah gönnt mir eine kleine Schonfrist am frühen
Morgen. Ich dachte mir, ich nutze es mal wieder, um ein paar Zeilen loszuwerden. Immerhin
habe ich es ja jetzt schon wieder schmählich vernachlässigt. Vielleicht bin ich doch nicht so
ganz der Mensch, der ein ordentliches Tagebuch führt.
Die Ereignisse, um etwas zu vermerken, halten sich tatsächlich auch in Grenzen. Aber so ein
paar nette Dinge gibt es dann ja doch, die erwähnenswert sind. Ich habe mich vor einigen
Tagen nach Berchgard begeben, um mir die Eröffnung der neuen Heilstube des
Handwerkshaus zu Gerimor anzusehen. Dabei kamen mir Erinnerungen dazu hoch, die
schon mehrere Jahre der Vergangenheit angehörten. Damals war Thancred noch da und
das Haus ein einziger Taubenschlag. Ich stellte darüber hinaus fest, dass ich wirklich schon
sehr lange nicht mehr dort gewesen war, also wirklich längerfristig und interessiert.
So suchte ich also das Haus mal wieder auf, nach ordentlich vergangener Zeit, denn das
letzte Mal hielt ich mir hier ja nur kurz auf, um zu fragen, ob ich die Getränke des Regiments
loswerden könne und sie hier gebraucht werden, also die alkoholischen Getränke, mein ich.
Letztlich haben sie diese nicht gebraucht, so dass sie allesamt an Eenja gingen. Viel mehr
hatte ich da bislang nicht zu suchen oder zu schaffen gehabt. Es ergab sich einfach nicht. Jetzt
aber war ja zu der Eröffnung geladen worden und so bin ich dann halt mal hin. Als Heiler
liegt das ja durchaus in meinem Interessenbereich und es schadet auch überhaupt nichts
andere Eindrücke zu gewinnen.
Ich erhielt dort eine nette Rundführung mit Erläuterungen zu den einzelnen Räumlichkeiten
von Assamaril und den Hinweis, dass es bald einen „Kongress“ geben sollte für die Heiler
diesen Landes und auch für die Heiler der verbündeten Völker. Ich muss gestehen, ich habe
nach wie vor keine Vorstellung davon, was ein „Kongress“ ist, aber ich glaube, das werde
ich dann an dem Tag erfahren. Die Einladung hat unsere Heilstube jedenfalls schon mal
erreicht und ich habe sie sowohl für Theaghan, als auch für Majalin bereit gelegt, wobei ich
sie letzterer vielmehr vorgelesen habe. Ich gestehe, neugierig darauf zu sein, auch darauf,
was dort erzählt und erläutert wird zum Thema Geistheilung zum Beispiel.
Nach dem wenigen, was mir bereits vor Ort dazu erzählt wurde, ist das definitiv kein
Bereich, den ich werde abdecken können oder wollen. Dazu fehlt es mir an so einigem,
insbesondere wohl an der nötigen Geduld bei solcherlei Gebrechen. Was das angeht, bin
ich wirklich mehr ein schlechter Mensch, als ein guter, fürchte ich. Aber es ist gut zu
wissen, dass es jemanden gibt, der sich diese Arbeit zutraut und dafür zur Verfügung stellt.
Vermutlich könnte jemand wie ich dieses Angebot auch in Anspruch nehmen – wenn es mir
denn nicht an dem nötigen Vertrauen fehlte. Das liegt aber an mir, nicht an wem anders. An
mir und meiner etwas unschönen Vergangenheit vor der Ankunft hier auf Gerimor. Wobei,
nein, auch seit meiner Ankunft gab es hier und da schon Geschehnisse, die mich vorsichtig sein
lassen. Die Menschen sind eben wie sie sind. Allesamt, ohne Ausnahme, mich definitiv
eingeschlossen. Aber kommen wir zurück zum Eigentlichen.
Nach der Besichtigung der Räumlichkeiten war ich doch sehr überrascht, also angenehm und
positiv, will ich sagen. Es ist durchaus sinnvoll aufgeteilt, die Tatsache, dass ein jeder Heiler die
Räume im Notfall nutzen kann, ist sehr gut und sinnvoll. Es verhält sich damit ja ähnlich wie mit
der Heilstube im Kloster, nur dass uns da nicht so viel Platz gegeben ist, wie in dem Handwerks-
haus. Es ist schon enorm, wie viel Platz dieses monströse Gebäude hergibt, zum Verlaufen.
Entsprechend beeindruckt darf man davon dann auch wohl sein.
Nach der Führung und ein wenig Plauderei in der Taverne unten, wurde ich dann aber allein
gelassen. Nicht verwunderlich, sie hatten ja alle Hände voll zu tun, da noch mehr kamen, um
sich alles zeigen zu lassen. Also ging ich wieder heim, störte nicht weiter und beschloss schon
da mir den „Kongress“ anzusehen. Das Wort formt sich nach wie vor seltsam auf meiner Zunge.
Darüber hinaus geht der Verkauf an Düften und Lotionen gut voran. Es scheint doch ein wenig
Anklang zu finden inzwischen und sich auch herumzusprechen. Vielleicht lässt es sich ja
Beizeiten noch erweitern oder gar etwas besser an, als es das ohnehin schon tut.
Auch kann ich wohl behaupten, dass es sich sehr bemerkbar macht, dass die Tauglichkeit für
das Regiment nun auch über mich laufen darf. Inzwischen habe ich hier schon so einige
Schriften und Beurteilungen von diversen Menschen liegen. Ich kann schon behaupten
zufrieden mit meiner Arbeit zu sein, weiß allerdings nicht, ob es die Vorgesetzten
dahingehend auch sind. Gab bislang keine Rückmeldung. Wobei, doch sie werden zufrieden
sein, sonst hätte es sicher eine gegeben.
Ach ja, und Sir Friedolin war vor einer kleinen Weile zum Essen hier, mit der nachfolgenden
Einladung gerne wieder hereinzuschneien, wenn es ihm danach ist und er möchte, zu jeder
Zeit, wenn noch Licht brennt und jemand daheim ist, gern auch ohne Vorankündigung.
Es war ein sehr entspannter und unterhaltsamer Abend. Wir unterhielten uns gut, bekamen
noch weiteren Besuch dazu und vergrößerten so die Runde ein wenig und setzten das Ganze
fort bis ziemlich tief in die Nacht hinein.
Tatsächlich hoffte ich doch, ihn nochmal zu treffen in der nächsten Zeit, denn es gab noch
ein paar wenige weitere Dinge zu besprechen, die nach dem Abendessen geschehen waren.
Ich hatte im Übrigen wieder einmal eine Begegnung mit von Finsterdings. War eine sehr
erheiternde Runde durch altbekannte Gefilde. Ja, gut, das liegt auch schon länger zurück im
Grunde, und ich muss jetzt wirklich nochmal die Theorie durchpauken. Mir graut es. Manchmal
habe ich das Gefühl, dass es zuweilen auch schwerer fällt inzwischen, mir alles zu merken.
Als wollte Mutter Natur erzählen: Du wirst zu alt für solche Dinge, Weißhaar. Lass es doch
mal einfach! Aber nein, das kommt ja überhaupt nicht in Frage.
Noch was Gutes: Meiner Frau geht es nach wie vor gut. Selbst die Übelkeit scheint sich
in Grenzen zu halten. Ich hege die schwere Hoffnung, dieses Mal wird alles einfacher und
vielleicht auch eher so, dass wir beide es mehr genießen können. Darüber und darauf freue
ich mich.
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Zuletzt bearbeitet von Lucien de Mareaux am 05 Jun 2016 13:55, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 14 Aug 2016 22:45 Titel: |
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13. Ashatar 256, 4. Stunde am frühen Morgen, Wohnstube
Ich fühle mich völlig zerschlagen, aber auch zufrieden und aufgeräumt. Vielleicht werde ich doch
zu alt für dieses Stunden lange herumstehen und Klappe halten. Es geht jedenfalls schwer in den
Rücken und die Füße und Beine sind bleischwer.
Aus irgendeinem Grund war es mir heute ein Anliegen gewesen, mich mal von der verträglichen
und ordentlichen Seite zu zeigen. Na gut, war ich ehrlich, blieb ich so verträglich aus mehreren
Gründen. Einer davon war sicherlich Ernsts Schwertleite gewesen. Ich hatte davon nicht viel
mitbekommen, muss ich zugeben, da ich ganz hinten stand, sowohl in der Kirche, als auch im Palast.
Auch danach war nicht die Zeit für Austausch und Gratulation. Da hieß es dann die hohen
Herrschaften bedienen bei ihrem Fünf-Gänge-Bankett. Das alles erinnerte mich übrigens schmerzlich
an zuhause, an meinen alten Herrn und sein jämmerliches Ende durch das vergiftete Essen, das
ihm untergeschoben worden war. Was wäre alles anders gekommen, hätte ich das nur früh genug
bemerkt.
Umso wichtiger ist es mir, den Schutz für diese Festivitäten zu gewähren, für den ich einbestellt
werde und wurde, und meine Sache dahingehend gut zu machen. Ach was, hervorragend besten-
falls. Noch einmal soll mir so ein Fehler nicht passieren, und wissen die Götter, auch wenn er mir
tierisch auf den Sack gegangen ist, der Alte, ich vermisse ihn trotzdem immer wieder einmal mehr als
mir lieb ist.
Die Herrschaften, die ich nun zu schützen habe, sind weitaus wichtiger für das Reich, als mein Vater
es hätte je werden können, zweifellos, für mich, so rein von der persönlichen Wertung her, empfand
ich sie als ebenbürtig von der Wichtigkeit – werde ich aber wohl niemals irgendwem gegenüber
äußern. Ist ja auch ganz schön vermessen bei Licht besehen. Die Götter kann ich allerdings nicht
belügen, und mich auch nicht wirklich gut, also kann ich wenigstens hier das Kind ja mal beim Namen
nennen.
Mit dem ersten Festtag bin ich für mich jedenfalls sehr zufrieden. Ich wäre es sogar, hätte es kein Lob
für ordentliche Leistung gegeben, weil ich doch finde, selbst gut einschätzen zu können, was wir
geleistet haben und wie gut es gelaufen ist (ja, ein Lob schmeichelt natürlich trotzdem!).
Es bleibt zu hoffen, dass die kommenden Tage genauso reibungslos, friedlich und freundlich
verlaufen.
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15. Ashatar 256, Irgendwann mitten in der Nacht, Wohnstube
Götter, ich habe keine Füße mehr, keine Beine mehr und mein Rücken kann auch nichts mehr
entzücken, ich schwöre es. Mir tut einfach alles weh. Aber dafür kann ich dem ganzen hier eine
erhaltene Belobigung hinzufügen, die ich nun einfach zwischen die Blätter des Buches klemme.
Ein, ohne Eitelkeit und Arroganz, sondern mit sicherem Wissen, verdientes Lob.
Dafür bin ich nun auch rechtschaffen fertig und freue mich einfach nur noch die Augen
schließen zu können, und zu schlafen. Möge meine Frau mir nachsehen, dass ich heute den
ehelichen Pflichten einfach fern bleibe und den Schlaf der Gerechten für mich beanspruche.
Alles in allem waren die drei Tage Arbeit aber eine feine Sache. Bei aller Arbeit, hatte ich
auch sehr viel Spaß. Das ist wohl eben genau das, was mir gefällt und mir auch liegt, ich denke
aber auch, dass es auffiel, dass dem so ist.
Der Ball wiederum hat mich schon wieder schwer an meinen alten Herrn erinnert. Warum auch
immer ausgerechnet jetzt die ganzen Erinnerungen unwillkommen hochkommen müssen, ist mir ein
Rätsel, aber ich werde mich wohl wieder damit befassen müssen, bis ich einen Haken daran setzen
und meinen Frieden damit machen kann. Ich denke, ich werde noch einmal versuchen Johanna zu
überzeugen, die Richtige dafür zu sein.
Natürlich auch meine Frau, das steht ja außer Frage, aber ich denke, es ist wirklich an der Zeit mich
dahingehend auch Temora zu stellen.
Mit einiger Belustigung stelle ich fest, dass die Schildmaid mir inzwischen näher geworden ist, als es
der Stern ist. Woran das genau liegt, vermag ich nicht mal zu sagen. Es war und ist wohl ein
schleichender Prozess. Allerdings kann ich nicht sagen, dass dieser mich in irgendeiner Form stört,
sondern eher zu meiner grundsätzlich gegebenen Zufriedenheit beiträgt. Ich meine, was will ich auch
mehr? Ich habe eine wunderbare Familie, Arbeit, die mich erfüllt, sowohl die des Heilers, als auch
im Regiment inzwischen. Dazu kommen gute Gespräche mit guten Freunden und Bekannten, sowie
das sich langsam wachsende tiefere Verständnis für die Schildmaid und ihre Lehren.
Ich muss gestehen, es ist an der Zeit, meinen Frieden auch mit meiner Vergangenheit allmählich in
Angriff zu nehmen und zu machen. Aber nun, nun mache ich erstmal meinen Frieden mit meiner
erschlagenden Müdigkeit und gehe zu Bett. Eine wohle Nacht Ihr Götter da droben. Möget ihr uns
alle wohl behüten einstweilen, während der rechtschaffene Gardist schlummert.
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 19 Jan 2017 16:18 Titel: |
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19. Hartung 260, Schwingenstein – Schreibtisch
Ich habe versucht die Karte der Diakonin aus dem Gedächtnis heraus nach-
zuzeichnen, und frage mich, wie gut ich es hinbekommen habe. Bei Gelegenheit
möchte ich sie doch einmal mit der Originalen vergleichen. Es gab einmal Zeiten,
da war ich richtig gut darin, allerdings bin ich schon lange aus der Übung.
Immerhin die Fähigkeit solch alte Schätze zu lesen habe ich nicht verloren, auch
wenn sie unangenehme Erinnerungen an die Lehrzeit wecken. Lehrreich waren
die Zeiten tatsächlich gewesen, aber auch sehr schmerzhaft und unangenehm
Sicherlich gehört dieses Kapitel nicht zu den allerschlimmsten Erinnerungen,
aber auch nicht gerade zu denen, die ich mir gerne vor Augen führe.
Dennoch musste ich gestern auch feststellen, dass es auch anderes wieder
heraus kehrte: Die Neugier, dieses Kribbeln, wenn es darum ging etwas aufzu-
decken, zu finden, oder vielleicht auch verbotene Wege zu betreten. Was
habe ich diese Empfindungen vermisst! Eigentlich darf ich das gar nicht laut
sagen, aber andererseits kann ich das trotzdem ohne weiteres tun, denn das
Kieselchen hat es ohnehin spüren können, diese gewisse Aufregung, die mich
bei so etwas immer überkommt.
Gefunden haben wir den Ort, wo sich der Abgang in die Katakomben befinden
muss jedenfalls schon mal. Ich muss zugeben, ich bin erfüllt von Ungeduld, was
das Weitere angeht, auch wenn uns damit eine elende Schufterei ins Haus steht,
den Zugang freizulegen. Zugegeben, es juckt mich derart in den Fingern, ich
könnte auch heute schon loslegen, ach was, gestern bereits! Umgehend!
Ansonsten geht alles inzwischen einen recht beschaulichen Gang. Es ist wie der
Winter selbst, als hätte sich auch auf den Alltag, auf all die Aufregung der letzten
Zeit eine dünne Schneedecke gelegt, leicht zu durchbrechen, aber doch für den
Moment beruhigend. Vielleicht war das gar nicht so schlecht.
Am Rande habe ich von der Aufregung im Nebelwald mitbekommen, kann aber
selbst wenig dazu sagen. Die Relevanz hält sich für mich dahingehend auch eher
in Grenzen, und da es Shala offenbar gut geht, gehe ich davon aus, dass selbiges
auch für Lu gilt. Mehr Bezug zu den Elfen ist von meiner Seite aus nicht wirklich
vorhanden derzeit. Mag an mir liegen, allerdings habe ich in all der Zeit nicht
gerade erleben dürfen, dass die Elfen großartiges Interesse daran hegten enge
Bande zu den Menschen zu knüpfen, von ganz wenigen Ausnahmen einmal ab-
gesehen. Es ist ihr gutes Recht, mich soll es auch nicht groß kümmern oder stören,
noch hege ich selbst den Wunsch nach einer unbedingt Änderung.
Mit der Zeit stellt man eben doch fest, dass die Schrullen – oder auch Traditionen,
Kulturen und so weiter, von anderen Völkern dem eigenen recht fremd sind.
Mit manchem davon möchte ich mich gar nicht befassen.
Wer mir indes wirklich fehlt, ist Lidwina, und das Gefühl, dass ich früher, in meiner
Anfangszeit auf Gerimor empfand, wenn ich Wulfgard aufsuchte und besuchte.
Mir fällt ein, dass wir noch immer einer Einladung von Eylif nicht gefolgt waren.
Vielleicht ist es ja mal wieder an der Zeit, sich anzunähern, wo wir uns selbst doch
recht weit entfernt haben, zumal es von meiner Seite aus auch sicher undankbar
wirkt, dass ich mich derart fern halte seit einer ganzen Weile schon, denn immerhin
haben sie mich eine Weile lang – in unseren schwierigeren Zeiten der Ehe - in ihrem
Dörfchen wohnen lassen.
Mal sehen, was Majalin dazu sagt. Heute Abend will erst einmal die ehemalige
Vorgesetzte auf einen Malzkaffee zu Besuch kommen. Wenn sie nett ist, habe
ich vielleicht auch einen echten Mocca da. Mal sehen.
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Zuletzt bearbeitet von Lucien de Mareaux am 03 Feb 2017 15:36, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 03 Feb 2017 15:35 Titel: |
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02. Eisbruch 260, Schwingenstein - Klosterheilstube
In der Not schreibt der Dämon auch auf losem Pergament. Mein Tagebuch liegt
zuhause und harrt der Dinge, die da kommen. Dort kann ich derzeit nicht annähernd
hingehen, da ich nicht weiß, ob ich mit einem Fluch behaftet bin, oder nicht. Die
Tatsache noch zu leben stimmt mich zwar zuversichtlich, beruhigt mich aber noch
keineswegs.
Dass die Wache vor dem Kloster so nett gewesen ist, daheim Bescheid zu sagen,
werde ich ihr sicher nicht vergessen. Ich habe keine Ahnung, wie meine Frau die
Leckereien und den von mir selbst gemachten Kuschelkäfer hergebracht hat,
ich weiß nur ganz sicher, dass sie es selbst nicht gewesen ist, die das vor der Tür
im Beutel abgelegt hat, glaube außerdem zu wissen, dass es auch nicht unser Sohn
gewesen ist – zum einen: Viel zu spät und lang schon in der Schlafenszeit, zum
anderen würde sie ihn nicht losschicken, wenn sie sich selbst an meine Bitte hielt.
Egal, irgendwie hat sie es hinbekommen.
Met und stärkendes Essen für Ernst und mich. Hervorragend! Und so bitter nötig,
denn trotz des übermäßig langen Schlafs. Ich bin nämlich tatsächlich erst am frühen
Nachmittag aufgewacht, was ich nun nicht als gewöhnlich bezeichnen möchte. Aber
möglicherweise ist das einfach nur der Anstrengung geschuldet – und der Tatsache,
dass ich eben einfach nicht jünger werde.
Die Nacht über machten mir Albträume zu schaffen, weil diese Katakomben unter der
Krypta in mir Erinnerungen weckten, die ich am liebsten vergessen hätte. Es warf mich
tatsächlich um Jahre zurück, nämlich ins Loch, in die Zeit kurz nach dem Tod meines
Vaters. Dieser finstere Götterverlassene verdammte Ort…
Ich wende mich mal meinem aktuellen Problem zu. Nun ja, nein, nicht meinem, eher
unserem. Der der Klosterwache und der Diakonin, wenn man so will. Glenkell hatte
sich entschieden bei dem Burgbau zu verbleiben nach dem Angriff, der da gestern
offenbar erfolgt war. Verständlich, immerhin waren auch seine Kameraden dort.
Einen Vorwurf konnte man ihm daraus sicherlich nicht machen.
Verletzt wurde nur einer, und der trug es mit Fassung. Es war an sich auch nichts
übermäßig Ernstes gewesen, so dass ich ihn da guten Gewissens habe sitzen lassen
können nach einer kurzen Behandlung des Arms.
Erst nach der Rückkehr ins Kloster haben wir es dann gemeinsam geschafft den
Eingang in die Katakomben freizulegen und die schwere Steinplatte anzuheben
und damit zu öffnen.
Fallen scheint da unten niemand für notwendig gehalten zu haben. Sehr aufregend
war es da unten zunächst auch nicht wirklich. Viel Staub, Modergeruch, Urnen,
Dreck, Spinnenweben, alles ziemlich heruntergekommen. Die Diakonin fand eine
ziemlich alte Schrift, den Worten, die sie vorlas nach zu urteilen ein Tagebuch
von einem früheren Diakon aus dem Jahre 9. Den Namen habe ich verdrängt.
Das, was er zu berichten wusste, war alles andere als beruhigend, insbesondere
was mich und meine Paranoia betraf, die ich hegte und pflegte. Er sprach von einem
Fluch, von Tod und Verderben, von dem Novizen, der vor seinen Augen starb und
das innerhalb kürzester Frist – von kerngesund zu verreckt.
Deshalb waren diese Katakomben verschlossen worden. Das war der Grund, warum
der Ort sogar für eine lange Zeit verborgen blieb, gar in Vergessenheit geraten war.
Die Frage, die sich mir stellt, immer drängender: Warum eigentlich waren wir noch
gleich da runter gegangen? Es gibt nur ein Raum, den wir nicht betreten haben da
unten und ich vermute, dort liegt das verborgen, was für den Tod gesorgt hat, von
dem der Diakon zu berichten wusste.
Ernst und ich sind dem recht nahe gewesen, fast schon drin gestanden, zumindest
waren wir auf dem besten Wege dorthin. Wer weiß schon, was passiert wäre, wenn
wir dort hingelangt wären, bevor die Diakonin das Tagebuch vorgelesen hatte?
Eine meiner inneren Stimmen sagt mir jedenfalls in aller Schärfe, ich sollte mich
nun nicht nach Hause begeben, bloß im Kloster bleiben und bestenfalls beten, dass
ich all das überlebe. Wer weiß, ob der Fluch sich überträgt, wer weiß, ob er an mir
haftet, oder vielmehr an uns allen, die wir da unten waren?
Ich werde nun ordentlich essen und mich eine Weile zum Baum des Lichts begeben.
Etwas besseres fällt mir zur Zeit nicht ein. Dies und mich der Führung der Licht-
bringerin anzuvertrauen.
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Zuletzt bearbeitet von Lucien de Mareaux am 03 Feb 2017 15:37, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 12 März 2017 15:04 Titel: |
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12. Lenzing 260, Schwingenstein – Wohnstube, vormittags
Die ersten schneefreien Tage und das Haus ist leer und still im Moment. Immerhin
liegt es im Rahmen des Möglichen, dass sich schon einige Kräuter wieder zeigen, so
dass Majalin beschlossen hat mit dem Jungen an die frische Luft zu gehen und danach
Ausschau zu halten. Ich versuche gerade die Zeit zu nutzen für das angeordnete
Dankesgebet und stelle bei jedem neuen Satzanfang fest, wie schwer mir das fällt.
Möglicherweise sperre ich mich einfach viel zu sehr dagegen zu akzeptieren, oder es
so hinzustellen, als wäre alles Gute, was mir widerfahren ist im Leben, der Schildmaid
geschuldet, anstatt wie bislang daran festzuhalten, dass ich mir das alles selbst und aus
eigener Kraft geschafft und erarbeitet habe.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass diese Ansicht der Dinge nicht auf viel
Gegenliebe stoßen wird. Allerdings stelle ich mir die Frage, ob ich den Dank wirklich an
die Lichtbringerin richten muss.
Da hab ich im Gespräch noch gedacht, die Aufgabe ist leicht. Ja, Pustekuchen.
So sehen die Anfänge aus. Die Bemühung irgendwas Gescheites zu bewerkstelligen:
Dank Dir, Temora, für meine Frau und meine Kinder,
dank Dir, Temora, für deine Güte und Gnade,
dank Dir, Temora, für …
Und vorbei ist es mit meiner Kreativität. Das Beten und Entwerfen von Gebeten bleibt
wohl etwas für die Geweihten, aber ist definitiv nichts für mich. Es fühlt sich nicht
richtig oder gar ehrlich an. Was ja kein Wunder ist, es entspricht einfach nicht meiner
Überzeugung. Und was mach ich nun?
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Ich gönnte mir eine Pause in den Überlegungen und wandte mich der Verarbeitung getrockneter Kräuter zu. Vielleicht brachte mich das auf den richtigen Gedankengang, eine Idee, eine Möglichkeit der Aufgabe sinnvoll zu begegnen, und auch mit einem guten Gefühl. So verging der Vormittag damit, dass ich Salben ansetzte, getrocknete Kräuter verpackte und im Lagerraum im Keller verstaute, um sie länger aufbewahren zu können und die Wirkung in den Kräutern ebenfalls länger aufrecht zu erhalten.
Danach versorgte ich die Tiere, kümmerte mich darum, dass nichts auf dem Boden rumlag, worüber Majalin stolperte, räumte auf und machte sauber. Ich tat alles, nur befasste ich mich nicht mit diesem Dankesgebet, dass ich zu bewerkstelligen hatte. Irgendwann, als alles getan war, der Nachmittag hatte schon angefangen, hielt ich inne – ich schnitt gerade die Topfpflanzen zurecht – und seufzte leise.
„Erfolgreich gedrückt, aber davon wird es auch nicht fertig, Kreidekopf.“
Also begab ich mich wieder in die Wohnstube an meine Aufzeichnungen.
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12. Lenzing 260, Schwingenstein – Wohnstube, nachmittags
Versuchen wir es noch einmal.
Ich habe vom Beten keine Ahnung, Lichtbringerin, also sieh
es mir nach, wenn ich erzähle, anstatt es ist feine Reime und Verse,
oder gar nicht rhythmisch wohlklingende Worte zu fassen. Ich mag
musikalisch begabt zu sein, aber ich bin es nicht in Gebeten. Es gibt
auch sicherlich viele und vieles, was mich zu Dank verpflichtet, ich
glaube allerdings, der Dank an dieser Stelle gebührt vor allem meiner
Frau und meinem Sohn, sicherlich auch zum Teil meinen Freunden, die
in schweren Zeiten für mich da waren. Ebenso gebührt meinem Vater
Dank, dafür, dass er mich auf so manches Kommende vorbereitet hat,
auch wenn es in einer Art und Weise geschehen ist, die ich damals nicht
billigen konnte und wollte. Ironischerweise muss ich sogar meine
Mutter dafür danken, dass sie mich auf die Straße geworfen und mich
selbiger zum Fraß vorgeworfen hat. Also, danke Mutter!
Danke Vater, für all deine Unterweisung, Geduld, deine Mühe aus mir
etwas zu machen, für den Versuch aus deinem Sohn etwas Brauchbares
werden zu lassen.
Deine Schule war eine harte, aber lohnenswerte. Weder vor dieser Zeit
noch danach habe ich in dieser Hinsicht so viel lernen können, wie von
dir. Ich hoffe inständig, du bist nun an einem Ort, an dem du sein zu
Lebzeiten schon sein wolltest.
Danke dir für deine Liebe, auch wenn ich sie erst erkannt habe, als du
schon gegangen warst.
Die Ersten meiner wahren Freunde, an die ich mich noch erinnern kann,
heißen Jamie und Virginie. Ich habe sie lange Jahre nicht mehr gesehen,
noch weiß ich, wie es ihnen geht. Genauso wenig wissen sie über mich,
aber ich denke tatsächlich oft an sie zurück.
Ich verdanke ihnen gute Tage, viele gute Tage, und Virginie darüber
hinaus mein Leben. Danke.
Danke den Halunken, die mich in Bajard an Land geschmissen haben.
Auch wenn ich dort ohne irgendwas gelandet bin, nun ja, ich habe
überlebt. Das muss ich wohl honorieren.
Danke Maria! Meine Rettung in Sachen Klamotten, als dieses verfluchte
Seeungeheuer meine Sachen verputzte!
Danke Neyla, für eine spannende Zeit, wenn auch mit bitterem Ende. Ich
träume noch immer von Etienne, hoffe, du wirst es irgendwann verzeihen.
Danke Nachtvolk, für eine in Freundschaft verbundene Zeit voller Gaukelei,
Abenteuer und Unterstützung.
Danke Talana. Ich werde deinen Frohsinn nie vergessen. Ebenso wenig wie
deinen Sinn für Unsinn. Was habe ich gelacht, als du versucht hast Rafael
und Mariella zu verbandeln! (Nachdem die Gefahr gebannt war freilich erst.)
Danke, ihr wisst schon wer dazugehört! Eure Macht hat mich das Fürchten
gelehrt. Ihr habt mir aber genauso beigebracht, wie schön es ist ein Teil
davon zu sein und staune immer noch darüber, dass ihr euch von einem
einfachen Mann wie mich schützen lasst ohne mir das Gefühl zu geben, dass
ihr das allein viel besser könntet oder gar keinen Schutz nötig hättet, oder -
nun ihr wertschätzt es einfach, dafür danke.
Danke Lilian. Du fehlst mir. Mehr, als ich es vor irgendwem zugeben
möchte.
Danke Ernst. Auch wenn ich dich gerade erschlagen könnte für deine
Überpapa-Art vor Sorge um mich. Ich weiß, warum du so handelst, das
allein ist schon des Dankes wert. Aber es macht alles so unnötig schwierig.
Danke Aurea für deine mütterliche Art und deine Bemühungen.
Danke Johanna, für dein Gehör, deine Aufmerksamkeit, deine Hilfe und
Unterstützung, deine Geduld vor allem, für die innere Ruhe, die du selbst
dann ausstrahlst, wenn ich schon längst übergekocht wäre, für deine Kraft.
Danke alle anderen, die ich nun nicht mehr erwähnen werde, da ich sonst
gewiss noch wen vergessen werde und ich mir das selber übelnähme. Jeder
auf meinem bisherigen Weg hierher hat einen Dank verdient, für das eine
oder das andere. Fühlt euch bedankt.
Danke Sohn. Was wäre ich ohne dich. Manchmal sitze ich hier und sehe
mich selbst, wie ich bestimmt gewesen und geworden wäre, wäre ich in
eine bessere Welt hineingeboren worden. Vergiss niemals, dein Vater liebt
dich.
Danke Kieselchen. Wir haben so gut wie alle Höhen und Tiefen schon durch-
gemacht, die ich mir vorstellen kann. Von Höhen wie die Verkürzung der
Ewigkeit, der überstanden Geburt unseres Sohnes, bis hin zum Verlust und
alles, was dazwischen passt. Niemand anderen sonst möchte ich an meiner
Seite wissen. 10 sehr turbulente Jahre sind es nun. Auf die nächsten 10.
Ich liebe dich.
Ich habe keine Ahnung, ob das als Gebet zählt, hege aber den Verdacht, dass es das
nicht tut. Vielleicht ist das aber auch gar nicht so wichtig. Ich glaube, ihr war es nur
wichtig, dass ich mir das Gute vor Augen führe, das Schlechte zurücklasse und letzteres
lerne loszulassen oder mit etwas Gutem zu übermalen.
Für den Moment klappt das sogar ganz gut, auch wenn es längst vergangene Erinnerungen
hochspült, die auch Trauer mit sich bringen. Sie lassen mich dennoch lächeln. Ich glaube,
ich muss mal rüber zur Nachbarin, direkt einen Dank aussprechen, falls ich denn einen
Ton herausbekomme. Mal sehen. Ach und.. danke Brynn, auch der Herrin Dank. Ich
denke schon, dass ihr sie geschickt habt. Nicht für mich, aber ganz gewiss zur rechten Zeit.
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 20 März 2017 20:36 Titel: |
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18. Lenzing 260, Schwingenstein – Wohnstube, 3. Stunde des Tages
Es ist mitten in der Nacht und ich kämpfe gegen das gelegentlich noch immer
aufkommende Zittern an. Ob es nun der Nässe und Kälte geschuldet ist, oder der
Tatsache, dass ich gerade dem Schnitter unter seiner Sense hindurch gerutscht bin,
kann ich nicht genau ausmachen.
Ich kann aber wohl sagen, dass mir der Schreck allmählich gewaltig in den Knochen
sitzt. In dem Moment, als der Kerl aus den Schatten raustrat, mit seiner Armbrust in
der Hand habe ich das noch gar nicht so sehr realisiert. Da war ich viel zu sehr darauf
fokussiert einen Ausweg aus dieser elendigen Situation zu finden und habe den ersten
möglichen Moment der Unaufmerksamkeit meines Gegenübers genutzt und mich
hinter den Brunnen geschmissen. Verflucht sie diese Robe, die zu nichts weiter dienlich
ist, als sich darin zu verheddern!
In aller Irrationalität habe ich erst gedacht, meine Mutter oder Schwester haben mir
diesen Drecksack auf den Hals gehetzt, aber das kann dann doch nicht sein. Dazu
müssten sie in Erfahrung gebracht haben, wo es mich hin verschlagen hat. Die
Wahrscheinlichkeit, dass sie mich für Tod halten, ist da doch weit größer.
Inzwischen erinnere ich mich auch wieder daran, was der Kerl in seiner Nervosität
von sich gegeben hatte, und das klang alles nicht so, als hätte er es gezielt auf mich
als Person abgesehen, sondern mehr auf ein im Landstrich lebendes Individuum egal
welchen Namens und welcher genaueren Herkunft.
Der ist ganz eindeutig auf mehr aus, als auf Einbrüche und Diebstahl. So heftig hat es
mir schon lange nicht mehr die Nackenhaare aufgestellt. Und vor allem war mir damit
auch klar, dass es sich hierbei nicht nur um eine Person handeln konnte, denn ein
größeres Unterfangen bedurfte zumeist einiger Mittäter, und wenn sie nur im Hinter-
grund agierten.
Meine Güte, Vater, das wäre genau das Richtige für dich, das will ich dir wohl sagen.
Mir selbst kribbelt es unsäglich in den Fingern den Kerl zu suchen, aber in der völligen
Dunkelheit und bei dem Sauwetter bringt das nichts. Ich werde also im Morgengrauen
nochmal an der Kutschstation ansetzen zu suchen, in der Hoffnung noch Spuren zu
finden.
Immerhin habe ich jetzt allen Grund und in aller Inbrunst Temora für ihren Schutz zu
danken. So dankbar war ich für das Glück, das ich hatte, selten gewesen. Sicher,
damals habe ich es an andere gerichtet, aber hier war niemand sonst daran beteiligt
und ich kann es auch nicht unbedingt nur meiner eigenen Geistesgegenwart
zuschreiben.
Die Welt möge mir verzeihen. Ich werde mich nun vorbereiten und in ein paar Stunden
versuchen diesen Flegel zu finden, noch ein paar Stunden versuchen zu schlafen, und
mich dann auf den Weg machen. Ich muss wissen, was dahinter steckt, erst recht, wenn
man mir ans Leben will. Der soll mir nochmal im Dunkeln begegnen, wenn ich vorbe-
reitet bin!
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 19 Sep 2017 15:51 Titel: |
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„Gut, dass ich Euch sehe. Wir haben noch etwas zu besprechen.“
Womit fing ich am besten an, mit der ausgerufenen Stellvertretung seitens der Klosterwache?
Appell. Seit einer gefühlten Ewigkeit hatte es keine Zusammenkunft aller Klosterwachen gegeben. Zeit wurde es. Und weil nun auch dem Kloster auffiel, dass sich nicht viel tat, war ich nun offiziell von dort aufgefordert worden Weiteres in die Hand zu nehmen. Dabei hatte ich doch glatt gehofft, diese Angelegenheit wäre erledigt nach der Sache mit der Faust.
Aber wie die Dinge standen, hielt sich jemand nicht an die gemachten Versprechungen. Fakt war stattdessen, dass er sang- und klanglos verschwunden war, für wie lange wusste Temora alleine. Kein Wort, keine Anordnungen, nichts. Meine tief empfundene Enttäuschung darüber möchte ich gar nicht in Worte fassen. Also machte ich mich lieber an die Arbeit.
Appell, Ausschreibung zur Rekrutierung und Unterricht. Alle drei Dinge waren auf der Agenda bereits abzuhaken, alles angekündigt, Umsetzung folgte in Kürze.
Das kurze Gespräch am Vorabend gab mir zu denken. Danach war mir bewusst geworden, dass ich mich auf ein weiteres, kommendes Gespräch gut vorbereiten sollte. Ansonsten könnte das doch ein unglücklich enden. Nach allem, was bislang bei mir dazu eingetrudelt war, musste es sich offenkundig um einen Menschen handeln, der nicht als zurechenbar bezeichnet werden konnte.
Ganz wunderbar. Danke Welt, du meinst es wieder gut mit mir.
Darüber hinaus war noch der Abbau der Palisade endlich in Angriff zu nehmen. Blieb die Frage offen, ob ich das mit den Kelpianern anging, oder den Appell dafür nutzte. Ich sollte es am Abend mal ansprechen, vielleicht. Mal sehen. Vor allem musste der Kram ja auch wieder eingelagert werden. Nicht, dass ich eine Ahnung hatte, wohin damit, aber das würde sich schon finden.
Es stand sogar noch einiges mehr auf der Agenda, zumindest auf meiner, was seit Jahr und Tag schon liegen geblieben war. Da gab es noch einige Gespräche zu führen, aber eines nach dem anderen.
Ich war dazu übergegangen tatsächlich eine Auflistung zu verfassen, damit mir nichts durch die Lappen ging. Es war immerhin lange genug gebummelt worden, und zwar in allem. Stank mir bis zum Himmel, musste dringend geändert werden. Dass es an mir hängen blieb, sollte mich an sich ja nicht verwundern. Das war tatsächlich zu erwarten gewesen. Aber ich hatte mir eines fest vorgenommen: Mein gegebenes Wort sollte etwas wert sein. Wenn ich schon unflätig meckerte, mich in Vorhaltungen verstieg, dann musste ich es auch besser machen. Ich wollte mir nicht nachsagen lassen müssen, dass ich nur schwafelte, aber nicht das Rückgrat besaß durchzuziehen.
Gedankenvoll setzte ich noch einen Punkt auf die Agenda. Auf ein nettes Gespräch beim Malzkaffee!
Zu einem weiteren Gespräch packte ich schon mal frisches Gebäck, vor allem das Süße, zusammen. Irgendwas musste mir auch noch für die Zweitfamilie einfallen, aber das kam dann sicher später noch, die Eingebung dazu.
Zitat: | Agenda Klosterwache
- Appell – Ausgeschrieben
- Rekrutierung – Ausgeschrieben
- Unterrichtseinheiten – Erste Einheit ausgeschrieben
- Palisadenabbau & Einlagerung – Noch offen
- Klärung Priv./Pflichten – Noch offen
- Ausbau Zusammenarbeit mit dem Regiment – Noch offen
- Klosterheilstube – Klärungsgespräch mit den „Helfern“
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Die Agenda kam mir noch viel zu kurz vor. Ich wusste, da war mehr zu tun, aber mir fiel vorerst nichts mehr ein, beschloss es erst einmal dabei zu belassen und weitere Punkte später hinzuzufügen. Ich legte die Feder also beiseite, nachdem ich sie gründlich gereinigt hatte, schloss das Tintenfass und rieb mir müde über die Augen.
Dabei fiel mir beiläufig ein, dass ich mich mal erkundigen wollte, wann denn nun die Eröffnung der Bibliothek stattfinden sollte. Irgendwie hörte und sah man von dort seit der Übergabe nichts mehr. Wie lang war das nun her? Ich musste tatsächlich mal in meinen Unterlagen nachschlagen. Mit einem leisen Ächzen zwang ich mich aufzustehen und schlich mehr zum Regal hinüber, wo ich die ganzen Pergamente aufbewahrte, als dass ich ging.
Der Herbst kam mit großen Schritten und schon krachte es im Gebälk, so ein verdammter Ogerdreck. „Bist noch keine vierzig, aber läufst wie einer mit sechzig“, brabbelte ich leise vor mich hin und wühlte die Papiere durch. Wo war das denn noch gleich? Ah, da! Am 26. Ashatar 260 war das. Nun ja, dann war noch kein ganzer Mond herum, aber doch immerhin schon fast.
Ich kramte etwas energischer nach den Protokollen. Was hatten die zwei noch gesagt, wie schnell stellten die noch gleich eine Eröffnung auf die Beine? Nun ja, vermutlich musste man auf den Zeitrahmen noch ein oder zwei Wochen drauf geben, wie das nun einmal so war. Außerdem standen nun eh einige Festivitäten an und da zwischen zu kommen, war so eine Sache für sich. Aber nachhaken wollte ich dennoch einmal. Auch da sollte es nicht heißen, dass der Pflicht nicht nachgekommen wurde.
„Geh‘ nicht immer von der Erwartungshaltung dir selbst gegenüber bei anderen aus“, mahnte ich mich nicht zum ersten Mal. Darin war ich nämlich wirklich großartig, wenn nicht gar am großartigsten. Hatte ich etwas zu tun, verfiel ich manchmal in regelrechten Aktionismus, und ging davon aus, dass der Rest der Welt da schon würde mithalten können. Dass dem nicht so war, wusste ich aber genauso gut. Daher rührte auch die stete Selbstermahnung, - und wenn ich sie mal vergaß, gab die Frauenwelt ja eh den Takt an, als hätten sie es bei mir mit einem unmündigen Burschen zu tun zuweilen.
„Wortwahl!“ tönte es dann meist. Manchmal auch anders. Was dachte ich mir auch dabei mal richtig kräftig zu fluchen? Verdammter Hühnermist!
Zuletzt bearbeitet von Lucien de Mareaux am 19 Sep 2017 15:53, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lucien de Mareaux
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Verfasst am: 07 Dez 2017 14:31 Titel: |
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„Könntest du eine Versammlung einberufen?“
Ja, könnte ich. Das Problem, was ich vielmehr sah, ist die Tatsache, dass sich inzwischen Leute Heiler schimpften, die alles andere als das waren, sondern nichts anderes als Scharlatanerie betrieben. Freilich im guten Glauben, sie hätten eine hinlängliche Ausbildung genossen, wer also die größeren Scharlatane waren, ließ sich eh nicht von der Hand weisen.
Das Gespräch war gut und wichtig gewesen. Schade nur, dass es etwas holprig begonnen hatte, aber mir war daran gelegen frei sprechen zu können, und in Gegenwart ihres Protegés fühlte ich mich eher dazu animiert in Angriffshaltung zu gehen. Völlig unnötig bei dem Thema. Es ging mir schließlich darum, ihr meine Sorge darzulegen, die sich inzwischen mehr als nur verfestigt hatte. Ich hielt sie für sehr begründet und äußerst berechtigt. Zumal es inzwischen Ausmaße annahm, die ich nicht mehr übersehen konnte und allmählich auch nicht mehr wollte. Da diese Sorge auch ihren Bereich betraf, hielt ich es für angemessen das Gespräch zu suchen.
Ich muss zugeben, dass ich von dem Gespräch mit ihr positiv überrascht war. Sicherlich sollte ich das nicht sein, immerhin war ihre Mutter ebenfalls vom Fach. Sicher hatte jeder Heiler sein Spezialgebiet, in dem er sich besonders gut auskannte. Nun ja, und dann gab es Scharlatane, die glaubten, sie wären Heiler, weil sie ein paar Stündchen Unterweisung erhalten hatten und mal assistieren durften.
Ich erinnerte mich an die Zeit, in der ich gerade erst begonnen hatte, mich mit dem Handwerk des Heilers zu befassen. Damals war der Gedanke Heiler zu werden noch nicht geboren, da hatte Majalin mich schon dann und wann zu ihrer Unterstützung dazu geholt. Es war für sie eine pragmatische Entscheidung gewesen, das zu tun, und ich hatte ohne nachzufragen oder zu murren geholfen. Meistens beschränkte sich die Hilfe darauf den Patienten festzuhalten, oder irgendwas für sie heranzuholen, aus der Tasche zu suchen oder ähnliches.
Ich weiß gar nicht mehr, wer es gewesen war, der da irgendwann vor mir lag, verletzt, blutend, und von mir am Ende soweit geflickt wurde, wie es mir möglich war, begleitet von den mahnenden Worten einen Heiler aufzusuchen. Danach kassierte ich dafür einen mörderischen Anschiss von Majalin. Zu Recht, muss ich heute gestehen. Damals hatte ich es als äußerst ungerecht empfunden, nahm ich doch an ein Leben gerettet zu haben. Das hatte ich tatsächlich, aber es war mehr Glück als Verstand gewesen, was da zur Rettung dazu führte. Damals hätte mich jeder gute Heiler zu Recht als Scharlatan beschimpfen können. Bis ich irgendwann beschloss den Weg ganz zu gehen. Danach fing die Zeit des richtigen Lernens an und die war äußerst intensiv gewesen, und das nicht nur ein halbes oder Jahr lang.
Stein des Anstoßes zu dem gestrigen Gespräch waren die gängigen Tauglichkeitsprüfungen für das Regiment gewesen und andere Klagen, die dazu immer mal wieder bei mir aufschlugen. Dem Heiler sein Handwerk. Freizeitkünstler sollten ihre Grenzen kennen und sie auch beachten. Leider wurden diese allzu oft nicht gesehen. Allzu oft war es tatsächlich sogar so, dass gerade diese Leute nicht wahrhaben konnten und wollten, dass gerade sie die Leben derer gefährdeten, die höchst dringend eines Heilers bedurften. Erste Hilfe zu leisten war eins, aber alles was darüber hinausging, gehörte nicht in die Hände irgendwelcher Laien, die eine selbsternannte Geistheilerin, die selbst nichts als eine Laie war, als fähig erachtete.
Es tat gut zu hören und zu sehen, dass die Ansichten sehr ähnlich gelagert dazu waren. Die hinzukommende und angesprochene Sorge seitens der Gesprächspartnerin war ein Punkt, der geklärt werden musste, aber das wollte ich gerne in Angriff nehmen. Wieder eine Überraschung, als sie anbot dies zu unterstützen, was mir an der Stelle durchaus willkommen war.
Nicht, dass ich mich davor fürchtete alleine diesen Schritt zu gehen, das mitnichten. Es ging hier um die Gesundheit der Leute, die dieser Scharlatanerie aufgesessen oder dem gar ausgesetzt waren. Ich hielt es für wichtig, dass mehr Stimmen als nur meine dazu gehört wurden. Natürlich ging ich davon aus, dass weder dem Kanzler noch seiner Majestät daran gelegen waren, wenn die Bürger und auch der Adel hierzulande von Laien behandelt wurden und am Ende den Schaden zu tragen hatten, womöglich sogar noch mit dem Leben dafür bezahlten. Das war kein Spaß, das war auch keine Arbeit für gutgelaunte Freizeitaktivisten.
Am Liebsten wäre es mir tatsächlich, es würden im Herzogtum Lizenzen ausgegeben für die, die sich ernsthaft Heiler schimpfen durften. Sicher hatte Majalin Recht, dafür bedurfte es einer Kommission, und die bedurfte wiederum fähige Prüfer. Aber wenn niemand etwas tat, dann gingen die Scharlatane ihrem Werk weiter nach und gefährdeten die Leute. Unmöglich, das zuzulassen.
Mein Besuch hatte eine Versammlung derer vorgeschlagen, die sich rechtmäßig Heiler nannten. Fraglich, ob da nicht auch unsere Möchtegerns auftauchten, weil sie sich als solche sahen. Dann gab es sicher wieder Diskussionen, die ich eigentlich nicht mit diesen Leuten führen wollte. Eine Versammlung war dennoch eine gute Idee. Die Frage war, wie ging ich das am besten an, und vermied dabei solche Diskussionen? Persönliche Einladungen erforderten eine Einsicht in die Register der Vogtin und des Barons. Aber vielleicht ließ sich da ja was machen. Ist nur die Frage, ob die auch notiert haben, wer sich davon als Heiler präsentiert hatte. Einige kannte ich ja persönlich, das blieb nicht aus.
Oder ich nutzte die damalige Idee des Handelshauses und rief einen Heilerkongress zusammen. Allerdings war da auch die Gefahr gegeben, dass ich nicht alle erwischte und erreichte, nicht alle kommen konnten. Eine Zählung der Heiler? Ich musste darüber eindeutig noch in Ruhe nachdenken, wie ich das genau angehen wollte. Mal sehen. |
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