Raskar Donnerklamm
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Verfasst am: 13 März 2009 00:24 Titel: |
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Akt II
Prolog
Während der Bug des Seedrachens sich elegant durch die wogenden Massen schnitt, die Gischt zu beiden Seiten aufwallen ließ, stand er unweit des Bugs, nur, um vielleicht einen kurzen Moment zu bekommen, sich auf den Ausruf des Ausgucks vorzubereiten. Die Überfahrt hatte viel weniger Zeit in Anspruch genommen, als es dem schweigsamen Gast lieb gewesen wäre, denn anders, als es in dutzenden Fällen zuvor geschah, hielt der Kapitän des Seedrachens Wort, als er behauptete, sein Schiff wäre selbst für den Wind zu schnell. Zu einem anderen Zeitpunkt, wegen anderer Gründe – ja, Raskar hätte es erfreut. Ein Schiff war kein guter Ort, denn man war gezwungen, sich auf die Fähigkeiten anderer wie auch auf das Wohlwollen höherer Mächte zu verlassen. In das eine fehlte das Vertrauen, für das andere die Hoffnung. Was blieb, war den scharfen Nordwind zu genießen, wie er an der schmalen, stets elegant gekleideten Gestalt zerrte, ohne sie von ihrem ganz persönlichen Ausguck bannen zu können. Erste Möwen suchten die Nähe zu dem schmalen, länglichen Dreimaster, kreischten ihr Willkommen, während die Sonne sich langsam am Horizont zeigte. Das Meer schien wie von Blut und Gold, als Raskar seinen Blick darüber ziehen ließ.
Wieder riss eine Böe an ihm, schleuderte das nachtschwarze Haar in die Luft in einem weiteren Versuch, die fleischgewordene Statue zu vertreiben, als bereits das Felsmassiv sich als grauer Film am Horizont abzeichnete wie ein unheilverkündender Nebel, der über das Wasser kroch. Noch konnte der Schwertpilger seine Gedanken zeigen, Sorge und Verachtung durch die Miene fressen lassen, doch je deutlicher aus einer dunklen Wand Konturen erwuchsen, desto schwächer schien die Mimik zu werden.
„Land in Sicht! Der Seedrachen hat die Gewässer des Heiligen Reiches erreicht!“
Sechzehn Tage hatte er sich vor diesen Worten gefürchtet, ihren Klang verdrängt, jeden Gedanken daran verstummen lassen. Sechzehn Tage hatte Raskar sich der Hoffnung hingegeben, dass dieses Meer kein Ende finden würde. Jetzt blieb nur ein fast wehleidiges Lächeln über so ein kindisches Vorgehen. Es half nichts, niemandem.
Die Zeit, die er noch am Bug verbrachte, mit der Linken in der Segelverspannung verkrallt, verging wie im Fluge nach dem Ausruf. Bald schon drangen die Geräusche des Hafens an sein Ohr, das Gegröhle, Pferdehufe, Knarren und das Kreischen der Huren.
Der Schwertpilger war zurück. |
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