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Das Grundlegende der Kunst…
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 06 Sep 2015 13:58    Titel: Das Grundlegende der Kunst…
Antworten mit Zitat

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… ist das Licht. Es gestaltet Ansicht, Form, Farbe und Gefühl. Egal was man abzubilden gedenkt, gleich was man beobachtet, träumt, sich vorstellt: alles ist bestimmt vom Licht. Das Licht schafft Raum, es macht die Dinge wirklich. Das Licht dominiert in jedem Bildnis. Was war schon ein dunkler Schatten in einem Gemälde, wenn in einem Bildnis voller Schwärze nur ein Licht noch brannte, welches das Augenmerk des Betrachters gänzlich auf sich zog?

Johanna hatte ihre Arbeiten im Kloster für diesen Tag hinter sich gebracht, wobei es ihr auch schwere Mühe hätte bereiten können. Lange zu knien und sich in die Kräuterbeete zu strecken war auf Dauer anstrengend und das wollte sie nicht auf ihr Alter beziehen. Es war einfach mühsam. Jedoch war sie selten allein im Klostergarten und konnte sich neben der Farbenpracht und den Düften auch immer guter und heiterer Gesellschaft erfreuen.
Mit einer selbstverständlichen Herzlichkeit hatte man sie aufgenommen, als sei sie wahrlich willkommen und erwartet gewesen. Hochwürden Aurea hatte sie weniger gefragt als vermutet, vielleicht hatten ihr die wenigen Worte genügt um mit ihrer Menschenkenntnis zu verstehen, was Johanna hatte zum Ausdruck bringen wollen. Ihre Mitnovizen, sofern sie jene hatte kennenlernen können, waren alle für sich allein etwas Besonderes. Antorius war jung und auf eine aufgeschlossene Weise auch sehr eifrig. Dass er gerne hier war und sich auf dem vor ihm liegenden Weg freute war nicht einen Moment zu verneinen gewesen. Florentine war ein besonderer Mensch ganz für sich, sie war auffällig sarkastisch, rebellierend – Johanna mochte es dennoch in einen charmanten Rahmen einordnen. Aber was wusste Johanna schon über die vitale, wortgewandte Frau, denen sie an zwei Tagen begegnet war? Sie hatte sich in keinster Weise von Florentine abschrecken lassen, wie sie es spaßeshalber ankündigte.

Letztlich ging es aber nicht darum. Es ging um den Weg, das Licht, das alles berührbar machte, Pfade erleuchtete und gangbar machte. Die Aufregung um das Ankommen in Lichtenthal, den Eintritt in das Kloster und all die Aufgaben und Gesichter waren eine Ablenkung, die ihr willkommen war.en Sie hatte eine Vergangenheit, die immer im Jetzt und in der Zukunft da sein sollte, von der sie sich niemals lossagen wollen würde…

Zum Nachmittage hin setzte sie sich mit ihrer Lederkladde nach draußen, den mit Holz umwundenen Kohlestift zwischen den schlanken, hellen Fingern, die selten harte körperliche Arbeit wie andere vollrichtet haben mögen. Während sie die mit einem Messer bearbeitete Spitze über das raue Blatt führte und Licht und Schatten zusammenführte, dachte sie über das Gespräch nach, das sie mit einem Besucher des Kloster geführt hatte und über das Symbol des Adlers…

Dieses Bild würde die erste Seite ihres Zeichenbuches füllen.


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(ooc: Zeichnung von po-Johanna Hohenhain)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 14 Dez 2015 21:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 17 Sep 2015 20:59    Titel:
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Mit singendem Rauschen glitt der Wind durch die Blätterdächer, die schon in mancher Spitze des leuchtenden Grüns das erste Gelb des Herbstes ankündigen wollten. Es duftete nach frischem Laub und feuchter Erde und je weiter sie mit um sich gewickelter Robe weiter zog, desto deutlicher wurde das abendliche Quaken der Kröten und das Surren der Mücken und Insekten, die sich von einem stehenden Gewässer angezogen fühlten.
Johanna hörte in der Ferne noch die Stimmen einiger Wanderer und Reisenden, die von einem Ort zum anderen zogen, während sie selbst immer weiter vom Weg abkam. Zwar mochte Johanna nicht ungesellig sein, doch lag es im Wesen des Menschen und seinem Gemüte auch manchmal die Momente mit sich allein und den eigenen Gedanken zu suchen und sie hatte am See Richtung Kronwalden einen Platz gefunden, der ihr beim Sammeln von Pilzen ins Auge gesprungen war.

Es war eine willkommene Aufnahme in dieser neuen Welt gewesen und sie hatte sich redliche Mühe den Fremden das Willkommen nicht schwer zu machen und selbst mit einer Offenheit auf die noch unbekannten Gesichter und Namen zuzutreten. Sie wurde meist herzlich empfangen und versuchte dies durch ähnlich herzliche Worte wieder gut zu machen. Hochwürden Aurea sprach der Novizin die Eigenschaft zu mit einer gewissen Lebenserfahrung in die Welt hinauszutreten, obgleich sie sich unsicher war aus welchen Kriterien sie dies hinaus las. Aus den wenigen Stichpunkten ihres Vorlebens, dass sie zwar nach jung und vital, aber keine zwanzig Jahre mehr alt war oder ihre Weise sich zu geben? Und doch erlebte sie hier viel Neues, nachdem sie von den hiesigen Lebensbedingungen abweichende Heimat verlassen hatte, die Familie und das Zuhause, die Nachbarn und Freunde, die ihr vertraut waren, die Gräber, die sie wie ein altes Leben zurückließ. Und was sie mitbrachte waren Hoffnungen, Sorgen, Sehnsüchte und Selbstvorwürfe.
Doch am höchsten über alldem stand die Hoffnung.

Mit dieser Hoffnung machte sie sich auf sich vorzustellen und Bezüge zu finden. Aus Fremden konnte mit einiger Zeit wieder eine Gemeinde mit vielen Vertrauten werden, die einem einluden Teil an ihrem Leben zu haben und den Glauben in ihr Leben einzulassen. Die blaue Robe war willkommen. Und gewiss auch bald irgendwann einmal der Mensch unter dieser Robe.

Die Novizin ließ sich mit dem Blick auf die untergehende Sonne auf einem Stück Holz nieder, das wohl so manchem schon als Ruhestätte gedient haben mochte, so glattgerieben die Oberfläche schon war. Und wie sie da so saß, da dachte sie wieder an all die Begegnungen und Gespräche, an die Schicksale, die in der Vergangenheit lagen oder künftig auf sie zukommen würden. Und sie bat in goldenen Schein der untergehenden Sonne die Schwertherrin um die Stärke, Weisheit und Güte um diese Schicksale begleiten zu können, wie man es von ihr erhoffen und erwarten würde. Und wie sie da so alleine saß blätterte sie durch ihr Zeichenbuch und lächelte bei der Erinnerung an das Gesicht von Junia, als sie sich für das Bild vom kleinen Vogel bedankte.

Die kleinen Dinge im Leben, die kurz mehr wogen als Sorgen es könnten.

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(ooc: Zeichnung von po-Johanna Hohenhain)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 14 Dez 2015 21:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 20 Sep 2015 18:16    Titel:
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... ist der Blickwinkel.

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Jedes Mal, wenn sie sich mit jemand anderen über den Glauben unterhielt, über die Sorgen, die Vergangenheit, die Zukunft, Unvergessenes und Ersehntes und sich so vielen Fragen gegenüber sah, da tauchte sie nicht nur tief in die Gedanken und Gefühle ihres Gegenübers ein. Jedes Gespräch bestand aus Worten, die tief eindrangen und aus der Tiefe ihrer selbst kamen und sei es nur, dass sie erkannte die Antwort selbst noch nicht gefunden zu haben oder Verständnis besaß. Und sie erkannte ihre Menschlichkeit, geboren aus eigenen Erfahrungen, aus eigenen Fehlern, Stärken, Erinnerungen, Vorlieben und Ängsten. Es war stets eine Reise in sich selbst, doch das Selbst blieb leise – berührbar für den Gesprächspartner – aber diesem gehörte ganz die Zeit, die sie sich nahm, die in diesem Moment ihm gehörte. Sie war in diesen Momenten als Dienerin der Herrin da und schöpfte aus dem Glauben.
Glaubensgespräche und Seelsorge zu führen und zu betreiben war auf eine gewisse Weise anstrengend, weil es viel Feingefühl forderte, Aufmerksamkeit, die Bemühungen zur rechten Zeit die rechten Worte zu finden und im richtigen Moment zu schweigen und einfach nur zu lauschen und hinzunehmen. Den Menschen wahrnehmen.

Wie auch ein Körper verletzt sein konnte und die richtige Pflege brauchte, so war es auch mit der Seele eines Menschen, die so zart und gleichzeitig stark war, so facettenreich, wie kaum etwas anderes. Es war so einfach Wunden hinein zu reißen und es brauchte so viel Geduld und Nächstenliebe um sie ein Stück weit zu schließen. Die letztliche Heilung kam vom Inneren eines jeden selbst, geeint im lichten Glauben an die Herrin und ihre in die Welt gebrachten Tugenden.
Helfen, sich selbst zu helfen.

Es mochte den Weg geben andere zu lehren, wie sie die Gebote in sich aufzunehmen haben: Durch Zitate, Vorträge, Lehren und Predigten. Ein anderer war der Versuch ihnen einen Anstoß zu geben, die Tugenden in sich selbst zu finden und sich selbst Lehrer zu sein.
Und es war schwer. Sie musste wie jeder andere lernen. Johanna kannte als Frau das Gefühl wie es war an Grenzen zu stoßen und hatte dieses Gefühl nun auch als Novizin tangieren dürfen, als sie sich eine Nacht wieder mit einem Bürger des Herzogtums unterhalten hatte. Er wollte nicht in sich suchen. Er beharrte auf seiner Meinung, dass ihm Unrecht geschehen sei und das Gefühl als falsch zu beschreiben, war nicht richtig. Gefühle waren nicht falsch, sie waren da. Nur sie zu überwinden und Tugenden wie Gerechtigkeit und Demut walten zu lassen, dies war etwas anderes.
Nicht nur auf ihn bezogen hatte die rothaarige Frau den Hauch der Vermutung, dass viele zwar im Namen der Göttin lebten und wirkten, aber sich nicht mit dem Glauben und was Glauben bedeutete auseinander gesetzt haben. Einige kannten die Tugenden nicht und haben sich nie mit ihren Inhalten beschäftigt, urteilten aber dennoch. Das Volk arbeitete, das Volk kämpfte, das Volk überlebte und lebte. Nicht jeder hatte die Zeit oder die Momente sich der Geistigkeit in einem erforderlichen Maße zu widmen, eine schlichte Tatsache der Lebensrealität. Gleichsam war es auch nicht die Schuld der Priesterschaft, wenn es so großes Unwissen gab, denn die Möglichkeiten es zu erlangen gab es. Es war ungewöhnlich, so ihrer Erfahrung nach, dass erwachsene Menschen bis in die Mitte ihrer Lebensjahre noch nie eigenes Interesse gezeigt haben sich zu erkunden, was die sieben Tugenden sind, auf deren moralischer Basis auch das Reich des Königs aufbaute. Es führte die Gemeinde und die Priesterschaft in der Mitte zusammen. Sie waren da um Fragen zu beantworten, wenn der richtige Moment gekommen war, und sie waren da um Wissen und Glauben zu geben, wenn nicht gefragt wurde – indem sie es vorlebten. So war es ihre Sicht. Und sie war bemüht, selbst noch zu lernen und was sie lernte verständlich zu nutzen um die willkommenen Fragen zu beantworten.

Aber es war so wichtig zu fragen. In so vielen Bereichen und Belangen des Lebens.
Wie sollte man sonst eine Antwort finden?

Ja, das fragte sie sich als sie in der verwinkelten Kammer im Kloster des Nachts noch auf der Bettkante saß und aus dem Fenster in die sternenarme Nacht hinausblickte, die Decke um ihre Schultern geschlagen. Ihre Zehen berührten die Kante des Teppichs, fast mehr den kalten Boden. Und für einige Momente empfand sie tiefe Sehnsucht nach ihrer Familie. Den Lebenden und den Toten. Aber sie bedauerte es nicht.

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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 03 Okt 2015 22:40    Titel:
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... ist die Komposition.

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Es war gut, dass Priester auch nur Menschen waren – Worte, die sie zu jemandem gesprochen hatte, aber deren sie sich selbst weiter bewusst werden wollte. Sie war bloß ein Mensch. Sie war eine Lernende am Anfang eines Weges, dessen erstes Beschreiten nicht mit einem gewissen Alter oder einem vorgesehenen Lebensabschnitt verbunden war wie das Beginnen einer handwerklichen Ausbildung. Sie war nicht ausgewählt worden, sie hatte sich entschieden dienen zu wollen und stellte sich nun unter die prüfende Gnade der Herrin, der sie ihr Leben und ihren Dienst widmen wollte.
Es hatte sich in so kurzer Zeit so vieles verändert, dass die Belastungen nicht spurlos an ihr vorbeigezogen waren. Sie hatte ihren Ehemann und ihr Zuhause verloren, war von ihrem Fleisch und Blut getrennt und erlebte nun eine Welt, die so neu auf sie einströmte, dass sie es kaum in bildhafte Beschreibungen und klare Worte hätte bringen können. Es war ihrer Seele ein Trost, dass ihr die Brüder und Schwestern im Kloster so angenehm waren, jeder auf seine Weise so unterschiedlich aber einen ähnlichen Weg beschreitend, der nicht auf Konkurrenz sondern auf Gemeinschaft hinauslief. Aber doch irgendwo noch Fremde. Fremde im gesamten Herzogtum, nicht wie damals, wo sie jedes Kind und jeden Alten in den zwei Dörfern um Grauklipp herum beim Namen zu nennen wusste. Nun war sie aus einer beschaulichen Küstenörtlichkeit in die Hauptstadt des Königs gelangt, einer Welt mit schneller bewegten Machtgefügen, glänzenden Regimentlern, Magiern aller Völker, unerwarteten Begegnungen und gänzlich unerahnten Herausforderungen. Und so unglaublich vielen Ansprüchen. Sie hatte die Beschaulichkeit der kleinen Ortschaften ihres bisherigen Lebens im Vergleich zum Herzogtum womöglich verschätzt. Dass man sie teilweise so erfreut willkommen geheißen hatte ihr einen nur ach so menschlichen Wunsch erfüllt, weil sie natürlich auch mit Ängsten gekommen war. Ein gewisser Anschluss war locker gegeben, Gespräche – die gerne geführt wurden – fanden statt. Und sie brachten viel Ambivalentes… und nun nach einem Monat verstand sie, was sie heraushören konnte: Ansprüche. Sie hatten ein Recht Ansprüche zu stellen, natürlich. Aber Johanna merkte, dass es schwer war sie für jeden einzelnen gerecht zu werden. Einer klagte, die Priester sind zu wenig in den Städten, der andere sie seien zu wenig im Kloster. Man wünsche sich mehr mit ihnen sprechen zu können, andererseits verdeutlichten offizielle Institutionen ihre Geringschätzung, weil die von ihnen erwarteten Maßstäbe vielleicht nicht eingehalten wurden. Sie hatte Sorge, dass man ihr aufbürden würde die Lasten voriger Geschehnisse und Konflikte tragen zu müssen, statt die Gelegenheit zu haben als persönliches Individuum einen Neuanfang gewährt zu bekommen, ohne dass Seiten von Ansichten ihre Bestätigung erhalten müssten. Und das war ihr Wunsch, sich langsam und neu einpflegen zu können. Vermutlich als Dienstleister, daran musste sie sich gewöhnen. Ein langsames aber stetiges Finden ihres Platzes. Sie musste erkennen, dass sie sich nicht mehr einsam fühlen sollte, weil sie nun in der Gesellschaft anders dasteht als vorig. Sie musste Verständnis dafür haben, dass andere kein Interesse daran hatten tiefer als bis auf die blaue Robe zu sehen. Versuche mit anderen ein wenig über ihre Familie zu sprechen, weil sie stolze Liebe für die Söhne und auch etwas Heimweh empfand, versickerten und wurden rasch übergangen. Es waren aber auch nur kleine Versuche gewesen. Nein, daran musste sie sich gewöhnen und sie durfte nicht enttäuscht sein. Es war das was sie wollte: anderen Sicherheit und Vertrauen schenken zu können und niemand sollte je daran zweifeln, dass sie als Priesterin und Mensch bereit war die Sorgen und Lasten für sie mitzutragen und ihnen mit Hoffnung und Lebensfreude voranzugehen, Blicke in Ansichten des Glaubens zu gewähren. Und als sie am Kirchenmarkt zum ersten Mal sprechend vor der Gemeinde stand, mit und für sie sprechen konnte – wusste sie, dass sie ihre Entscheidung bisweilen gewiss nicht bereute und schöpfte neue Kraft für die neuen Aufgaben auf für sie neuen Wegen.

Lernen. Seinen Platz in der Komposition finden.

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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 16 Okt 2015 20:01    Titel:
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... ist das Gefühl.

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Die Kirche war ein Ort der Stille, an welchem die Stille etwas Erhabenes an sich hatte. Eine Stille, welche Gedanken und Gefühle laut werden ließ und Frieden durch Einkehr schenkte. Diese Steine, welche den Raum einschlossen, waren mehr als Wand des Widerhalls: Sie waren Zeugen der Zeit, Zuhörer jedes Wortes und Gedankens, sie waren berührt vom göttlichen Licht und erinnerten jeden Besucher an das Sakrale, das Demütige.
Ihr voran ging Hochwürden Aurea und platzierte sich mit einem wohlwollenden Lächeln vor der Fensterfront, welche das Licht der Welt in die erhaben hochragenden Mauern brachte. Jeder Schritt, jedes Rascheln einer Robenfalte brachte seinen Sang in das Kirchenschiff ein. Im Mittelgang stellte sich die Novizin auf, sodass sie die Priesterin und das sakrale Fenster vor sich hatte. Aber ab nun war es nicht mehr an ihr die Welt zu sehen, wie sie auf den ersten Blick erschien. Und als sie die Augen schloss, so fand sie sich nicht in der Dunkelheit wieder sondern begegnete der Lichtherrin.

Es mochte schwer sein jemand anderen zu beschreiben, was in diesem Moment des Entfachens des Lichtes und Feuers in ihrem Inneren passiert war. Wie sollte man jemanden beschreiben, wie die Stimme der Göttin klang? Wie all die Stimmen um sie herum klangen, die wie ein Chor, eine Traube aus Gestalten, alles umgab? Man konnte sich fürchten, gewiss. Oder man erkannte die wohle Sicherheit im Kreis zu stehen und die Geborgenheit. Ja, ohne dass es ausgesprochen wurde wusste sie wer diese Stimmen waren, die im Licht wandelten und für sie lachten und wisperten. Und ein Lachen war so wundervoll, so unglaublich und schmerzlich, dass sie sich wünschte es wäre wie bei der anderen Novizin Blut geflossen und nicht die salzigen Tränen, die über ihre porzellanweißen Wangen rollen wollten und doch in den Wimpernkränzen tapfer verlaufen waren.
Die Herrin wandelte in der hintersten Ecke ihrer Seele und berührte ihre größten Lieben, Hoffnungen und Ängste. Temora wusste von dem zerreißenden Schmerz, der Hilflosigkeit und Ohnmacht, die Johanna vor einigen Jahren fast in den Abgrund ihrer selbst gerissen hätte – und diese Göttin war es gewesen, die Johanna die Kraft geschenkt hatte aus dieser Dunkelheit zu treten und zu akzeptieren, dass ein verlorenes Leben in die schützenden Hände und die Wärme des ewigen Lichtes gegeben wurde. Eine Gewissheit, die für einige Momente das Gefühl von überwältigenden Frieden schenkte.
Wie sehr wünschte die Rothaarige sich, sie könnte dieses Gefühl ewig festhalten allen ins Herz legen wie einen Samen, damit sie spürten, was der Glaube an Temora bedeutete: Erfüllung, Frieden, Dankbarkeit – für einen Moment seines Lebens unbesorgt in den Händen des Urvertrauens liegen. Aber das bedeutete es nicht allein. Es war der Lichtschimmer, den man entgegen strebte und für den man etwas tun musste, für sich und für andere. Der Weg der Tugenden war keiner der geglättet da lag und ohne Hindernisse angeboten wurde. Er war nicht bequem.

Man hatte ihr einen Funken in die Brust gesetzt, um im Licht zu wandeln und es auf die schweren Wege mit sich zu nehmen. Man hatte ihr das Licht in ihre Augen gelegt, einen Hauch von Gold in ihren Iriden, um deutlicher sehen zu können.

Es fing gerade erst an.


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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 15 Nov 2015 10:51    Titel:
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... ist die richtige Frage.

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Es war eine schwierige Frage, weil sie so umfassend sein konnte, sich an die kleinen Dinge schmiegen und die großen ausfüllen sollte. Was bedeutet der Glaube, warum sollten wir glauben und was bringt es uns und dem großen Ganzen – wo steht der Einzelne, wo berührt die Göttin und wo muss die Hoffnung durch die Zeit des persönlichen Leids den Glauben vorantragen? Und wo trägt uns der Glaube über die menschlichen Grenzen hinaus? Dass sie sich mit diesen Fragen auseinander setzte war vermutlich schon unbewusst der Schritt zur Erforschung was der Aspekt der Geistigkeit in den Reihen der sieben Tugenden bedeutete. Es brauchte Zeit um zu denken und die Ruhe und Geduld sich auf Prozesse und Konstruktionen einzulassen, die keine direkte klare Antwort bringen wie eine logisch aufgebaute Rechnung. Das persönliche Empfinden war eine schwierige Variable, die sie manchmal direkt oder auch verborgen in der Gemeinde erfragte, wie auch bei jenen, die sich unsicher waren wie sie zum Glauben standen. Alles waren es fruchtbare Antworten, denn wie konnte unter dem Aspekt der Einzigkeit eines jeden eine falsche dabei sein?
In ihrem Aufsatz würde sie nicht jede Frage für jeden befriedigend beantworten können – aber darum ging es nicht. Es ging nicht darum die Antwort zu liefern und wohl vielmehr eine Hilfe zu bieten die Frage für sich selbst beantworten zu können, so glaubte sie es.

Manchmal war es einfach nur die richtige Frage, die zählte… Fragen, die sie sich auch selbst stellen musste. Eigentlich hatte sie nie gewollt, dass Gespräche über den Glauben oder die Sorgen des Lebens sie an eigene Erlebnisse erinnerten, weil sie sich wünschte, dass ihre Gedanken ganz und völlig allein beim Gegenüber waren. Doch wenn sie nur ein Ding wäre, eine Statue oder ein Bildnis, eine kalte weiße Wand, so wäre sie nicht fähig Gefühle zu verstehen, Empathie zu entwickeln und einen Bezug herzustellen. Vielleicht musste man erst verstehen was es bedeutet Schuld zu tragen um über Schuld zu sprechen, wissen was es bedeutet verlassen zu werden oder zu verlassen um zuzuhören statt zu urteilen. Zu sagen: du bist nicht allein damit und deine Gefühle sind nicht falsch – kann ein Trost sein. Womöglich war es nur ein geringer Trost für Elaric, aber sie wollte nicht, dass Wut und Schuldgefühle sich zu einem selbstzerstörerischen Gebilde verbanden, wo er keine Schuld zu tragen hatte am Verhalten seiner Verlobten. Warum sie ging, darüber würde Johanna nicht urteilen, denn sie war keine Richterin und bestimmt keine weltliche. Sie konnte nur anhand der sieben Tugenden erfragen, wo so viel unnützer Schaden an den Seelen anderer und der eigenen hätte vermieden werden können. Ein jeder stand in der Pflicht bei sich zu bleiben und sich anhand seiner eigenen Verhaltensweisen zu beurteilen und sie nicht allein als gerechtfertigte Folge einer Reaktion auf das Verhalten eines anderen zu betrachten.

Der Gläubige sollte nicht mit Unrecht auf Unrecht antworten. Und wieder war sie in einer weiteren These verschwunden, während ihre Finger den Kohlestift über das wertvolle Papier führten um den Hengst aus dem Gestüt des Bauern Forstbach darauf Gestalt zu schenken – während dieser dazu neigte nicht recht still halten zu wollen.

Wann hielt das Leben auch schon einmal still?


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(ooc: Zeichnung von po-Johanna Hohenhain)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 14 Dez 2015 21:15, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 14 Dez 2015 21:13    Titel:
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... ist die Geduld.

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Worte holten sie aus ihren Gedanken heraus, die sie nur kurz hatten abschweifen lassen und so schlug der Blick ihrer vom Licht berührten Augen wieder zu Aurea auf, die einige Worte mit Antorius tauschte. Gleichwohl war sie schnell wieder am Punkt der Diskussion angelangt und fügte ihre eigenen Vorschläge zu den anstehenden Messen an. Die Planung lief bereits eine Stunde und man war in der Priesterschaft sehr bemüht die Aufgaben zu verteilen, um der Gemeinde gerecht zu werden. Viele Schreiben, viele Pflichten und Sorgen.
Immer wieder ging ihr Blick wieder von der vor ihr aufgeschlagenen Mappe zu der im Sessel sitzenden Hochwürden auf, nur um eine Partie ihrer Gesichtszüge genauer zu betrachten und zu erfassen. Aurea war sich wohl nicht bewusst, dass sie unter einen solchen Beobachtung stand und so bewegte sich ihr Kopf, spielte die Mimik, formten ihre Muskeln die Regungen ihrer jungen Züge. Ihr Haar lag anders als zuvor, das Kinn war einmal etwas tiefer oder höher gehalten. Doch Johanna hatte die Geduld abzuwarten, zu beobachten und dann im richtigen Moment mit dem Silberstift die Linie zu setzen und eine Idee festzuhalten, die sie vom Gesicht ihrer Gegenüber gewinnen konnte. Das Zeichnen lenkte sie nicht ab, es war ihr ein Fokus, ein Anker und keinerlei Hinderung ihren Beitrag zu leisten und sich tiefer mit den Abläufen auseinander zu setzen. Auch wenn die Form der Kommunikation nicht bei jedem auf derselben Ebene lag, so war es ein vertrautes Umfeld und Hochwürden Aurea hatte das Gespräch zwischen den vier anwesenden Temoradienern im leisen, aber beständigen Griff. Aurea gab ihr auch keinerlei Zweifel an ihrem Zutrauen und übertrug Johanna die Ehre in einer großen Messe die Predigt zu halten.

Es war nur ein kurzer Moment des Durchatmens aufgekommen, als der Krieg durch die Winterstürme beendet wurde und es ein paar Tage brauchte, um das Chaos zu ordnen. Nun musste man bestrittene Wege zu Ende führen.
Wo Johanna im Krieg keine Streiterin sein konnte, so konnte sie mit ihren Worten und ihrem zuhörenden Ohr eine Stütze darstellen. Wo die Orientierung fehlte, da schöpfte sie den Mut vor die Trauernden zu treten und als Schülerin, als jung im Dienst stehende Akoluthin, eine Messe zu halten. Sie hatte Angst falsche Worte zu wählen, aber an ihrer Seite stand das Vertrauen und die Zuversicht ihrer Brüder und Schwestern, die ein viel sicheres Bild von ihr haben mochten. Beerdigungen, Trauer, Verluste. Nichts hat je mehr Wunden in sie geschlagen als der Tod von zwei geliebten Menschen. Aber ihre Wunden sollten allein heilen, im Hintergrund und mit dem heilenden Balsam der Herrin Segen und Gabe.
Sie musste sich nun auf die Trauer anderer konzentrieren und sie wusste wie wichtig es für sie und ihr weiteres Leben war einen Abschluss zu finden, mit dem man weiter leben konnte. Damit das Leben ‚normal‘ weiter ging. Was für ein wirres Wort.

Es war nicht einfach die Waage zu halten, wenn es darum ging sie selbst und die Dienerin im Namen der Herrin zu sein – so zumindest wollte man es ihr den Anschein machen. Letztendlich floss alles was sie menschlich darstellte mit in ihre Berufung ein und wenn diese Berufung für sie bedeutete, ihren Fokus auf dem Weg zu Licht zu richten und auch ihre persönlicheren Interessen danach auszurichten. Ihrem Schatten, jenem gelockten wortgewandten Mann, mochte es nicht ganz gefallen. Ihm mochte ihre Robe nicht zusagen, aber zumindest bemühte er sich scheinbar an ihr menschlich etwas zu erkennen und eben dies noch manches Mal hervorzulocken. Es erinnerte sie daran womöglich noch Teil eines anderen Lebens zu sein, das neben dem Kloster weiterging. Sie war sich nur nicht sicher, wie tief sie Teil davon sein konnte und ob die Wunden bereits zu genüge geheilt waren um aus diesem Schutz herauszutreten.
Dort, wo sie war, fühlte sie sich richtig. Und selbst wenn die Lasten schwer wogen und sie die Trauer und die Erwartungen vieler auf ihren Schultern spürte, so fühlte sie sich dem gewachsen – sie wuchs mit den Verantwortungen und mit dem Vertrauen, das man ihr schenkte.
Es war notwendig, für jeden.
Vertrauen.
Glauben.


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(ooc: Zeichnung von po-Johanna Hohenhain)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 14 Dez 2015 21:15, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 29 Jan 2016 21:43    Titel:
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…die richtige Vorbereitung.

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Mit dem schmalen, leicht gebogenen Spachtel holte sie aus der Dose ein Häuflein weißen Pigments heraus und brachte es mittig der Glasplatte auf. Sie verwendete Bleiweiß statt Zinkweiß, da sie vor hatte heute deckend zu arbeiten. Weiß war bei einem Winterbild eine der dominierenden Farben, neben feinen Nuancen von Braun, Grün, Ocker und Schwarz. Und da sie ihre Farben alle noch frisch anreiben musste war es klug mit der hellsten Farbe zu beginnen, da sie die Glasplatte nach jedem Anreiben eines Farbtons reinigen musste – sie hatte nur die eine hier im Kloster. Ein Hauch Weiß mochte sich im braunen Pigment verlieren, doch ein wenig restliches Grün, das sich nicht sauber abwischen ließ, im frisch angeriebenen Weiß und der klare Ton war verloren.
Das Leinöl bewahrte sie in einer abgedunkelten braunen Flasche auf, um es vor Licht zu schützen. Ein Glaskorken steckte im kurzen Hals, wurde herausgezogen und auf einem Tuch abgelegt. Ein kleiner Schluck genügte zuerst, nur ein paar Tropfen zum Pigment hinzugegeben, ehe sie mit einem spitz zulaufenden und nach hinten breiter werdenden Spachtel die einzelnen Komponenten zu einer Masse zusammenzuschieben und zu streichen begann. Wie körnig der Brei war konnte sie hören, wenn das Metall ihres Spachtels das Pigment über die feste Glasplatte schob. So nahm sie sich den Stößel aus der Kiste und begann den zuvor auf einem Häufchen zusammengepferchten Brei mit weiten kreisenden Bewegungen zu mahlen – über die gesamte Fläche hinweg. Nach einer Weile schob sie alles mit dem Spachtel wieder zusammen und gab nochmal zwei Tropfen Öl dazu, ehe sie die Prozedur geduldig wiederholte. Allein für das Anreiben von Farben ließen manche Meister ihre Schüler jahrelang üben, ehe es hieß, sie beherrschten ihr Handwerk gut genug.
Je besser und sorgfältiger man das Malen vorbereitete, desto leichter und kunstvoller konnte es letztlich von der Hand gehen und je weniger Korrekturen und Probleme hatte man noch zu lösen. Es begann mit der Vorbereitung des Bildträgers und endete beim letzten Überzug.
Vieles war leichter, wenn die Grundlagen da waren. Wenn etwas bereits mit Sorgfalt vorbereitet worden war.

Das Malen half ihr an diesen Tagen ihren Geist zu befreien und ihre Gedanken zu fixieren. Sie konnte konzentriert arbeiten ohne sich angestrengt zu fühlen, ihren inneren Monologen und Dialogen folgen ohne dabei zu spüren wie die Zeit wirklich dahinging, bis das Kerzenlicht nicht mehr ausreichte ihr eine getreue Farbigkeit zu zeigen.

Es gab genug vergangene Ereignisse, die eine verinnerlichende Ruhe forderten. Sei es die doch eher schockierende Erkenntnis, was man sich in Lichtenthal an Anmaßungen gegenüber den Glauben an Temora und ihrer Priesterschaft leistete oder die schaurigen Geschichten über die Ereignisse um einen vermutlich recht blutdürstigen Dämon, der kleine Kinder verfolgte. Nachdem sie Matthi kennen gelernt hatte musste sie unweigerlich noch häufiger als gewöhnlich an ihren Sohn denken, darüber wie er damals in diesem Alter war, noch keine zehn. Er war wesentlich anhänglicher gewesen, ganz vernarrt in seine Mutter. Doch seinen Vater hatte er angehimmelt. Diese große, starke Gestalt die immer wieder in das Leben des Jungen trat, mit großen Geschichten von Abenteuern. Ehe es ihn dann wieder zurück in den Krieg zog und sie allein mit seinen Söhnen zurückblieb.
Sich stets zu sorgen gehörte dann zum Leben dazu... und Frieden zu suchen im Glauben an die Lichtherrin, in sich selbst...

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(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain)
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 11 Apr 2016 13:39    Titel:
Antworten mit Zitat

…die Erinnerung.

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Heiß und trocken drang ihr der Atem über die ausgetrockneten Lippen. Sie ging dazu über die Luft angestrengt aus der Nase auszustoßen und war erleichtert darum einen Moment der Ruhe zu finden und die Maske abziehen zu können. Die kühl-moderige Luft der Höhle ließ sie den Schweiß auf ihrer Haut spüren, der sich unter dem Lederschutz gebildet hatte. Die Haut schmeckte salzig.
Ihre Muskeln brannten und wogen schwer, die Muskeln im ihre Knie verlangten zitternd einen Moment des Tributes. Die Angst ließ nach. Der Verstand kehrte zurück, nachdem der Leib einfach nur reagierte. Hinter ihnen lagen zwei Giganten, mit ausgestreckten Gliedern, ihr Blut in der Dunkelheit der Höhle nur ein Schattenfleck. Erlöste Seelen. Sie hörte Stimmen. Die ihres Begleiters, der ihr gut zusprach, eine, die fragte ob sie bereit sei. Bereit. Stets bereit Ihr zu dienen. Und die Welt löste sich auf, verschlang die Geweihte und zog sie fort aus den Gemäuern der verdammten Kreaturen. Der dumpfe graue Schleier löste sich auf und wo der Boden sich unter ihren Füßen hart und steinig angefühlt hatte, federte nun weiches Gras unter ihren Sohlen. Wo Blut und Moder ihre Nase berührt hatten, war es nun die Frische von Fauna und Flora – Sonnenlicht strahlte ihr in das edelblasse Gesicht und ließ sie blinzeln. Und dann vernahm sie eine Stimme, zufrieden und betrübt gleichermaßen, erfüllt von Geschichte und Güte. Die beiden Frauen standen sich im Steinkreis gegenüber, Blicke, die einander berührten, Worte, die sich verwebten, Eindrücke, die sich tief in die Herzen bohrten.

„Ich verstehe nun, warum ich gesandt wurde.“
„Nur eine Tür weiter.“
„Ich werde dich niemals vergessen.“


Es wurde nicht weltlich geprüft. Die Boten griffen tiefer, tief in die Seele, tief in das Wesen, welches sie menschlich darstellte. Fragen peitschten gegen ihr Selbstbildnis, forderten die Wahrheit, streichelten das Herz und verlangten nicht mehr als Ehrlichkeit, wie schmerzhaft und zerreißend sie sein mochte. Und alles war Trost und Stärke und die Dunkelheit keine Bedrohung im Schutz und Segen Temoras. Glaube. Hoffnung. Stärke. Einen Schritt weiter. Sicheres Geleit.
Der weiße, gleißende Adler erhob sich und mit weit gebreiteten Schwingen stürzte er sich auf sie, prallte in ihren Körper und verschmolz mit ihr. Das Licht rann brennend durch ihre Adern, durch die Winkel ihres irdischen Körpers und verschmolz mit ihrer Seele. In der Feuersbrunst spürte sie die Göttlichkeit, den Moment der absoluten Erfüllung, jenen Augenblick, an dem alles gut und richtig sein würde. Ein unbezahlbares Geschenk.

Sie erwachte. Erwachte mit dem Bild des Adlers, der sich in Licht auflöste, dem Boten der Herrin. Der Traum war zuende und wirkte noch einen Moment nach.
Mittlererweile war sie in eine der oberen Kammern umgezogen, so wie Florentine schon eine Weile vor ihr. Sie hatte das Zimmer zum Inneren gewählt, zum Baum des Lichtes hin. Langsam glitt sie aus dem Bett und zog sich eine Wolldecke um ihre Schultern – die schlanken, hellen Hände hielten die Zipfel vor der Brust geschlossen. Nur ein Schritt war es für sie um an das Fenster zu kommen und es nach innen zu öffnen. Nur ein Blick war es für sie, den es brauchte um den Lichtbaum in der Mitte des Kreuzganges auszumachen. Sein warmes Leuchten, seine beruhigende Aura des Lichtes, das den Sternen am nächtlichen Firmament antworten wollte. Leise rauschte das Wasser über die Ableitungen, durch den seitlich verlaufenden Bach. Eine Klosterwache rief der anderen etwas zu, die Worte wurden jedoch von der Nacht verschlungen. Eine kostbare Idylle.
Die jüngst geweihte Diakonin schlüpfte in die Hausschuhe, die Alvrina ihr gefertigt hatte und verließ die vertrauten und verschlafenen Räumlichkeiten.

„Ich werde dich niemals vergessen.“


Die Brosche in Form einer Waage zwischen ihren Fingern nahm sie nun für eine Stunde Zeit an einem verborgenen Ort der Erinnerung, der letzten Ruhe zu weilen. Und statt zu trauern lächelte sie und dachte wie versprochen an jedes Wort, dass ihr die Frau im Steinkreis geschenkt hatte.
Und sie fühlte, dass es nur eine Tür war.


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Florentine Demarkes


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden)
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 30 Apr 2016 18:34    Titel:
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Vieles war am gleichen Tag geschehen, als hätte es so aufeinander folgen müssen. Eine geraume Zeit hatte sie sich am Abend mit einem Mann aus dem Herzogtum darüber unterhalten, was der Kodex der Ritterlichkeit für ihn, sein Leben und seinen Dienst bedeuten könnte. Manch einem mochten diese selten thematisierten Tugenden zu abstrakt wirken, wurden als ein unglaublich hohes Maß gesehen, das die eigenen menschlichen und charakterlichen Fähigkeiten überstieg. Als sei diese Tugend nur etwas für Ritter – jene Männer und Frauen, die durch ihre Leite in den Schwertadel eintraten und damit vorbildhafte Verantwortung übernehmen sollten, im Dienste der Krone. Es ging um den ritterlichen Menschen. In einigen Kreisen wurde es aber lediglich den Adlerritter zugesprochen, als wollte man mit einem verschwundenen Titel diese Leitgedanken vom Weg nehmen, die von Temora entsandt wurden. Danach handeln, wenn es beliebte, aber die Gültigkeit nicht anerkennen. Der ritterliche Mensch lag in jedem, geboren durch den Glauben an eine ritterliche Göttin. Jedoch gab es keine Einheitlichkeit, aber in welchen Dingen gab es sie schon? Johanna würde bald mehr darüber erfahren, mehr als das, was ihr Ritter seinen Knappen und auch ihr darüber erzählt hatte. Und Verständnis war wichtig.
Johanna versuchte an diesem Abend jenem Mann, der bei ihr saß, verständlich zu machen, dass es keinen Rang oder Titel brauchte um ein Vorbild zu sein, dass sie alle von anderen gesehen wurden, aus den unterschiedlichsten Winkeln – ja, dass ein jeder auf seine Weise Einfluss nähme, mit vielleicht manchmal nur einem Blick, Wort oder einer Tat. Als Vater, Kamerad, Freund, Gefährte, Nachbar – als Fremder. Im Guten, im Schlechten. Und doch sah man sich stets zum Guten hin bemüht.
Nur wenige Stunden später forderte die Nacht noch die Diakonin auf sich selbst an den Tugenden zu orientieren, als die Alarmglocken wie ein Lauffeuer durch das Herzogtum hallten. Die Klosterwache begleitet sie in einem raschen Galopp durch die zwischenliegenden Waldstücke und suchte mit ihr die Quelle des Lärmes, der Gefahr verkündete und um Hilfe rief. Schon lange waren es nicht mehr die Glocken, die lockten, sondern ein unmenschlicher Pein erfüllter Schrei, der selbst den Boden zittern ließ. Als sie das Gesuchte fanden war es jedoch bereits zu spät. Nun aber lag er dort umringt vom Regiment, dem Baron und herbeigekommenen Kaluren. Schwarzer Qualm stieg aus seinen Körperöffnungen, die nicht mehr als schwarze Löcher darstellten. Tote, dunkle Höhlen, eine perverse Offenbarung eines widernatürlich grausamen Todes. Und es stank nach verbranntem Fleisch und Innereien. Ihr wurde schwindel und schlecht, es stieg ihr regelrecht bis in den Hals hinauf. Blickte sie in die Gesichter um sich, waren sie betroffen, aber wirkten dennoch gefasst. Vermutlich hatten sie bereits zu viel gesehen – im Gegensatz zu ihr. Es brannte ihr im Halse, doch fing sie sich und hörte nur die Bitte dass sie Temora herantreten möge. Und nichts wollte sie in diesem Moment lieber tun, als die Sicherheit in ihrem Licht wieder zu erlangen. So blieb sie stark und bei Sinnen, ging neben dem Toten auf die Knie und schloss erleichtert die Augen. Doch nicht um fortzusehen.
Temora erhörte ihre Bitte und offenbarte ihr eine gänzlich neue Sicht, ließ sie erkennen, dass sich nichts regte, nichts außer dem greifenden Gefühl von Gier. Was auch immer hier war, es verlangte über alle Maße. Verstört trat sie zurück und konnte nun nicht mehr tun als dämonisches oder göttliches Wirken auszuschließen und ein Gefühl als Präsenz zu bestätigen. Klosterwachenanwärter Mederic wich seiner Pflicht nachkommend nicht von ihrer Seite. Und ehe sie sich überhaupt selbst versah, wurde sie von der Ritterschaft zusehends mehr ins Geschehen integriert, wurde gebeten nach den jungen Magiern zu sehen, den Erwachten, die im Lehrhospital weilten. Aus dem Weg zum Hospital für die Seelensorge erwuchs die Aufgabe sie in Sicherheit zu bringen. Wo sie zuvor noch zu zweit gingen folgte ihnen alsbald ein größerer Trupp an Regimentlern, die als Schutzbegleitung abgestellt wurden. Und ehe sie begriff, wo sie war und sich ihr Verstand wieder klärte, stand sie umringt von hektischen Wortwechseln, Aufforderungen, Verneinungen, Unsicherheiten und zeitlichen Drängen vor zwei fremden jungen Menschen. Und dann standen Raum und Zeit still und kein Chaos vermochte mehr von außen auf sie einzuwirken. Von welcher Seite auch gerufen wurde, sie hörte nur die Worte der ihr Anvertrauten und ihre Stimme drang zu ihnen hindurch. Offenbar war es ihr gelungen sie zu überzeugen mit in die Arcana zu kommen, wieder alles vertraut Gewordene zurückzulassen in der Zeit von Angst und Sorge im Angesicht eines nicht zu greifenden Feindes. Und sie hatte die beiden auch nicht allein gelassen, bis viele Stunden an Gesprächen in der magischen Akademie vor Bajard vergangen waren. Saß still und gerade, einem starken Arm gleich, bei ihnen und versuchte nur den Schrecken nicht über sie herkommen zu lassen.
Erst als Mitternacht schon weit, weit hinter ihr lag schaffte sie es zurück ins Kloster. Sie schämte sich nicht dafür, dass sie am Baum niederkniete und sich die Zeit nahm zu weinen und so ihrem Mitgefühl Raum zu schaffen – jetzt, wo sie allein war, nach der Zeit der trockenen Tränen, als Mensch zum ersten Mal ein solches Bild verarbeiten konnte. Sie war nicht stählern geboren worden, nicht kalt und unberührbar. Und es machte sie vor allem nicht schwächer als andere.
Als ihre Seele danach erst einmal Frieden gefunden hatte für den Rest der Nacht, begann sie wie versprochen für das Seelenheil des Verstorbenen zu beten, bis das erste Sonnenlicht die Blätter des Lichtbaumes kitzelte.

Zwei Wochen später wurde die Leiche ins Kloster gebracht, bekam einen Namen, ein Leben, eine Herkunft. Larkin Valdar, 19 Jahre alt, Dornwald, die Eltern waren Händler. Und er bekam eine angemessene Beerdigung.

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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 17 Mai 2016 17:24    Titel:
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... ist der richtige Lichteinfall.

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Sie wusste nicht ob es richtig oder falsch war so etwas wie Wohlsein zu empfinden. Sie genoss es in einem unerwarteten Maße in einem Wohnhaus in Schwingenstein zu und sich in einem gänzlich unbekannten Lebensabschnitt zu bewegen. Sie hatte noch nie ohne die Familie gewohnt und ging davon aus im Kloster zu bleiben. Vielleicht war es nur eine Illusion, eine kleine Täuschung oder eine Einbildung, die sie für sich geschaffen hatte – aber es schenkte ihr ein wenig Frieden, der sie von der anhaltenden Trauer ablenkte. Anderthalb Jahre waren keine Ewigkeit.
Das Atelier war so gut wie fertig eingerichtet und was noch an Leimen und Pigmenten fehlte, würde Johanna nach und nach erwerben müssen. Es war ihr beinahe, als ginge sie einen Schritt in ihrem Leben zurück, einen sehr weiten, als sie in Burg Grauklipp eine Nische für sich einrichten konnte. Als wäre dort nun etwas wieder zu ihr zurückgekehrt, das sie in der alten Heimat hatte zurücklassen müssen und was ein Teil von ihr gewesen war. Ein Teil dieser Johanna, die existierte, bevor sie von Temora auserwählt wurde. Der wichtigste Eckpfeiler dieses alten Lebens war nicht mehr zurückzubringen, die Stütze, nach der sie neben ihren Kindern das eigene Leben ausgerichtet hatte. Vermutlich konnte sie den Verlust nie gänzlich hinter sich lassen, auch wenn sie damals gemeinsam ihre Höhen und Tiefen gehabt hatten. Aber sie war nicht daran zerbrochen und das Leben ging weiter. Nur ein einziges Mal hatte sie gehofft, es wäre nicht so gewesen, das Leben nicht weitergegangen, doch war dies viele Jahre vor seinem Tod. Nun hatte sie andere Sorgen. Sorgen anderer, die sie mit den Betroffenen teilen wollte. Probleme wurden größer, betrafen mehr Menschen, griffen tiefer in die höhere Welt oder waren doch nur allzu menschlich und irdisch. Und manchmal unnötig. Manchmal ließen sie einen auch hilflos vorkommen oder brauchten mehr Kraft um Verständnis aufzubringen. Doch wie sollte man gegen Probleme angehen, die man nicht verstehen konnte. Die Einstellung gewisser Gruppierungen zum Glauben und der Kirche, Schatten, die Menschen bestialisch töteten und kaum zu fassen waren, missglückte Rituale, zerstörte Akademien – und manchmal nur gebrochenes Vertrauen, das sich anfühlt wie der Einsturz einer ganzen Welt.
Die Gemeinde war sehr groß, die Bereiche weit gefächert und sie beinahe zu wenig Diakone, welche schon gefühlt die Aufgaben eines Priester mit übernommen hatten. Doch im Allgemeinen schien sich nun alles gut zu fügen mit den etablierten Geweihten und neben den großen Katastrophen, den kleinen Geheimnissen (wie Kleinigkeiten in ihrem Briefkasten) und vielen Aufgaben war auch Zeit aufgekommen, einfach einen ganzen Abend mit der jungen, lebhaften Mitbewohnerin auf dem Balkon zu sitzen und sie dazu bringen den Kopf still zu halten, während sie über die Göttin und die Welt sprachen.
Einfach um… das rechte Maß zu wahren und die neu gewonnene Kraft wieder teilen zu können.
Das Leben zu spüren.

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Alvrina Odstedt
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 03 Jul 2016 22:20    Titel:
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…die Endlichkeit.

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Konnte man einen Moment festhalten, ein Gefühl, den Funken einer aufbrennenden Hoffnung, den Gedanken einer Vorstellung?
So vieles hatte sie vergehen sehen, so vieles, was im Inbegriff des Aufblühens, des Schaffens, der Wiederauflebung war.
Doch einiges davon hatte nicht gehalten, hatte nicht festhalten werden können. Und anderes ließ einen schier nie wieder los.
Einige Menschen hatte sie in den letzten Wochen wieder auf ihren Lebenswegen begleiten dürfen und wurde sich stets mehr ihrer Rolle bewusst, die sie gleichermaßen mit Verantwortung als auch mit Zurückhaltung wahrzunehmen hatte. Eine Geschichte begleiten, aber nicht zu sehr Teil dieser zu werden. Eine Hilfe geben, ohne dabei jemanden aus seiner eigenen Verantwortung zu reißen. Das Vertrauen nicht verlieren und dennoch auch zurechtweisen und Kritik üben, wenn sie gemessen erscheint. Und vor allem 'Nein'-Sagen war etwas, was man zu ertragen lernen musste, selbst wenn einem bewusst war, dass man Unmut auf sich ziehen würde. Niemand brauchte zu glauben, dass solche Momente im Üblichen einen Geweihten ein Glücksgefühl verschafften, doch nicht jede Anforderung konnte oder wollte man erfüllen und manchmal stand die Pflicht zum großen Ganzen höher als das eigene Seelbefinden.
In manchen Momenten wünschte sich Johanna sie könnte über vieles frei erzählen, was sie Tag ein und Tag aus erlebte. Aber sie hatte geschworen und war in die Verantwortung gegangen sich bedeckt zu halten und nur dann selbst im inneren Kreis des Klosters darüber zu sprechen, wenn man sie nicht explizit darum bat selbst dort zu schweigen.
Aber das Geweihtendasein war mehr als nur die Seelsorge, hinzu gehörte auch der eigene Weg. Der eigene Weg, der sie näher zu Temora führen sollte, den sie jeden Tag neu beschritt und stets tiefer gelangte. Fragen des Glaubens wurden ebenso aufgeworfen, wie Beiträge geschaffen wurde um das Wesen der Kirche zu erweitern.
Es war wohl nun primär die geistige und auch geistliche Arbeit, welche Johanna suchte und fand. Und in ihr fand diese Arbeit einen Feingeist, der schon früh in ihr erblüht war und sie schon als junge Frau hatte reifer erscheinen lassen, als sie letztlich in allen Belangen war. Viele Dinge, die sie zu jung begonnen hatte, dass sie sich nun manchmal zu alt vorkam, obgleich sie in den besten Jahren ihrer Weiblichkeit stand und diesen Umstand hinter der Berufung versteckte, die sie stets vor und neben sich hertragen konnte. Es ersparte ihr verletzte Gefühle, die auch sie zu haben vermochte.
Das Fest im Berchard, der Tanztee, war einer dieser Abende gewesen. Sie hatte den Wunsch verspürt sich gesellschaftlich blicken zu lassen um ein Teil dieser Mitte zu bleiben und wieder einmal Musik genießen zu können. Und natürlich Tee - immer ein guter Tee. Doch wie sie dort am Tisch saß, umgeben von doch Fremden, die ihrer auch so wenig beachteten wie die einen die anderen, da ereilte sie die Veränderung in ihrem Leben wie ein Band, das sich um ihre Lungen zog. Beklemmung.
Es war dieser eine Moment gewesen, wo sie zur Seite blickte in der natürlichen Erwartung sie würde dort den Mann erblicken, der sie vierzehn Jahre lang begleitet hatte - mit Höhen und Tiefen. Die Gewohnheit, dass er da sein würde, weil er auf Tanzveranstaltungen meist an ihrer Seite weilte. Sie kannte es nur so und alles andere fühlte sich nicht richtig an. Etwas fehlte. Oder das Leben war nun einfach anders.
Alvrina hatte sie hinausbegleitet, als Johanna das Herz zu sehr schlug. Auch die junge Frau war ohne Begleitung erschienen und so war es ihr nicht minder recht gewesen den Spaziergang zu wählen. Auf diesem Weg trafen sie auf Florentine und Nyome, schließlich ein paar Meter weiter erwartete sie Lilian, ein paar Minuten später wollten auch Lucien und Majalin mit jemanden im Hort sprechen und plötzlich ergab es sich, dass sie wie zufällig in der Bibliothek auf dem Boden saßen. Und sich alles wieder richtig anfühlte.
Mitbewohner, Freunde, Bekannte, Nachbarn. Vertrautheiten.
Es fügte sich zu dem zusammen, was ein Mensch Heim zu nennen vermochte.
Und all dies war schmerzhaft endlich und konnte nicht festgehalten werden. Es sei denn man räumte diesen Moment ein Bild ein, ein flüchtiges, das sich jedoch irgendwo in der Seele festhielt und die Seele, ja, die war unendlich in Temoras Güte.


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Berg Nilzadan und Klosterkirchturm


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Acrylmalerei)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 04 Jul 2016 14:21, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 24 Okt 2016 15:53    Titel:
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…sind die Träume und Visionen.

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Die zarte, so friedliche Geräuschkulisse war berauschend. Die Blätter umliegender Bäume bogen sich unter den Aufschlägen der Regentropfen und brachten das herbstlich verliebende Blattwerk zum mehrstimmigen Singen. Kraftvoll untermalte dies das Trommeln der Regentropfen auf dem Vordach und wurde vom Rauschen des angestiegenen Baches der Klosterquelle begleitet. Der einvernehmliche Duft von verbranntem Holz der Kamine und Öfen wurde von den Duftnoten nasser Erde und feuchten Laubes zur Hälfte abgelöst. Ein kurzes Flimmern von Heimatgefühl brachte ihr Herz zum Schlagen.

Johanna hatte sich trotz aller Kälte seit einiger Zeit nun auf das Sofa vor ihrer Haustür zurückgezogen, saß im Freien unter dem Vordach und fand als Schutz vor den kühlen Winden nur das Geländer und die Rückenlehne des Sofas zu ihrer Linken wieder. Die zwei wollenden Decken aus Alvrinas Bestand hielten sie doch recht warm, auch wenn sie sich tief darin vergraben musste. Ab und an nur stahl sich ihre schlanke Hand aus der warmen Stoffhöhle, um hier oder dort einen Strich oder ein Wort auf das Pergament zu setzen, das sich gegen ihre angezogenen Beine lehnte. Viel zu tun. Und alles wollte auch getan werden.

Als sie die letzten Male hier draußen gesessen hatte, waren ihr oftmals die Tränen gekommen, ohne dass sie dieses Gefühl beherrscht hatte oder beherrschen wollte. Der Drang für sich zu weinen fühlte sich gesund an und zumeist störte sich auch niemand daran oder an ihr. Für die Trauernden sollte sie die Tröstende sein, aber auch sie ließ der Verlust von Florentine und Lilian nicht unberührt. Unzweifelhaft waren ihre Seelen gemeinsam den Weg gegangen und würden sich im gütigen Licht Temoras wiederfinden. Ihnen stand nie wieder ein Leid bevor. Weinte man also darum, dass diese beiden Frauen das Leben mit seinen Freuden und Widrigkeiten nicht fortsetzen konnten, oder weil der eigene Lebensweg sich nun ändern würde? Johanna vermisste beide furchtbar.
Es war nun zwei Jahre her, dass sie Burg Grauklipp verlassen hatte, ein Jahr, dass sie auch ihre Heimat Eschenwege zurück ließ und ebenso lang, dass ihre kleine Familie sich verstreut hatte. Das hier, das Kloster, sollte ihre neue Heimat sein und in diesem einen Jahr gehörten Florentine und Lilian zu ihrer kleinen ‚Familie‘ und hätten in ihrer eigenen Vorstellung mit ihr hier alt werden sollen. Was an klösterlicher Gemeinschaft für sie da war, war fortgebrochen. Sie vermisste die Scherze, sie vermisste die süffisanten Kommentare, deren Ernsthaftigkeit manchmal stark anzuzweifeln waren, aber auch die klaren Worte, die besondere Art beider Frauen – auch die kleinen Mordanschläge.

Ein wenig erschöpft anmutend lehnte die rothaarige Frau ihren Kopf an das Polster der Rückenlehne und schloss ihre bernsteinschimmernden Augen. Hell und frisch wirkten ihre Züge, die Wangen und ihre feine Nase von der Kälte gesund gerötet. Nicht immer war ihr anzusehen, dass sie zweiunddreißig Jahre alt war, auch wenn das manchen fast greisenhaft vorkommen mochte während andere noch eine ganze Zukunft und einen Neubeginn prophezeiten. Das Leben ging noch weiter, für sie persönlich, zwischenmenschlich und auch auf den Pfaden der Herrin, von der sie sich gehalten und gestützt fühlte. Aber es würde bei weitem kein Leichtes sein. So versuchte sie sich zumindestens an den Erinnerungen festzuhalten.


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Seerosen am Rittersee


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Acrylmalerei / Mehr auf ihrem Charakterprofil)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 24 Okt 2016 15:55, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 05 Nov 2016 17:48    Titel:
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... hinter der Vorstellung eine andere Wahrheit zu erkennen.

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    Eine Rasse geschaffen, um einem einzigen Gott zu dienen. Albtraumbehaftete Namen, Fratzen zu düster wie die Schatten, aus denen ihre Seele geformt wurden. Tötliche Kreaturen, die kein Mitleid kennen, keine Menschlichkeit, keine Moral und keine Tugend. Nur das Wort Alatars, das sich mit Messern in ihren Körper brannte. Sie waren blutrünstige Jäger auf der ständigen Suche nach Opfern für ihren einen wahren Herrn. Ihre Sinne übersteigen die der Menschen, ihr Gehör vernimmt das ängstliche Schlagen eines Herzens bereits aus der Ferne, ihre Nasen wittern lüstern die Herausforderung. Doch das Gefährliche an ihnen soll ihr Verstand sein. Sie sind nicht klüger als Menschen - nein -, aber sie denken anders, sie denken... frei von Gefühlen, logisch und berechnend. Kalt.


Das waren die Geschichten, mit welchem Johanna über die Letharen aufgewachsen war. Der Albtraum eines jeden Kindes und der Schrecken der Realität eines erwachsenen Menschen, die sich diesen Mythen gegenüber stellen mussten.

Johannas erste Begegnung, in welcher sie einem Letharen offenkundig als Feind aus dem Ostreich gegenüber stand, und sie auch das erste Mal sprechen hörte, zerstörte dieses Bild, schuf eine wesentlich irritierende Realität. Eine... enttäuschende.

Die zwei Wochen der Knappen im Kloster der Lichteinigkeit sollte mit einer Pilgerreise zu den Schreinen ihr Ende finden und so waren sie zu siebt warm gekleidet und sicher mit Rüstwerk und Waffen ausgestattet auf die Reise gegangen. Ihre Wege führten sie, beritten, zu den Schreinen der Sieben. Allgemein hatte dieser Ausflug schon etwas an sich, was ihn von ihren vorigen Reisen unterschied. Er war zeitlich gedrängter, er war wortkarger, ein wenig unstrukturiert, was die Reitwege anging. Ab und an ging ihnen sogar ein herumirrender Knappe verloren, der die Standpunkte der Schreine nicht kannte. Beide aber hatten sich ihre Gedanken zu den Tugenden gemacht und sie vortragen können. Die einen freier, die anderen mehr aus Büchern entnommen. Aber die Mühe und Respekt war da gewesen.

Woanders fehlte er gänzlich.

Auf der ganzen Wegstrecke waren sie niemanden im Westreich begegnen, doch zufällig hatte es zwei Letharen am Schrein der Geistigkeit vorbeigezogen, als sie dort für einen Moment innehielten. Sie wären nicht lange geblieben, vielleicht noch drei Augenblicke. Aber das Schicksal meinte es wohl anders mit ihnen. Alarmiert hatten sie sich aus dem Schrein herausgezogen und den Rücktritt angetreten, den Lady Helisande höflich eingeleitet hatte. Man wäre bald fort, respektiere die Grenze und würde das fremde Gebiet verlassen: Ohne Ärger. Und das war ein angemessenes Angebot in Anbetracht, dass ihre kirchliche Truppe nicht zur zahlenmäßig überlegen war, sondern auch durch drei Geweihte auf göttlichen Beistand in der Nähe eines Temora geweihten Ortes zurückgreifen konnte. Allerdings konnte die Reisegruppe auch nicht wissen, ob nicht doch noch mehr von ihnen in der Nähe waren.
Sie gingen also. Doch wurden sie vor Bajard von den Letharen wieder eingeholt, als sie die alatarischen Grenzen unlängst hinter sich gelassen hatten. Johannas Verständnis griff nicht sogleich, sie schob dies jedoch auf die Unerfahrenheit solcher Situationen.
Als die Letharen jedoch zu sprechen begannen, da verlor sie ganz den Halt und musste sich neu orientieren.

Sie waren nicht nur vulgär, sondern schlicht auf einem Niveau pöbelnd, das sie selbst in abgeranzten Gegenden nicht erlebt hatte - wobei sie nicht viele solche Orte kannte. Die Letharen versuchten zwingend zu provozieren, plump und mit einer herablassenden Fäkalsprache über ihre eigenen Ausscheidungen. Es berührte Johanna nicht. Es lag so tief unter ihrem Ehrgefühl, dass es dieses nicht anzugreifen vermochte. Provokationen mussten mit etwas greifen, was der Wahrheit entsprach und sich auf höheren, empfindsamen Regionen bewegte. Aber das war eher was für Schläger gedacht, die nur einen Grund suchten der Gewalt freien Lauf zu lassen.
Doch verstand sie es noch viel weniger, da die zwei in Unterzahl waren. Drei Kleriker, eine hohe Magierin, eine Ritterin, zwei Knappen... Trotzdem holte die dunkle Brut zum ersten Schlag aus und fand sich wenige Momente später im Dreck wieder. Sinnlos.

Nein, das war keinesfalls befriedigend.




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Buschwindröschenteppich im Wald


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Acrylmalerei / Mehr auf ihrem Charakterprofil)[/quote]


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 05 Nov 2016 17:54, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 31 Jan 2017 11:56    Titel:
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... eine süße Erinnerung.

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Aufgewärmt von dem süßen, schweren Met der Thyren hatte Johanna die Hochzeitsfeierlichkeiten nach reichen Umarmungen und Danksagungen und freundschaftlichen Abschieden verlassen. Obgleich der Mond schon hoch stand und in den meisten Häusern die Lichter erloschen waren, führte es sie nicht direkt zurück zum Kloster, das sich hinter Seen und Wäldern mit Fackeln und Wachfeuern beleuchtet in den Felsen schmiegte und beharrlich auf sie wartete.
Der Weg führte sie zum Kirchturm, dessen schwarze Silhouette sich hoch über die Dächer der meist nicht mehr als zweistöckigen Häuser erhob und mit der Spitze zum Sternenzelt deutete.
Schwer und langsam ließ sich die hohe Kirchenpforte hinter der Geweihten zuziehen und als sie ihren Blick voran schickte, da wurde sie von tiefen Gefühlen ergriffen: Demut, Staunen, Ehrfurcht, Faszination. Imposant hoben sich die Wände in die Höhe, hinauf zu einer Decke, die beinahe in der Dunkelheit der Nacht zu verschwinden drohte. Säulen, kunstvolle Architekturverkleidungen, verziert von blühenden Rosengirlanden, die ihren Duft in der kühlen Luft ausbreiteten. Hier und dort brannten noch immer Kerzen und würden in der Nacht immer wieder ausgetauscht werden, damit das Haus der Herrin niemals in Finsternis stände. Doch das Licht, was die Kerzen verbreiteten, war diffus und dämmrig. Es vermittelte das Gefühl von jener Geborgenheit, die man empfand, wenn man abends mit der Familie in der Stube saß und auf den Schlaf wartete. Es war intim, privat, verbunden mit wohligen Erinnerungen.
Je weiter Johanna zwischen den Bänken durch das Mittelschiff sich dem Altar annäherte, desto lebhafter wurden die Bilder der Erinnerungen, die mit dieser Kirche verbunden waren. Es waren keine Bilder, wie sie vermehrt die letzten Wochen über sie gekommen waren. Bilder von Gesichtern, von Menschen, von ihren Schicksalen, von Geheimnissen und einer potenziellen Zukunft. Diese Bilder hatten sie erschöpft, hatten wahrhaftige Kraft gebraucht und kamen doch wie Gnade und Offenbarung vor ihr inneres Auge. Waren es nur Ahnungen gewesen, solche Gefühle, wie sie selbst die Diakone schon überkamen, wenn Temora ihnen etwas mitteilen wollte? Oder war es das, was Visionen ausmachten? Johanna traute sich nicht zu fragen, was für eine Besonderheit da zuletzt häufig mit ihr geschehen war: Selbst dann, wenn sie die Herrin nicht konkret um ein Bild ersucht hatte, sondern nur an dunklen, klerikalen Einflüssen suchte. Aber geschehen war etwas mit ihr.
Die Bilder, die ihr doch nun hier durch den Kopf gingen, fühlten sich auch lebendig an, gegenwärtig und wahrhaftig, aber es schienen nur Erinnerungen zu sein. Die Hochzeitsgäste auf den Bänken, Nyome auf der Empore mit all ihrer Stärke und Unsicherheit gleichermaßen, Zaedrael in seiner stattlichen Regimentsuniform und seine bildschöne Braut. Die Worte hallten noch wie ein Echo zwischen den hohen Wänden entlang, noch immer schimmerten die Tränen des Glückes in den blauen, heiligen Flammen. Der Applaus, die Freudenrufe, das Schluchzen der unverheirateten Frauen.
Als ihr Blick sich wieder nach vorne richtete, da wollte sie kurz daran glauben Wendel zu sehen, wie er in den Farben seines Hauses gekleidet erwartungsvoll über seine Schulter schaute und darauf wartete, dass die junge Braut von ihrem Vater nach vorne geführt würde. Eine schöne Erinnerung, die ohne Schmerz blieb. Der Blick richtete sich neuen Erinnerungen entgegen.




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Die Sümpfe des Nordens


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Acrylskizze / Mehr auf ihrem Charakterprofil)


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 31 Jan 2017 14:48, insgesamt einmal bearbeitet
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