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Der Weg nach Hause
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Genevra





 Beitrag Verfasst am: 27 Jul 2005 18:07    Titel: Der Weg nach Hause
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Es mochte schon über eine Stunde vergangen sein, seit Genevra den ausgetretenen Weg verlassen hatte. Trotz der aufkommenden Dunkelheit und der Kälte, die sich langsam aber sicher der Welt bemächtigten und die Nacht einläuteten, wiegte sie sich in beruhigender Sicherheit. Jeder Grashalm, jeder Strauch und jeder Baum waren ihr vertraut, auch wenn sie diesen Wald noch nie vorher in ihrem Leben betreten hatte. Und doch kannte sie ihn, verspürte jene Geborgenheit, die sie seit Anbeginn ihres Lebens hatte missen müssen.

Es war jener Wald, den sie sich Tag für Tag und Nacht für Nacht in ihren Träumen vorgestellt hatte. Jener Ort, von dem sie sich selbst einmal versprochen hatte Zuflucht zu suchen. Sie hatte diesen Moment herbeigesehnt wie nichts anderes und doch hatte er jahrelang auf sich warten lassen. Immer wieder hatte sich Genevra vorgestellt, wie sie den Ort des Schreckens verlassen und nie mehr wiederkehren würde. Doch woher sollte ein kleines Mädchen den Mut nehmen, den Ort zu verlassen, der zwar die Hölle auf Erden darstellte und doch aber wieder ihr einziges Zuhause war. So war sie geblieben, Monat um Monat, Jahr um Jahr. Sie hatte sich der verbitterten alten Frau unterworfen, die das vermeintlich Beste für sie und die anderen Kinder im Waisenhaus wollte. Die kalten nassen Gemäuer wurden ihr ein ständiger Begleiter, ebenso wie die Dunkelheit, die in den Kellerräumen herrschte. Genevra war eines der Kinder gewesen, die mehr Zeit ihres Lebens im Kellerverliess verbrachten, als sonst einem Ort. Immer wieder wurde sie dorthin verbannt und musste sich manchmal sogar mehrere Tage lang ihr Bett aus faulendem Stroh mit Käfern und Spinnen teilen. Das kleine Kellerfenster war ihr einziger Lichtblick gewesen in diesen einsamen Tagen, obwohl Fenster der falsche Begriff für den fehlenden Stein im Gemäuer war. Aus jenem kleinem Loch konnte sie ihren Blick nach draußen werfen, auf die saftige grüne Wiese. Sie konnte Vögel vorbeihuschen und Marienkäfer die Grashalme hinaufklettern sehen. Natürlich hatte sie der fehlende Stein auf den Gedanken der Flucht geführt. Doch wohin ? Und wie hätte sie mit ihren dünnen kraftlosen Ärmen das Loch soweit ausdehnen sollen, dass sie hindurchgepasst hätte ? Und so erschuf sich Genevra ihre eigene Welt, eine Welt mit Marienkäfern und zwitschernden Vögeln, eine Welt mit taufrischem grünen Gras und im Winde rauschenden Baumkronen.

Und nun, fast zehn Jahre später, hatte sich die Pforte zu dieser Welt geöffnet. Es war früh am Morgen gewesen, als einige Männer an das Gehöft des Waisenhauses herangeritten waren. Uniformen hatten sie getragen und das Fell ihrer Pferde hatte im Sonnenlicht geglänzt. Sie sagten sie kämen aus der Stadt und sie würden dem grausamen Spiel in diesem Hause ein Ende setzen. Irgendwie musste es nach Außen gedrungen sein, was im Waisenhaus wirklich vor sich ging. Und nun waren sie hier, um sie zu retten. Um all die Kinder aus der grausamen Führung der alten Frau zu befreien. Ein besserer Ort wurde ihnen versprochen, eine Familie. In die Stadt würde man sie mitnehmen. Doch Genevra wollte nicht in die Stadt. Nein, sie wollte an jenen Ort, der seit Jahren nach ihr rief. Keiner der Männer hatte in dem Trubel ihr Verschwinden bemerkt, ein Kind mehr oder weniger. Sie hatte nichts mitgenommen vom Ort ihrer Kindheit, sie wollte alles hinter sich zurücklassen. Und als sie langsam aber sicher die Felder hinter sich ließ, die das dunkle Gemäuer ihrer Kindheit umgaben, gesellte sich ein kleines Wesen zu ihr. Tiefbraunes Fell zierte den zierlichen geschmeidigen Körper und weisse Pfoten trugen ihn. Und die tiefgrünen Augen der Katze blickten sie an und hiessen sie willkommen.
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Genevra





 Beitrag Verfasst am: 21 Aug 2005 10:07    Titel:
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Seit zwei Tagen hielt sich Genevra nun in den Wäldern Alathairs auf, ihre kleine Begleiterin stets an ihrer Seite wissend. Die Katze, die den Namen Santaly erhalten hatte, hielt Schritt um Schritt mit der jungen Frau. Das kleine Fellknäuel schien die Wälder bestens zu kennen, denn immer wieder führte sie Genevra zu Orten mit reichlich Nahrung in Form von Früchten und Beeren sowie zu kleinen Ausläufen eines Flusses, in denen frisches klares Wasser sprudelte. Das Mädchen fühlte sich wohl in der Einsamkeit der Natur, sie genoß die Unendlichkeit des Himmels wenn sie aufblickte und die Weichheit des Bodens unter ihr. Unter der Lebendigkeit des Waldes blühte sie auf, wie die jungfräuliche Knospe einer Blume. Ihre Vergangenheit schien weit hinter ihr zu liegen, kaum einen Gedanken verschenkte sie mehr an die Frau, die sie über die Jahre hinweg gequält hatte. Genevra war erfüllt von Dankbarkeit über ihre neugewonnene Freiheit, auch wenn sie spürte, dass sie noch lange nicht am Ende ihres Weges angekommen war.

Es mochte kurz vor Mittag gewesen sein, als die Beiden eine Lichtung erreichten. Die kleine braunbefellte Katze maunzte protestierend als Genevra sich auf das kleine Haus in der Mitte des Feldes zubewegte und wandte sich demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung. Doch die Neugierde ergriff die Oberhand und sie lief unbedacht weiter, Santaly nicht beachtend. Als sie sich jedoch dem Eingang des Hauses auf wenige Schritte genähert hatte, gellte plötzlich helles Geschrei an ihre Ohren und geschliffenes Metall blitzte auf. Eine kleine Frau mit verfilztem Haar und dreckverkrustetem Gesicht sprang auf sie zu, wild mit einem kleinen Dolch umherfuchtelnd. "Frischfleich!", kreischte sie und lachte bitter auf. Mit weit aufgerissenen Augen in denen sich die reine Panik wiederspiegelte, rannte Genevra den Weg zurück den sie gekommen war. "Lauf nicht weg, wir kriegen dich doch eh!", gröhlte ihr eine Männerstimme hinterher und Genevra versuchte ihre Beine zu einem noch schnelleren Lauf zu bewegen. Sie stolperte durch das Unterholz, die Äste der Bäume schlugen ihr hart ins Gesicht und die spitzen Dornen der Sträucher und Büsche krallten nach ihrer Kleidung. Die Wangen Genevras glühten in feurigem Rot und die Luft wurde keuchend in die gierenden Lungen gesogen. Sie konnte das Gepolter ihrer Verfolger hinter sich hören und immer wieder drehte sie ihren Kopf um den Abstand zwischen sich und den Wilden abzuschätzen. Plötzlich spürte sie wie sich ihre Füße in etwas verfingen und mit einem dumpfen Schlag landete sie bäuchlings auf dem Waldboden. Für den Bruchteil einer Sekunde entzog es ihr den Atem aus der Lunge und vor ihre Augen drängte sich eine tiefe Schwärze. Nur wenige Augenblicke später hoben sich die schweren Augenlider wieder und Genevra fand sich inmitten einer kleinen Baumgruppe, die ihr Blattwerk schützend um sie gelegt hatte. Sie kauerte am Stamm des mittleren Baumes, die Knie dicht an ihren schweissverklebten Körper gezogen. Noch immer pochte ihr Herz in kräftigen Schlägen und ihre Atmung ging unregelmäßig. Sie verspürte Erleichterung als sie die Stille um sich herum wahrnahm, ihre Verfolger mussten sie aufgegeben haben. Und auch Santaly hatte sich wieder zu ihr gesellt, auf ihren samtigen Pfoten trat sie durch das Blätterwerk hindurch und schmiegte ihren weichen Kopf an Genevra. Sie wusste nicht wie die das kleine Wesen wieder so schnell zu ihr gefunden hatte, doch sie war froh um die Tatsache, dass es so war. Aber Santaly gönnte ihr nicht lange das Geschenk ihrer Aufmerksamkeit, denn sie wandte sich ab und schritt zielstrebig davon. Erst jetzt wurde sich Genevra der Anwesenheit einer rothaarigen Frau bewusst, die aus wenigen Metern Entfernung zu ihr herüberblickte und schließlich in die Knie ging um Santaly in Empfang zu nehmen. Ergriffen von einer Welle neu aufkeimender Angst schnellte Genevra aus ihrer kauernden Position auf um sofort wieder die Flucht ergreifen zu können, doch die Rothaarige hob in einer schlichtenden Geste die Hand. "Hab keine Angst mein Kind", trug der Wind die Stimme der Fremden an Genevras Gehör, "du musst dich nicht mehr fürchten".

Und dann Stille. Genevra tauchte in eine Tiefe aus unendlichem Grün, verfing sich im Netz aus reiner Sanftheit. Eine Stimme wie das zarte Säuseln des Windes drang an ihre Ohren. Sie spürte das weiche Fell Santalys an ihrem Körper und die Wärme von fremder Haut auf ihrer Hand. Ein Mantel aus Geborgenheit legte sich schützend um sie und ein Lächeln voller Zärtlichkeit strahlte ihr entgegen. "Ich bin Vivianne, die Herrin des Sees. Und ich heisse dich willkommen, geliebte Tochter." Genevra spürte wie sich zwei Arme um ihren Körper legten und ihre Stirn sich an die Schulter Viviannes drückte. Eine silbrige Träne rann aus ihrem Augenwinkel, lief die Wange hinab um auf den geschwungenen Lippen in tausende kleine Rinnsale zu zerfließen.
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Vivianne





 Beitrag Verfasst am: 22 Aug 2005 13:36    Titel:
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Wie so oft befinde ich mich auf dem Weg durch die Wälder, auf der Suche nach Kräutern die auf unseren Beeten nicht gedeihen.
Den Blick zu Boden gerichtet, konzentriert und dennoch die feine Melodie der Natur in mich aufnehmend. Den Gesang der Blätter in den Baumkronen, hervorgerufen vom Wind, das Zwitschern und Trällern der Vögel, die bunte Vielfalt der Farben von saftig grünem Gras, dem dunkleren Moos, den Blumen auf der einen oder anderen Lichtung und das leise Schlagen von Schmetterlingsflügeln.

Plötzlich ist alles schwarz vor meinen Augen und ich rudere mit meinen Armen, um nicht über die Wurzel zu stolpern, keine bunte Vielfalt mehr und zur Schwärze gesellt sich ein Rauschen in meinen Ohren. Ich sinke auf die Knie und ein Gefühl absoluter Unsicherheit überkommt mich, greift mit unsichtbaren Fingern nach meinem Herz, um es zu umklammern.
„Mutter...?“ versuche ich das Rauschen zu übertönen, fragend und gleichsam flehend.
Sogleich ebbt das Rauschen ab, um anderen Geräuschen Raum zu geben.
Ich höre lautes Rufen und Gelächter, das flinke Auftreten im Gras, als würde jemand fliehen.
In die Schwärze vor meinen Augen schiebt sich ein nußbraunes Augenpaar, weit aufgerissen, panisch der Blick. Meine Unsicherheit weicht dem Gefühl von Angst und Hilflosigkeit, begleitet von einer Art Hysterie.
Ein tiefbrauner, fellartiger Schweif wischt das Augenpaar aus meinem Blickfeld und verschwindet ebenso schnell... aber er nimmt auch die Schwärze vor meinen Augen mit, das Rufen und Gelächter verklingt, macht den normalen Geräuschen der Natur wieder Platz und mein Herz ist wieder frei.

Mit einem leisen Keuchen richte ich mich wieder auf, hebe den Blick durch die Baumkrone zur durchblitzenden Sonne.
„Ich habe verstanden Mutter..“ sage ich leise und füge dann leicht vorwurfsvoll an „... es gelingt Dir immer wieder, mich zu überraschen!“.
Dann jedoch eile ich durch den Wald, bis sich die kauernde Gestalt eines jungen Mädchens, an einen Baum gelehnt, meinem Blick offenbart. Neben ihr eine kleine, tiefbraun befellte Katze.
Es war ihre Flucht die ich vernahm, ihre Gefühle die ich spürte, ihre Augen, in die Mutter mich für einen Moment blicken ließ.
Zerbrechlich wie ein junges Reh, der Blick voller Angst auf mich gerichtet, der Körper gespannt, zur Flucht bereit, die Stimme hoch und schrill, als sie mich fragt, ob ich auch zu Jenen gehöre.

Ich habe es wohl zunächst dem Umstand zu verdanken, dass ihre kleine Begleiterin auf mich zu tapst, die sehr wohl spürt, was ich bin, dass das junge Mädchen nicht die Flucht ergreift, sondern der ängstliche Blick dem der Verwunderung weicht und ein Gespräch möglich macht.
Mutters Wege sind so verschieden, führen jedoch meist zum Erfolg... wenngleich ich jedoch manchmal geneigt bin, ihr mitzuteilen, dass ich über ihre Wahl der Art mir etwas aufzuzeigen nicht gerade erfreut bin.
Ganz nach ihrem Wunsche aber, führe ich heute eine Tochter heim und gleichsam auf einen neuen Weg.
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Genevra





 Beitrag Verfasst am: 02 Sep 2005 15:33    Titel:
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Die zarte Weichheit der Felle, auf denen Genevra nun schon seit einigen Stunden lag, umhüllte den Körper der jungen Frau wie ein wärmender Mantel. Das zu mehreren Zöpfen gebundene Haar lag verteilt wie ein Kranz um ihren Kopf herum und bot der kleinen Santaly ein flauschiges Bett. Der wachsame und zugleich verträumte Blick Genevras ruhte auf der silbernen Scheibe, die zusammen mit abertausenden von funkelnden Sternen die pechschwarze Dunkelheit der Nacht vertrieb. Wie die vollkommene Harmonie einer Melodie drang das Rauschen des Meeres an Genevras Gehör und die Stimmen von Vivianne und Ryana, die im unteren Teil des Waldhauses beisammen saßen, mischten sich wispernd darunter.

In ihrer rechten Hand ruhte eine gläserne Phiole, die auf den ersten Blick leer erschien. Doch auf dem Grund des kleinen Behältnisses schimmerte wässrig ein einzelner Tropfen ... eine Träne, Genevras Träne. Vivianne hatte sie ihr von der Wange entnommen und in das Glas gleiten lassen. "Erinnerungen voll Tränen, nie solltet ihr wähnen dass ihr vergessen seid. Jedoch verblassen sollt ihr mit der Zeit", hatte die scheinbar alterslose Frau begleitend gesprochen und dabei ein sanftes und fast schon mütterliches Lächeln auf den Lippen getragen. Vivianne konnte und wollte ihrer jungen Tochter das Vergangene nicht nehmen, es war ein Teil ihres Lebens, ein Teil ihres Schicksales. Vielleicht sogar auch Teil einer nicht offen gestellten Prüfung.

Und dann hatte Vivianne ihr von Eluive erzählt, ihrer aller Mutter. Unter der zarten Berührung beider Frauen Hände, hatte Genevra den Worten der Älteren gelauscht, mit all ihrer Trauer und ihrem Hass, aber auch ihrer Hoffnung und ihrer Überzeugung. Selbst jetzt, Stunden später, ließ die Erinnerung an Viviannes Stimme ein Lächeln auf den dunkel angehauchten Lippen Genevras erscheinen. Als sie ihren Blick erneut auf den klaren Nachthimmel richtete, wusste sie dass er erwiedert wurde. Und unter Santalys zufriedenem Schnurren fand Genevra dann schließlich doch noch ihren Schlaf für diese Nacht.
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