FAQ Login
Suchen Profil
Mitgliederliste Benutzergruppen
Einloggen, um private Nachrichten zu lesen
        Login
Verse an K.
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » Verse an K.
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 01 Dez 2012 12:22    Titel: Verse an K.
Antworten mit Zitat

Am Morgen sind die nassen Stiefel neben der Tür verschwunden. Es findet sich ein Pergament mitten auf ihrem Schreibtisch wieder.
Die Zeilen darauf sind ordentlich in Abschnitte unterteilt und werfen gleichsam ein Netz voraus, um im Vorbeigehen ihren Blick zu fangen; eine Feder liegt vergessen daneben, so als habe damit gerade noch jemand geschrieben - aber es bleibt völlig still.


1.

Vereinbart an dem unverhofften Orte,
mitnichten mit der Hoffnung im Gepäck,
traf ein Geschöpf von unverhoffter Sorte
ich eines Abends, grad an diesem Fleck.

Als ich ihr Antlitz unverhofft erblickte,
ward schneller mir des Herzens inn'rer Takt:
Ich fühlte, wie das Schicksal emsig strickte
an eines Dramas allererstem Akt.

2.

So unverhofft, wie ich ihr einst begegnet,
so herzlos stahl der Abschied mir ihr Licht.
Ein Wesen, dessen Güte mich gesegnet...
des' Schatten immer noch die Nacht durchbricht.

Lass niemals mich vor Hoffnung das vergessen,
was dies Geschöpf mir im Vertrau'n gesagt...
Denn fürchtete ich auch, es wär vermessen,
zu lang hab ich ihr zuzuhör'n gewagt.

3.

Ich wüsste gern, wann wir uns wiedersehen,
würd gerne ihr begegnen, das ist klar.
Das hieße, bis zum Unverhofften gehen
und schließlich noch ein Stückchen weiter gar.

Kein Weiser kann die Frage für mich klären,
den Weg auch geh'n für mich kein anderer.
Der Zweifel wird wohl seine Zeit noch währen,
solang' verbleib ich schlicht... Dein Wanderer.

_________________
Ich lüge nicht, ich nutze das Stilmittel der Übertreibung.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karawyn





 Beitrag Verfasst am: 02 Dez 2012 20:15    Titel:
Antworten mit Zitat

Am selben Morgen, die Tinte mochte gerade ein paar Minuten getrocknet sein, öffnete sich ein Paar meerblauer Augen unter dem Licht der Morgensonne, die durch die hölzernen, halb geöffneten Fensterläden mitten in ihr Zimmer fielen. Orientierungslos, halb gefangen in des Traumes Armen, hing ihr Blick noch an der Decke, überdacht mit dunklem blauen Stoff als sie sich zurück in den Tag zog, die letzten Ausläufer eines merkwürdigen Gedankenfetzens hinter sich ließ. Leise raschelten die Decken, als sie sich in die Höhe drückte um sich in der stillen Leere des Zimmers umzusehen.
Einige Lichtstrahlen streiften suchend zwischen den vier Wänden umher, warfen ihren Schein vom Spiegel zurück und zauberten einen bunten, in allen Farben leuchtenden Regenbogen auf ihren Boden. Karawyns Augen nahmen das Bild als Vorboten eines guten Tages in sich auf und mit etwas mehr Elan als sicher notwendig gewesen wäre erhob sie sich aus ihrem Bett. Ihre Hand tastete gewohnheitsmäßig nach ihren Sachen, die sie wie sonst entweder neben sich auf der Kommode oder aber zu Füssen des Bettes vermutete, doch griffen die Finger ins Leere. Verwirrung hob ihre Brauen und runzelte die Stirn, Verwirrung und ein Hauch Überraschung weiteten die Augen noch mehr, als sie die Kleidung gewahrte, die sie noch immer seit der Heimkehr gestern am Leibe trug. Wie...und vor allem warum hatte sie sie nicht gewechselt?
Bei der Berührung mit dem kalten Holz zog sie die Zehen etwas mehr an sich und schüttelte den Kopf.

So lange war es noch nicht her...so lange konnte sie nicht geschlafen haben. Immerhin hatte sie doch mit...Ruben...
Ruben...es fiel ihr wie Schuppen von den Augen und erneut, wohl zum wer weiß wievielten Male irrte ihr Blick umher.
Sie hatte ihn in Bajard getroffen und es hatte geregnet, als wollte der Himmel die Erde mit einem zu überschwänglich gemeinten Kuss ertränken... Pitschenass, wie eine in den Fluss geworfene Katze hatte er da gestanden während die Wassertropfen auch aus ihrem Mantel und den nassen Locken unaufhörlich zu Boden getropft waren.
Und sie hatte ihn mitgenommen...eingeladen mitzukommen, auf etwas Warmes zu trinken...

Einige Stunden lagen zwischen ihrer beider Ankunft, kurzweilige Momente einer langen Unterhaltung vor dem Kamin, wo sie beide um zu trocknen saßen. Augenblicke die sich bis spät in die Nacht gezogen hatten, in denen ihrer beider Stimmen die verschiedensten Themen angeschnitten und doch nicht beendet hatten, in denen etwas in ihr geklungen hatte, wie zwei Gläser die im Prost gegeneinander treffen und einen feinen Ton in den Raum senden. Die Einsamkeit, die sie, jedes Mal wenn Yannick wieder vom Wind davon geweht wurde, verspürte, die sich ohne sein Wissen in ihr festsetzte und einer schwarzen grausamen Hand gleich nach ihr griff, hatte wie ein gezähmter Hund geschwiegen. Gerade so, als habe ein Lachen sie zum Schweigen gebracht.

In der Erinnerung an Glucksen und haltloses Lachen fing das Netz aus Worten sie im Hinausgehen und ließ sie innehalten, brachte ihre sich dem Papier entgegenstreckenden Hände zum Zittern und Beben.
'Er war hier...' hallte es durch ihren Kopf noch bevor der Geist genug Sinn besaß der Zeilen Inhalt in sich aufzunehmen. Er...war hier oben...' flüsterte die innere Stimme beständig. Ein weiterer Gedankenfetzen kam in Reichweite ihres nach allen Banden greifenden Verstandes und zeigte ihr das Bild, das er als letztes wahrgenommen hat... eine Hand, die freundlich über ihre Stirn strich, eine Stimme die fragte 'Du schläfst ja noch immer nicht...'.
'Ich fühlte, wie das Schicksal emsig strickte an eines Dramas allererstem Akt.'
Ihre Lippen formten die Worte doch in ihrem Inneren pochte das kleine Sternenherz wie toll, ihre Fingerspitzen fuhren die Tintenspuren auf dem Papier nach als könne die Bewegung ihr wieder etwas mehr innere Ruhe und Halt geben, doch voller Nachdruck wehrte sich ihr Körper still zu sein. Zu laut hallten die Silben und Sätze in ihr nach, trafen dort auf die dunkle Einsamkeit und sogen sich an ihr voll.

'Mein Herz hat gestern Nacht für einen Moment ebenso geschlagen...'
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag in die Magengrube. Ein letztes Mal sog sie die Zeilen in sich auf, dann faltete sie den Brief und versteckte ihn in ihrer Rocktasche, verbarg ihn vor neugierigen Augen, vor der Welt mit ihrem Licht und vor allem am meisten vor sich selbst.

_________________
Wir können nicht immer die Musik wählen, die das Leben für uns spielt, aber wir können wählen wie wir dazu tanzen.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 06 Dez 2012 23:07    Titel:
Antworten mit Zitat

Nach einigen Tagen liegt am gleichen Ort erneut ein Zettel... wie auch immer er dorthin gekommen sein mag. Oberhalb der Zeilen findet sich die tintenklecksige Zeichnung eines Frosches, der zu einem stilisierten Mond mit Krone aufblickt.

4.

Die alten Worte sind zu matt und müde
zu sagen, was so lang ich schon gedacht.
Zu farblos alles, schemenhaft und trübe
verglichen mit der Verse bunter Macht.

Als ich heut' Nacht um neue Zeilen rang,
zu sagen, was schon lange ich gefühlt,
da war's, als ob ein Funke übersprang...
und hat mich unverhofft nun aufgewühlt.

5.

Nach Schmeicheleien steht mir nicht der Sinn.
Ich bleib dabei, wenn ich mal übertreib,
dann nur, weil ich ein armer Dichter bin
und nicht zu trügen mit dem, was ich schreib.

Ich wählte nun die wohlklingende Wahrheit,
auf die Gefahr hin, dass man mich verlacht...
Ich such' erst noch im Dunkeln nach der Klarheit,
warum das Schicksal mich hierher gebracht.

6.

Ich fragte mich, was könnt' ich zu ihr sagen,
das sie von meinen Worten überzeugt?
Gleichwohl mag ich zu viel noch gar nicht wagen,
zu oft wurde ein Wagnis schon bereut.

Eins weiß ich, wenn ich uns're Zeit bedenke,
wenn klar der Himmel und der Vollmond strahlt:
Ich danke Dir für jedes der Geschenke,
die lachend Du mir in den Kopf gemalt.


(Ein aufmerksames Auge dürfte verräterische Stiefelabdrücke auf beiden Seiten ihrer Gartenpforte entdecken, als sei ein Besucher einfach darüber geklettert.)
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 10 Dez 2012 20:54    Titel:
Antworten mit Zitat

Ein Pergament findet sich bei Morgengrauen im kleinen Briefkasten wieder. Dieses Mal ist es mit einer Schleife aus schlichtem Garn versehen - ein Stück Angelschnur, wenn man es genau wissen will.

7.

Es mag wohl sein, dass Mond und Sterne raunen
wann immer sich auf Erden etwas tut...
Ich blick hinauf, sie bringen mich zum Staunen,
vermitteln ausnahmsweise etwas Mut.

Doch wenn ich vor der Pforte steh, den Teich
wie schimmernd' Tränen seh... so ist er fort:
Im Fenster das Licht, die Knie werden weich,
ich frag mich, was führt mich an diesen Ort?

8.

Ein müder Mond ist wohl nicht ungewöhnlich,
erhebt er doch sein Antlitz meist bei Nacht.
Doch nimmt's des Dichters Herz persönlich:
Was hat ihn um sein Strahlen bloß gebracht?

So kann er kaum den nächsten Tag erwarten,
wohl um zu prüfen, ob der Mond noch scheint.
Er schlendert zu ihm, blickt durch seinen Garten,
legt ihm zu Füßen Worte, schlicht vereint.

9.

Sie kennt mich nicht und weiß schon, was ich denke,
noch eh die Tinte von der Feder rann.
So jung noch ist der Vers, den ich ihr schenke
und den ich einfach nicht behalten kann.

Ich möcht' sie lächeln sehen ohne Schatten,
ohne Betrübnis oder Traurigkeit.
Falls jene sie ihn ihren Fängen hatten,
wünsch ich sie durch des Morgens Kraft befreit.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 19 Dez 2012 00:11    Titel:
Antworten mit Zitat

Klatsch! Ein Bein schwingt sich über den Zaun und der Stiefel landet, allen Bemühungen zum Trotz, deutlich hörbar in der Pampe aus Gras, aufgeweichter Erde und einmal mehr schmelzendem Schnee.
Patsch! Das zweite Bein folgt wenige Augenblicke später, dann ein unterdrücktes „Mist!“, ein argwöhnischer Blick ringsum.


Jeder Schritt verursacht ein weiteres leises, schmatzendes Geräusch, bis endlich der Fuß der soliden Holztreppe erreicht ist. Von da an scheint die Heimlichkeit erfolgreicher...

Ein Blick auf den Schreibtisch wird kurze Zeit später von einem Stück Pergament begrüßt, scheinbar eine aus einem Büchlein herausgerissene und etwa zur Hälfte beschriftete Seite.




10.

Wie er die Kluft zum Himmel überbrückt,
die Mond, Sterne und Erde herzlos scheidet:
Die Frage kehrt zum Bergsee stets zurück,
der stumm den Himmel um den Mond beneidet.

Wann wird die Nacht das Spiegelbild entsenden,
wann trifft der See den Mond von Angesicht?
Wer wird dem Stillen gütig Trost nur spenden,
wenn sich das Licht nur hinter Wolken bricht?

Warum nur blickt der See so wie gebannt
auf, will Nacht ihr dunkles Zelt entbreiten?
Wohl möcht' er klaglos, still und unverwandt
den Silbernen ein Stück des Wegs begleiten.


Zuletzt bearbeitet von Ruben Siluvaine am 19 Dez 2012 00:22, insgesamt einmal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karawyn





 Beitrag Verfasst am: 20 Dez 2012 22:12    Titel:
Antworten mit Zitat

Verheißungsvoll knisterte und flüsterte der Brief auf ihrem Schreibtisch, sprach von ihr noch unbekannten Worten der inzwischen bekannten und vertrauten Handschrift. Wann genau er so plötzlich seinen Weg hier nach oben gefunden hatte wusste sie nicht, doch wie, das ahnte sie inzwischen nur allzugut. Nicht nur einmal hatte sie Ruben über den Zaun klettern sehen, während sie noch an der Haustür stand, diese gerade hinter sich schloss.
Ruben... sein Name klang mit jedem Mal, an dem er sie besuchte, vertrauter... in manchen Stunden ertappte sie sich sogar dabei, wie sie die Buchstaben und Silben seines Namens in den Mund nahm um deren Klang zu lauschen.
Erneut wisperten die Zeilen auffordernd und ungeduldig, lullten sie ein und sponnen ihr Netz aus Fäden blauer Tinte bis sie die Hand nach dem Brief ausstreckte und ihn an sich nahm, ihn ohne seinen Inhalt zu erfassen an die Brust drückte und dem Schmunzeln, das die Mundwinkel zucken ließ gestattete ihr Gesicht in ein Lächeln zu tauchen.

Stunden später noch lagen die Bilder vom Bergsee und dem Mond in ihrer Tasche in enger Umarmung, sicher vor neugierigen Augen - wie glänzende Perlen und glühende Sterne, die ihr Herz für sich gewonnen hatten. Jeder einzelnen der Seiten hatte sie in ihrer Tasche ein Zuhause, eine Heimat gegeben, wo sie ruhten und ihr nur während mancher Herzschläge über ihre leise Sprache die Worte auf ihnen in Erinnerung riefen. Wortgewandt waren sie, sein Spiel mit der Sprache musste ihr den Respekt nicht mühsam abringen... als hätten die sturmblauen Augen an ihrer Ordnung, den nacheinander folgenden Klängen so lange getüftelt, bis er sich wieder und wieder die dunklen Haare so sehr raufte, dass sie wie wild in die Höhe abstanden, unordentlich und doch irgendwie liebenswert.
Karawyns Herz schmunzelte, lächelte, lachte erst leise dann immer lauter auf... sie konnte und wollte nicht leugnen, dass er über den Zaun ihres Herzens, der für ihn ebensowenig einer unbezwingbaren Mauer glich wie der, der ihr Haus vor Räubern schützen sollte, geklettert war, sich dort auf der Schwelle niedergelassen hatte und ihr nun schon zum wiederholten Male mit seinen Worten und dem, was er in wenigen Momenten auch einfach nicht sagen musste ein warmes wohliges Gefühl, ein Leuchten, in die Seele zauberte.

Wenn es so etwas wie verwandte Seelen gab, Seelen, mit denen man sich blind verstehen konnte, einfach wie sie waren, mit denen Schweigen zu einem Dialog wurde, so konnte Ruben nur eine solche ihr verwandte Seele sein. Sie fand sonst keine Worte oder Erklärungen dafür ... warum ... ja warum sie ihn einfach nur gerne um sich hatte, selbst wenn das Yannicks Eifersucht auf sich zog. Nach den ersten Begegnungen bereits spürte sie die Verbindung wie einen Faden, der ihrer beider Schicksal in geheimnisvoller Weise miteinander verband, doch versuchte sie noch, das dumme Gefühl auf Yannicks häufige Abwesenheit zu schieben, erklärte sich selbst in sich wiederholenden Gedankenmonologen, dass sie ja auch Anney kaum mehr sah und daher noch ein wenig einsamer war. Doch von Mal zu Mal, mit jedem weiteren Treffen, reifte das spinnenfadenfeine Band mehr und mehr, dehnte sich aus wie ein Pflänzchen unter geduldigen Händen, Tränenwassertropfen und Sonnenscheinlächeln... und nun trug die Freundschaft die ersten Knospen, kleine schneeweise Sternblumen, die in sturm- und meerblauen Augen Nachtlichter leuchten ließ.

Unbemerkt von ihrem aktuellen Kunden tasteten Karawyns Hände im Schutz der Tasche nach den Briefen und ließen die auf Papier gebannten und doch für mehr als einen schnöden Gedanken stehenden Worte verheißungsvoll knistern.
Während der Kunde von der Farbe seines neuen Gewandes sprach, machte sich der Mond, einsam nach dem Verschwinden des Sternenfängers, auf zu den Sternen um dort, zumindest für ein paar friedvolle Momente, in der Umarmung des Bergsees zu leuchten, wie es ein Mond nunmal tun sollte.

"Ich fühlte, wie das Schicksal emsig strickte
an eines Dramas allererstem Akt."

_________________
Wir können nicht immer die Musik wählen, die das Leben für uns spielt, aber wir können wählen wie wir dazu tanzen.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 23 Dez 2012 22:59    Titel:
Antworten mit Zitat

Ein frisches Pergament wurde unter der Tür hindurch geschoben, bevölkert heimatlos und verloren wirkend die Dielen nahe der Schwelle.
Die kantige Handschrift ist weiterhin leserlich, unterhalb der Zeilen lockt die düstere Zeichnung eines leeren Sees unter einem schraffierten dunkel-wolkenverhangenen Himmel das Auge des Lesers an.



11.

Was ist nur geschehen, was ist's nur gewesen,
was stahl bloß die Freude aus ihrem Gesicht?
So rein und voll Treue, man konnte es lesen.
Was schwärzte die Zeilen in dieser Geschicht'?

Ratsuchend und noch von Hoffnung geblendet
verbrachte der Zweifel die Nacht ohne Ruh.
Der wahre Grund ist wohl, dass alles endet,
und ich, Wanderer, schau dem Verhängnis zu.

12.

Dass nun jede der Tränen zu viel geweint -
der Anlass dem Augenblick sich entzieht:
Das ist, was mir so gar nicht recht erscheint.
Ich versteh' nicht einmal recht, was geschieht.

Fühl' mich plötzlich mehr Grund, denn als Wärter,
bedenk' meine Ansicht gleichwohl nicht neu.
Verurteil mich nun nicht allzu viel härter,
wenn zur Wahrheit ich 'ne Prise Meinung streu.

13.

Kam Dämmerung und breitete rotes Haar
aus, unbarmherzig wie der neue Morgen,
sprach Worte, ebenso hart wie auch wahr,
ließ dem Tag noch zurück seine Sorgen.

Mancher mag sagen, „Mond, zieh deine Bahn.“
Mancher mag sagen, „Folg' deinem Herzen.“
Manche mögen sagen, „Die Liebe ist Wahn“...
und auch die Poesie gleich mit ausmerzen.


Hör einfach nicht auf sie.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karawyn





 Beitrag Verfasst am: 24 Dez 2012 23:37    Titel:
Antworten mit Zitat

Die Nacht des fehlenden Mondes

Schmerz…
Angst…
Schreckliche Furcht…

Karawyn zog die Arme fester an den eigenen Kopf, umschlang ihn hilfesuchend, bedeckte die zerschlagene und wie rohes Fleisch schmerzende rechte Gesichtshälfte… klammerte sich um das Bisschen, das von ihr geblieben war. Seine Stimme, das ekelhafte, selbstgefällige und von sich selbst überzeugte Stimmchen hallte auf sie herab, während sein Paar Stiefel gefährlich nah vor ihr zum Halten kam.
„Das macht keine mit mir Püppchen… mich spuckt keine an! Das erlaubt sich niemand!“
Sie konnte die Wut in seinen Worten darüber, abgewiesen worden zu sein schmecken, spürte wieder die sabbernde geifernde Gier seines Blickes, die ihren Körper wie das Fleisch eines Viehs gemessen hatte, abwog, ob er sie für gut genug befand, um ihm ein bisschen Freude zu bereiten.
Sie roch seinen Ärger, der mit jedem Atemzug greifbarer wurde, als sie ihn von sich gestoßen und ihn für den Versuch, seine Hände an ihrem Körper zu laben ins Gesicht gespuckt hatte.
„Nicht mit mir Singvögelchen…!“

Der Schmerz, als er die geballte Faust unvermittelt und mit ganzer Kraft in ihr Gesicht schlug, an Schläfe und Auge entlang schrappte, kroch wie Feuerameisen über ihr Gesicht und sammelte und staute sich oberhalb ihrer Nase, nahm ihr die Luft zu atmen und raubte ihr die Sicht. Ein leises Wimmern löste sich aus ihrer Kehle, erhob sich zur Decke, nach Hilfe suchend, doch zerquetschte eine Hand aus Lachen es wie einen lästigen unnützen Käfer.

„Ich werd wiederkommen, Püppchen… hast du mich verstanden? Ich komm wieder wenn du’s nicht erwartest…“
Karawyn’s Kopf glühte, ihr wurde schwarz vor Augen und nur am Rande ihres Bewusstseins drang das Ratschen und Bersten, das Knallen und Ächzen der Möbel zu ihr durch, als Ludwig Lassard sich ob des ihm entgangenen Spiels mit ihr zumindest an ihrem Keller austobte, liebevoll gehegte Bücher aus den Regalen riss, die Vorhänge ihrer Umkleide zerschlitzte und mit einem letzten Blick zurück ihr Maßband, eine Erinnerung an Meisterin Khyrdra, zertrat.
Selbst als die Stille sich wie beißender Rauch ausbreitete und alles im Keller unter seiner Hülle bedeckte, wagte Karawyn nicht sich zu bewegen. Der Boden wiegte sie auf und ab, nicht sanft wie das Schaukeln einer Mutter sondern wie ein Sturm auf hoher See und zu schnell drehte sich das Zimmer… trügerische Stille, denn sie wusste nicht ob es zu seinem kranken Spiel gehörte, sie zuerst in Sicherheit zu wiegen, bevor er erneut zuschlug.
Nur noch einen Moment hier liegen… flüsterte eine kindliche ängstliche Stimme in ihrem Inneren… nur 5 Atemzüge noch, doch auch diese verstrichen, wurden zu 10, dann zu 20 Herzschlägen eines ängstlich flatternden Vogels, der die zupackende Katzenpranke mehr fürchtet als die Freiheit zu erkennen.
Sie wollte weinen doch keine Träne verließ das blaue Augenmeer…

„Sternenfänger…Sternenfänger… Yan… wo bist du?“ fragte das leise Stimmchen ängstlich, doch die Stille blieb, hockte wie eine fette Spinne lauernd über ihrer Beute um im rechten Moment zuzuschlagen.
„Bitte Sternenfänger… lass mich nicht allein…“
Flehentlich, zu sehr gefangen in ihrer eigenen Angst, klammerte sich Karawyn in den Stoff ihrer Jacke, spürte nichts von den Schmerzen des rechten Armes, auf den Ludwig sie hatte prallen lassen, doch der Kerzenschein enthüllte keinen Funken polierten Metalls.
„Yan…?“ Rau drückte sich der Name aus ihrer Kehle, schwebte nach dem Sternenfänger suchend umher und sank benommen von der Leere des Raumes bedauernd zu Boden, hoffnungslos verglühend als habe man einer Fliege die Flügel angezündet. Wo immer Yannick gerade war, es lag zu weit entfernt, um ihn das Elend Karawyns auch nur bemerken zu lassen.

Wieder und wieder, sich immerwährend wiederholend, klangen seine letzten Worte, bevor er aus der Tür gestürmt war, in ihren Ohren nach, bestürmten sie, bedrängten sie und ließen auch das letzte Bisschen Hoffnung zu einem kaum mehr wahrnehmbaren Funken zusammenschrumpfen.
„Ein Herz kann sich ändern, Kara… ‚ch bin ja selten hier. Mich würd’s nicht wundern, wenn jemand dein Herz für sich gewinnen könnte.“
Da waren sie nun. Tränen, kleine Rinnsale, Tropfen aller Größe fanden den Weg hinaus ins Kerzenlicht, ronnen über ihre Wangen und stauten sich im Augenwinkel, wo sie winzig kleine Seen bildeten.
„Warum bist du nur nicht da wenn ich dich brauche… warum nur…?“
Selbst die Angst trat ob des so an ihr nagenden Gedankens einen Schritt zurück, ließ zu, dass sich ihr Griff um Kara löste und sie sich das erste Mal ein wenig bewegte. Erst nur die Beine, die sich langsam streckten, dann die linke Hand, die sich aus dem Jackenstoff herauswagte… und schließlich auch der Kopf, der unter den zur Verteidigung um ihn herumtanzenden Locken hervor spitze… erkundete, ob Ludwig sie tatsächlich allein gelassen hatte.
Angstvolle Atemzüge, doch nirgends auch nur eine Reaktion, ein Zeichen… Ludwig war tatsächlich verschwunden. Erleichterung hätte über sie hinweg schwappen sollen, doch schmeckte die Einsamkeit zu bitter um den süßen Atemzug der Freiheit genießen zu können.

Nur ein Geräusch durchdrang die Stille, durchbrach selbst das stumme erfolglose Rufen nach Yannick… leise raschelte es aus ihrer Tasche, kaum vernehmbar, da unter dem Gewicht ihres sich gerade erst aufrichtenden Körpers eingeschlossen, flüsterten Worte von der freundlichen Umarmung eines Bergsees, kündeten von lachenden sturmblauen Augen die Hilfe versprachen, schenkten ihr in der dunkelsten Stunde ein kleines Hoffnungslicht.
Yannick, der Sternenfänger war nicht hier…
Yannick würde nicht sicher hier sein, wenn Ludwig wiederkommen würde…
… ihn zu erreichen war erfolglos, wusste sie doch selbst nicht, wo er sich im Moment nach dem letzten Streit befand.
Was würde geschehen wenn Ludwig sie das nächste Mal allein vorfand?
Würde er…
Karawyn schluckte und bitter schmeckte die Erkenntnis, die ihr vorher unbeschwert nie in den Sinn gekommen war.
Yannick war wunderbar wie Sonnenschein auf nackter Haut, wie der nie endende Kuss des Sommertages, doch selten hatte sie ihn in Regenzeiten gesehen… kaum hatte das Leben gefordert, dass er ihr den Rücken stärkte… doch die wenigen Male hatte er nicht an ihrer Seite gestanden
Den ihr drohenden „Wolf“ hatte er auf die leichte Schulter genommen, die Verletzungen der Feuerfliegen hatten Anney, Tulena, Maja und Lucien mit ihr durchgestanden und auch heute ließ er sich vom Wind treiben, um nachzudenken und um sich die Luft unter den schönen Flügeln, die sie schon immer in ihren Bann gezogen hatten, hindurch streichen zu lassen.

Auf der einen Seite war sie froh, erleichtert, dass Ludwig ihn nicht verletzt hatte oder seine Faust gegen ihn hatte legen können, doch wer wusste schon, ob er es in Anwesenheit des Sternenfängers auch gewagt hätte…
Karawyn wusste, dass der Gedanke ungerecht war. Sie konnte nicht verlangen dass er sie niemals aus den Augen ließ, an ihr klebte wie Ameisen an süßem Honig und wollte auch nicht, dass ihm eine solche Bitte die Flügel brach. Sie hatte ihn gewählt, hatte von seinem Drang, die Welt zu erkunden, gewusst, wie also konnte sie ihm dafür Vorwürfe machen?

Doch konnte der Gedanke das Flüstern und Knistern der gläsernen gefühlvollen Zeilen in ihrer Tasche nicht daran hindern, ihr von einer trostvollen Umarmung im Lachen stürmisch blauer Augen zu erzählen… flüsterte ihr von einem Paar musikalisch singender Hände, die nichts mehr vermissten als die gestohlene Laute…
Ruben…

In der Sicherheit ob Ludwigs Abwesenheit drückte sie sich in die Höhe, trottete zu den Kissen vor ihrem Kamin und rollte sich dort trotz der umherfliegenden Buchseiten zusammen. Vielleicht würde Yannick morgen kommen, vielleicht würde er sie umarmen und in seiner sicheren Nähe zum Schlaf betten.
Vielleicht…
Vielleicht…
Vielleicht…

Der Mond erhob sich in der Nacht nicht, ließ den Nachthimmel dunkel brütend allein. Sein Leuchten verlosch, ob aus Kummer über das Geschehene oder in einem Anflug von Selbstmitleid… vielleicht aber wegen beidem und nur das leise Rascheln eines Bergsees gab ihr genug Hoffnung um auf silbergraue polierte Metallseen zu vertrauen.

_________________
Wir können nicht immer die Musik wählen, die das Leben für uns spielt, aber wir können wählen wie wir dazu tanzen.


Zuletzt bearbeitet von Karawyn am 25 Dez 2012 00:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 29 Dez 2012 03:19    Titel:
Antworten mit Zitat

Vor dem Kaminsims flackert Feuerschein auf der gefalteten Oberseite eines Briefes. Wie vergessen liegt er da, kaum außer Reichweite der nahen Flammen - eine Ecke ist allerdings bereits rußgeschwärzt.
Man könnte gar den Eindruck haben, die Botschaft hätte ihnen zum Fraß vorgeworfen werden sollen... nur ohne den rechten Erfolg.




    Eines düsteren Abends wurde gebeichtet:
    Reine Wahrheit und Reu', unverzeihlich.
    Immer noch spürbar ist der traute Blick,
    Noch immer blickt er zuweilen zurück.
    Neu ist das tröstliche Zuhörgesicht,
    Ehrlich, warm, doch Sonnenlicht ist es nicht.
    Rastlos, verloren, hat in den Augen des Wesens
    Unverhofft er von Vergeben gelesen.
    Nun weißt du auch das Wertvollste,
    Geheimniswahrer.


Zuletzt bearbeitet von Ruben Siluvaine am 29 Dez 2012 07:58, insgesamt einmal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 07 Feb 2013 22:18    Titel:
Antworten mit Zitat

Im Briefkasten steckt ein einfacher, gefalteter Zettel. Klamm noch an den Rändern scheint das Schriftstück einiges abbekommen zu haben, Regen oder Schnee, der mittlerweile geschmolzen ist. Einige Worte sind verschwommen, wo das Pergament sich mit der Tinte vollgesogen hat, trotzdem ist die bekannte Handschrift bestimmt zu entziffern.

    Sei nicht beleidigt oder bedrückt,
    Erinnerung hat den Wand'rer entrückt,
    Hinkt ihm nach mit lahmen Füßen,
    Namenlos lässt ihn Schwermut grüßen.

    Sicher wird er bald wiederkehren
    Und dem Mondlichte zu Ehren
    Chorlos, allein ihm Lieder singen.
    Hört es von fern die Laute schon klingen?

    Treten wir auf und wieder ab, bald.


Zuletzt bearbeitet von Ruben Siluvaine am 07 Feb 2013 22:19, insgesamt einmal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 17 März 2013 21:10    Titel:
Antworten mit Zitat

Als die junge Schneiderin am Morgen erwacht, hat jemand Feuerholz im Kamin nachgelegt. Vielleicht beschäftigt sie sich deshalb nicht so genau damit und bemerkt erst später, dass auf dem Sims ein gefaltetes Pergament abgelegt wurde ... reichlich tintenklecksig, als ob der Schreiber zittrige Hände gehabt hätte:

14.

Lass mich dir etwas Seltsames verkünden,
bevor ich, ohn' zu erzählen, weiter streun':
Ich träumte, einen Schatz zu finden
und weiß nicht, ob ich es je wieder träum.

Gewiss hab ich die Skepsis nicht verloren,
ob dies Geträumte mehr Bedeutung hat?
Ein neuer Zweifel ist nun gar geboren
anhand von dem, was ich im Traume tat.


15.

Ich sagte ja, es ging um mich als Finder,
mitnichten zog ich hoffend los, im Dunkeln,
ich fühlte mich mehr wie ein Blinder,
geleitet von der Sterne wirrem Munkeln.

Da blickt' ich vor mir auf den hellen Schein
von etwas Silber, tief im See versenkt.
Es muss wohl, dachte ich, ein Schatz sein,
ich Taugenichts vom Schicksal so beschenkt!


16.

Lang schaute ich hinab in jene Tiefen
und kam zu einem herzensschwer'n Entschluss:
So laut mich auch die Wünsche riefen,
dass ich den Schatz dort liegen lassen muss.

Darf ich nicht wagen, meine Hand zu strecken,
weil es schon wem gehört, das Glück?
Und statt das Silber selig einzustecken,
suchte ich aus dem Traum den Weg zurück.


17.

Geht es nach mir, ich will nie wieder träumen,
aus Angst, ich seh den Schatz erneut im Traum,
aus Angst, die Chance nochmals zu versäumen:
Verzeihen könnt' ich's mir trotz aller Zweifel kaum.

Geht es nach mir, wird's niemand sonst erfahren,
der Traum bleibt Traum und er gehört der Nacht,
und den Entschluss, ich werde ihn bewahren,
bis eines schönen Tag's ich aufgewacht.


Zuletzt bearbeitet von Ruben Siluvaine am 17 März 2013 21:12, insgesamt 2-mal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karawyn





 Beitrag Verfasst am: 18 März 2013 19:32    Titel:
Antworten mit Zitat

Es ist wohl die Wärme, die das zufrieden gesättigte Feuerchen in ihrem Kamin ausstrahlt oder vielleicht sind’s auch die Nachwehen einer bis in die Morgenstunden andauernden Nacht, die das Erwachen aus den Träumen so lange hinauszögern können bis sogar schon die Sonne den Zenit überschritten hat. Erst zu dieser späten Stunde kommt langsam wieder Leben in den maronenbraunen Lockenwust vor der Feuerstelle, erst im Abstieg der Sonne fällt das tintenbekleckste Papier in ihre Hände, lange nachdem zwei blaue Augen sich suchend im Haus umblickten und das Fehlen des Finders bemerkten.

Man könnte nun meinen, es läge daran, dass ein Mond ja tagsüber gewöhnlicherweise schläft und so den Auszug des Bergsees in den frühen Morgenstunden verpassen musste, doch wird ein weises Auge zu bedenken geben, dass der Mond vielleicht auch so sehr in seinem Traum vom Traum gefangen war, dass er, der die Träumenden sonst mit seinem Blick überwachend, Schwierigkeiten hatte zurück zu sich selbst zu finden.

Als Karawyn also an diesem Nachmittag erwachte, erwartete sie nur die gähnende Stille ihres Kellers, in die sich zwischen zwei Atemzügen das Knacken des Holzes im Feuer mischte. Das Nachbeben eines Traumes lag noch versichernd mit einem Arm um sie geschmiegt und geleitete sie fürsorglich bis zu jenem Sims, auf dem unauffällig und zugleich mit jeder Pore seines papiernen Körpers rufend, Zeilen in wohlbekannter Schrift von einem Stück Pergament in ihre Richtung flüsterten.
Doch statt den Funken seiner Gedanken einfach nur in sich aufzunehmen und ihn verwahrend vor anderen Augen in der kleinen Tasche am Gürtel zu verstauen, griff sie, die Hände nicht weniger stark bebend als die des Dichters der Zeilen, nach einem zugeschnittenen Federkiel, der meerblauen Tinte und begann zu schreiben.

1.

Wenn Träume bunter malen könnten,
als es die Wirklichkeit vermag,
so wird aus wolkenschwerem Winterhimmel,
ein gülden strahlend Sommertag.

Und wenn ein Traum noch heller leuchtet,
sich tief in des Betrachters Seele brennt,
so hilft’s auch nichts die Augen fest zu schließen…
Der Traum er bleibt und glüht am Firmament.

2.

Die Augen vor der Wirklichkeit verschließend,
konnte im Traum ich dich doch vor mir seh’n,
musst nur die Hand die Zweifel überbrücken,
der Blick des Mond’s sich hin zum Bergsee dreh’n.

Doch scheint’s auch wenn zwei Nasenspitzen
sich gegen jede Skepsis wehrend scheu berührt,
so sieht der Finder sich noch immer nur als Sucher.
S‘ ist als könnt die eigne Macht er selbst nicht spür’n.

3.

Aus unerforschten blauen Tiefen
da blickt ich hoch, denn oben schien’s sturmblau
sah zwei aus meinen Träumen wohlbekannte Augen
des Bergsee’s Welt verletzlich und vertraut.

Nen Schatz zu finden, das verspricht die Sage
bringt allerhöchstes Glück und teures Gut,
was, wenn zu dem was ich gefunden glaubte
dem trauten Herzen sich ein neues Tor auftut.

4.

Ob ich denn träumte oder wachen Herzens spürte,
wie scheu sich eines Zuckerfaden’s Band,
sich reckte, streckte und die Hand mir reichte
und unbemerkt sich mir ums Herze wand.

Es ist egal, denn keiner kann verwehren,
dass ich ob eines Traums so leicht mich fühl,
dass ich mein Herz zum Halse schlagen höre
Und mich bedeck mit der Erinnerung Gefühl.

5.

Dir in der wunderbaren Traumwelt zu begegnen,
war wie die Fahrt bei schönstem Wellengang,
folgt deinem Lautenspiel, der Sprache deiner Seele,
dem tückischen Fluss bis hin zum Bergsee lang.

Heut‘ Nacht wenn jene Stund des Schlafes,
sich nähert auf des Jägers leiser Spur,
so wart ich ungeduldig auf ihr Nahen
und flüsterte bei deiner Ankunft: „Wir beide träumten... bisher nur.“



An einem der nächsten Abende findet das Gedicht in einem stillheimlichen Moment Zugang zu Rubens Manteltasche, während er abgelenkt am Tisch unter dem Vorhanghimmel sitzt und rege Wortwechsel mit dem Mond führt.
_________________
Wir können nicht immer die Musik wählen, die das Leben für uns spielt, aber wir können wählen wie wir dazu tanzen.


Zuletzt bearbeitet von Karawyn am 18 März 2013 19:49, insgesamt 2-mal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 27 März 2013 10:05    Titel:
Antworten mit Zitat

Wieder ein Zettelchen. Dieses Mal hat die eckige Schrift des Verfassers die Worte sogar im Trockenen niedergebracht und mit etwas mehr Ruhe. Alles wirkt gleichmäßiger:

Tauchst meine dunkle Welt in ein silbernes Licht,
Rufst nach mir, manchmal hör' ich's als Wanderer nicht.
Ärgerlich' Gedanken vom bösen Erwachen
Umschleichen mich, könnten dich unglücklich machen.
Mit halbem Herzen bin ich noch auf der Hut,
Erst zögerlich erhebt nun die Stimme der Mut.
Ruf mich nicht länger, denn ich bin längst schon da,
In diesem Traum bestimmst nur du, nicht wahr?
Nur nicht aufwachen, Mondgöttin.


Zuletzt bearbeitet von Ruben Siluvaine am 27 März 2013 11:59, insgesamt 2-mal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Karawyn





 Beitrag Verfasst am: 24 Jun 2013 12:20    Titel:
Antworten mit Zitat

Stille... die altgewohnte und so sehr verabscheute Stille des Hauses begrüßte sie, als sie an diesem Tag die leise knarzende Tür ins Innere öffnete.
Stille, die so dicht verwoben ist, so undurchdringbar, dass nicht einmal ein Messer sie durchtrennen, ihren Panzer durchdringen kann.
Stille, die sich wie eisiger Wind durchs weiche Fleisch bis in die Tiefe der Knochen gräbt und sich dort wie eine Spinne in ihrem Nest festsetzt, wartend ob einer geeigneten Beute.
Die allesumfassende Stille ihres Hauses nahm der jungen Frau, als sie eintrat den Atem, presste auch das letzte bisschen Luft aus ihren Lungen und ließ sie hilflos im Eingang zu einem ungewollten Halt kommen.
'Wann hatte sich der Platz der für sie Rückzug und Ort der Begegnung, Hort des Lachens und der schier endlosen Freude war in ein solch kaltes Mausoleum verwandelt. Wann war das warme Gefühl der Geborgenheit wie ein verschreckter Vogel aufgeflogen, um in anderen Gefielden zu weilen? Wann...?'

Karawyn starrte in den kleinen Raum hinein, welcher Küche und den mit weichen gepolsterten Kissen ausstaffierten erhabenen Sitzbereich beherbergte, einladend zu verweilen doch nichts in ihr ließ das Gefühl eines Willkommens aufkommen... zu tief saßen noch die eben vernommenen Worte, zu sehr nagten sie an dem fragilen Gerüst das sie aufrecht hielt.

Es war erst wenige Momente her, dass sie das Haus von Rubens Bruder, nur wenige Schritte neben dem eigenen liegend, verlassen hatte, um den Markt der Geschichten mit ihm zu besprechen. Verbissen hatte sie versucht den kleinen Bruder nicht Thema des Gespräches werden zu lassen und doch hatte sich der Nachtwanderer still und heimlich in die Worte eingeschlichen, freundliche Worte über die hochgewachsene schlaksige Gestalt die kein Wässerchen trüben konnten doch zog der Name selbst ihr Herz schmerzlich zusammen.

Ungewollt, sicherlich auch ohne jedwede böse Absicht waren Mordrids Worte gewesen und doch... hallten sie dem ungeschützten Geist der Tänzerin nun aus allen Richtungen entgegen, veränderten mit jedem Mal an dem sie wie geisterhafte Hände durch sie hindurchfuhren ihren Tonfall, bis sie ihr schneidend ins Fleisch sanken und sich in ihr Herz gruben.

'Der wird schon wiederkommen wenns ihm da wo er ist langweilig ist...'


langweilig...
Langeweile...
War es das was den Nachtwanderer antrieb? Suchte er nach nichts anderem als die stete Langeweile zu befriedigen so wie ein Tier seinen Hunger auf der Jagd zu stillen wünscht? War das auch der Grund warum sie ihn seit Monden nur noch auf gemeinsamen Festen zu Gesicht bekam wo er, ohne Zweifel, kurz Gefallen an ihrer Gesellschaft fand, dann jedoch wieder in die Nacht hinaus verschwand?
War ein Kuss genug als Beute gewesen und sie hatte umsonst einen Gedanken daran verschwendet etwas zu beenden was ihr so wichtig war...
Blaue Augen, weit wie das Meer und doch halb hinter den eigenen Lidern eingesperrt starrten in die Enge ihres Hauses hinein, eine Verurteilte auf dem Weg zum liebevoll ausgestalteten Schaffott.

Zu gern hätte sie ihm diese Frage gestellt und doch... auch bei der Hochzeit am vergangenen Tag der Sonne hatte kein Wort die Lippen verlassen. Wie in Trance war es zu ihr durchgedrungen dass er für einen Augenblick lang ihre Hand ergriffen, seine schmalen die ihren wärmenden Bardenfinger mit ihren verwoben hatte... doch der Rest des Abends hatte sie im Trubel des Festes getrennt, hatte keine wirklichen Unterredung mehr zugelassen und als die letzten Funken von Luciens Feuerwerk am Himmel verglüht waren, hatte der Nachtwanderer seinem Namen alle Ehre gemacht und war, ohne ein Wort des Abschieds verschwunden.

'Es war nur ein verdammter Kuss... Kara... benimm dich nicht wie ein Backfisch und miss ihm mehr Bedeutung bei. Immerhin bist du verlobt... was hast du dir nur dabei nur gedacht.'
Die flüsternde Stimme in ihrem Hinterkopf machte es nicht besser auch wenn sie gnadenvoll die immer eisiger werdende Stille durchstiess, sie wie eine Eierschale zerbrach.
Was bei Zandrus neun Höllen tue ich hier nur...?
Verlobt mit dem einen... leise anklingende Gefühle die sich nicht vertreiben lassen wollen für einen anderen... wann war sie nur so tief gesunken. Und warum klammerte sie sich an Rubens Briefe wie eine Ertrinkende an das rettende Überbleibsel des im Sturm gesunkenen Schiffes?


'Vielleicht...' so flüsterte die Stimme in ihrem Kopf weiter und ihr Ton umschmeichlte sie geschmeidig und katzenhaft schnurrend, '... solltest du für eine Weile fortgehen. Du verletzt die, die du liebst... du verachtest dich dafür, dass dir während du neben dem einen schlafen solltest ein Funken sturmblauer Augen in den Sinn kommt, strahlend und so voller Wärme und dich aus den Träumen fernhält. Vielleicht solltest du... verschwinden...'

Verschwinden...
Fortgehen...

Wie weit hatte sie sich nur schon auf den Abgrund zubewegt, wie weit konnte sie noch gehen ohne in die Dunkelheit ihrer eigenen Gefühle zu stürzen... Karawyn wusste es nicht, genauer betrachtet wusste sie nichts mehr. Wirbelnde Schwaden aus Gedanken, Wortfetzen und leere Hülsen trieben in der sonstigen Leere ihres Inneren umher und gaben ihr keinen Frieden.

Yannick hatte das nicht verdient...
Ruben hatte das nicht verdient...
Sie selbst... hatte das nicht verdient...

Als sich der Abend auf die sie umgebende Stille und die leise wispernde Stimme in ihrem Kopf senkte drang nicht einmal mehr das Flüstern der liebgewonnenen Briefe zu ihr durch, konnten die Pinselstriche eines verlorenen Sonnenuntergangs ihr kein Lächeln mehr entlocken. Nur der Plan, fortzugehen, ließ einen Tropfen Hoffnug zurück wo die Dunkelheit mehr und mehr Raum gewann.

_________________
Wir können nicht immer die Musik wählen, die das Leben für uns spielt, aber wir können wählen wie wir dazu tanzen.


Zuletzt bearbeitet von Karawyn am 24 Jun 2013 13:27, insgesamt 2-mal bearbeitet
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ruben Siluvaine





 Beitrag Verfasst am: 19 Jul 2013 09:58    Titel:
Antworten mit Zitat

Dass er wieder da war, verrät ein gefaltetes Pergament, das in Karawyns Tür klemmt. Keine matschigen Fußabdrücke, jetzt im Sommer.
Glättet die offenkundige Adressatin den Brief, zeigen sich drei Strophen in der bekannten, kantigen Schrift, dazwischen recht fahrig gekritzelte kurze Zeilen, scheinbar ein Kommentar des Verfassers.


Von allen zahllosen Gesichtern
Eins hat mich unverhofft berührt
Rief mich, umgab mich hell mit Lichtern
Ließ mich auch wandern, halb verführt.
Ohne den Wunsch, je aufzuhören
Rannte ich durch den Mondlichtwald
Egal war's mir, ich wollt' nicht hören
Nur einmal traf's mich mit Gewalt.

… nur das Fehlen eines Ziels.

Von all den fürchterlichen Richtern
Einen hab ich beleidigt nur
Rang lange mit Gewissensschlichtern
Damals beschloss ich einen Schwur
Ich wollte keine andere lieben
Ein wenig mich wohl selbst belogen
Nun wehrt' ich mich gefühlten Trieben
Trotzdem hat's mich zum Mond gezogen.

… jeden einzelnen Schlag, das seh' ich ein.

Von all den komplizierten Dingen
Eins lässt sich auch mit Müh' nicht lenken
Rang, hab' gerungen, werde ringen
Mein Herz stand nicht zur Wahl zu schenken.
Ich lief davon, ich wollte fliehen
Suchte bequeme Gründe mir
Schließlich muss ich den Schluss doch ziehen:
Trotzdem lieg' ich zu Füßen Dir.

… und es tut mir leid.


Zwischen den Lagen aus Pergament klemmt eine Blume, irgendwo vom Wegrand.
 Nach oben »
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » Verse an K.
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
Seite 1 von 2

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.




phpBB theme/template by Tobias Braun
Copyright © Alathair



Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
Deutsche Übersetzung von phpBB.de