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Metamorphosen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Metamorphosen
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Velvyr´tae





 Beitrag Verfasst am: 30 Jan 2009 17:28    Titel: Metamorphosen
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    ~~ Selbst im Geist eines Biestes gibt es einen Rückzugsort, ein Sanktum. Dort schlummern Regungen, die das Biest in Dekaden begraben und vergessen hat. Ein Wesen das imstande ist, mehr zu sein als nur sein Existenzzweck. Das imstande ist zu fühlen und zu lachen. Willens, nicht nur ein Werkzeug zu sein, alleine der Zerstörung gewidmet. Doch nur in Ammenmärchen wird dieses Sanktum einst geöffnet und das Biest verwandelt sich. ~~


Ein Flüstern ließ sie hochschrecken. Vibrierte in ihrem Geist in tausendfachem Echo, dissonant und eindringlich. Instinktiv spannte sich ihr Körper, nicht mehr als ein Gebrauchswerkzeug, einzig den ästhetischen Normen des Pragmatismus unterworfen.
Nichts. Die Höhle war leer, ein muffiger Raum vollgeräumt mit Stapeln aus alten Pergamenten, Truhen voll Kriegswerkzeug. Eine Zelle, an deren Gitter sie lehnte. Zertrümmerte Steinbänke. Kein Lebewesen außer ihr. Ein keuchender Atemzug trieb Luft in ihren Lungen, und verspätet forderte die hastige Bewegung ihren Tribut. Feuer kroch durch ihre Nervenbahnen, ließ sie die Kiefer knirschend aufeinander pressen. Die beiden Wunden an ihren Schultern brannten, unversorgt und gegen die unbequeme Haltung protestierend. Der Schmerz brachte Normalität mit sich, sorgte paradoxerweise für Ruhe. Er war vertraut und willkommen, selbst in dieser Intensität. Lange Momente lehnte sie kurzatmig, mit hängendem Kopf an jenem Gitter, ließ den Schmerz anbranden, wandelte ihn in Kraft. Das Flüstern, sie hatte es schon einmal gehört.


Das Bild des Letharfen, dessen mandelförmige Augen zusehends schmäler wurden, überlagerte sich mit einem zweiten. Derselbe Lethar, doch nun von einem Gesteinsbrocken zermalmt, selbst das ekelerregende Geräusch des Aufpralls hallte in ihrem Geist wider, vermischte sich mit jenem eindringlichen Flüstern das nie fassbar wurde, immer am Rande des Bewusstseins blieb. Die Reaktion war instinktiv, ein Befehl.

„Fort!“

Der Letharf starrte sie an, regte sich nicht. Zorn kroch in seine Augen, die sie mit Abscheu fixierten. Ihre kleinen Anmaßungen, ihre Spiele, mit denen sie sich ihren winzigen Freiraum in einer starren Gesellschaft bewahrte, hatten ihn aufgebracht und bereits an den Rand der knapp bemessenen Geduld getrieben. Doch dies hier war kein Spiel.


„Fort!“

Sie fauchte ihn an, drückte sich hoch, plötzlich aus der Starre dieses eigenartig vertrauten Flüsterns gelöst. Und nun endlich erhob er sich, kam wie eine zornige Lawine auf sie zu, während hinter ihm ein Gesteinsbrocken die Bank zertrümmerte. Stille folgte.


Er hatte ihr unterstellt, ihn beseitigen zu wollen. Ein Narr, der sie nicht kannte, ihre Dolche nie erlebt hatte. Hätte der Vater seinen Tod gewollt, hätte er ihn nicht nahen sehen. Effizient, schnell und ohne Bedauern. So war sie, sollte sie sein, nicht mehr als ein Werkzeug in den Händen derer, die den Willen des Panthers formulierten. Und doch...jenes Flüstern, war es Warnung oder Aufforderung gewesen? Es wäre möglich gewesen zu schweigen, der Vernichtung eines Bruders beizuwohnen der seinen Wert noch nicht bewiesen hatte. Er war nur ein weiterer Lethar der befahl, der trat ohne selbst jemals die Grenzen zu sprengen und groß zu werden. So wie sie selbst.

„Velvyr droht nur noch Fleisch zu sein. Langweilig, tot.“

Sie sah in dieses Gesicht, das kaum mehr als eine Trümmerlandschaft aus Narben und roten, harten Augen war. Etwas in ihr brach, öffnete eine Tür die sie verzweifelt geschlossen halten musste. Niemanden hatte sie je hindurch gelassen, gleichgültig, was man von ihr verlangte. Es war einfacher, sicherer nur ein Werkzeug zu sein. Eines das Loyalität gab, effizienten Dienst. Das seinen Meister hasste, und doch einen Platz hatte. Aber niemals seinen letzten Schutz opferte.

Der buckelige Lethar hatte sie unterbrochen, in jenem Kampf der ihr nach der Konfrontation mit Jar'dolox so gelegen kam. Ein guter Kampf, eine Beute die ihren Wert kannte, Herausforderung und doch Sieg versprach. Sie musste, sie würde gewinnen. Es gab keine andere Option, nicht hier. Nicht nachdem sie das Flüstern vernommen hatte, dem ein Teil ihres Wesens immer noch nachgierte, wie ein hungriges Tier. Das Schwert ihres Kontrahenten traf, zugleich mit ihrem Rapier. Köstlicher Schmerz, wilder Rausch in ihren Adern. Und dann ein Laut, kaum mehr als ein Klicken. Sie kannte es, wusste was es bedeutete.
Die Axt schlug hinter ihr in den Boden, als sie auswich. Trieb sie vorwärts, weiter und weiter. Und traf. Ihre Welt explodierte in Schwärze, als die stumpfe Seite der Waffe ihre Schulter mit voller Wucht erreichte. Für lange Momente war nichts als Dunkelheit. Keine Erde unter ihr, keine Gefahr hinter ihr. Dann keuchte sie, sog unter qualvollem Brennen Luft in ihre Lungen. Sie musste fort von hier. Er würde sie töten, hier und jetzt. Vor Menschen..vor Würmern.

Sie kam nicht weit, ehe ein weiterer Schlag sie an der Schulter traf, zu Boden warf. Ein gepanzerter Arm unter ihrem Kinn, ein Knie das sie fixierte. Und Zorn, die eigene, drohende Vernichtung die ihr aus diesen roten Augen entgegen sah, in denen der Wahnsinn flackerte.

Etwas brach, geborsten unter dem Druck aus Schmerz, Hass und Verzweiflung. Flucht war eine Illusion, er würde sie nicht gehen lassen. Nicht hier, nicht jetzt. Hier waren Tod und Leben einander auf absurde Weise nahe, vermischten sich und brannten letzte Schutzbastionen nieder. Hinterließen verbrannte Erde, stießen vertraute Tatsachen beiseite. Wo war ihr Platz? Sie wusste es nicht mehr.
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Velvyr´tae





 Beitrag Verfasst am: 09 Feb 2009 16:18    Titel:
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    ~~ Drehend und drehend in immer weiteren Kreisen
    Versteht der Falke seinen Falkner nicht
    Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr
    Und losgelassen nackte Anarchie
    Und losgelassen blutgetrübte Flut
    Das Spiel der Unschuld überall ertränket* ~~



Mit einem Keuchen fuhr die Lethra hoch. Ihr Blut dröhnte hinter den Schläfen, das Herz raste. Ein Crescendo aus Eindrücken prasselte auf sie nieder, hämmerte sich in ihren Geist. Die feinen Risse des Gesteins unter ihren Fingern – eine ganze Welt. Der ziehende Schmerz in ihren Gliedern, Erinnerung an den köstlichen Kampf – ein Universum, weitläufig genug um sich darin zu verlieren. Sah sie getrocknetes Blut, oder roch sie es? Fühlte sie ihre Wunden, oder schmeckte sie jene? Es vergingen gefühlte Ewigkeiten, ehe sich der Nebel vor ihren Augen klärte, die einzelnen Wahrnehmungen an ihren angestammten Platz krochen. Zurück blieb Unruhe. Nagende Unruhe, die sich mit hartnäckigen Erinnerungen mischte.Wieder jenes Flüstern, während des Kampfes, überall. Ein tausendfaches Echo in gellender, ekstatischer Wildheit, zugleich schmerzhaft und wohltuend. Alles und Nichts, endlos und immer wieder neu, ohne sich wirklich zu verändern.

Im Augenblick war es still, aber sie konnte selbst diese Ruhe körperlich spüren. Als würde ein unsichtbares Augenpaar sie taxieren, sträubten sich die feinen Härchen in ihrem Nacken. Wurde sie wahnsinnig? Es war nicht ungewöhnlich, in diesem Volk, dessen allgegenwärtiger Herrscher völlige Hingabe verlangte. Letharen brannten lichterloh, opferten persönliches Streben und Willen einem Ziel das nichts als Vernichtung und Tod brachte. Nicht alle hielten stand, brachen und verglühten, der Geist schließlich nicht mehr als verbrannte Erde. Die Lethra beobachtete sich selbst in seltsam gespaltener Weise – beteiligt und trotzdem distanziert fern. Sie registrierte Veränderungen, beunruhigend und tiefgehend. Jenes Flüstern. Die Bilder, die sich von fremder Hand geführt in ihren Geist schoben. Ihr Schlaf, der sonst so nahe an der Oberfläche blieb und sie nun tief in Träume versenkte, klebrig wie Teer. War es vielleicht doch wahr, was die Lethry argwöhnte?

Der flackernde Zorn in den Augen Lys'xaeras kroch wie ein hungriges Tier durch ihre Nervenbahnen. Observierte, drang in Tiefen vor die sie nicht zeigen wollte, nicht zeigen konnte. Sie hasste diesen Blick, der ihr Wesen in seine Bestandteile spaltete, gnadenlos, rücksichtslos. Hasste ihn, und hielt doch stand. Versagen war keine Möglichkeit, sie musste überzeugen, Stärke beweisen. Zur Observation gesellte sich Schmerz. Prüfend, immer am Rande des Erträglichen. Sie wankte, knirschte, und fragte sich zugleich, ob es doch wahr sein konnte. Hatte die Flamme sie berührt, war ihr der Hüter ins Fleisch gekrochen? War sie wahnsinnig?

Und in ihr stieg Zorn empor, rang mit der Unsicherheit, wurde vom Tropfen zur Woge. - Nein! - Es war ein Schrei ohne Klang und dennoch bebten die Zweifel wie feines Glas, wichen zurück. Sie spannte ihren Leib, und griff nach dieser Wut, zehrte davon. Die Lethra kannte nur einen Meister, nur einen Gott. Und das Flüstern antwortete, kroch ihr Rückgrat empor.


Kein Wahnsinn. Aber etwas Unvertrautes, eine Kraftquelle deren Ursprung sie nicht kannte. Sie hasste Kontrollverlust, skuril, angesichts ihrer Position in der letharischen Gesellschaft. Seit ihrer Geburt hatte sie gekämpft, sich in subtilen Spielen einen Freiraum erarbeitet. Sie hatte aus einem unausweichlichen Fakt einen Vorteil geschaffen – es war ihre Pflicht, die Hierarchie zu stützen. Um das zu bewerkstelligen, musste sie sich stets einen halben Schritt außerhalb befinden. Ein Niemand, und doch von Bedeutung. Das sie diese Position genoss, sich darin gefiel, begrub sie tief unter Pflicht und Notwendigkeit. Doch dieses Wispern brach ihre Mauern, ihren Schutz. Nahm ihr die Kontrolle und stieß sie in eine unvertraute Situation. Das schlimmste war jedoch, dass sie nicht den vertrauten Fluchtreflex verspürte. Keinen Zorn über den Kontrollverlust. Nur der Hunger, dieses Flüstern zu erforschen.

Ein Prickeln lief ihre Gliedmaßen entlang, ließ sie schaudern. Trotzdem die Schlacht noch in ihren Knochen steckte, ging das Glühen tiefer. Da war Kraft, Gier. Der Wunsch, dieses Wispern noch einmal als Grundton in der Symphonie des Blutvergießens zu vernehmen. Ja, sie war bereit den schmalen Grat zu betreten, der über den endlosen Schlund des Wahnsinns führte.

* Auszug aus "The second coming" von William Butler Yeats
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Velvyr´tae





 Beitrag Verfasst am: 11 Feb 2009 23:54    Titel:
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Der Weg zu Alatar beginnt in der Furcht. Es ist die Angst, die uns schwächt, die uns Grenzen setzt. Der Eine säte den Zorn in die Welt um uns von der Furcht zu befreien. Denn aus ihr entspringt in den Starken ein Funke, der die Ketten der Angst sprengt. Zorn auf die eigene Unzulänglichkeit, auf die Peiniger, auf die Ungerechtigkeit. Aus diesem Funken wächst ein Feuer, reißt in seiner Gewalt alle Grenzen nieder. Denn aus Zorn wird Hass, der Hass wird zu Stärke. Und diese Stärke befähigt uns, alle Schwächen auszumerzen, Körper und Seele nach Seinem Willen zu formen. Nicht Liebe leitet uns, nicht die Sehnsucht der Schwachen nach Frieden. Hass durchfließt unsere Adern, brennt alles Hinderliche fort. Denn WIR sind seine Kinder, WIR sind die Wegbereiter für das Ende des Lieds.

Das Pergament war alt, aber gut erhalten. Ihre Fingerkuppen strichen über die Textur des Blattes, über die vielfach miteinander verschlungenen Runen. Sie hatte bei den Menschen Prunkschriften gesehen, kunstvoll verziert und in mühevoller Kleinarbeit hergestellt. Diese Schrift war hingegen schmucklos. Ihre Ästhetik offenbarte sich erst auf den zweiten Blick, in der Verarbeitung der Tinte, die auch nach Jahrhunderten nicht verblasste. In der pragmatischen Vollendung der Schrift, im Inhalt dieser Zeilen. Der Text war ihr bereits vor Dekaden in die Hände gefallen, auf Wegen die sie besser verschwieg. Einer ihrer Schätze, die sie mit dem Ordnungssinn einer Elster um sich scharte – in diesem Fall die aufgezeichneten Worte eines der ersten Sieben. Sie hatte es überflogen und in der Überzeugung beiseite gelegt, das Informationen niemals verschwendet waren.

Das sie allerdings gerade nun, in einer Zeit der Schlachten, der unermüdlichen Taten ein Stück Pergament zu Tage gefördert hatte, irritierte sie. Da war ein nagendes Gefühl, ein Beinahe-Erinnern an etwas das sich in diesen Zeilen befand. An etwas, das während der Diskussion mit jenem Diener der Lügengöttin aufkam, der einst mit dem Alka gefochten hatte. Wie sehr sie sich gewünscht hatte, jede der Wunden an Rhad'ils Körper nun in den Leib Farions zu treiben. Dieser Mann war naiv, in seiner Hoffnung beinahe beeindruckend. Soviel Ehre und Bereitwilligkeit, Schmerz zu ertragen. Aber sie hatte es auf absurde Weise genossen, ihre Abscheu diszipliniert. Darunter kam eine Kraft zum Vorschein, die ihre Worte durchtränkte, ihnen Wahrheit verlieh. Vergifter – ja, wahrlich.

Die Menschen gierten so sehr nach Hoffnung, das sie eher eine Lüge akzeptierten als der Wahrheit entgegen zu treten. Ihre Angst – ja, die Angst. Das war es gewesen, was sie nun an dieses Pergament trieb. Die Worte waren vertraut, jedem Letharen wurde ihr Inhalt von Kindesbeinen an tief ins Fleisch getrieben. So vertraut, das sie beinahe überlesen hätte, was ihr so bedeutsam erschien.

Der Weg zu Alatar beginnt in der Furcht. Es ist die Angst, die uns schwächt, die uns Grenzen setzt.

Sie starrte auf jene Worte, als sich eine weitere Türe in ihrem Geist öffnete. War ihr Beharren auf einer Position außerhalb, das Verharren in der Bedeutungslosigkeit, etwas anderes als Angst? Sie hatte die Augen verschlossen wie ein kleines Kind, die Zeichen beiseite geschoben. Furcht, nichts als kindliche, menschliche Furcht vor einem Schritt ins Unbekannte. Vor einem Schritt, der von ihr verlangen würde, Stellung zu beziehen und sich innerhalb der Hierarchie zu bewegen. Es war eine solche Ironie, dass sie am liebsten gelacht hätte. Aber ihr Mund war trocken, zu nichts mehr nütze. Jedem Druck hatte sie standgehalten, hatte überlebt und war gewachsen. Und nun öffnete sich ihr ein Weg ins Innere, ein Weg der aufwärts führte – und sie lief davon.

Zorn kroch in ihr empor, wie ein klebriges Gewächs, beherrscht aber mächtig. Wuchs und wuchs, nicht länger eine schmächtige Pflanze. Sie würde die Angst nicht zum Herrscher machen, musste diesen Schritt gehen und den Niemand hinter sich lassen. Es war Zeit, die Realität zu akzeptieren. Zeit, die Ketten zu sprengen.
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